Rezensionen zur Klimafalle:
Pünktlich zum heutigen Erscheinen unseres Buches eine schöne Reportage im Magazin des Schweizer Tagesanzeigers von Mathias Plüss, der uns in Hamburg besucht und (erfolgreich) versucht hat nachzuvollziehen, wie ein Klimaforscher und ein Ethnologe gemeinsam Position beziehen. Wie alle guten Gespräche fängt auch dieses in der Küche an:
"Wir sind zu dritt in von Storchs Hamburger Wohnung: Mit von der Partie ist der Ethnologe Werner Krauss - die beiden betreiben einen Blog ("Die Klimazwiebel") und haben zusammen ein Buch geschrieben (....). In der Küche diskutieren wir die ersten Reaktionen auf das Buch: Klimaskeptiker haben es begeistert aufgenommen, sogar der umstrittene dänische Öko-Optimist BjørnLomborg hat ein zustimmendes E-Mail geschickt was jedem anständigen Klimaforscher einen kalten Schauer über den Rücken jagen würde. Aber von Storch sagt nur: "Die haben ja nur die ersten fünfzehn Seiten des Auszugs gelesen. Sie werden noch auf die Welt kommen, wenn sie das ganze Buch sehen."Mathias Plüss skizziert denn auch erst einmal ganz nüchtern die Ausgangslage:
"Die Welt ist widersprüchlich. Wir leben in der wärmsten Phase seit Jahrhunderten, die Arktis schmilzt wie noch nie. Und doch, der Winter ist schon wieder ungewöhnlich winterlich, und angeblich soll derzeit sogar die Erderwärmung zum Stillstand gekommen sein. Für einen Laien ist es schwierig, sich darauf einen Reim zu machen. Von sogenannten Klimaskeptikern wird uns unaufhörlich weisgemacht, beim Klimawandel handle es sich um ein wissenschaftliches Versehen, wenn nicht gar um eine grüne Verschwörungstheorie. Die Folge ist, dass in der Öffentlichkeit in letzter Zeit der falsche Eindruck aufkam, der Klimawandel sei innerhalb der Forschergemeinde umstritten. An dieser fatalen Entwicklung sind aber nicht nur die Skeptiker schuld: Die Klimawissenschaftler müssen sich auch selbst an der Nase nehmen."
In weiteren Verlauf der Reportage folgt er Themen wie "Forscher als Politiker", "Magisches Denken", "Schimpfwort 'Skepsis', "Forscher als Dienstleiter" und endet ganz folkloristisch, was vielleicht nicht verwunderlich ist, wenn ein Schweizer einen Friesen und einen Schwaben interviewt:
"Wenn eine neue Technologie wirtschaftlich attraktiv ist, dann werden irgendwelche Schwaben damit Geld machen". Von Storch schaut den Schwaben Krauss an. "Und dann wollen es alle Chinesen haben, weil es chic ist und Energie spart, und so hat es eine globale Wirkung. Das ist von hinten durch die Brust geschossen. Aber es ist ein effizienter Weg."Eine schöne Reportage. Hoffen wir, dass die Klimafalle viele Leser finden und vor allem viele produktive Debatten auslösen wird!
Anhang 23.2.:
Und hier gleich noch ein Magazin Artikel über die Klimafalle, und zwar von Andreas Frey in der Badischen Zeitung:
"Sind wir noch zu retten?
Drohen, warnen, alarmieren: Klimaforscher zeichnen meist ein düsteres Bild des Klimawandels - höchste Zeit, das zu ändern."
Es gibt also noch viel zu tun. "Man muss weiterforschen, um mehr Klarheit zu gewinnen", sagt Hans von Storch. Das chaotische System Atmosphäre sei einfach zu komplex, um bereits alles verstanden zu haben. Krieg gegen das CO2 zu führen, sei ein aussichtsloses Unterfangen, das zur Folge habe, dass die Menschen das Thema nicht mehr hören könnten – ähnlich wie beim Waldsterben. "Die Wege aus der Klimafalle", schreiben von Storch und Krauß, "führen über ein neues Verständnis des Klimawandels, das nicht mehr apokalyptisch ist, sondern ihn als eine Herausforderung begreift, die Welt, die wir bewohnen, neu zu konzipieren." Dazu müssten alle an einen Tisch, müssten alle gehört werden, um über die Zukunft zu beraten. Sie geht uns schließlich alle an.Und dann hat es da noch ein Foto von einem ehemaligen Fußballtrainer (s. Kommentar #2, Andreas) und eines von einem unbekannten Dunkelmann mit Decknamen "Storch" und offensichtlich zweifelhaften Absichten:
add: 25.2.2013
Sven Titz von der Neuen Züricher Zeitung schreibt eine Rezension unter dem Titel: "Zwei Forscher beklagen die Politisierung der Klimaforschung". Er geht auf die "Gekidnappte Klimaforschung" ein und setzt uns auf den Platz zwischen allen Stühlen. Besonders erfreulich, dass er die ethnologischen Aspekte nicht zu kurz kommen lässt, wenn er über die fast religöse Dimension, die der Klimaforschung zukommt, schreibt, oder über die Rolle der social media, den Klimablogs - und unser ethnographisches Beispiel ausgiebig würdigt:
Dass «der grandiose, globale Plan» die Lösung für das Klima bringt, glauben die Autoren nicht. Sie setzen darauf, politische Massnahmen Stück für Stück auszuhandeln. Bei klimapolitischen Konflikten vor Ort raten sie zu umfangreicher Beratung und Partizipation. Als lehrreiches Beispiel erzählen die Verfasser, wie der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer entstand. Dort ernteten Forscher und Naturschützer von der Gründung im Jahr 1986 an wütende Proteste der Einwohner: Diese befürchteten, mit dem Nationalpark werde die Landgewinnung enden und der Küstenschutz geschwächt. Als alle Akteure mitreden durften, liess sich der Streit aber entschärfen.
