Thursday, November 24, 2011

"In der Glaubwürdigkeitsfalle"

In spektrumdirekt gibt es einen Kommentar von Hans von Storch zum nach wie vor grassierenden Alarmismus auch und gerade innerhalb der Klimawissenschaften. Anlass ist eine Studie der IEA, die Hans von Storch mit einer eindeutigen Aussage kommentiert, um mögliche Missverständnisse an seiner Position zu vermeiden:
 Wenn wir in den nächsten fünf Jahren nicht die Weichen in unserer Energieversorgung grundlegend umstellen, sinken unsere Chancen gewaltig, dass wir den menschgemachten Klimawandel auf ein noch erträgliches Niveau begrenzen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA). Ich denke, dass dies stimmt!
Im Folgenden kritisiert HvStorch die Fixierung auf das 2 Grad Ziel und das Kohlendioxid als einzige Gefahr für das Klima. Vor allem aber greift er einen für ihn vorherrschenden Alarmismus auch in den Klimawissenschaften an, die zu einer Glaubwürdigkeitskrise und einem gesellschaftlichen Abblocken führt.


Dazu führt er bekannte Beispiele vom Waldsterben bis zur Hockeystickkurve an, die seiner Meinung nach nicht nur zu einem Ausverkauf, sondern auch verienfachten Vorstellungen der Problemlösung führen:
Der im Kern einfache klimadeterministische Ansatz, wonach das Klima und sein Wandel bestimmen, wie wir leben, was wir tun müssen, ob wir vermehrt Nierensteine kriegen oder Eisbären aussterben, ist viel zu simpel. Vielmehr gibt es zahlreiche globale Probleme, die gleichzeitig und untereinander abgestimmt politisch angegangen werden müssen.
Es sind die Sozial- und Kulturwissenschaften,  die seiner Meinung nach nun eine führende Rolle in dieser Debatte übernehmen sollten:
Die Lösungen haben sehr viel zu tun mit Werten und kulturellen Vorstellungen, von denen Naturwissenschaftler nicht mehr verstehen als jeder andere Bürger auch. Was wir brauchen ist eine Neubestimmung dessen, was die Gesellschaft von der Wissenschaft erwartet – und welches nützliche und belastbare Wissen die Forschung der Gesellschaft anbieten kann. Hier sind gerade auch die Sozial- und Geisteswissenschaften gefordert.
Meiner Meinung nach sind die erste Feststellung - wenn innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht was Grundlegendes in der Energieversorgung passiert, siehts zappenduster aus - und diese letzte Bemerkung zentral in diesem Kommentar.
Man könnte ja auch durchaus der Meinung sein, dass die Klimawissenschaften inzwischen längst genügend belastbares Wissen angeboten haben, um eine andere Energiepolitik einzuleiten und zu begründen. Von einzelnen Gemeinden auf lokaler Ebene bis hin zu den Klimagipfeln wie nächste Woche in Durban wird ja auf allen Ebenen versucht, umzusteuern. Die Klimawissenschaften könnten sich daher eigentlich auf ihre angestammte Tätigkeit zurück ziehen und ihre Politiksteuerungsversuche etwas zurück nehmen.
Aber weil die Umsteuerung nicht schnell genug klappt, kommt von den Klimawissenschaften oft der Wunsch nach Ratschlägen für ein besseres "social engineering", die allerdings wiederum oft veralteten Vorstellungen davon, wie Gesellschaften funktionieren, entsprechen. Es sind diese oft unbewussten Annahmen von Gesellschaftssteuerung, über die Klimawissenschaftler in oft gut gemeintem Eifer stolpern und die den Prozess eher behindern als befördern.

7 comments:

  1. Zitat W. K.: "Man könnte ja auch durchaus der Meinung sein, dass die Klimawissenschaften inzwischen längst genügend belastbares Wissen angeboten haben, um eine andere Energiepolitik einzuleiten und zu begründen."

    Wenn dem denn so wäre. Tatsächlich finden sich die Klimawissenschaften in einer eigentlichen Glaubwürdigkeitskrise, indem erneut und noch deutlicher als 2009 sichtbar wird, wie eine kleine, aber verschworene, gut platzierte und vernetzte Gruppe sich die mediale Deutungshoheit sicherte, abweichende Meinungen unterdrückte und sich mehr oder weniger geschickt damit beschäftigte, was die Amerikaner als "cooking the books" bezeichnen.

