Als ein Beispiel führt er zwei Stiftungsprofessuren von der Deutschen Bank an Berliner Hochschulen an, die
"dafür (...) das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit (hat) und (...) die Universitäten verpflichten (konnte), "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten" qualifiziertes Lehrpersonal aus dem eigenen Hause an die Unis zu schicken."Als Beispiel aus dem Umweltbereich wählt er einen Fall, der kaum für eine sachliche Diskussion taugen dürfte, da hoch umstritten und seit vielen, vielen Jahren in der Diskursmühle aufgerieben:
Die Folge sei, dass wissenschaftlich valide Erkenntnisse nicht anerkannt würden und zu entsprechenden Reaktionen führten, eben weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Als Beispiel nennt der Verband die KIKK-Studie, wonach Kinder unter fünf Jahren häufiger an Leukämie erkranken, je näher sie an Kernkraftwerken wohnen.Es lassen sich sicherlich noch viele andere Beispiele dafür finden, dass aus Interesse geleiteten Gründen bestimmte Forschungsfragen nicht gestellt werden und eine partielle Blindheit entsteht:
Die Folge ist laut BUND eine verminderte Forschungsqualität, die durch selbstreferenzielle Überprüfungsmechanismen nicht einmal auffallen würde. Das erklärt für den BUND auch, warum unter den Ökonomen eine hohe Einigkeit darüber besteht, dass die Wirtschaftskrise nicht vorhersehbar gewesen sei.Was tun? Aus Sicht des BUND bzw. seines Vorsitzenden keine Frage:
Als Lösung des Problems schlägt der BUND eine Nachhaltigkeitsmilliarde vor. Die bisher oft in enger Abstimmung mit der Industrie geförderte Technologieforschung soll so um eine transdisziplinäre Forschung ergänzt werden. Damit soll der Ausbau eines regenerativen Energiesystems, eine deutliche Verbesserung der Energieeffizienz insbesondere im Gebäudebereich, aber auch der Wandel zu nachhaltiger Mobilität und einer Wirtschaft, die ohne Wachstumszwänge auskommt, unterstützt werden.Tja, das klingt natürlich ordentlich, andererseits muffelt "Nachhaltigkeit" inzwischen auch ein bißchen nach Filz. Und ob staatliche Förderung allein ausreichen wird, das kapitalistische Wirtschaftssystem abzuschaffen? Das fragt sich zumindest nachdenklich der Geisteswissenschaftler, der mangels Interesse von der einen wie der anderen Seite kaum Gefahr läuft, "gekauft" zu werden....
Nicht wirklich überraschend aber doch nicht untypisch. Wenn positive Begriffe wie "unabhängig" oder "kritisch" fallen, dann ist immer die Distanz "der" Wissenschaft zu den "anderen" gemeint, nie von mangelnder Distanz zu Gruppen der eigenen Interessenfamilie (hier: BUND), denen die Nützlichkeit von Aussagen für die Durchsetzung der eigenen Ziele durchaus zupass kommt.
ReplyDeleteDie Interessen von Deutscher Bank und von BUND sind verschieden, offensichtlich, aber die Eigenschaft, Vertreter von legitimen gesellschaftlichen Interessen zu sein, nicht - ebenso offensichtlich.
Ob nun beide, oder keiner, oder nur einer die Wissenschaft beschädigt als idealerweise von Partikularinteressen unabhängiger Einrichtung, das ist die Frage. Ich denke, es sind beide oder keiner.
@Hans #1
ReplyDeleteStimmt schon, nur: BUND und Deutsche Bank kann man kaum als gleichwertige Interessensvertreter bezeichnen, dazu sind die Gewichte doch zu ungleich verteilt. Die Deutsche Bank kann da schon mit ein bißchen mehr Kapital Einfluss geltend machen...
Und unabhängig von Partikularinteressen ist schwierig, da Geld ja meistens irgendwoher kommt, von irgendjemand verteilt wird und selten neutral ist.
Es ist die Frage ob die guten alten Antworten wie Unabhängigkeit der Wissenschaft, der Verweis auf die gute alte "Neugierde" und "Freiheit der Forschung" und so als Argumente noch ausreichen, um Partikularinteressen zu pulverisieren. Dass der BUND dieses Thema aufbringt macht es natürlich einfach, da dessen Interessen offenscihtlich sind. Aber das Problem, dass der BUND hier anspricht, löst sich dadurch ja nicht auf.