Eigentlich verwunderlich dass er sich trotzdem fragt "Wie der konkrete Nutzen aussehen soll, den die kultur- und sozialwissenschaftliche Expertise bringen könnte". Eine veränderter Blick, eine andere Diskursivierung des Klimawandels, das Beispiel einer Strategie, die den Test der Wirklichkeit bereits bestanden hat - das scheint ihm noch nicht zu genügen. Dennoch sehr schön, vor allem auch die Idee, ein Bild vom Wattenmeer oben drüber zu stellen.
add: 25.2.2013
In der heutigen Print-Ausgabe vom Focus ein Interview anlässlich der Klimafalle mit Hans von Storch unter dem Titel "Klimaforscher gegen Panikmache." und dem temperamentvollen Untertitel: "Der Wissenschaftler Hans von Storch geht mit der eigenen Zunft scharf ins Gericht: Er wirft ihr Übertreibung und 'methodisches Versagen' vor."
Dazu eine etwas grelle Bebilderung, wo der Himalaya-Fehler im IPCC über Gebühr Berücksichtigung findet und ein Antagonismus zum PIK herausgestellt wird. Anderer Stil eben, und hoffentlich bald auch online! (Hier noch ein kleiner Nachschlag zu dem Artikel auf der Achse des Guten).
Hier ist es nun auch auf focus-online zu finden.
add: 25. 2. 2013
Die KollegInnen von klimaretter.info "Das Magazin zu Klima- und Energiewende" haben einen Vorabdruck zur Diskussion gestellt, dazu eigene Zwischenüberschriften erfunden und wirklich tolle links gesetzt zu einzelnen Schlagwörtern.
Auf dem Blog von Franz Alt, Sonnenseite.com, schreibt Rupert Neudeck nach sorgfältiger Lektüre eine sehr freundliche Kritik.
add: 5.3.2013
Hier die Druckversion einer Rezension am 4.3. im Deutschlandfunk in der Sendung "Andruck", gemeinsam mit dem Buch von Gerstengabe / Welzer "Zwei Grad mehr in Deutschland". Darin findet auch die Klimazwiebel Erwähnung und erfährt wohlverdientes Lob:
Im Zentrum des Werkes steht das öffentliche Auftreten von Wissenschaftlern und Klimaskeptikern. Die Auseinandersetzung um Wahrheit und Vorherrschaft in der Öffentlichkeit wird über die konventionellen Medien und heute auch über Blogs der Beteiligten ausgetragen. Von Storch und Krauß stellen sie vor und schreiben gerade hier ausführlich über sich selbst: Ihr Blog "Die Klimazwiebel" bemüht sich wie kein anderer um einen Dialog zwischen den verfeindeten Lagern.Der aufmerksame Rezensent erwähnt auch, worum es uns "eigentlich geht" und zitiert uns so:
"Die Wissenschaft liefert das Rohmaterial für eine große Klimaerzählung, die unsere Wahrnehmung und mediale Darstellung des Klimawandels heute immer noch weitgehend bestimmt. Sie löste die Schreckensszenarien des Kalten Krieges und die Angst vor dem Atom ab und überführte sie in das 21. Jahrhundert. Eine Erzählung, die von den Klimaforschern mit in die Welt gesetzt wurde und die ihnen immer wieder außer Kontrolle gerät."Doch landen wir am Ende selbst in der Klimafalle mit unserem Plädoyer, den Fokus der Klimapolitik von der globalen auf die regionale Ebene und deren Vernetzung untereinander zu verlagern? Der Rezensent findet das ein spannende Frage:
Ob von Storch und Krauß mit diesem politischen Programm ebenfalls in die Klimafalle tappen, die sie vielen Fachkollegen vorwerfen, darüber lohnt es sich zu streiten. Ihr Buch leistet einen Beitrag zur Klimadiskussion. Das ist eine Stärke dieses Werks. Auch Naturwissenschaftler haben zur Klimapolitik einiges beizutragen, und es ist spannend zu lesen, wie die Autoren genau das tun, was sie ihren wissenschaftlichen Konkurrenten vorwerfen. Der Leser findet eine detailreiche und spannend geschriebene Darstellung der Auseinandersetzungen innerhalb der Klimawissenschaften und darüber hinaus - auch eine Aufforderung, selbst über das Thema nachzudenken und eine eigene Position zu beziehen.Der letzte Satz ist der entscheidende, meiner Meinung nach. Wir wenden uns ja nicht dagegen, dass sich die Klimaforschung einmischt, sondern dagegen, dass sich die Politik in die Klimaforschung verlagert und diese wiederum der Politik ein Alibi liefert, ihre Entscheidungen als alternativlos darzustellen. Diese Feineinstellung nimmt der Rezensent nicht vor, aber vielleicht haben wir uns da auch nicht deutlich genug ausgedrückt? Aber letztlich stimme ich mit dem Resümmee hier überein: wir wollen den Leserinnen tatsächlich nicht "die Wahrheit über den Klimawandel" aufs Auge drücken und ihnen sagen, was sie jetzt zu tun haben, sondern wir wollen sie dazu auffordern, sich selbst eine Meinung zu bilden.
add: 9.3.2013
Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): "Wissensschaft ist nicht Fortsetzung der Politk mit anderen Mitteln" mit dem launischen Untertitel: "Wer den Hockeyschläger schwingt: Der Klimaforscher Hans von Storch betrachtet mit dem Ethnologen Werner Krauß seine Zunft von außen - und liest ihr die Leviten".
Die durchweg positiv gestimmte Rezension von Ulf von Rauchhaupt hat es in sich und beginnt mit einer Warnung:
"Eine Warnung vorweg: Auch wenn Titel und insbesondere Untertitel anderes zu versprechen scheinen - dieses Buch ist keine Erbauungslektüre für "Klimaskeptiker". Wer sich nicht vorstellen kann, dass die Abgase unserer Zivilisation einen problematischen Einfluss auf die globale Wetterstatistik haben, und auf Unterstützung seiner Position hofft, wird von den Autoren bitter enttäuscht."Danach fasst er die Resultate seiner Lektüre - und damit unsere Kritik an einem überkommenen (Selbst-) Verständnis von Wissenschaft und an der Vorstellung einer direkten Umsetzung von Wissenschaft in Politik - elegant zusammen:
"Diese Überhöhung der Wissenschaft als etwas über alles Soziale, über alle interessen- und wertgeleiteten Diskurse Erhabenes verkennt völlig, was Forschung ist und wie sie funktioniert. Auch dort, wo sich Naturwissenschaft mit der harten materialen Außenwelt beschäftigt, ist diese Beschäftigung eine soziale Veranstaltung, geprägt und beeinflusst von kulturellen Traditionen, politischen wie ökonomischen Randbedingungen und, ja, von Werten."Und der Rezensent macht sich die Mühe, mit dieser Einsicht im Hinterkopf das Buch bis zum Schluss durchzulesen und in unserem Nordfrieslandbeispiel eine anderen Ansatz zu entdecken, wie in der Klimafrage verfahren werden könnte: statt "globaler Dekretierung von Klimazielen regional differenzierte Strategien". Und er schließt mit einem ganz besonderen Wunsch:
"Diesem Buch wäre daher vor allem zu wünschen, die "Warner" unter den Klimaforschern und Aktivisten mögen bis zu diesem letzten Kapitel durchhalten und es nicht vorher schon genauso verärgert in die Ecke legen, wie mancher enttäuschte "Skeptiker"es sicher tun wird."Ob der Rezensent hier die Toleranzspanne vieler Skeptiker und ihre Dialogbereitschaft vielleicht etwas unterschätzt? Auf jeden Fall kann man sich über eine solche Rezension nur freuen - hier nun auch online!
