Monday, September 5, 2011

Interview zur Bürgerkriegsstudie in nature

Andreas Frey von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung befragte mich zu der in Nature erschienenen Studie von Hsiang, Meng und Cane: „Civil conflicts are associated with the global climate“ - daraus wurde ein Artikel in der Ausgabe am 28.8.2011 auf Seite 53


Meine Antworten:

Vorab: ich halte diese Studie für einen Witz, der schönste Vorurteile aus der Mottenkiste der Geschichte der Umweltwissenschaft hervorholt. Warum nicht den statistischen Befund umdrehen, und die alte Tatsache, dass Schlachten zu Gewittern führen, als Mechanismus heranziehen, der aus Bürgerkriegen El Nino Ereignisse entstehen lässt? Das könnte man immerhin experimentell nachprüfen.

1. Kann man diese Nature-Studie unter dem Begriff „moderner Klimadeterminismus“ fassen?
Eigentlich eher: klassischer Klimadeterminismus in modernem Gewand.

2. Was halten Sie ganz generell davon, Klima als dominanten und steuernden Faktor auf die Menschheit zu betrachten? Welche Gefahr liegt darin?
Ich denke, empirisch ist zunächst klar, dass diese These nicht gilt. Die Gefahr besteht darin, dass wir gesellschaftliche Entwicklungen nicht mehr als zumeist selbstgemacht begreifen, sondern uns extern - quasi gottgleich- aufgegeben werden. Eine Art Verweigerung der Verantwortung für uns selbst.
Ein besonders praktisches Beispiel für klimatischen Determinismus stellt die Episode des Kolonialismus dar, wonach das Klima „im Süden“ so sei, dass sich dort keine wirtschaftliche, religiöse etc. Ordnung entwickeln könne – wg des Klimas! – und so „der Norden“ in brüderlicher Notwendigkeit, nach dem Richtigen zu sehen habe.

3. Konkret: Ist es unter (klima)wissenschaftlichen Aspekten sinnvoll, das Klima (hier ENSO) in Beziehung zu setzen mit civil conflicts? Vergleicht man hier Komplexität mit Komplexität?
Ich denke, das macht keinen Sinn. Es hat schon früher solche Studien gegeben, die mal einen Zusammenhang in der einen oder auch in der anderen ergeben haben. Jemand wie Richard Tol hat das mal schön auseinandergenommen. Wird ja auch am Rande erwähnt.

4. Wenn ich Sie in Ihrem Aufsatz „Klima und Kultur“ (Stehr, N. and H. von Storch, 2000: Klima und Kultur. Vorgänge 39, 100-104) – zwischen den Zeilen – richtig verstanden habe, dann sollten sich Klimawissenschaftler lieber darum bemühen, das System Atmosphäre besser zu verstehen, als solche Studien zu verfassen. Stimmt das? Wenn ja, können Sie kurz ausführen, warum?
Ja, sicher – wir als Klimawissenschaft sollten ja die Gesellschaft(en) in den Stand setzen, den eigenen Wertvorstellungen entsprechend den Planet zu „managen“ (was nicht heißen soll, dass die Wissenschaft sagen soll, welche Ziele und Methoden dieses Management einsetzen soll). Dazu muß man wissen, was geschieht, wie variabel das Klimageschehen ist, wie es sich regional darstellt, mit welchen Gefahren es einhergeht, und wie all dies von diversen Faktoren, von der Freisetzung von Substanzen bis zur veränderten Landnutzung, der Fahrrinnenvertiefung der Elbe bis zur Versiegelung städtischer Areale beeinflusst wird.
Eine weitere wichtige Fragestellung bezieht sich darauf, was gesellschaftliche Gruppen warum über das Klima und seine Bedeutung, und den Umgang damit, denken. Wir brauchen eine Kulturgeschichte des Klimas. Erste Ansätze gibt es dazu – etwa das Behringer-Buch, aber auch die Analyse von Stehr und mir. Begriffe, die mir da einfallen, sind Postnormalität und Konkurrenz von Wissensansprüchen, wovon Klimadeterminismus einer ist.

