Der IPCC leistet einen wesentlichen Service für die Klimapolitik; er ist unverzichtbar, ist aber aufgrund mangelhaften Managements und unzureichender Kommunikation in eine Glaubwürdigkeitskrise gerutscht. Der Versuch des Aussitzens wird den IPCC irrelevant werden lassen, aber ein offener Umgang mit den derzeitigen Vorbehalten und Wahrnehmungen wird helfen, die Krise zu überwinden.
Am 28. Januar hatte ich diesen Text dpa zugestellt, die daraus eine Meldung machten, die dann auch in vielen Zin Deutschland aufgenommen wurde (Googlen nach "Ohne Reform wird Weltklimarat irrelevant."). Ich hatte seinerzeit vergessen, die Nachricht auch hier in der Klimazwiebel anzubieten, was ich jetzt nachhole.
Der UNO-Klimarat "IPCC" sieht sich derzeit einer deutlichen Erosion seines sehr hohen Ansehens ausgesetzt. Noch im Herbst letzten Jahres war der IPCC mit seinem Friedensnobelpreis der unbestrittene Verkünder der wissenschaftlich abgesicherten Wahrheit über den Klimawandel und der damit verbundenen Gefahren. Heute werden kritische Fragen gestellt, Vermutungen angestellt, Betrugsvorwürfe erhoben. Aus einem strahlenden Weiß ist in der öffentlichen Wahrnehmungen Grau geworden, für viele ein ziemlich dunkles Grau.
Das ist eine Entwicklung, die wir schon oft erlebt haben – erst wird eine Sache in den Himmel gelobt, überbewertet, und wenn man dann merkt, daß die Überhöhung nicht der Realität entspricht, dann gibt es einen tiefen Fall, oft ganz ungerecht. Aber es geht nicht um Gerechtigkeit in diesem Spiel sondern um Wahrnehmung. Die Wahrnehmung bestimmt die Dynamik.
Die kleinen grauen Flecken auf der Weste waren schon vorher zu sehen, die Fehlleistungen vom Schlage Hockeyschläger, die Probleme, politikneutral zu bleiben, die Unfähigkeit geeignet zwischen den Arbeitsgruppen zu kommunizieren – die meisten Wissenschaftler meinten mit dem Hinweis auf "die" Skeptiker, man müsse diese Kleinigkeiten aussitzen, man dürfe keine Zerwürfnisse zeigen. Nestbeschmutzung ist nicht gern gesehen, man versucht die grauen Flecken intern zu beseitigen. Aber draußen, vor der Tür, sind immer mehr Leute, die finden, ihre Fragen seien nicht ausreichend beantwortet – die eine verdreckte Weste sehen, auch wenn nur einige graue Flecken da sind.
Der IPCC ist in eine veritable Krise geraten – nachdem bekannt wurde, daß einige Akteure obskure Manöver zur Durchsetzung ihrer eigenen Wahrheit versucht haben (CRU Affäre), daß es Fälle willkürlichen Umgang mit Details (Himalaya Gletscher) gegeben hat - nachdem der Eindruck der Vermischung von Loyalitäten (Pachauri-Geschäfte) entstanden ist und klar wurde, daß politische und wirtschaftliche Interessen auf den IPCC Prozeß wirken. Eigentlich nicht wirklich aufregend, vielmehr normal in einer so großen Organisation, die Aussagen von größter politischer und wirtschaftlicher Bedeutung macht.
Der IPCC – zumindest seine Arbeitsgruppe 1 zur Klimaphysik – faßt sehr gut das vorhandene Wissen zusammen. Das Problem ist, daß es im Gesamt-IPCC kein Krisenmanagement gibt, und so aus einer Ansammlung kleinerer Probleme ein existenzbedrohender Vertrauensverlust wurde.
