Als Reaktion auf mein Interview im SPIEGEL gab es Fragen zur der Wirkung der Energieentnahme durch Windparks auf das Klima. Beide Personen, namentlich bekannt, sind nicht vom Fach, aber hochqualifiziert in ihren Umweltfragen nahestehenden Themen.
1. Frager:
... zu meiner Frage. Ich nehme an, sie ist irrelevant, aber ich möchte sie nur stellen, um bestimmte Einflußgrößen auszuschalten.
Wir entnehmen den unteren Luftschichten in Deutschland neuerdings pro Jahr (in Abhängigkeit vom Windaufkommen) durch Windräder 60 TWh an Energie, die wir in Stromleitungen einspeisen. Diese Energiemenge läßt sich umrechnen in 4000*15GWh. 15 TWh ist etwa das Energie von 13 kt TNT - der Energiefreisetzung durch eine Hiroshimabombe. Falls ich mich in den Kommastelle nicht vertan habe, läßt sich sagen, daß den Luftschichten über Deutschland jährlich die Energiemenge entzogen wird, die der Energiefreisetzung durch 4.000 Atombomben des Hiroshima-Typs entspricht. Nun ging ich der Frage nach, ob dies nicht doch eine vernachlässigbare Größe sei und verglich die entnommene Windenergie mit der jährlich durch Blitze abgeleitete Energie in Deutschland. Hier fand ich in Internet die Abschätzung, wonach ein durchschnittlicher Blitz etwa die Energiemenge des Brennwertes von 50 l Diesel - also etwa 500 kWh in die Erde leitet. Bei zwei Mio Blitzen jährlich über Deutschland ist dies eine Gesamtenergiefluß von der Atmosphäre in die Erde durch Gewitterentladung von 1 TWh. Danach nimmt die Einjährige Entahme von Windenergie die Blitzentladungen von 60 Jahren vorweg.
Meine erste Frage ist, ob ich hier richtig gerechnet habe, denn die Zahlen überraschen mich. Ich finde hier nirgend etwas in der Literatur.
Meine zweite Frage ist, woraus sich sicher schließen läßt, daß solche Energieentnahmen - weltweit gedacht - keinerlei Klimaauswirkungen haben können. Auch darüber finde ich nichts in der Literatur.
Antwort von Eduardo Zorita:
.... das sind klimatologisch betrachtet sehr kleine Energiemengen. In Deutschland fallen auf jedem Quadratmeter durchschnittlich jährlich ca. 120 watt/m2 solarer Einstrahlung an der Oberfläche. Das entspricht etwa 1000 Kwh/m² jährlich ( http://www.solaranlage.eu/solar/ausrichtung-montage/sonneneinstrahlung ) Bei einer Fläche von ca 380 000 km², summiert sich die gesamte Sonneneinstrahlung in Deutschland auf 380 000 TWh jährlich. Selbst wenn 50 Twh durch Windräder entnommen werden, sollte die Atmosphäre das gar nicht 'merken'. Generell ist die Energieproduktion, verglichen mit der Sonneneinstrahlung, sehr klein. Während global betrachtet die Sonneneinstrahlung an der Erdoberfläche ca 150 w/m² beträgt, entspricht die menschliche Gesamtenergieproduktion ca. 0.2 w/m²
Reaktion darauf vom Frager:
Die Relation der den Luftschichten entnommenen Energiemenge zur Sonneneinstrahlung kannte ich. Nur scheint mir der Vergleich nicht weiterzuhelfen.
Denn: Ohne "Störung" durch menschliche Einflüsse irgendwelcher Art müßte innerhalb der Atmosphäre ja Input=Output sein, sonst stiege der Wärmeinhalt oder ein sonstiger Energiepegel (z.B. kinetische Energie) in der Atmosphäre auch ohne CO2 kontinuierlich an, was sich (bei Wärmezufuhr) in kontinuierlicher Temperaturerhöhung seit Anbeginn der Erde niederschlagen müßte. Das tut es nicht. Der Energieentzug durch Windenergie aus den unteren Schichten der Atmosphäre erfolgt aber nicht als Durchgangsposten, der auf einem Rückweg sofort wieder ausgeglichen wird, also sozusagen netto=brutto. Die Frage müßte lauten: Wie gleicht die Atmosphäre diese durch die Abgabe von kinetischer Energie in die Stromleitungen entstandene Energiesenke in der Atmosphäre aus? Wenn man bedenkt, wie beruhigend schon eine relativ geringe Energieableitung von der Atmosphäre in die Erde durch Gewitter wirkt und ich tatsächlich richtig gerechnet haben sollte, daß die jährliche Energieentnahme durch Windkraft im letzten Jahr den Umfang der Gewitterenergie von sechzig Jahren erreicht, ist das schon verblüffend, dass da eine Klimawirkung durch Windmühlen so kategorisch ausgeschlossen werden kann. Und so richtig beruhigt mich die Antwort deshalb noch nicht. Aber ok! Vielen Dank für Ihre Antwort. Übrigens: Die Frage nach dem Aufenthaltsort des präkambrischen Kohlenstoffs interessiert mich nach wie vor. Ich hatte sie nicht explizit gestellt, sondern in meine biographische Vorbemerkung eingebaut.