5. ENSO-Zyklen kann man wissenschaftlich sehr gut messen, man hat sie im Griff. Was halten Sie von dem sogenannten Annual Conflict Risk (ACR), dem Maß für civil conflicts)
Diese Technikalität kenne ich nicht so, dass ich mich dazu äußern möchte. Unabhängig davon, ist auch die statistische Analyse mit Schwierigkeiten beladen. Bei der Feststellung, ob eine Korrelation jenseits der Zufälligkeit liegt, muß man auch das Erinnerungsvermögen der beteiligen Systeme berücksichtigen. Im Falle gesellschaftlicher Systeme gibt es da sicher so was, was Physiker „long memory“ nennen. Auch ENSO kennt Phasen verstärkter und verminderter Aktivität. Der  behauptete Effekt ist ja um Umfang her auch recht klein. Ich hätte gerne eine explizite Zahl gesehen, die beschreibt, wieviel Prozent der Konflikte NICHTS mit ENSO zu tun haben sollen.

6. Krankt diese Studie am kausalen Zusammenhang zwischen ENSO und civil conflicts?
Ich denke, man sollte die in die Statistik eingehenden Fälle erst mal darauf abklopfen, welche gesellschaftlich-kulturellen Probleme hinter ihnen stehen.

7. El Nino (mostly dry and hot climate in the tropics) und La Nina (mostly wet and cool climate across the tropics = most peaceful climate) sind in meinen Augen viel komplexer, als in dieser Studie dargestellt. Die Dürre in Ostafrika in diesen Wochen wird ja von La Nina ausgelöst – und nicht von El Nino. Wie bewerten sie die Darstellung von ENSO, wird das vereinfacht dargestellt?
Etwas komplexer wird das im Text schon dargestellt; Fallanalysen wären schon nützlich gewesen; die „teleconnections“ sind ja so stabil auch nicht.



18 comments:

  1. Hans wrote:
    Warum nicht den statistischen Befund umdrehen, und die alte Tatsache, dass Schlachten zu Gewittern führen, als Mechanismus heranziehen, der aus Bürgerkriegen El Nino Ereignisse entstehen lässt? Das könnte man immerhin experimentell nachprüfen.

    No problem at least on regional scale. Arnd Bernaerts tries to do so here:

    http://www.oceanclimate.de/

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  2. Additional sites are climate-Ocean and Arctic-Warmin.

    It is a very interesting lecture. Be aware of the disclaimer: All information and figures are by approximation, and may be altered and changed without notice. As I met him last year at the EGU assembly it was however very difficult to discuss his poster with him about human determinism of climate vs. climate determinism of humans and the cause-effect direction.

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  3. @Hans
    1) Hsiang und Meng sind von der "School of International and Public Affairs, Columbia University", das Paper kann man also nicht einfach so charakterisieren, "dass da ein paar Klimawissenschaftler sich mit Themen beschaeftigen, von denen sie keine Ahnung haben". Nur Mark Cane ist Klimatologe und ENSO Experte.

    2) Setzt man sich ins Auto und faehrt von Poppenbuettel ins Alte Land um der Oma bei der Apfelernte zu helfen, ist dies der Schlusspunkt einer Reihe individueller Entscheidungen und Umstaende, die in ihrer Komplexitaet nur noch mit der Gemengelage, die zum jugoslawischen Buergerkrieg gefuehrt hat, vergleichen kann. Trotzdem, steht man erstmal im Elbtunnel im Stau sagt dir ein Verkehrswissenschaftler, dass der Rest deines Tages am besten durch die Stroemungsgesetze viskoser Fluessigkeiten beschrieben werden kann. Kurz, was zu einem Buergerkrieg fuehrt, kann sehr kompliziert sein, dh heisst aber nicht, dass es makroskopisch nicht doch manchmal einfache Zusammenhaenge geben koennte.
    Der beste Predictor, um vorherzusagen ob eine sozial/ethnische Spannungssituation zu bewaffneten Auseinandersetzungen fuehren, ist uebrigens die Menge Oel (oder andere Rohschaetze), die in dem betroffenen Land verbuddelt liegt. (Ross, M. L. (2006). A closer look at oil, diamonds, civil war. Annual Review of Political Science, 9, 265e300.) In diesem Fall scheint die unterkomplexe Allerweltsweisheit allgemein ackzeptiert zu sein, dass trotz aller komplexen sozialen Systeme und Verhaeltnisse durch befeuern eines Buergerkriegs eine Menge Geld zu machen ist. Und bei ENSO kann es unmoeglich so sein, dass solche einfache Zusammenhaenge bestehen?
    Warum?