Der IPCC ist eine sehr nützliche Einrichtung. Da der menschgemachte Klimawandel eine reale Entwicklung darstellt, und die Staaten dieser Welt darauf reagieren müssen auf die eine oder andere Art, braucht es ein IPCC. Aber ein besseres IPCC als heute, das den Anforderungen der Gesellschaft gerade im Hinblick auf Unparteilichkeit, Glaubwürdigkeit und Transparenz besser nachkommt.
Ich schlage vor:
1) daß die bisher häufige Praxis, daß dominante Wissenschaftler als IPCC Leitautoren faktisch vor allem die Publikationen von sich selbst und ihrer Freunden bewerten, beendet wird.
2) daß durchgesetzt wird, daß wirtschaftliche und politische Partikularinteressen aus dem Bewertungsprozeß des Wissens strikt herausgehalten werden. Publikationen von Firmen und NGOs haben in so einem Wissenskorpus ebenso wenig etwas zu suchen, wie Vertreter solcher Einrichtungen im Prozeß der Wissensbewertung.
3) daß ein unabhängiges Beratungsgremium geschaffen wird, das sich nicht inhaltlich an der Erarbeitung der Berichte und Zusammenfassungen beteiligt. Es regelt, wie im Einzelfall mit Vorwürfen von Interessenskonflikten von Akteuren und fehlerhaften Aussagen im den IPCC Berichten prozedural umgegangen wird.
4) daß die Ergebnisse der IPCC Reports weitgehend unabhängig vom mitwirkenden wissenschaftlichen Personal werden – d.h. die Leitautoren wirken höchstens in zwei aufeinanderfolgenden Berichten mit; die Mehrzahl gerade der dominanten Leitautoren wird von Bericht zu Bericht ausgetauscht.
5) daß der IPCC im stärkeren Maße beschreibt, in welchen Fragen kein Konsens besteht. Fragen aus der kritisch-skeptischen Öffentlichkeit sind zu behandeln. Anstrengungen der Falsifikation der Mehrheitsmeinungen sind erforderlich – je mehr Falsifikationen scheitern, um so stärkern wird die Mehrheitsmeinung.
6) daß politische Funktionen im IPCC personell getrennt bleiben von wissenschaftlichen Funktionen im IPCC. Es kann nicht angehen, daß Wissenschaftler zunächst in der wissenschaftlichen Diskussion ihre Position durchzusetzen versuchen, und bei Nichterfolg dann als nationale politische Vertreter erneut in gleicher Sache in den Ring treten.
Mir ist es wichtig zu betonen, daß zumindest die Arbeitsgruppe 1 des IPCC eine unverzichtbare Einrichtung ist, deren Hauptaussagen zum menschgemachten Charakter der derzeitigen Erwärmung und zu den weiteren Perspektiven robust sind. Dies bedeutet nicht, daß es nicht viele offene Fragen gibt, vom Meeresspiegel bis zu den tropischen Stürmen – aber gerade deshalb brauchen wir den IPCC auch in Zukunft.
Um aber als derart wertvoll wahrgenommen zu werden, muß man mit der derzeitigen Krise fertig werden. Baut man eine Wagenburg auf, bügelt unangenehme Fragen aus der Öffentlichkeit ab mit dem Hinweis auf die überlegene eigene Kompetenz, dann wird der IPCC irrelevantg, weil der Verdacht der angeblichen Manipulation und der Interessensteuerung jede noch so hohe tatsächliche Qualität überlagern wird.
Die Alternative ist die Öffnung gegenüber Fragen aus der Gesellschaft – auch aus einer kritisch-skeptischen Öffentlichkeit, ist Transparenz bei Entscheidungen, ist Einforderung der Nachprüfbarkeit und ist schließlich Personenunabhängigkeit. Gelingen kann dies nur, wenn die sozio-kulturelle Dynamik in dem Prozeß "IPCC" akzeptiert wird, und Sozial- und Kulturwissenschaften den Prozeß aktiv und kritisch begleiten.