add 12.3. 2013:
Einige sehr freundliche Betrachtungen und "Vollkommen subjektive Gedanken zu Die Klimafalle" aus dem sciencemeteoblog "14. Stock". Es folgen auch einige kritische Gedanken, die vielleicht auch mit der Textart zu tun haben: wir verstehen unser Buch als einen Essay.
add 14.3.2013:
Eine Rezension von "Die Klimafalle" von Axel Bojanowski heute auf spiegel-online:
Der erste Teil firmiert unter dem Titel "Forscher als heimliche Advokaten" und der zweite Teil unter "Offene Feldschlacht um den Hockeyschläger". Diese Rezension kommt eindeutig streitlustiger daher als diejenige z.B. in der FAZ, Axel Bojanowski sucht den Fight im Buch und findet auch einen Gegner. Er macht sich seinen eigenen Reim auf unsere Ausführungen und den WBGU und das PIK als die heimlichen Adressaten unserer Kritik aus:Vorwürfe gegen Klimaforscher: Wahn der WeltverbessererDie einen warnen fast hysterisch vor dem Klimawandel, die anderen verharmlosen ihn. Nun berichten zwei Insider, wie Umweltforscher mit Seilschaften, Machtstreben und großer politischer Nähe ihre eigene Glaubwürdigkeit zerstören.
Als Vertreter der Klimaforschung sitzen im WBGU seit langem ausschließlich Vertreter des PIK. Zu dem Buch äußere man sich nicht, lassen die Regierungsberater des Instituts auf Anfrage mitteilen. Stattdessen veröffentlichen sie dieser Tage einen Comic, der Kindern die "Große Transformation" erklärt - mit den PIK-Beratern als Comic-Helden.Die Hockeyschlägeraffäre, die ja auch ein Kapitel des Buches ausmacht, nimmt breiten Raum ein und macht in dieser Darstellung einem kanadischen Hockeymatch alle Ehre. Eigentlich schade, dass die Schlusskapitel nicht zur Sprache kommen - aber die würden natürlich die Konfliktkonstellation, auf die die Rezension aufgebaut ist, aufweichen. Für das Konstruktive an unserem Buch bleibt da kein Raum mehr - aber einen ordentlichen fight wissen wir natürlich auch zu goutieren...
add 18.3.2013
Walter Willems bespricht die Klimafalle im Wochenrückblick des dpa/dossier/wissenschaft und kommt zu folgendem Resümmee:
Lesenswert wird das Buch durch die anschaulichen Schilderungen aus dem Innenleben einer Wissenschaft, die nicht zum Anspruch der nach allen Seiten offenen Suche nach Erkenntnis passen. Und so zeigt das Buch, dass es "die" Wissenschaft frei von gesellschaftlichen Einflüssen nicht gibt. Wissenschaftler, so die ernüchternde, aber vielleicht auch beruhigende Erkenntnis, sind eben auch nur Menschen.add 27.3.2013
Im Schweizer Rundfunk, auf sfr, eine lange und intensive Diskussion zwischen HvStorch und dem Schweizer Klimaforscher Reno Knutti. Es geht durchaus kontrovers um die Klimafalle, rein und raus, und mündet immer wieder in fast meditativ anmutende Monologe. HvStorch erinnert sich seiner Zusammenarbeit mit Nico Stehr, lässt Prozessionen gegen Wetterunbill aus vergangenen Jahrhunderten vor dem inneren Auge auferstehen und verwandelt Klimaforscher in furchterregende Kardinäle. Da zieht Reno Knutti nicht mehr mit und er holt die Klimawissenschaft zurück ans Licht und zur Praxis der peer review. Aber HvStorchs Exkurs über Ludwik Fleck und seine Beschreibung der andauernden Reparatur des Status Quo anstatt des notwendigen Umdenkens macht beide nachdenklich. Der Ethnologe sitzt gebannt vor dem Radio und fühlt sich an
add 08.04.2013
In der in Österreich erscheindenden "Die Kleine Zeitung" ein Interview mit Hans von Storch unter dem Titel "Es wird wärmer - auch wenn es sich nicht so anfühlt. Der kalte Frühling lässt viele an der Erderwärmung insgesamt zweifeln. Zurecht? Klimaforscher Hans von Storch über die Fehler in der Debatte um den Klimawandel - und warum die Politik manchmal übertreiben darf." Auf die Klimafalle angesprochen, sagt er folgendes:
"Wissenschaft und Politik haben in einer Art Co-Produktion den Eindruck erweckt, dass sich aus belastbaren wissenschaftlichen Ergebnissen zwingend bestimmte politische Handlungen ergeben würden. Die Gesellschaft hat dabei nichts mehr zu entscheiden, sondern mit offenem Mund dazusitzen und klugen Wissenschaftlern zuzuhören, die erklären, wie die Lage ist und welche Politik zu implementieren ist. Das ist ein fast mittelalterliches Politikverständnis."
add 09.04.2013
Klaus Hasselmann, dessen Leistung wir in der Klimafalle ausführlich würdigen, äußert sich auf der Klimazwiebel wiederum ausführlich zu unserem Buch. Allerdings geht er nur auf die ersten Kapitel ein, um dann anhand des Titels sein folgendes Unverständnis gegenüber unserem Anliegen zu begründen:
"Allerdings verstehe ich dann nicht den Titel des Buchs. Wieso ist diese Herausforderung eine Falle? Ist es nicht die Pflicht des Wissenschaftlers, seine Forschungsergebnisse zu vermitteln? Und ist es nicht die Pflicht eines jeden Bürgers, sich mit den aktuellen Herausforderungen der Gesellschaft auseinander zu setzen?"