    3) Ich finde, du haettest erwaehnen koennen, dass sich die Autoren ganz schoen Muehe gegeben haben, die Statistik wirklich abzuklopfen. Sie testeten einen ganzen Haufen ihrer Annahmen (grosze/kleine Konflikte, Definition der teleconnected Areas (statt ihrer ausgefeilten Definition, haetten sie glaube ich auch einfach alle Laender zwischen 30N und 30S nehmen koennen), etc etc). Ob die Zahl der Konflikte (250 auf 50 Jahre) ausreicht, steht auf einem anderen Blatt. Aber auch da muesste man zeigen, dass es nicht ausreicht, denn es gibt zumindest meines Wissens kein a priori Wissen darueber, wieviele Jahre man fuer so eine Statistik braucht.

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  4. Hab dem Tol ein wenig hinterhergegoogelt und fand diesen Abstract

    "We investigate the relationship between a thousand-year history of violent conflict in
    Europe and various reconstructions of temperature and precipitation. We find that
    conflict was more intense during colder periods. This relationship is weakening over
    time, and is not robust to the details of the climate reconstruction or to the sample period.
    We thus confirm Zhang et al. (2006, Climatic Change, 76, 459-477) that, at least in
    temperate climates, global warming would, if anything, lead to reduced violent conflict."

    Das hoert sich nun gar nicht so an, als ob er die These vom Klima und den bewaffneten Auseinandersetzungen irgendwie aueinandergenommen haette, oder?

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  5. Na doch, wenn man das ganze paper ließt, ist der Zusammenhang sehr schwach (wobei auch die Daten eben nicht die besten sind bis 1500 zurück). In der Conclusion steht es dann so:

    Our results do not show a clear-cut picture: We present some evidence that periods with lower temperatures in the pre-industrial era are accompanied by violent conflicts, as do Zhang et al. (2006). However, we also show that this evidence is not particularly robust. If one has strong priors that climate change causes conflict, our results provide confirmation. However, if one has strong priors that there is no link, our results do not overthrow such doubt

    Tol, R.S.J. and S. Wagner (2010): Climate changes and violent conflict in Europe over the last millennium. Climatic Change, 99, 65-79, DOI: 10.1007/s10584-009-9659-2

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  6. @Freddy
    Na, wenn das jetzt "auseinandernehmen" ist, dann ist das mit dem Auseinandernehmen doch deutlich netter und einfacher geworden, seit ich das letzte Mal versucht habe, etwas ausenanderzunehmen."not particularly robust" ist doch leicht verschieden von "only a complete insane mind could come up with such a crap theory".

    Und wenn denn schon auf diese Weise "auseinandergenommen" wurde, warum denn dann eigentlich basierend auf der auseinandergenommenen These die forsche Bestaetigung:"We thus confirm Zhang et al. at least in temperate climates, global warming would, if anything, lead to reduced violent conflict."?

    DAS finde ich nun wirklich kuehn aus dem Fenster gelegt, denn eine zu bestaetigende Schlussfolgerung aus dem Zhang Paper ist das bestimmt nicht.