"Der IPCC ist eine sehr nützliche Einrichtung. Da der menschgemachte Klimawandel eine reale Entwicklung darstellt, und die Staaten dieser Welt darauf reagieren müssen auf die eine oder andere Art, braucht es ein IPCC."
ReplyDeleteI see you still consider IPCC as an institute to advocate AGW to governments? IPCC needs to deliver, so they go out of the way to supply the science that politicians want. IPCC has prostituted themselves in the past and will do so in the future if the mission description is not changed.
And shouldn't climate science not be in a position that it knows what it's talking about? According Roy Spencer: "It is increasingly apparent that we do not even know how much the world has warmed in recent decades, let alone the reason(s) why. It seems to me we are back to square one."
http://www.drroyspencer.com/2010/02/spurious-warming-in-the-jones-u-s-temperatures-since-1973/
"The More We Know, The Less We Understand".
Die Vorschläge 1-6 gehören sicher zu den elementaren Forderungen. Allerdings erscheint die weiße Weste der WG I - noch über den Hockeystick hinaus - nicht fleckenlos, weil sich offensichtlich die Fähigkeit zur Kritik an eigenen oder zugelieferten Ergebnissen stetig zurückgebildet hat.
ReplyDeleteDas wird deutlich an derart "banalen" Fragen wie den Temperaturmessungen oder Luftgasanalysen, deren methodische Behandlung sich von wissenschaftlichem Anspruch zunehmend zu entfernen drohen.
Eine höhere Affinität eines Wissenschaftlers zum "Heureka", das mit einiger Chance schließlich zum Konsens erklärt wird, als zur Nullhypothese, zu deren Ablehnung man nur mit gebotener Mühe berechtigt ist, gehört eher nicht zu guter wissenschaftlicher Praxis.
Wenn dann von außerhalb berechtigte Fragen zur Plausibilität unkritisch akzeptierter Ergebnissen aufgeworfen werden (siehe URL), sollten diese wiederum auf den Prüfstand - ungeachtet einer möglichen notwendigen Revision der Schlußfolgerungen.
itisi69/ 1 - you wrote "you still consider IPCC as an institute to advocate AGW to governments? IPCC needs to deliver, so they go out of the way to supply the science that politicians want. IPCC has prostituted themselves in the past and will do so in the future if the mission description is not changed.".
ReplyDeleteI am not sure what you mean with "advocate", but I indeed consider it worthwhile that the IPCC summarises the consensus(on agreement as well as disagreement) in the issue.
What, exactly is the word "prostituting" meaning in this context? From my text it should have become clear that I consider it mandatory that the procudures have to be revised. Whether this includes the "mission description" I do not know, as I am not aware of that description. Maybe you can suggest a suggestion for a revision of that "description"?
http://www.telegraph.co.uk/comment/7332803/A-perfect-storm-is-brewing-for-the-IPCC.html
ReplyDeleteDr.Von Storch; with "prostituting" I meant to say that IPCC delivered exactly what politics asked for (play-for-pay) using "attributes" (NGO's, environment action groups) in order to elevate the impact of the "performance". All this excluding the basic honorable own values of science.
ReplyDelete"Description" is maybe not the right word, better would be "Mission Statement". This mission should be an honest and independent scientific climate research constituted by scientists of all kinds. Only then faith can be restored because as you know; trust comes by foot and leaves by horse.
You see, for people like me there are politicians and scientists. We know you can't trust politicians, but when you cannot trust scientists anymore, who else can you trust? Too long a group of climate scientists has been (all or not knowingly) (mis)used by politician for political goals. One apple can spoil the whole basket I'm afraid. And the longer it takes to clean this baskt the more apples will be spoiled.
ok, itis69/5 - I understand now better what you mean. But could we try to be a bit more specific?