Das ist der Preis für eine Stellung zwischen den Fronten - da kommt u.U. Kritik von beiden Seiten. Allerdings geht es uns ja nicht darum, dass Wissenschaft und Bürger sich nicht engagieren sollen, sondern es geht ausdrücklich um das "Wie" der Vermittlung von Klimawissen. Ob es als Herrschaftswissen von oben herab Politik bestimmt, oder ob es in einer demokratischen Gesellschaft als Rahmensetzung und Hilfestellung angewendet wird. Unser Buch endet ja damit, dass es die Leute vor Ort sind, die Mitigation und Anpassung bewerkstelligen, und dass die Klimawissenschaften hier ihre eigentliche Rolle finden kann - Rückzug sieht anders aus.
Es schließt sich an Klaus Hasselmanns Rezension eine lange Diskussion an, die alle Qualitäten (und wohl auch Unsitten, wie manche mahnen) einer Blogdebatte aufweist. Illustriert hat Hans das Ganze mit einem wunderschönen Foto zweier großer Männer der Klimawissenschaft. Auch Bilder erzählen Geschichten....
add 18.04.2013
In "enorm. Wirtschaft für den Menschen" ein zweiseitiges Interview mit Hans von Storch und Werner Krauß mit dem schönen Titel " „Gestus eines Rebells. Die Klimaforschung forciert die Weltrettung. Ein Fehler, sagen Hans von Storch und Werner Krauß". Das bezieht sich auf folgende Antwort zu den Klimawissenschaftlern als Weltretter, die mit dem Zeitgeist gehen:
"Krauß: Die Weltretter vertreten aber ein sehr konservatives Modell. Demnach steht der Wissenschaftler im weißen Kittel über der Bevölkerung, ermittelt die Wahrheit und gibt diese an die Politik weiter. Die wiederum leitet die Bevölkerung an, damit die Welt letztlich gerettet wird. Das ist wie in den 50er-Jahren - aber mit dem Gestus eines Rebells. Eine sehr wirre Mischung."
Dazu ein Bild, das Hans dereinst zu recht so kommentierte: "Silbern klingt und springt die Heuer ..."
Foto: A. Frey, Badische Zeitung. |
add: 22.04.2013
Eine sehr schöne Rezension auf der Buchtipp-Seite des Umweltnetzes-Schweiz. Es ist wirklich erfreulich, wie sehr wir in der Schweiz wahrgenommen werden. Der Rezensent, Sacha Rufer, setzt sich unserem Buch sehr dezidiert aus und kommentiert wohlwollend und kritisch zugleich. Zum Beispiel findet er den Fokus zu sehr auf die Klimawissenschaften gerichtet und zu wenig auf das Potential der Gesellschaftswissenschaften; zuviel Aufmerksamkeit für die Nöte des "bedrängten" Klimawissenschaftlers und eine Beschränkung des Ethnologen auf die Beobachterrolle. "Viele Themen, viele Einwände. Und doch, in genau diesem Sinne, empfehlen wir das Buch fröhlichen Herzens. Es ist ein provokanter und anregender Anstoss zu einer die eigene Position reflektierenden, besonnenen Meinungsbildung." Und das macht der Rezensent denn auch, der selbst "einem der Lager" angehört, wie er freimütig bekennt und sich so nicht nur mit uns, sondern auch mit seiner Position auseinandersetzt. Wenn die Klimafalle denn tatsächlich neue Perspektiven und Argumente eröffnet in einer eingefahrenen Debatte, wo alle auf ihrer Meinung beharren, dann ist damit zumindest ein ethnologisches Anliegen erfüllt.
add: 24.04.2013
Es ist einfach ein Privileg und eine Freude, so sorgfältig und nachdenklich gelesen zu werden wie hier in dieser Rezension auf der Website seniorweb aus der Schweiz. "Der Klimawandel - kein Menetekel". Besonders erfreulich, dass die Rezensentin Maja Petzold die Idee der "Klimaerzählung" und der "Lagerfeuer" aufgreift und das Buch und die einzelnen Kapitel durch diese Brille liest. Sie kommt daher zu dem schönen Schluss, dass es nicht die Klimaerzählung gibt, sondern viele, wie z.B. in der Schweiz oder in Nordfriesland. Das freut einen und man kann nur hoffen, dass wir noch viele Leserinnen in der Schweiz und anderswo finden, die die Klimafalle wie ein Buch lesen (und nicht nur auf seinen Wert als Argument in einer hitzigen Debatte abklopfen)
add: 27.04.2013
Auf Deutschlandradio Kultur war heute die Klimafalle Gegenstand einer sehr wohlwollenden Buchbesprechung, und zwar im Gespräch mit der Journalistin Susanne Harmsen. Das Gespräch kann man auf der website auch unter audio on demand in ganzer Länge anhören. Dabei wird auch die Klimazwiebel ausführlich erwähnt - auch etwas kritisch, weil wir Autoren anscheinend den Eindruck erwecken, als ob nun alle unbedingt laufend die Klimazwiebel lesen müssten. Tun wir das wirklich? Aber selbst wenn: ist doch ein prima Ratschlag, oder?
In der schriftlichen Rezension auf der website kommt Frau Harmsen zu folgendem Resümee:
"Ideologie, so das Fazit, führt uns nur weiter hinein in die Klimafalle, in der wir ohnmächtig verängstigt abwarten was passiert. Gefragt ist gesellschaftliche Zusammenarbeit. Diese beschreiben sie am Beispiel des Nationalparks Wattenmeer. Auch hier mussten Fischer, Bauern und Naturschützer lernen sich zu verständigen, um gemeinsam mit und von der Natur zu leben. Eine Landschaft, die laut Al Gore komplett im Meer versinkt, wenn das Poleis abschmilzt, aber nicht, solange es nach ihren Bewohnern geht, die ihre Deiche schon heute dagegen wappnen."
