The Standford Encyclopedia of Philosophy offers this entry on Ludwik Fleck:
"In the 1930s, Ludwik Fleck (1896–1961), a Polish-Jewish microbiologist, developed the first system of the historical philosophy and sociology of science. Fleck claimed that cognition is a collective activity, since it is only possible on the basis of a certain body of knowledge acquired from other people. When people begin to exchange ideas, a thought collective arises, bonded by a specific mood, and as a result of a series of understandings and misunderstandings a peculiar thought style is developed. When a thought style becomes sufficiently sophisticated, the collective divides itself into an esoteric circle (professionals) and an exoteric circle (laymen). A thought style consists of the active elements, which shape ways in which members of the collective see and think about the world, and of the passive elements, the sum of which is perceived as an “objective reality”. What we call “facts”, are social constructs: only what is true to culture is true to nature. Thought styles are often incommensurable: what is a fact to the members of a thought collective A sometimes does not exist to the members of a thought collective B, and a thought that is significant and true to the members of A may sometimes be false or meaningless for members of B. ..." Continue reading
@ Hans von Storch
ReplyDeleteWhat a great irony to introduce Ludwik Fleck on Klimazwiebel and in climate science in general.
A well merited honour for LF and his work!
For german readers ...
Hier die "deutsche Website nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Fleckismus" ...
http://rolandbruehe.de/ludwik-fleck
V. Lenzer
Der Ethnologe zieht erfreut seinen Hut:
ReplyDelete"Fleck accuses (his predecessors) of ignoring the results of their research into the beliefs of traditional societies once they turn to scientific thinking, where they hold that “perceptions proper” displace mythical elements, and a traditional conviction on the existence of spirits and daemons is replaced with justified beliefs about “what physically is possible or impossible” (Levy-Bruhl, quot. from Fleck 1935a, § II.4). In contrast, Fleck claims that scientific thinking is an object of sociological examination to the same extent as mythical thinking."
Fleck muss man lesen! Erst am Einzelbeispiel erschließt sich der Reichtum seiner Ideen und seiner Sprache. Hier ein Ausschnitt über Syphilis, der in zweierlei Hinsicht für uns interessant ist: erstens im Hinblick auf die Dynamik des wissenschaftlichen Prozesses (den er - anders als Kuhn - nicht im abrupten Paradigmenwechsel sieht), und zweitens, weil er im folgenden Ausschnitt darauf hinweist, dass auch KLIMA einmal eine Rolle als Faktor für den Ausbruch der Syphilis spielte.
ReplyDeleteZur Erinnerung: Die Syphilis galt schon immer als "ethisch-mytische Lustseuche", und gleichzeitig war sie "empirisch-therapeutische Krankheitseinheit". Die Forschung konnte nur schwerlich das eine vom anderen unterscheiden:
"Keinen dieser Standpunkte hielt man konsequent ein, sie wurden, obwohl widersprechend, miteinander verquickt. Theoretische und praktische, aprioristische und rein empirische Elemente durchdrangen einander, nicht nach den Regeln der Logik, sondern der Psychologie: Empirie wich vor der gemütsbetonten Apriorie stark zurück" (9).
Im ersten Kapitel von "Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache" beschreibt Fleck "wie der heutige Syphylisbegriff" entstand. Er schildert, wie schließlich der "Erregergedanke" die Beziehung zwischen Bakterie und Krankheit herstellt. Die Entdeckung des Erregers, der Spirocheta pallida, ist letztlich das Ergebnis ruhiger, logischer Beamtenarbeit:
"So vorsichtig, so nüchtern, so pflichtgetreu arbeitete und urteilte das Beamtenkollegium, dem der Titel des Entdeckers des Syphiliserregers eigentlich zukommt. So vorsichtig, so nüchtern, so pflichtgetreu stellen es jetzt die geistigen Nachkommen jener dar" (25).
Doch damit ist die Geschichte keinesfalls abgeschlossen:
"Die Entwicklung des Begriffs der Syphilis als spezifischer Krankheit, ist also nicht abgeschlossen und kann es nicht sein, denn er nimmt Teil an allen Entdeckungen und Neuerungen der Pathologie, der Mikrobiologie und der Seuchenlehre. Sein Charakter wandelte sich aus dem Mystischen über das Empirische und allgemein Pathogenetische zum hauptsächlich Ätiologischen, wobei man nicht bloß große Bereicherung an Einzelheiten gewann, sondern auch viele Einzelheiten der alten Lehre verlor. So lernen und lehren wir heute sehr wenig oder nichts über die Abhängigkeit der Syphilis vom Klima, der Jahreszeit und der allgemeinen Konstitution der Kranken, während in alten Schriften viele diesbezüglichen Beobachtungen zu finden sind. Mit der Umwandlung des Syphilisbegriffes entstanden aber neue Probleme und neue Wissensgebiete, so daß eigentlich gar nichts abgeschlossen wurde." (28f.)
Darüber kann man durchaus mal nachdenken, und versuchsweise mal "Klima" statt Syphilis lesen. Kommt einem bekannt vor...