    Ob Sie Climategate 2 zur Kenntnis nehmen oder nicht, die Öffentlichkeit ist dabei es zu tun. Wenig hilfreich, über die damit beschäftigten Medien die Nase zu rümpfen, wenn nicht deren Meldungen, sondern die behandelten Gegenstände zum Himmel stinken.

    http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-2066240/Second-leak-climate-emails-Political-giants-weigh-bias-scientists-bowing-financial-pressure-sponsors.html

    http://judithcurry.com/2011/11/24/emails

    http://pielkeclimatesci.wordpress.com/2011/11/25/an-e-mail-communication-between-phil-jones-and-ben-santer-indicating-inappropriate-behavior-by-the-us-national-research-council

    http://rogerpielkejr.blogspot.com/2011/11/ignorance-is-bliss.html

    http://wattsupwiththat.com/2011/11/22/climategate-2-0/

    Im Übrigen scheinen sich die IPCC-Einschätzungen betr. Klima-Sensitivität (CO2) selbst in den Augen moderater Betrachter als übertrieben zu erweisen:

    "we find that climate sensitivities larger than 6 K are
    implausible, and that both the most likely value and the uncertainty range are smaller than previously thought."

    http://www.princeton.edu/~nurban/pubs/lgm-cs-uvic.pdf

    V. Lenzer

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  2. Herr oder Frau Lenzer sprach Schmittner et al.s Papier im vorherigen Post an. Natürlich als Beweis, dass das IPCC irgendwas übertrieb oder gar falsch darstellte. Dabei wurde das Papier nicht analysiert, nicht die Ergebnisse diskutiert, das Papier nciht eingeordnet, nichts gar nichts, sondern nur ein zusammenhangloses Zitat gebracht.

    Nun wie es ist aber wirklich? Nathan Urban erklärt das Papier wunderbar in diesem Interview:

    http://newscience.planet3.org/2011/11/24/interview-with-nathan-urban-on-his-new-paper-climate-sensitivity-estimated-from-temperature-reconstructions-of-the-last-glacial-maximum/

    (Interessant sind auch seine Aussagen über Pat Michaels und dessen, hm, interessante Darstellung der Ergebnisse der Studie!)

    Offensichtlich hatte Herr und Frau Lenzer gar keine Ahnung, wie er oder sie, das Papier einordnen kann und muss. Wie auch? Das ist kein Einzelfall, sondern der Normalfall. Laien wie wir können das nicht, wir brauchen dazu Hilfe. Dazu müsste man die Grundlagen kennen, die verwandten Arbeiten, die Grundlagen der Studie, usw. Nathan Urban erklärt das wunderbar in seinem Interview, für Leute wie mich. Pat Michaels dargegen verzerrt die Studie und hilft nur seiner Sache als Lobbyist.

    Ist das das Problem, wenn die Wissenschaft direkt kommuniziert wird? Muss man zu jedem Papier noch ein solches Interview geben + weitere Abhandlungen darüber? Das ist für die Naturwissenschaft nicht machbar.

    Ich finde, diese Wissensvermittlung ist vielleicht ein Teilproblem, was Herr Krauss und Hans von Storch ansprachen. Zumindestens sehe ich das so. Aber wahrscheinlich gehen sie noch viel weiter.

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  3. Ich finde es in der Tat unangemessen, wenn ein einzelnes Papier zum Anlass genommen wird, sehr weitreichende Konsequenzen zu ziehen. Tatsächlich sollte jedes Papier "das Recht haben", ordentlich "abzuhängen", d.h. eine Weile auf dem Markt der wissenschaftlichen Diskussion auf inhaltliche Konsistenz und fachliche Richtigkeit geprüft zu werden. In allen Papieren sind Annahmen enthalten, über die man streiten kann.

    Es ist nicht so, dass die jüngsten Veröffentlichungen die besten sind; es sind allerdings die am wenigsten kritisch geprüften Papiere. Dies gilt unabhängig davon, wer sich die neue Aussage ans Revers hängt.

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  4. @ V. Lenzer #1

    "wie eine kleine, aber verschworene, gut platzierte und vernetzte Gruppe sich die mediale Deutungshoheit sicherte" -

    Mag ja sein, dass sich da eine kleine Gruppe verschworen hat, aber das ändert kaum was daran, dass offensichtlich auch viele Gegner dieser "kleinen Gruppe" derselben Meinung sind, inhaltlich. Es ist eben keine kleine Gruppe, die an eine signifikante Erderwärmung glaubt. Sondern ein verdammt große Gruppe. Das schließt Machtspiele und Absprachen nicht aus - und wer je eine Universität von innen gesehen hat, wird sich DARÜBER kaum wundern -, aber daraus sollte man keine falschen Schlüsse über den gegenstan der Forschung ziehen.

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  5. "... aber daraus sollte man keine falschen Schlüsse über den Gegenstand der Forschung ziehen"

    Einverstanden, bloß klein reden sollte man die Sache vor dem bedeutenden Hintergrund auch nicht.

    Fakt ist, wir reden von einer globalen Erwärmung von ca. 0.7° C in den vergangenen 160 Jahren und - trotz gestiegener CO2-Emissionen - von einem Stillstand eben dieser Erwärmung seit ca. 15 Jahren. Unklar ist, wie viel von der gemessenen Erwärmung nach dem Abklingen einer kleinen Eiszeit auf natürliche Ursachen bzw. auf menschliche Einwirkung zurückzuführen ist.
    Über den Sinn oder den Unsinn "globaler Temperaturreihen" lässt sich im Übrigen und bei Betrachtung regionaler Klimaänderungen und deren Folgen streiten.