add: 6.5.2013
Bereits am 28.04. erschien ein fast identisches Interview mit Hans von Storch in der Welt am Sonntag und im Hamburger Abendblatt (HA leider hinter paywall). Beide Interviews handeln von der Bewertung des kalten Winters und berühren auch kursorisch Themen, die in der Klimafalle verhandelt werden. Aufsehen bzw. Widerspruch erregten seine Bemerkungen zur Elbvertiefung, die zu einer Replik im Abendblatt am nächsten Tag führen.
add: 07.05.2013
Eher schlechte Zensuren erteilt Michael Bauchmüller heute in der Süddeutschen Zeitung (leider noch nicht online). "Die Klimafalle" sei sehr lesenswert in der Diagnose des Klimaproblems, aber schwach in der Therapie. Der Rezensent übernimmt affirmativ die von uns ausdrücklich kritisierte Rhetorik von "der Planet hat Fieber" und dem Wissenschaftler als "Notarzt" und überprüft unseren Ansatz auf seine therapeutischen Qualitäten:
Spätestens hier bahnt sich ein Bruch an in der "Klimafalle". Ganz offensichtlich ist den Autoren nicht nur die Nähe der Wissenschaft zur Politik suspekt - sondern auch der Rat vieler Forscher. Statt nämlich über globale Ziele Emissionen zu reduzieren, empfehlen die Autoren vor allem regionale, auch konsensuale Schritte gegen Folgen des Klimawandels. Das ist unumgänglich, zweifellos. Nur klammern sie damit das spieltheoretische Problem des Klimaschutzes völlig aus: Dass nämlich die tollsten Reaktionen Einzelner nicht viel bewegen, wenn entstehende ökonomische Supermächte genau da weitermachen, wo die alten Industrienationen gerade aufhören. So ist das Buch sehr lesenswert in der Diagnose, bleibt aber schwach in der Therapie. Denn hier verschreibt der Arzt Wadenwickel und Bettruhe. Aber wie man sich vor der Grippe schützt, darüber sagt er lieber nichts.Durch diese Arztprüfung sind wir durchgefallen. Unser Ansatz einer Klimapolitik vernetzter Regionen (der übrigens Emissionsreduzierung ausdrücklich einbezieht) erfährt hier keine Gegenliebe. Michael Bauchmüller vertritt eine grundlegend andere Auffassung von Klimapolitik, mit der er ja auch keinesfalls allein dasteht - ganz im Gegenteil. Ob es gelingt, die Schwellenländer mit globalen Emissionszielen davon abzubringen, den Weg der Industrieländer zu gehen? Und haben die Industrienationen tatsächlich schon aufgehört, diesen Weg zu gehen? Es gibt viel zu diskutieren ...
add 17.05.2013:
Im "Handelsblatt" wird heute die Klimafalle im Rahmen einer Sammelrezension besprochen (leider noch nicht online). Die Rezensentin Petra Schäfer fasst den Tenor so zusammen:
Was, wenn die grüne Idee gar nicht die Welt rettet? Ketzerisches Denken ist wieder erlaubt, es darf öffentlich gezweifelt werden. Neue Bücher wie „Die Klimafalle“ von Hans von Storch und Werner Krauß und „Das grüne Gewissen“ von Andreas Möller wagen es, das Mantra vom umwelt- und klimafreundlichen Leben nach festgelegten Regeln infrage zu stellen. (....) Selbst die bekennende Öko-Fraktion wartet derzeit mit neuen Denkansätzen auf, die anders als die naturverliebten Strömungen der letzten Jahre auf einen neuen Weg zwischen wirtschaftlichem Wachstum einerseits und Umweltschutz andererseits setzen. „Intelligent wachsen“ von Ralf Fücks, Mitbegründer der Grünen, und Armin Grunwalds „Ende einer Illusion“ bieten den Lesern Abwechslung im Biodschungel."Die Klimazwiebel kommt dabei erfreulich gut weg:
"Am anspruchsvollsten und gleichzeitig politisch bedeutendsten ist das Buch des Klimaforschers von Storch und des Ethnologen Krauß. Gerade, weil hier zwei Forscher unterschiedlicher Disziplinen zusammenarbeiten, liefern sie neue Einblicke in die globale Klimadebatte, die endlich enthüllen, warum so viele Jahre vergehen mussten, obwohl der Klimawandel bereits im vollen Gange ist. Es erklärt detailliert die politische Geburt des „Zwei-Grad-Ziels (...)Von Storch weist nach, dass es offenbar zu einer fatalen Verquickung von Forschung und politischer Notwendigkeit gekommen ist (....)
Aber ein zu dogmatisches Vorgehen in den klimapolitischen Verhandlungen und grobe handwerkliche Fehler in einigen Berichten des Weltklimarats IPCC haben dem Klimaschutz in der Öffentlichkeit den Wind aus den Segeln genommen. Schade nur, dass sich die beiden Autoren allzu oft in Kleinigkeiten der internationalen Forscherszene verlieren. Sonst würde ihr Appell, Klimapolitik pragmatisch für einzelne Regionen anstatt für den ganzen Globus zu betreiben, besser wirken."
Bisherige Kommentare finden sie hier
ReplyDeleteHier waren wir stehengeblieben:
Eben fiel mir auf, dass die erste Rezension der Klimafalle im Magazin des Schweizer Tagis kam, das viel zur Kenntnis genommen wird. Und kurz darauf in der NZZ-online. Ein guter Auftakt in der Schweiz, wo dadurch das Buch zur Kenntnis genommen wurde und Neugier geweckt hat. Zumindest eine mögliche Erklärung für die erfreuliche Aufmerksamkeit, die unser Buch dort erfährt.
Tja, die Schweiz ... sieht aus, als ob da nicht nur nach Schutz suchende Vermögen, sondern auch politische und wissenschaftliche Vernunft einen Heimathafen fänden.
ReplyDeleteVor gut 70 Jahren gab es eine ähnliche, inzwischen vergessene Entwicklung, begleitet von Bemühungen, derlei staatlich geduldeten Unbotmäßigkeiten ein Ende zu setzen.
Per, schick die Kavallerie los!
V. Lenzer
Eine weitere Rezension der Klimafalle heute auf Deutschlandradio Kultur, im Gespräch mit der Journalistin Susanne Harmsen (siehe oben unter add: 27.4.2013 oder gleich hier).
ReplyDeleteSollte hier nicht auch Hans von Storchs Interview mit dem Abendblatt erwähnt und diskutiert werden?