Oder man machts mit Luhmann, der in seinen Evaluationsbogen schrieb:
Forschungsprojekt: Theorie der Gesellschaft.
Dauer: 30 Jahre.
Kosten: keine.
(Die Universität Bielefeld hat ihn offensichtlich bezahlt).
Werner, da kommt mir Stalin's alte Frage hoch, wie viele Divisionen der Papst denn habe? Vielleicht ist Weltanschauung, und Einfluss darauf, doch eine signifikante Macht?
ReplyDelete@Hans
ReplyDeleteJa.
Und man sollte den vorauseilenden Gehorsam vieler ForscherInnen und Institute nicht außer acht lassen und ihren Willen, sich gar nicht aufgestellten Vorschriften zu unterwerfen. Das gibts ja öfters als man denkt. Dabei herrschen selbst in Exzellenzentren oder industriefinanzierten Lehrstühlen nicht notwendigerweise Denkverbote, oder wie siehst Du das? Zumal der gute alte Kapitalismus immer an seiner Dekonstruktion interessiert war, um daraus neues Kapital zu kreieren (Guerilla-marketing, zum Beispiel. Oder regenwaldfreundliches Bier. Oder klimaneutrales Klopapier).
(Georg, ich hoffe Du liest mit: Hans hat Stalin gesagt!!!!)
Werner
ReplyDelete"Es ist die Frage ob die guten alten Antworten wie Unabhängigkeit der Wissenschaft, der Verweis auf die gute alte "Neugierde" und "Freiheit der Forschung" und so als Argumente noch ausreichen, um Partikularinteressen zu pulverisieren"
Diese alten Werte sind unverzichtbar wenn man neues Wissen schaffen will. Denn Innovation laesst sich nicht planen, nicht kaufen, nicht bewusst steuern...
Ich finde es deshalb hoechst bedenklich, wenn es stimmt, dass
"Drei Millionen zahlte die Bank laut Vertrag pro Jahr, dafür hatte sie das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit"
In den mir bekannten Stiftungsmodellen und externer Forschungsfinanzierung sind solche expliziten Kontrollansprueche nicht zu sehen (da mag es den von dir angesprochenenn vorauseilenden Gehorsam geben). Das Arrangement mit der Deutschen Bank klingt sehr nach Korruption. Denn "das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit" kann doch wohl nur heissen, dass der Auftraggeber die Ergebnisse der Forschung bestimmt. Es wuerde mich wundern, wenn das legal waere.
Das ist ja nett, dass die Zwiebelisten mal unter sich diskutieren.
ReplyDeleteWerner - nein, "Denkverbote" gibt es nicht, aber es scheint, dass gewisse Gedanken einfach nicht mehr vorkommen; gewisse Dinge als "Wahrheit" fest stehen - die Sache mit den Annahmen, die oft auch implizit sind.
Also ich verstehe nicht ganz, wo das Problem liegt.
ReplyDeleteWelchen Schaden kann denn die Deutsche Bank durch ihren Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Forschung der genannten Professuren anrichten?
Dass Forschungsergebnisse verfälscht werden?
Halte ich für unwahrscheinlich, und wenn doch, gibt es dafür schließlich den Peer Review.
Dass zu anderen Fragestellungen geforscht wird als Vater Staat oder BUND sich ausgesucht hätten?
Na und?
Das sehe ich nicht als Schaden.
Wissenschaftlicher Fortschritt und Innovation lebt doch nicht davon, dass alle Forscher mit exakt denselben "Vorurteilen" bezüglich was wahr, wichtig, sinnvoll, zielführend, politisch korrekt, etc. ist in die Forschung einsteigen...
...sondern gerade von der Vielfalt dieser Parameter.
Ob diese Vielfalt im Einzelnen durch partikuläre persönliche Interessen des Forschers oder durch partikuläre politische oder finanzielle Interessen hinter ihm stehender Firmen oder NGO's entsteht, halte ich prinzipiell für irrelevant - solange, auf die Gesamtheit bezogen, die Vielfalt und Freiheit der Forschung gewährleistet ist.
Der Marktwirtschaftsphobie des BUND kann ich nicht folgen.
Forschung als freier Markt der Ideen ist für mich ein Ideal, kein Schreckgespenst.
In diesem Zusammenhang finde einen Ausspruch von Gottfried Schatz recht passend, aus der Sendung "Sternstunde Philosophie" des Schweizer Fernsehens:
ReplyDelete“Wenn sie in der Wissenschaft tätig sind, heutzutage wo der Druck so groß ist sich durchzusetzen gegen eine schier unglaubliche Konkurrenz, da versagen unsere Charaktere sehr oft und Menschen, Wissenschaftler, versuchen ihre eigene Hypothese bitter bitter zu verteidigen, auch gegen überwältigende Gegenbeweise oder sie versuchen sogar Resultate zu fälschen.”
