Anlässlich einer Tagung zur Küstenforschung blickte der ehemalige Direktor des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zurück auf die Forschung, welche die heftigen Konflikte um den Nationalpark nach dessen Gründung begleitet hatte. Genützt hätten ihm vor allem die Geisteswissenschaften, von denen er über die Geschichte der Landschaft, über die Beweggründe der Akteure (inklusive ihm selbst) und damit auch die Dynamik der Auseinandersetzungen gelernt habe. Die vielen naturwissenschaftlichen Projekte hingegen hätten allenfalls zu einem neuen Küstenzonenmanagementprojekt und damit hauptsächlich zu mehr Verwaltungsaufwand für seine Behörde geführt. Das wird den Küstenforschungsprojekten vielleicht nicht gerecht, doch war dies eine der seltenen öffentlichen Bekundungen des Wertes von Geisteswissenschaft, die ich aus dem Umfeld angewandter Forschung gehört habe.
Die Forschungspolitik in Deutschland sieht das allerdings
anders, wie einem interessanten Artikel aus der taz
mit dem schönen Titel "Die Vermessung der Wissenschaft" zu entnehmen ist. Sie bevorzugt Wissenschaft,
die mess- und quantifizierbar ist. Ein Institut mit vielen Drittmittelprojekten
und mit vielen Veröffentlichungen in peer-reviewed Journalen mit hohem
ImpactFaktor gilt als exzellent und als genereller Vergleichsmaßstab für alle
Disziplinen. Das ist natürlich Pech für Geisteswissenschaftler, die nicht schon
während oder gar vor Projektbeginn ihre Resultate veröffentlichen, sondern erst
nach womöglich langen Forschungen, und dies dann auch noch in Sammelbänden oder
dicken Monographien, die natürlich mit keinen Impact Faktor gemessen werden.
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