ReplyDelete"Vieles kling nach Hollywood"
OBothe, das Problem ist, daß das HA Interview hinter einem Paywall liegt. Allerdings wurde das gleiche Interview auch in der Hamburger Ausgabe der Welt am Sonntag veröffentlicht, siehe: http://www.welt.de/print/wams/hamburg/article115670194/Vieles-klingt-nach-Hollywood.html. Aus diesem Interview wurden dann je ein Artikel in Hamburger Abendblatt und Welt am darauf folgenden Montag destilliert, der dann Widerspruch von Hamburger Umweltorganisationen hervorrief.
ReplyDeleteOben unter add 06.05.2013 nun die links zum Welt-Interview vom 28.04., zur Hamburger Abendblatt paywall und zur Replik im Hamburger Abendblatt (freigeschaltet).
ReplyDeleteHallo Herr von Storch,
ReplyDeleteBitte nicht missverstehen, ich schätze sehr, wenn sich jemand wie sie etwas aus dem Fenster lehnt und mit der Öffentlichkeit spricht. Aber die fragt dann eben mal zurück, insbesondere wenn jemand, der viel über Wissenschaftskommunikation denkt und schreibt und andere kritisiert, selbst Interviews gibt:
[neues Gutachten zur Elbvertiefung warnt vor negativen ökologschen Folgen]
HvS: "Was ich da in der Presse lese, belustigt mich. Die Daten von den Wirkungen der letzten Elbvertiefungen zeigen, ... Chaostheorie ... System sehr gut beschreiben können und Parameter sehr genau anpassen ...System ist hochdimensional und stochastisch,... Klingt nach Hollywood."
Was sie in der Presse lesen, eignet sich sicher nicht, um das Gutachten zu kritisieren. Dennoch fahren sie mit einer in Wissenschaftsslang formulierten Erklärung ihres Urteils ("Hollywood") fort. Ist das jetzt eine Kritik an der Darstellung in der Presse? Dann sollten sie vielleicht klar stellen, dass sie nicht über den wissenschaftlichen Wert des Gutachtens sprechen. Oder haben sie das Gutachten gelesen und verfügen über genug Expertise in Ökogeomorphologie (oder wie auch immer das heissen mag) um dieses Gutachten wissenschaftlich fundiert abwatschen zu können? Oder (und das fände ich nicht unsympathisch) konnten sie nicht widerstehen, ihre persönliche heuristische Einschätzung der Sache in eine "peppige Aussage" zu fassen, und der dann mittels weissem Kittel ein wenig kompetenzüberschreitende Autorität zu verleihen?
Auszüge aus einer Rezension in der heutigen Süddeutschen Zeitung (leider noch nicht online) finden sich oben unter add: 07.05.2013
ReplyDeletezur SZ und dem Interview von von Storch:
ReplyDeletewas ich mich immer gefragt habe, gibt es wirklich einen Widerspruch zwischen Anpassung an den Klimawandel und Vermeidung von Emissionen? Ich habe niemanden gelesen, der Anpassungen nicht will, sondern nur die Vermeidung von CO2-Emissionen. Und ich habe niemanden gelesen, der keine Vermeidung von CO2-Emissionen will und alles auf Anpassung setzt.
Es wirkt auf mich immer so, als ob da riesige Widersprüche künstlich konstruiert werden, um irgendwie was zu sagen zu haben.
Ich finde, beides ist irgendwie schwierig. Meiner Meinung nach, Vermeidung ist einfach motiviert, aber nur global wirklich gut umsetzbar. Das gibt es viele Probleme, aber die Motivation und die Richtung ist 100%ig klar.
Anpassung ist lokal und regional konkret machbar, Techniken sind da, aber gerade regionale Projektionen sind viel schwieriger und weniger sicher und damit ist es vielleicht schwieriger zu sagen, was man eigentlich am Besten tun soll. Ist da immer die Motivation und Richtung klar?
Aber das alles wird auch schon seit etlichen Jahren diskutiert und gemacht und getan.
Doch, Ghost, in früheren Jahren galt das Reden über Anpassung bisweilen als Defaitimus; ich erinnere ein entsprechendes Zitat von Al Gore dazu, aber der hat inzwischen diese Position aufgegeben. Auch sonst hörte ich diesen Standpunkt dann und wann von Klimaforschern und anderen Akteuren. Heute hört man das kaum noch.
ReplyDeleteIch finde es schon ärgerlich, wenn Werner und mir unterstellt wird, wir würden die Bedeutung der Vermeidung herunterspielen - das ist gar nicht unsere Absicht, nur sind wir pessimistischer, inwieweit dies durch ein globales Arrangement gelingen kann. Wir müssen auch die Situation denken, daß es nicht gelingt. Eben dies versuchen wir. Stattdessen wird versucht mit dem Hinweis auf die "schwache Therapie" der eigentlichen Diskussion auszuweichen.
Die gleiche Unterstellung wurde damals, in 2003, genutzt, um mich im Zuge meines damaligen Spiegel Interviews zu diskreditieren.
Am SZ Kommentar ist interessant, wie offen der Autor sich an Schellnhuber orientiert (wogegen nichts zu sagen ist), nicht nur in dessen Zitat, sondern auch in der medizinischen Rhetorik. Erstaunlich nur, daß es sich bei der Krankheit um Grippe handeln soll; ich hätte eher Krebs oder so was erwartet.
Andererseits spiegelt sich in diesem Therapie-Bild, wo der Klimaforscher als weisskitteliger Arzt auftritt, die ganze Hybris eines simplifizierenden Weltbildes, ohne daran zu denken, wie oft Patienten von Arzt zu Arzt wandern, und verschiedenste Diagnosen bekommen und diversen meist nicht zielführenden Therapien ausgesetzt werden. wo kommt in dem Bild vor, daß Ärzte trotz Intelligenz und Bemühen sich oft irren, trial and errror Strategien zum Einsatz bringen?
Vielleicht sollte der Autor mal Ludvig Fleck lesen, die Sache mit der Definition von Syphilis und den Denkschulen samt Reparaturbetrieb?
Mein rückblickender Eindruck wäre, dass da tatsächlich viele Widersprüche konstruiert wurden. Grundlage dieser Konstruktionen war:
ReplyDeleteDie Betonung der Notwendigkeit zur Anpassung wurde (medial(?) oder weil man schlecht las oder weil man reflexhaft handelte) gleichgesetzt mit der Ablehnung der Vermeidung. Ich meine, dies war selbst noch der Fall in den Fragen zu einem oder beiden der Vorträge die Hans von Storch und Nico Stehr im Geophysikalischen Kolloquium in Hamburg (u.a. zu Hartwell (?)) hielten.
