Im Oktober 2000 hatte Hans von Storch den Sprachwissenschaftler Martin Döring und mich eingeladen, auf der 5. Deutschen Klimatagung in Hamburg einen Vortrag zu halten. Wir waren dort als Kulturwissenschaftler wahre Exoten, und unser Ansatz zumindest damals recht ungewöhnlich: wir versuchten, den Klimawissenschaften einen (linguistischen und ethnologischen) Spiegel vorzuhalten und so eine dialogische Perspektive in den Klimadiskurs einzubringen. "Wir wollen nicht nur die Menschen "da draußen" abholen, wo sie sind, sondern auch die Wissenschaftler", so lautete die kleine Provokation in unserem Vortrag: "Der Klimawissenschaftler als Prophet". Ob das je gelungen ist? Der Vortrag bietet vielleicht eine gute Gelegenheit, einmal über eine längere Zeitspanne die Entwicklung der Klimadebatte und der Klimaforschung zu reflektieren. Zumal hier auf der klimazwiebel, die, wenn ich mir das so überlege, einen ihrer Anfänge in solchen Debatten hatte (nur dass man damals noch nicht wusste, was ein blog ist!).
Damals war der klimawissenschaftliche Diskurs offensichtlich noch ziemlich apokalyptisch; wir hatten keine Probleme, alarmistische Beispiele zu finden. Kritik an den Klimawissenschaften und ihrem Habitus war damals noch nicht so en vogue wie heute. Im Gegenteil, die Klimawissenschaften waren mit vollen Segeln unterwegs, eine Leitwissenschaft zu werden, während sich gleichzeitig an ihren Rändern interessante Entwicklungen auftaten.
So erhielt im Rahmen dieser Tagung z.B. Christian Pfister den Brückner-Preis, damals auch er mit seinem historischen Klimaansatz ein Sonderling. Auch die Soziologin Anita Engels, heute Professorin u.a. am KlimaCampus in Hamburg, hielt dort einen medientheoretischen Vortrag, in dem sie den ratlosen Klimawissenschaftlern die Unwägbarkeiten des Mediensystems nach u.a. Luhmann erklärte. Einerseits also eine noch ungebrochene Klimawissenschaft im vollen Aufklärungsschwung ("wie können wir die Leute bloß von der kommenden Klimakatastrophe überzeugen?"), und auf der anderen Seite erste zarte Blüten einer kultur- und sozialwissenschaftlichen Annäherung an die Klimaforschung. Was ist davon eigentlich übrig geblieben, was ist daraus geworden?
Ich denke, ich kann den Artikel heute noch besser goutieren als damals - es ist alles noch viel deutlicher geworden.
ReplyDeleteHat wirklich jemand gesagt
"Wie wir alle wissen, sind ... unsere Kultur vom Klima bestimmt."? Ich traue diesen "berühmten Klimawissenschaftlern" allerhand zu, aber so eine Dummheit eigentlich nicht.
Auch das andere Zitat
""Winter mit starkem Frost und viel Schnee, wie noch vor 20 Jahren, wird es in unseren Breiten nicht mehr geben" ist schon bemerkenswert. Habt Ihr noch den Beleg dafür?
@Hans
ReplyDeleteWar wohl ein Spiegel Interview.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,71456,00.html
Die Zeitskala ist nicht ganz klar.
Danke, Georg.
ReplyDeleteDas passt genau, Georg.
ReplyDeleteJa, ich glaube noch zu wissen, Hans, welcher Vortrag das war, wo wir dieses Zitat aufgschnappt haben. Der Name tut ja nichts zur Sache. Ich erinnere mich aber genau an eine lebhafte Diskussion auf dem Flur nach unserem Vortrag mit zwei Klimawissenschaftlern, die sich von unserem Vorwurf des Klimadeterminismus und Rassismus sehr getroffen fühlten. Sie hatten einfach noch nie von der Kritik an dem Begriff der Naturvölker und damit einhergehender evolutionistischer (und deterministischer) Vorstellungen gehört. Dass diese einfach "näher" an der Natur leben, während wir ganz "Kultur" geworden sind und wieder zurückfinden müssen zu der ursprünglichen Natürlichkeit, wie sie die "Wilden" repräsentieren: dies ist meiner Erfahrung nach einfach ein gängiges Denkmuster, das immer noch aktuell ist (und wenig thematisiert ist außerhalb solcher Orchideenwisenschaften wir der Ethnologie).
@Hans Von Storch
ReplyDelete"dumm" und "bemerkenswert"
Es ist äusserst beruhigend solche Worte aus dem "Mund" eines Klimaforschers zu "hören" den man kaum als Klimaskeptiker sondern eher als Klimawarner bezeichnen kann.
Sind solche Aussagen dumm und bemerkenswert genug, dass man es uns Ottonormalbürgern erlaubt sehr skeptisch zu sein.
Es sind ja bei weitem nicht die einzigen Aussagen von Klimatologen die so "dumm" und "bemerkenswert" sind.
Neulich erklärte ein Klimafolgenforscher vom MPI bei Alpha Campus dass die globale Erwärmung nur die Spitze des Eisbergs sei, was die negativen Einflüsse des Menschen auf die Biosphäre angeht.
Wie wahr! Und wieviel bemerkenswertes und dummes muss man sich noch anhören, bevor man als Skeptiker nicht mehr Klimaskeptiker beschimpft wird?
Danke für die deutlichen Worte.
Yeph