ReplyDeleteFirst the prostitution, delivery of what was asked for. What was that exactly, what was asked for? How did the IPCC manage to have scientific publications at hand with just these needed assertions? (Can we stay with WG1, please? You speak about the IPCC as a whole, i.e., including WG 1). You say "Too long a group of climate scientists has been (all or not knowingly) (mis)used by politician for political goals." - do you refer to all/amost all IPCC authors, or just a subgroup? If so, which results are affected?
Second: Mission Statement - may I invite you to formulate a draft of a Mission Statement, which would satisfy your needs? Maybe we all, with our different views and perceptions, could agree on such a document?
hm, nun, ein paar Anmerkungen, ich halte das Wort mangelhaft für arg übertrieben...
ReplyDeletesie schreiben:einige Akteure obskure Manöver zur Durchsetzung ihrer eigenen Wahrheit versucht haben (CRU Affäre
nun, zwei Dinge hier: erstens sind Sie selbst wegen eines der dort genannten Papieren als Editor des CR Journals zurückgetreten. Sie haben also auch die Meinung: das Papier war nicht gut. (Milde Ausgedrückt) Und zweitens: die obskuren Aktionen führten nicht zum Erfolg, wie man am letzten Bericht sieht. Das zeigt meiner Meinung nach, dass der Prozess gut war. Trotzdem sollte man solche Aktionen in Zukunft verhindern.
zweitens: alle Unzulänglichkeiten, die sie nennen sind fast Nebensächlichkeiten (in der Presse jedenfalls hatten die Aussagen keinen großen Platz gefunden, erst als bekannt wurde, dass sie Fehler waren. ) oder gar einfach nur Rufmord. Es ist schwierig sich gegen Rufmord zu wehren.
Ihre 6 Punkte, die ich ziemlich gut finde, zeigen das eigentlich sehr gut. Diese Punkte "tweaken" und verbessern (IMHO) den IPCC-Prozess, sie revolutionieren ihn nicht. ich finde auch, das IPCC darf nicht personenabhängig sein. Aus zwei Gründen: erstens es soll ja die Wissenschaft mit vielen Meinungen zusammenfassen und keine "Einzelmeinung" hervorheben, aber es hilft auch Schmierenkampagnen den Wind aus den Segeln zu nehmen. (ist doch völlig egal, was für ein Anzug Pachauri trägt)
zu Punkt 2: es fehlt die explizite Nennung von konservativen und pseudoliberalen Think tanks und deren sogenannten Wissenschaftler und deren Arbeiten.
was ich am wichtigsten finde, ist kein Krisenmanagement, sondern ein Erratamanagement. Nur fehlendes Fehlermanagement führt zur Notwendigkeit des Krisenmanagement Was passiert, wenn ein Fehler gefunden wird? Gibt das schon ein Prozess nach Veröffentlichung? Niemand ist fehlerlos. Da sollte sich nicht der Chef in der Presse mit beschäftigen. Der Fehler sollte einen standardisierten, offenen Prozess durchlaufen, mit allen Anworten und Auswirkungen.
Zum Ruf des IPCC: dass er gelitten hat, liegt durchaus nicht nur am IPCC selbst. Die grauenvolle, verlogene Berichterstattung einiger Medien ist daran genauso Schuld. Aber das müssen die Medien ändern, das IPCC muss die eigenen Fehler abstellen und ihre Punkte könnten dabei helfen.
Dr.von Storch;
ReplyDeleteI understand your wish to stay with WG1, however IPCC is accounted for all WG's. Perhaps WG1 hasn't been scrutinized as much as WG3, who knows what comes out of that?
Unless IPCC cleans it's front and back yard completely (Pachauri has to go, amongst others) trust will always be a major concern for the public.
As for a new Mission Statement; I think you and Richard Tol for instance, are much better qualified.
"Die grauenvolle, verlogene Berichterstattung einiger Medien ist daran genauso Schuld."
Ach ja, immer die Medien. Immer gut für die nächste Klimahorrorgeschichte und dann plötzlich sind sie die Schlechten wenn's nicht passt.