Ich bin mir nicht sicher, ob es aber nicht tatsächlich in der Kommunikation (medial (?) oder aber auch durch die Beitragenden selber) zu einer Verengung oder eher Fokussierung auf Anpassung kam, die leicht als "Abwertung der Vermeidung" verstanden werden konnte.
Das heißt, die einen wollten "Anpassung=keine Vermeidung" lesen, und die anderen machten es ihnen aber auch verdammt leicht, das zu tun?
Ich habe mich ja beim Lesen immer gefragt, ob es diese politisierte Wissenschaft und diesen Alarmismus heutzutage überhaupt noch gibt.
ReplyDeleteNun ja, gerade habe ich ein schreckliches Interview in der SZ gelesen: http://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-die-nachfolgenden-generationen-werden-uns-klimaforscher-verfluchen-1.1668377
Der Fragensteller bringt auch die Klimafalle mit ein. Einziger Trost: Ist L. Wicke wirklich Klimaforscher? Ich habe da so meine Zweifel. Auf alle Fälle gehört er zur Zielgruppe der "Klimafalle", ich hoffe, er hat es gelesen.
Andreas
Andreas, die SZ vermerkt, der Herr sei früher "Wissenschaftlicher Direktor am Umweltbundesamt" gewesen. Welche Funktion hatte er dort? - wie hat er Wissenschaft und Wissenschaftler eingesetzt, mit Projekten und Aufträgen beauftragt?
ReplyDeleteMeiner Wahrnehmung nach haben die Bürokraten im UBA durchaus eine wesentliche Rolle dabei gespielt, die Katastrophenrhetorik zu befeuern auf Kosten der Seriosität und damit der Nachhaltigkeit der Leistung von Wissenschaft als gesellschaftliche Beraterin. Beide Beiträge in der SZ, die über die Klimafalle als auch dieses Interview zeigen, wie sehr man sich auf Seiten der Klimaalarmisten in die Ecke gemalt hat und so einen erheblichen Anteil daran hat, daß die Perspektiven für einen befriedigenden Umgang mit der Klimaproblematik so mager geworden sind.
hvw/7. Noch mal zur Elbvertiefung. Ich habe mich tatsächlich geäußert zu dem, was in der Presse kolportiert wurde, weil mich das in dem Moment interessierte hatte und mich wirklich belustigte. Das habe ich auch ganz deutlich und bewußt so formuliert.
ReplyDeleteZum Hintergrund wissen wir recht gut Bescheid - ich leite ja ein Institut für Küstenforschung, und der Autor der Studie "On the response of tidal rivers to deepening and narrowing
Risks for a regime shift towards hyper-turbid conditions." sowie die Studie sind bei uns bekannt; in persönlichen Austauschen von mails wird auch deutlich, daß Herr Winterwerp Vorbehalte hat,was die Tragfähigkeit seiner Aussagen betrifft. Der Mann ist ja ein ordentlicher Wissenschaftler, der seine Vorbehalte explizit macht, was seine Nacherzählern in der "Allgemeinverständliche Zusammenfassung durch das Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“" schon weniger tun.
Sie, und Umweltverbädne in Hamburg, sprechen von einem "Gutachten" - was macht denn ein Gutachten aus? In der oben geannten "!Zusammenfassung" ist von "Studie" die Rede; In dem Report selbst heisst es: "This is the report as it was delivered in January 2013 to the clients. After discussions on all the results of the research program 'LTV Safety and Accessibility' with various stakeholders in the Flemish-Dutch Scheldt Committee a final version of the report is made." Ein Austausch mit Experten in bezug auf die Elbe ist nicht dokumentiert, nur mit Stakeholdern aus Flamen und den Niederlanden. Wissenschaftlich publiziert ist der Bericht meines Wissens nach nicht; die Qualitätssicherung ist durch stakeholder des "Flemish-Dutch Scheldt Committee" erfolgt, dessen Interessenlage, Zusammensetzung und wissenschaftliche Status mir nicht bekannt ist.
Alles in allem ändert das alles nichts daran, daß ein stark vereinfachtes (eindimensionales) Model hergenommen wurde, und an wenige Daten (gibt nicht viele) angepaßt wurde; das Model selbst ist linear, aber die Abhängigkeit von den Parametern (wie tiefe) nicht - offensichtlich sind diverse Aspekte vernachlässigt. eine schöne und interessante Fingerübung. Aber die Frage nach dem Realitätsgrad kann in Anbetracht der limitierten Kenntnis über die zeitlichen Veränderungen des letzten Jahrhunderts nur spekulativ (oder interessengeleitet) beantwortet werden.
Das eigentlich interessante an den Reaktionen auf das Interview war, daß an den Aussagen über die Klimaproblematik kein Anstoß genommen wurde, aber der Versuch, die fast vollständige regionale Deutungshoheit der Umweltverbände zu hinterfragen, zum Widerspruch führte. Meine Bemerkung über die Berichterstattung wurde als Angriff auf eine Machtposition verstanden - so meine Deutung - und dieser mußte schon im Ansatz abgewehrt werden. Sicher auch ein schöner Fall für Postnormalitätsforschung.
Obothe/12 - Nachdem ich bemerkte, daß versucht wurde, mir eine generelle Abwertung der Vermeidung unterzuschieben, habe ich eigentlich immer bei solchen Gelegenheiten explizit auf die Notwendigkeit von Minerungsmaßnahmen hingewiesen, und eine Anpassung für jene Änderungen angemahnt, für die diese Vermeidungsmaßnahmen nicht ausreichen. Implizit ist dieser Darstellung natürlich, daß die Vermeidung nicht vollständig gelingt (zumal Wandel ja schon da ist). Diese Möglichkeit eines partiellen oder gänzlichen Scheitern wurde nicht gern gehört und so wurde wohl meine Darstellung wieder unter "Abwertung der Vermeidung" abgelegt.
ReplyDeleteAndreas -12
ReplyDeleteDanke fuer den link. Lutz Wicke ist Umweltökonom, kein Klimawissenschaftler (im strengen Sinne). Seine Ausführungen sind beachtenswert. So sagt er einerseits, die Klimawissenschaftler hätten nicht energisch genug Politikberatung betrieben ('Sie hätten die politischen Führer angemessen beraten müssen. Das ist nicht geschehen.')