Ich hatte da mal ein Video zusammengeschnitten: Gottfried Schatz über Wissenschaft, Politik und Kultur
In voller Länge gibts das Video hier
@ Hans von Storch
ReplyDelete"Das ist ja nett, dass die Zwiebelisten mal unter sich diskutieren."
Ich störe die Idylle nur ungern, aber vielleicht hat der Nachbarbeitrag "Slaves of Crude" einem Teil der übrigen Leser erst mal die Sprache verschlagen.
"Flat earther" und "Denier" hatten wir ja schon. Begriffe, welche Skeptiker wahlweise in die Ecke ausgemachter Dummbeutel oder in jene der Holocaust-Leugner stellen sollen.
Nun auch noch - Politik verlangt die Bestellung immer neuer Begriffsfelder - so was wie "Befürworter der Sklaverei".
Man könnte die Entgleisung leichthin abtun mit dem Hinweis auf die üblichen Links/Rechts-Kraftmeiereien bei der Denunziation des politischen Gegners. Dabei bliebe die indirekte und kaum zu rechtfertigende Verhöhnung der Sklavereiopfer durch leichtsinnigen Sprachgebrauch allerdings unerwähnt.
Im Kontext beider threads, dem erwähnten und dem hier vorliegenden, wäre anzumerken, dass die Wissenschaft den Saal verlässt, wenn man den Debattengegner oder Skeptiker an den eigenen Hypothesen ("risks to future generations") mit Invektiven der oben erwähnten Sorte überzieht oder ihm a priori eine von "Interessen geleitete" Arbeit unterstellt.
Dort wie hier wie in der Frage der "gekauften Wissenschaft" engt ideologisch motivierte Einäugigkeit das Blickfeld ein.
Immerhin macht H. v. St. besonnen auf einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt aufmerksam: "Vielleicht ist Weltanschauung, und Einfluss darauf, doch eine signifikante Macht?"
Erinnert sei z. B. an die von NGOs verfassten Beiträge in AR4, WGII und WGIII, die von Banken und Versicherungen geförderten Forschungsinstitute und -arbeiten auf dem Gebiet der Klimatologie - es geht um Interessen und viel Geld, CO2-Zertifikate, Versicherungsprämien usw. - die alle nicht eben für "unkonventionelle und kritische" Ergebnisse sorgen, so wenig wie die von von Behörden und Parteien bestellten Affirmationsstudien.
Erfreulich deshalb, wenn WK abschließend erkennt: "andererseits muffelt "Nachhaltigkeit" inzwischen auch ein bißchen nach Filz."
Das gilt in vergleichbarer Weise für den BUND wie für Herrn Mouhot.
V. Lenzer
Drittmittel sind ein wichtiger Teil der Finanzierung der Forschung. Kooperationen mit der Industrie usw. kann auch Vorteile haben. Es gibt ja nicht nur Grundlagenforschung, sondern auch Anwendungsorientierte Forschung. Was wäre die aber ohne Anwendung? Hat alles so seine Vor- und Nachteile.
ReplyDelete@Faulenzer
ich stelle mir das gerade mal vor: Versicherungen haben viele Daten über Versicherungsfälle und Schäden und interessiert sich für mögliche Szenarien für die Zukunft. Auf der anderen Seite, ein Forschungsinstitut für Klimafolgenforschung interessiert sich für Klimafolgen und macht eben auch Klimaprojektionen. Hmmmm... was läge da näher, mal ein paar Projekte zusammen zu machen? Diese Projekte waren auch nicht gerade im Milliardenbereich. Interessant war es da auch: dass es ein Skandal war, wenn der Projektpartner aus Potsdam kam... kam er dagegen aus Köln oder Berlin, dann war es okay. Nun ja.
Interessant ist schon, dass immer häufiger NGOs Großkonzernen gleichgesetzt werden. Finde ich irgendwie falsch. Naja, vielleicht eine Folge davon, dass NGOs Großkonzerne teilweise in die Knie zwungen. Bspw. Greenpeace, oft liebevoll Greenpiss genannt, hat bei allen Fehlern doch so seine Erfolge beim Schutz der Natur. Wer mag schon Dünnsäureverklappung, oder?