    "Both higher and lower
    temperatures would lead to change of the human ecosystem. The
    important direct impact of the change from the climate cooling
    was on agricultural production that dominated the economy of
    agricultural societies. Global warming could also create an
    impact on agriculture. Although rising of temperature will, at
    least for a while, increase total bio-productivity according to
    biological principles, recent research suggests that the negative
    effects of global warming on agriculture seems greater than the
    positive effects (34, 35). Significantly, most of the world’s
    population will continue to rely on small-scale agriculture, which
    remains as vulnerable to climatic fluctuations as it was in the
    historical period covered in this study. Other direct impacts of
    global warming, such as sea level rising, spread of tropical
    diseases, increase of extreme weather events and glacial retreat,
    would also add costs on the current economy that is supported
    by cheap energy." (Zitat Zhang)

    Die "bestaetigte" Aussage war wohl eher Wunschdenken, aber so ueberhaupt nicht im Zhang Paper drin.

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  7. Neben den wissenschaftlichen finde ich vor allem die politischen Konsequenzen fatal: Der Determinismus geht oft mit Alarmismus einher und stellt eine weitere Form von "climate porn" - auf einer neuen Spielwiese - dar.
    Es erregt sicherlich politisch und medial mehr Aufmerksamkeit, wenn man mit einem simplen Ursache-Wirkungs-Mechanismus aufwarten kann und die These in den Raum stellt, dass Klimawandel zu Kriegen führt, als wenn man differenziert und kontextspezifisch aufführt, was zur Eskalation von Gewalt führen kann. Durch diese Naturalisierung von politischen Konflikten kann man dann auch von den genuin politischen und wirtschaftlichen Ursachen wie Missmanagement und Korruption ablenken, die politisch sicherlich unbequemer sind als vermeintlich "natürliche" Ursachen.
    Als ich den Artikel gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum auch vermeintlich Qualitätsblätter wie Nature auf diese sex & crime-Nummer stehen und diese Dramatiiserung und Überhitzung forcienen.

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  8. @sil_beck
    "Als ich den Artikel gelesen habe, habe ich mich gefragt"
    Gut. Also welche der im Paper gemachten Aussagen sind 1)dramatisch und überhitzt 2) welche machen ueberhaupt Aussagen ueber den "dramatischen" Klimawandel und die "ueberhitzte" Zukunft und welche 3) diskutieren überhaupt einen Ursache-Wirkungs Mechanismus?

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  9. zu Georg:
    “Widespread violence and even the collapse of civilizations” stellen m.E. ein paradigmatische Beispiel für ein Katastrophenszenarium dar.
    Auch wenn es um statische Korrelationen handelt, wird dieser empirische Bezug doch nahe gelegt.
    Eine ähnliche Diskussion gab es auch schon um Harald Welzers "Klimakriege", wenn auch anders begründet.
    Auch wenn ich das Fass nicht aufmachen möchte, in welchem Zusammenhang dieses Ereignis mit dem globalen Klimawandel steht, ein schöner soziologischer Beleg, dass die Katastrophen "hausgemacht" sind, bietet das Buch: "Catastrophe in the Making: The Engineering of Katrina and the Disasters of Tomorrow"
    William Freudenburg, Robert Gramling, Shirley Laska von 2009.

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  10. @anonymous

    "“Widespread violence and even the collapse of civilizations” stellen m.E. ein paradigmatische Beispiel für ein Katastrophenszenarium dar. "

    Keine Ahnung, dazu braeuchte man das ganze Zitat.
    "It has been proposed that changes in global climate have been
    responsible for episodes of widespread violence and even the
    collapse of civilizations1,2."