Im nächsten Absatz zeigt er dann, wie sich die Wissenschaftler von einer politischen Erzählung überzeugen ließen: 'Unter Klimawissenschaftlern selbst ist zu hören, dass es die Ansage aus der Politik war, über nichts anderes zu diskutieren als über die bestehenden Vereinbarungen, diese selbst aber nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. Es hieß außerdem immer, wenn erst die USA und die Chinesen mitmachen, dann funktioniert es.'
Damit deutet er an, dass eigentlich die Wissenschaftler keine Schuld trifft, da sie von den Politikern irregeleitet wurden. Das ist sicher zu simpel und nicht haltbar. Denn die führenden beratenden Wissenschaftler haben mit den Politikern vom selben Notenblatt gesungen, das sie zusammen ausgearbeitet haben.
Das heisst, es gab lange Zeit eine große Erzählung, an der nicht gedeutelt wurde. Zu ihr gehörte der wissenschaftliche Konsens, die Warnung vor einer katastrophal wärmeren Welt, der Focus auf Vermeidung, und die Klimaverträge, die zwar am Anfang bescheiden seien, aber dann umfassender und stringenter würden. Kritik an keinem der Elemente war angebracht. Herr Wicke glaubt zwar noch an den Alarmismus, hat aber eingesehen, dass die globale Klimapolitik gescheitert ist. Das ist immerhin eine, wenn auch späte Einsicht. Ich lese das Interview als Symptom dafür, dass die große Klimaerzählung sich auflöst.
Vielen Dank, Herr von Storch, für ihre ausführliche Antwort. Da habe ich ihre Versatilität wohl etwas unterschätzt, tschuldigung.
ReplyDeleteWarum überhaupt Elbvertiefung? Ich teile eigentlich die Auffassung des Kommentators der Klimafalle (SZ), der meint, dass ihre Empfehlung sich mit regionalen Ansätzen zu beschäftigen am (Klima)Problem vorbeigeht. AABER, das heisst nicht, das viele Aspekte der Klimadiskussion nicht ihr äquivalent in regionalen Umweltschtz/nutzungs-Konflikten hätten. Und ich denke es lohnt sich, in einem weniger politisch, weltanschaulich und emotional aufgeladenen Kontext generelle Probleme genauer zu studieren.
Ich denke, was der Status dieses Dokuments nun genau ist, ist nicht so wichtig, man kriegte das bestimmt in einem Journal unter -- das Phänomen, das Problem bleibt das gleiche: Aus der Wissenschaft kommt ein Ergebnis, das für die politische Entscheidungsfindung möglicherweise nur marginal bedeutend ist (Unsicherheiten, mangelnde Robustheit, ...). Es bedient aber eine Seite in einem politischen Konflikt, und wird deshalb nach allen Regeln der PR, mit kräftiger Unterstützung der Medien, zu einer klaren eindeutigen Aussage "für" oder "wider" aufgeblasen.
Wenn nun Experten, die die so eine Arbeit richtig bewerten können, massgeblich an der politischen Entscheidung beteiligt sind, ist das kein Problem, sondern nur Geschrei. Das wollen wir aber nicht, aus guten Gründen, Bürgerbeteiligung, Demokratie, etc. In dieser Sphäre, und der von politischen Wahlen, hat dieses Geschrei nun aber doch eine grosse Wirkung, möglicherweise. Was würde von Storch tun? Richtigstellungen in allen Zeitungen verlangen, Korrektheit einfordern, von Spiegel, Welt und Abendblatt, in den Ring steigen mit PR-Agenturen? Nicht jedes Wissenschaftlers Vorstellung von Feierabend. Kann man auch von keinem verlangen, finde ich. What would Werner Krauss do? Nix. Nicht schon wieder Medienschelte. Die schreiben halt was sie schreiben und das analysieren wir jetzt. Unabhängige Variable, so zu sagen. Und eigentlich ist ja der Wissenschaftler schuld. Warum schreibt der auch sowas. Muss sich doch der Politik der Sache bewusst sein!
Was nu? Wenn wir wüssten wie man Modellergebnisse zur Elbvertiefung publizieren kann, ohne dass die wirksam missbraucht werden, dann hätten wir auch etwas wichtiges über die Klimadebatte gelernt.
hvw,
ReplyDeletehaben Sie auch ein Argument, warum Ihnen unser regionaler Ansatz nicht gefällt, oder wollen Sie einfach nur mal kurz Kante zeigen?
Zu Ihrer Frage danach, wie man Modellergenisse zur Elbvertiefung publizieren kann, "ohne dass die wirksam missbraucht werden": ich sehe hier durchaus eine Ähnlichkeit zur Klimadebatte insofern, als es sich auch hier um eine Frage handelt, die von der Wissenschaft bzw. den Experten allein nicht entschieden werden kann. Die Sache ist einfach "heiß" und wird letztlich von der Öffentlichkeit entschieden. Die angemessene wissenschaftliche Reaktion darauf ist zum Beispiel das, was wir hier machen: wir schaffen mit der Klimazwiebel eine erweiterte Plattform, wo diese Angelegenheiten diskutiert werden können. Sie nutzen diese Möglichkeit ja auch sehr gerne. Eine Möglichkeit, die übrigens, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist, u.a. von mir zur Verfügung gestellt wird - ich mache also durchaus mehr als "nix", wie Sie mir da vorauseilend unterstellen.
Wir führen das übrigens in der Klimafalle in dem Kapitel über die Blogosphäre und postnormal science aus, vielleicht lesen Sie da auch nochmal kurz nach. (Und das Schlusskapitel nicht vergessen wegen eines Arguments dagegen, dass, wie wir behaupten, Mitigation und Adaption regionale Prozesse sind, selbst wenn sie global vereinbart werden).
Heute im "Handelsblatt" eine weitere Rezension der Klimafalle unter dem Titel: "Globaler Irrtum? Grün allein ist es nicht: Neue Bücher hinterfragen den Ökokult und bieten Weltenrettern andere Perspektiven auf die Ökonomie und Ökologie von morgen".
ReplyDeleteLeider noch nicht online, Ausschnitte aus der Rezension oben unter add: 17.05.2012