@V.Lenzer #9
ReplyDeleteKeine Sorge, Sie stören die Idylle nicht! Wir hatten da schon ganz andere Gäste -:) Einmal kam einer und hat mir direkt eine in die ...- aber ich will Sie hier nicht mit Geschichten langweilen!
Nur noch eine kleine Bitte:
Könnten Sie kurz Beispiele angeben, wo Skeptiker als "Befürworter der Sklaverei" dargestellt werden? Und wo Sklavereiopfer verhöhnt werden?
Ich muss das irgendwie überlesen haben.
Und das bitte unter dem "Slave for Crude" post, um die Diskussionen nicht zu vermischen. Danke!
Sascha-w#7
ReplyDeletenaja, auf dem Papier klingt das schon gut, "Forschung als freier Markt der Ideen", aber in der Praxis ist das wie mit der freien Marktwirtschaft - am Ende setzen sich die Großen durch und kontrollieren den Markt, außer es greift ein Regulierungsmechanismus etc...
Und die peer review ist als Regulator eines freien Marktes der Ideen heillos überfordert.
Allerdings muss ich schon sagen, dass Ihre betont pragmatische Einstellung durchaus bdenkenswert ist. Vor allem, da ja niemand ohne "Vorurteile" in die Forschung einsteigt. Nicht dass man solche hat, sondern dass man sie nicht offen legt, ist das eigentliche Problem.
@ Ghost
ReplyDelete"Diese Projekte waren auch nicht gerade im Milliardenbereich"
Die Projekte nicht, die daraus resultierenden Gewinne dagegen schon ...
http://rogerpielkejr.blogspot.com/2010/11/82-billion-prediction.html
V. Lenzer
"aber in der Praxis ist das wie mit der freien Marktwirtschaft - am Ende setzen sich die Großen durch und kontrollieren den Markt"
ReplyDeleteMeiner Meinung nach ein gutes Argument für die Unterhaltung eines Kartellamtes, nicht jedoch für ein Verbot der Marktwirtschaft an sich.
Übertragen auf die universitäre Wissenschaft halte ich eine ähnliche Handhabung für sinnvoll:
Zentrale Regulierungen nur in Form von Bekämpfung übermäßiger (und eindeutig schädlicher) Auswüchse.
Nicht schon allein dann wenn irgend ein Interessenvertreter beleidigte Leberwurst spielt, weil er entdeckt hat dass mancherorts auch ihm entgegengesetzte Interessen eine Rolle bei der inhaltlichen Ausrichtung von (und Motivation für) Forschung spielen.
Sascha #7
ReplyDelete"Welchen Schaden kann denn die Deutsche Bank durch ihren Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Forschung der genannten Professuren anrichten?
Dass Forschungsergebnisse verfälscht werden?"
Der Schaden liegt bei der Uni, die durch ein solches Arrangement ihre Glaubwuerdigkeit verliert.
@Reiner Grundmann #15
ReplyDeleteSelbst wenn dem so sein sollte, ist das Sache der Uni, die die Kooperation mit dem Unternehmen schließlich aus freien Stücken eingeht.
Und sie würde das nicht tun, wäre sie nicht nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass für sie die Vorteile überwiegen.
Trotzdem einen Nettoschaden für die Uni zu postulieren kommt meines Erachtens einer Bevormundung derselben gleich, und es stellt sich die Frage welchen Zweck die Universitätsleitung denn noch erfüllen soll wenn ihr die Abwägung, was gut für die Uni ist, politisch vorgegeben werden soll.
Ich bin höchst skeptisch gegenüber politischen Forderungen die auf der Annahme basieren, dass eine zentrale Planungsbehörde (Gesetzgeber/Verwaltung) besser wüsste was für Marktteilnehmer gut ist, als diese selbst, und glaubt sie zu ihrem "Glück" zwingen zu müssen.
Zumal neben der moralischen Komponente auch praktische Erwägungen dagegen sprechen, denn es ist wohl kaum anzunehmen, dass eine zentrale Behörde ähnlich viele lokale Informationen berücksichtigen kann, und eine von ihr verordnete pauschale Vorschrift ähnlich gut auf verschiedene Einzelfälle eingehen kann, als eine lokale Einzelfall-Abwägungen durch die betroffen Marktteilnehmer selbst (die ja, so sollte man zumindest meinen, die Experten über ihre eigene lokale Situation sind).
Sascha
ReplyDeletesie sehen allen Ernstes kein Problem darin, dass sich eine Universitaet von der Autonomie ihrer Forschung verabschiedet?