    Handelt sich also nicht um dieses Paper. 2 ist Jared Diamond. Kann man alles diskutieren, hat aber mit diesem Paper und der Behauptung, es wuerde Klimapornographie betrieben, beinhalte die These, dass Klimawandel Krieg produziert (es geht um ENSO) oder dramatisiere und ueberhitze, nichts zu tun

    Schon sehr ironisch finde ich den Satz oben:"Durch diese Naturalisierung von politischen Konflikten kann man dann auch von den genuin politischen und wirtschaftlichen Ursachen wie Missmanagement und Korruption ablenken, die politisch sicherlich unbequemer sind als vermeintlich "natürliche" Ursachen. "

    Also was denn nun? Entweder Klimapornographie, dann wuerde also wieder der menschlichen Untaetigkeit vorgeworfen dass Klima nicht gerettet zu haben, oder "natuerliche Ursache", dann wuerde durch das Klima gerade erklaert, was doch sicher anthropogenen Ursprungs ist. Auf alles kann man nun nicht einschimpfen.

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  11. Georg:
    Auch bitte genau gelesen und nicht das Wort im Mund herum drehen.
    Mir geht es um die politischen Implikationen dieses Artikels, um nicht mehr und nicht weniger:
    Eine kleine Medienrezeption, wie die Botschaft des Artikels in den Qualitätsmedien angekommen ist:
    • „Climate cycles drive civil war“ (http://www.nature.com/news/2011/110824/full/news.2011.501.html)
    • „Schlechtes Wetter verursacht Bürgerkriege“ (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,782166,00.html)

    Ohne Fragezeichen, wohlgemerkt, das ist die Botschaft, die hier von den Medien transportiert wird.

    Dieser Bezug auf Bürgerkriege und das Ende von Zivilisationen, die in der Klimadiskussion ja nicht neu und außerordentlich umstritten sind, wird von den Autoren in dem Abstract selbst hergestellt. Mein Verdacht ist, dass die Autoren wohl wissend diese Assoziation zu Katastrophen nutzen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

    Dieser immanente Alarmismus wird auch „climate porn“ genannt (The ‘Porn’ Factor in the Climate Fight; http://dotearth.blogs.nytimes.com/2007/10/31/the-porn-factor-in-the-climate-fight/; the tendency of some sections of the scientific community and the media to present climate change in ever more catastrophic and apocalyptic terms (Hulme 2009; see auch http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,703313,00.html).

    Meine Frage war im Anschluss war, ob man diesen „Aufhänger“ denn wirklich benötigt, um die politische Brisanz und Relevanz von und damit Aufmerksamkeit für Forschungsergebnisse zu steigern? Ob also auch in der wissenschaftlichen Diskussion only „sex & crime sells.“
    Für die politische Diskussion ist die „Naturalisierung“ – Konzentration auf die Zurechnung von sozialen Konflikten auf wetter- oder klimabedingten Phänomene gefährlich ist - weil sie die Aufmerksamkeit von „hausgemachten“ Problemen (wie Missmanagement, Korruption; rent-seeking) ablenkt und sich dann oftmals zeigt, dass letztere eine marginale Rolle spielen. Das führt zu Proxy-Debatten (Roger Pielke), die politisch gefährlich sind.
    Was ich wünschenswert finde, wäre eine detaillierte empirisch fundierte Analyse der "Storyline" und „Narrative“ dieser Konflikte und der Vielfalt von Faktoren, die tatsächlich zu diesen Konflikten geführt haben.

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  12. @sil_beck
    Haette ich diesen Artikel geschrieben und waere wie von Ihnen hier dargestellt worden, waere ich ernstahft angepisst. Aus dem einen den Abstrakt einleitenden Satz und einen mir voellig normal erscheinenden Verweis auf Diamond den Autoren Klimapornographie, Sensationshascherei und Panikmache zu unterstellen ... nicht uebel das.
    Den Autoren von der Columbia Universita den deutschen Spiegel-Artikel anzurechnen, sogar noch besser.
    Schiermeiers Nature-Zusammenfassung spricht mit keinem einzigen Wort den Klimawandel, genauso wenig wie die Autoren des Papers (ausser in diesem Satz: "We find that the changes in the global climate driven by ENSO are
    associated with global patterns of conflict, but our results might not
    generalize to gradual trends in average temperature or particular characteristics
    of anthropogenic climate change. Generalizing our results to
    global climate changes other than ENSO will require an understanding
    of the mechanisms that link conflict to climate."