    Es geht aber ums große Ganze, den angepeilten billionenteuren Umbau der Wirtschaft, und es geht um die Redlichkeit der Wissenschaft, die für die weitreichenden Entscheidungen die Grundlagen liefern soll.
    Exakt daran kommen erhebliche Zweifel auf, wenn sichtbar wird, wie ein besonders einflussreicher Kreis unter den beteiligten Wissenschaftlern, unterstützt von zugewandten Medien, einer politischen Agenda folgte.
    Bedaure, aber mit den üblichen universitären "Machtspielen" lassen sich die nun zu Tage tretenden Vorgänge und der eigentliche Kern der Debatte kaum genügend beschreiben, wie auch die Reaktion sonst eher zurückhaltender Stimmen zeigt ...

    http://dotearth.blogs.nytimes.com/2011/11/22/a-new-batch-of-climate-e-mail-surfaces-ahead-of-treaty-talks

    http://davidappell.blogspot.com/2011/11/sorting-through-stolen-uae-emails.html

    http://www.spiked-online.com/index.php/site/article/11597

    V. Lenzer

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  6. @V.Lenzer (toller Name!) #5

    Nein, kleinreden soll man das auch nicht, da stimme ich Ihnen zu.

    Aber ich bezweifle dennoch, ob es dabei wirklich um "das Große und Ganze" geht. Die politischen Entscheidungen sind nicht das Resultat einer wissenschaftlich-medialen Verschwörung, das klingt unsinnig. Die politische Entscheidung muss mit einer Unsicherheit leben, welche die Wissenschaft nie wird ganz auflösen können. Es gibt nunmal keine Parallelerde ohne Menschen, die man zum Vergleich heranziehen kann.

    Die große Energiewende - wenn sie denn kommt - vollzieht sich aus vielerlei Gründen, von denen die Wissenschaft nur einen Teil liefert - und den hat sie wohl schon abgeliefert. Es ist eben die überwiegende Mehrheit der WissenschaftlerInnen, die an die Erderwärmung glaubt(!).

    Daran ändern auch die Alarmisten nichts, die sich in ihrem Eifer womöglich auch noch zu hysterischen Manövern versteigen. Natürlich ist das schlecht für den Ruf der Wissenschaft und sollte aufgeklärt werden. Aber man sollte nicht selbst hysterisch darüber werden.

    Und was für climategate 1 gilt, gilt auch für #2: vor Klimagipfeln private emails hacken und veröffentlichen macht auch nicht besonders sympathisch oder glaubwürdig.

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  7. "die überwiegende Mehrheit der WissenschaftlerInnen, die an die Erderwärmung glaubt(!)"

    Das tun durchaus auch die Skeptiker. Die globale Erwärmung seit ca. Mitte des 19. Jahrhunderts dürfte unbestritten sein. Ungeklärt ist, worauf sie zurückzuführen und wie bedeutend der menschliche Beitrag dazu ist. Setzen Sie die dieser Epoche vorangehende Abkühlung der kleinen Eiszeit in Rechnung, relativiert sich die "Anomalie" der bescheidenen Erwärmung um ca. 0.7° C in 160 Jahren schon mal grundsätzlich.

    Und doch, es geht um enorm viel und es lässt sich durchaus so etwas wie eine "Verschwörung" erkennen, wenn wesentliche Teile der Politik nach einer "strong message" rufen und maßgebliche Teile der Wissenschaft sich willig zeigen, eben diese zu liefern ( http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-2066240/Second-leak-climate-emails-Political-giants-weigh-bias-scientists-bowing-financial-pressure-sponsors.html ).
    Von der Mitläuferschaft der Medien, darunter an erster Stelle die renommierte BBC, zu schweigen.

    Was den "Glauben" anbetrifft, hilft vielleicht ein Zitat von Richard Feynman weiter: "Science is the belief in the ignorance of experts".
    Gut, wenn sich die Wissenschaft darauf besinnt und ihre Rolle als Zuträger von sich mehrheitlich als "Experten" gebärdenden Funktionäre überdenkt.
    Denn der angerichtete Schaden ist gewaltig: auf der politischen Ebene, was berechtigte Umweltanliegen anbetrifft, mit Blick auf die Wissenschaft hinsichtlich des angerichteten Rufschadens und Vertrauensverlustes.
    Der Klimazwiebel immerhin ist Anerkennung dafür zu zollen, dass sie vor Overselling und Alarmismus schon lange gewarnt hat.

    Nein, hysterisch soll man über alle dem nicht werden, allenfalls ein wenig skeptischer ; -)

    Und ja, die Einsichtnahme in fremde Korrespondenz ist grundsätzlich verwerflich. Unter den gegebenen Bedingungen allerdings steht sie in höher zu gewichtendem Interesse und dient der Aufklärung. Das gilt selbst dann, wenn ihre Verbreiter von anderen Motiven geleitet sein sollten.

    V. Lenzer

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