Uebrigens verstehe icht, was die Polemik gegen zentrale Planung soll.
@Sascha #16
ReplyDeleteKann es sein, dass Sie eher aus der sogenannten "Wirtschaft" kommen und nicht an der Universität sind?
Mir scheint, Ihre Argumentation steht und fällt mit der Metapher des "freien Marktes". Aber was, wenn Universitäten gar keine "Marktteilnehmer" sind, sondern eben "Universitäten"? Dann erweist sich die Rede vom "freien Markt der Ideen" und der Wirtschaftlichkeit etc als ein rhetorische Figur, Entscheidungen und Meinungen als quasi alternativlos hinzustellen - es ist dann eben der "Markt", der entschieden hat.
Universitäten sind, gelinde sagt, ziemlich schillernde Einrichtungen, deren Legitimät nicht nur durch ihren Nutzen für die Ökonomie, sondern durch ganz andere Dinge bestimmt wird - Kultur zum Beispiel (und damit meine ich nicht Kultur als event, der auf dem Markt mit anderen Konsumgütern konkurieren muss). Die Universität erfüllt viele Aufgaben, deren Marktwert tatsächlich nur schwer zu eruieren ist, wie zum Beispiel die Archivierung, Pflege und Weitergabe von Wissen, dessen "Nützlichkeit" sich nicht immer gleich offenbart.
Wenn nur Marktkriterien angelegt werden, dann sieht es zappenduster aus für viele Wissensbereiche. Und oft genug auch für die Qualität der Argumente - dann wird eben ein komplexer Vorgang auf eine einfache Wahrheit reduziert, wie zum Beispiel "der Markt" oder was auch immer, und "Gewinnstreben" wird zu einer Natureigenschaft umdefiniert (gang und gäbe heutzutage).
ich finde also, dass man mit Markt-Metaphern etwas zurückhaltend umgehen sollte.
Warum sollte es ein Problem sein, wenn die Forschungsinhalte von der Industrie vorgegeben werden, solange ergebnisoffen geforscht wird und nicht die Lösungen oder Schlußfolgerungen vorgegeben warden.
ReplyDeleteEs ist doch üblich, dass sowohl das BMBF als auch die EU die Industrieunternehmen fragt, welche Inhalte in den Rahmenprogrammen gefördert werden sollen. Die Ergebnisoffenheit wird durch die Förderrichtlinien sichergestellt. Da ist Deutschland oft zu vorbildlich meines Erachtens im Vergleich zu Korea oder Japan.
Klar da wird nach Inhalten gefragt, aber es ist immer ergebnisoffen. Viele Fördertöpfe geben sogar Industriepartner oder Industrialisierungspläne vor. Das machen wir schon seit Jahrzehnten erfolgreich.
War immer so und funktioniert. Viele Lehrstühle sind stolz auf ihre anwendungsorientierte und industrienahe Forschung.
MFG
Günter Heß
G. Hess
ReplyDeletees geht doch nicht um die Inhalte, die beforscht werden sollen, sondern um
"das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit"
Das deutet darauf hin, dass die Ergebnisse vom Auftraggeber bestimmt werden.
Lieber Herr Grundmann,
ReplyDeleteIch war an der Uni 10 Jahre in der Grundlagenforschung tätig. In der Industrie arbeite ich seit 10 Jahren in High-Tech Unternehmen. In beiden Bereichen aus Naturwissenschaft und Technik waren und sind wir immer froh, wenn wir der Natur durch harte Arbeit überhaupt Ergebnisse abtrotzen können. Da bleibt meiner Erfahrung keine Zeit für ihre Art von “Bias”.
In meinen Arbeitsgruppen haben und hätten wir das auch nie getan, obwohl wir immer Drittmittel oder Fördergelder haben und hatten. Reingeredet bei den Ergebnissen hat uns nie ein Geldgeber, auch wenn er die Inhalte vorher mitbestimmt hat.
Für Geistes-, Klima-, oder Wirtschaftswissenschaften oder ähnliches kann ich nicht sprechen. Da habe ich keine Erfahrung.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Heß
@Günther Heß #21
ReplyDeleteNatürlich sind ein Großteil der Fälle von Zusammenarbeit völlig unkompliziert und business as usual, so wie Sie es schildern. In vielen Bereichen ist das ja auch gar nicht anders möglich.