    Mit anderen Worten
    "Unsere Studie erlaubt keine Schluesse ueber die Zukunft, aber wir werden weiter dran arbeiten". So wird Panik gemacht.

    Und nochmal. Bitte die Vorwuerfe wenigstens in sich konsistent halten.
    1) Entweder climate porn, dh Uebertreiben, Angst machen, dem Menschen dadurch Schuld zuzuweisen und zum Handeln zu draengen (gegen seinen eigentlichen Willen)
    oder
    2) Natuerliche Klimaschwankungen als cover up benutzen, um von den eigentlichen Problemen (Korruption etc) abzulenken.

    Beides zusammen geht ja wohl nicht.

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  13. Ist dieser Artikel gemeint?

    "Using data from 1950 to 2004, we show that the probability of new civil conflicts arising throughout the tropics doubles during El Niño years relative to La Niña years. This result, which indicates that ENSO may have had a role in 21% of all civil conflicts since 1950, is the first demonstration that the stability of modern societies relates strongly to the global climate."

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  14. @Anonymous
    Genau der. Ist doch immer erfreulich, wenn man sich wenigstens auf das Thema einigen kann.

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  15. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich bin nicht wirklich von einigen zentralen Aussagen ueberzeugt.
    Nino hat variablen EInfluss auf Niederschlaege und Temperatur. "Allgemein trocken und waermer" stimmt eher fuer die mittlere tropische Troposphaere aber nicht unbedingt fuer jede Region in den Tropen. Der fuehrende Faktor, der zwischen einem Klimafaktor und bewaffneten Auseinandersetzungen vermutet wird, ist meist Nahrungsmittelknappheit oder -preise. Dieser Zusammenhang wurde aber in anderen Studien nicht bestaetigt (ie der zwischen Nahrungsmittelknappheit und bewaffneten Auseinandersetzungen [siehe das oben zitierte Ross Paper]. Das mit der Agression, wenn es warm ist, halte ich mal fuer Kuechenpsychologie. Kurz, der entscheidende Zusammenhang ist nicht gezeigt.
    Na und schliesslich kann man in den knapp 50 Kriegslaendern mal nachschauen, wie dort nun wirklich die Witterung und die Ernaehrungslage war. Kurz, ich haette das Paper so fuer Nature nicht angenommen.
    Aber von da, bis zu "Unsinn" und "Klimapornograph" ist es ein weiter weiter Weg.

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  16. Georg:
    Bitte genau lesen, bevor man sich angepisst fühlt.
    In der Einschätzung der wissenschaftlichen Qualität liegen wir nicht wirklich weit auseinander, in der Beurteilung der politischen Folgen und des Kontexts wohl.
    Meine vermeintliche Inkonsistenz ergibt sich aus Ihren Zusätzen, „Schuld zuzuweisen und zum Handeln zu draengen (gegen seinen eigentlichen Willen)“ und die ich mir von daher auch nicht zurechnen lasse. Die Beispiele und Vorlagen, auf die ich mich beziehe, beziehen sich im Wesentlichen auf die Dramatisierung von Folgen (siehe Tipping points), um medial Aufmerksamkeit zu erzeugen (siehe Luhmann oder Sunstein). Mit „Dramatisierung" meine ich, dass man eine dramatische gesellschaftliche Folge wie Gewaltkonflikt in den Raum stellt, obwohl man gleichzeitig diskutiert, dass man die causal storyline und entsprechende „Narrative“ nicht kennt.

    Diese Engführung von sozialen Phänomene auf Gewalt-Konflikte finde ich politisch hoch problematisch, wie die gesamte Diskussion um Klimawandel und Frieden/ Sicherheit. Analysen wie diese beruhen auf politische Annahmen und haben politische Implikationen, was nicht automatisch gleichbedeutend mit präskriptiven Handlungsempfehlungen ist.
    Eine politisch brisante und umstrittene Diskussion aufzugreifen, wie die Autoren es tun, und gleichzeitig diesen politischen und öffentlichen Kontext ignorieren und sich nicht die Finger schmutzig machen wollen, die wissenschaftliche Befunde zurückzuübersetzen, das ist für mich Vogelstrauß-Politik, Entschuldigung.

    Diese Kontroverse um Klimawandel findet bekanntermaßen nicht im luftleeren Raum statt, sondern in einem hoch polarisierten Umfeld. Beiträge wie dieser werden auch außerhalb der Forschung wahr genommen, wie die heftige Rezeption in Nature, Spiegel … und zahlreichen Weblogs zeigt und was auch in der Forschung selbst immer wichtiger, wird wie die Diskussion um social „impacts“ im Rahmen der NSF oder „public value“ zeigt (Ryan Meyer (Minerva 49, 47–70; 2011).
    By the way, „Climate“ war bei Nature im Titel, in unserer Ausgabe auf jeden Fall, nicht dass Sie mir das wieder als Mangel an Konsistenz anrechnen.
    Mit anderen Worten, es handelt sich um eine empirische Beobachtung, wie der Artikel in den Medien rezipiert wird.

    Genau aus diesem Grund - der politischen Relevanz - müsste man sich auch stärker über die politische Botschaft und Anschlussfähigkeit Gedanken machen. Im Sinne eines "honest brokers" - könnte man dann ein relativ breites Spektrum an Ursachen und Folgen diskutieren, gerade wenn man eine Idee hat, wie komplex der politische und soziale Kontext und die vielfältigen Wechselwirkungen sind. Das bedeutet in diesem Falle, diese Unsicherheiten und ihre politischen Implikationen politisch auch anschlussfähig zu kommunizieren. Darin vermute ich einer der großen Herausforderungen, wenn man sie denn antreten will.

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  17. Manchmal fühlt man sich nur angepisst von denen die sich von jedem und allem ohne Grund angepisst fühlen. ;-)

    Neulich erklärte ein Wissenschaftler dass Opfer von Naturkatasrophen vor allem ein Merkmal kennzeichnet, Armut. Reiche Leute bzw. reiche Länder leiden kaum unter denselben Naturphänomenen unter denen tausende arme Menschen elendiglich zugrunde gehen.

    Man wird mit Klimaschutz an dieser Tatsache nur sehr wenig ändern können.

    Yeph

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  18. Zu Georg Hoffmanns Aussagen:


    "Kurz, der entscheidende Zusammenhang ist nicht gezeigt.
    Na und schliesslich kann man in den knapp 50 Kriegslaendern mal nachschauen, wie dort nun wirklich die Witterung und die Ernaehrungslage war. Kurz, ich haette das Paper so fuer Nature nicht angenommen."

    Auf dem Blog Primaklima desselben Georg H. läutet eine ganz andere Glocke:

    "Dann formulieren wir doch mal die umgekehrte These.
    1) Das oekonomische Wohlergehen, die Ernaehrungslage und die Gesundheit haben keinerlei Einfluss auf Konflikte in und zwischen Nationen.
    2) Das Klima hat keinerlei Einfluss auf die Ernaehrungslage und Gesundheit.
    3) Also hat das Klima keinerlei Einfluss auf Konflikte in und zwischen Nationen.

    Hmmm. Hoert sich auch komisch an, oder?"

    Das ist natürlich eine verdammt schwergewichtige Retourkutsche. Da bleibt einem echt die Luft weg.

    Ich verweise auf den Beitrag:

    - Rückspiegel: "Der Klimawissenschaftler als Prophet" (2000) -

    Was will uns der nette Herr damit sagen?

    Dies:
    „Civil conflicts are associated with the global climate“
    ?

    Oder etwa:

    Das Wetter beeinflusst die Zivilisationen, Völker, Kulturen, kriegerische Auseinandersetzungen und die Politik.

    Damit sind wir noch weit entfernt von:

    Klimawandel -> KRIEG

    Yeph

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