Der BUND brachte das Beispiel der Deutschen Bank, die derzeit in der Finanzkrise eine was auch immer für bedeutende Rolle spielt. Ohne Zweifel sind die Wall Street Banker fast alle Abgänger der amerikanischen Eliteuniversitäten; Warnungen vor einem Bankencrash, die es seit Jahren gab, wurden dort geflissentlich ignoriert. Es ist schon angebracht mal nachzufragen was denn die Deutsche Bank so antreibt, in die Universitäten zu investieren. Wenn der BUND dann von der Gefahr von "selbstreferenziellen Überprüfungsmechanismen" spricht oder sich darüber wundert, dass "unter Ökonomen eine hohe Einigkeit darüber besteht, dass die Wirtschaftskrise nicht vorhersehbar gewesen sei", dann greift er das nicht einfach aus der Luft.
Stiftungswesen oder nicht, das ist eine ganz eigene Frage. Der Kontrollzusatz allerdings, der muss auf den Prüfstand, hier geht es wirklich ans eingemachte.
Ein anderer Punkt ist dass Zusammenarbeit mit der Industrie ebenso wie Einwerben von Drittmitteln etc zum alleinigen Kriterium von Leistungsfähigkeit gemacht wird. Damit wird eine bestimmte ökonomische Lehre (und darauf beruhendes Menschen- und Gesellschaftsbild) zum alleinigen Kriterium und führt zu eben solchen Fehlleistungen, das Leute ernsthaft behaupten, niemand habe die Wirtschaftskrise vorhersehen können. Oder andere seltsame Vorstellungen auch in dem Bereich, den wir hier verhandeln - der Klimadeterminismus, koloniale Fantasien, Entwicklungsvorstellungen wie aus den fünfziger Jahren sind in den Klimarettungsfantasien gang und gäbe - ganz einfach, weil der ganze Bereich, der dafür zuständig ist, als nicht-effektiv qualifiziert und als nicht-förderungswürdig eingestuft wird (oder in einen Rahmen gepresst wird, wo Anpassung an das oben beschriebene Denkmuster durch Förderung belohnt wird).
In der Kürze übertrieben, in Einzelfällen auch anders, aber in der Tendenz: haarsträubend.
Herr Hess
ReplyDeleteIhre Erfahrung in allen Ehren -- ihre Antwort geht aber am Kern des Problems vorbei. Im genannten Fall will sich der Geldgeber das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit vorbehalten, nicht bei der Bestimmung der Inhlate, die beforscht werden sollen.
So jedenfalls interpretiere ich den Satz "Drei Millionen zahlte die Bank laut Vertrag pro Jahr, dafür hatte sie das letzte Wort bei der inhaltlichen Arbeit" - Letztes Wort klingt nicht danach, als ob Forschungsinhalte (=Forschungsfragen, Forshcungsdesign) vorher abgekaert werden. "Letztes Wort" klingt nach der Endphase, wo evtl. unsichere oder konfligierende Ergebnisse (=Inhalte) interpretiert werden.
Vielleicht hat jemand Zugang zum Wortlaut des Vertrags?
Google sei Dank hier ein aktueller Kommentar aus der TAZ (mit Verweislinks auf zwei weitere Berichte) - anscheinend rudert die Unileitung der Humboldtuniversität aus ähnlichen wie hier geäußerten Bedenken erstmal zurück.
ReplyDeleteÄhnliche Diskussionen gab es doch auch neulich um eine google-Spende, die ebenfalls zur Gründung eines Insituts geführt hat - wobei hier, soweit ich mich erinnere, klar war, dass inhaltlich kein Einfluss genommen wird. Das scheint der Knackpunkt zu sein.
Danke Werner,
ReplyDeletewir kennen also den Vertrag in den wichtigen Punkten und meine Befürchtung bestätigt sich. Es heisst dort:
"Alle Forschungsergebnisse der Universitäten oder ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die im Rahmen der zwischen den Vertragspartnern abgestimmten Forschungsprojekte entstehen, sind der Deutschen Bank […] zur Freigabe vorzulegen."
Meine Interpretation des Begriffs "letztes Wort" ist also gerechtfertigt.
Letztendlich ist es wohl immer so, daß wer mitbezahlt auch mitbestimmen will. Das gilt letztendlich auch für Forschung, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und für Forschungsarbeiten, Studien und Gutachten, die der BUND in Auftrag gibt.
ReplyDeleteBtw: Der Spiegel hat detaillirtere Informationen über das, was in der Klammer steht ("sind der Deutschen Bank […] zur Freigabe vorzulegen")
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,765337,00.html