2. Frager:
Wenn 100 oder 200 oder 300 oder 400 ppm CO2 in der Luft das Klima so stark beeinflussen sollen, dann ist doch anzunehmen, dass die Aufstellung von 20 000 Windrädern (demnächst wohl 30 000 mit weit höherer Nominal-Leistung) das Wetter beeinflusst. An den meisten Tagen haben wir Westwind. Und wenn der Westwind geschwächt wird dann halten sich die Tiefs im Osten hartnäckiger, weil der Druckausgleich geschwächt ist. Ist es denkbar, ein Forschungsthema zu bearbeiten, das zum Ziel hat, den Einfluss der Windschwächung auf das Wetter (nicht Klima) abzuschätzen. Vielleicht gibt es ja dann mehr Hochwasser im Osten und die Massnahmen zum Schutz müssen mit Vorrang durchgeführt werden.
Wie können wir diese Fragen gut und verständlich beantworten? Sollten wir vielleicht ein kleines Experiment mit einem regionalen Klimamodell fahren? Wie würde man so ein Experiment aufsetzen? Oder reicht der Hinweis auf das Saltzman Diagramm der Energetik der Atmosphäre? Der durchschnittliche Reibungsverlust an kinetischer Energie ist so um und bei 2.5 W/m**2, las ich bei Lorenz, aber vielleicht nicht mehr aktuell.
1. Frager:
... zu meiner Frage. Ich nehme an, sie ist irrelevant, aber ich möchte sie nur stellen, um bestimmte Einflußgrößen auszuschalten.
Wir entnehmen den unteren Luftschichten in Deutschland neuerdings pro Jahr (in Abhängigkeit vom Windaufkommen) durch Windräder 60 TWh an Energie, die wir in Stromleitungen einspeisen. Diese Energiemenge läßt sich umrechnen in 4000*15GWh. 15 TWh ist etwa das Energie von 13 kt TNT - der Energiefreisetzung durch eine Hiroshimabombe. Falls ich mich in den Kommastelle nicht vertan habe, läßt sich sagen, daß den Luftschichten über Deutschland jährlich die Energiemenge entzogen wird, die der Energiefreisetzung durch 4.000 Atombomben des Hiroshima-Typs entspricht. Nun ging ich der Frage nach, ob dies nicht doch eine vernachlässigbare Größe sei und verglich die entnommene Windenergie mit der jährlich durch Blitze abgeleitete Energie in Deutschland. Hier fand ich in Internet die Abschätzung, wonach ein durchschnittlicher Blitz etwa die Energiemenge des Brennwertes von 50 l Diesel - also etwa 500 kWh in die Erde leitet. Bei zwei Mio Blitzen jährlich über Deutschland ist dies eine Gesamtenergiefluß von der Atmosphäre in die Erde durch Gewitterentladung von 1 TWh. Danach nimmt die Einjährige Entahme von Windenergie die Blitzentladungen von 60 Jahren vorweg.
Meine erste Frage ist, ob ich hier richtig gerechnet habe, denn die Zahlen überraschen mich. Ich finde hier nirgend etwas in der Literatur.
Meine zweite Frage ist, woraus sich sicher schließen läßt, daß solche Energieentnahmen - weltweit gedacht - keinerlei Klimaauswirkungen haben können. Auch darüber finde ich nichts in der Literatur.
Antwort von Eduardo Zorita:
.... das sind klimatologisch betrachtet sehr kleine Energiemengen. In Deutschland fallen auf jedem Quadratmeter durchschnittlich jährlich ca. 120 watt/m2 solarer Einstrahlung an der Oberfläche. Das entspricht etwa 1000 Kwh/m² jährlich ( http://www.solaranlage.eu/solar/ausrichtung-montage/sonneneinstrahlung ) Bei einer Fläche von ca 380 000 km², summiert sich die gesamte Sonneneinstrahlung in Deutschland auf 380 000 TWh jährlich. Selbst wenn 50 Twh durch Windräder entnommen werden, sollte die Atmosphäre das gar nicht 'merken'. Generell ist die Energieproduktion, verglichen mit der Sonneneinstrahlung, sehr klein. Während global betrachtet die Sonneneinstrahlung an der Erdoberfläche ca 150 w/m² beträgt, entspricht die menschliche Gesamtenergieproduktion ca. 0.2 w/m²
Reaktion darauf vom Frager:
Die Relation der den Luftschichten entnommenen Energiemenge zur Sonneneinstrahlung kannte ich. Nur scheint mir der Vergleich nicht weiterzuhelfen.
Denn: Ohne "Störung" durch menschliche Einflüsse irgendwelcher Art müßte innerhalb der Atmosphäre ja Input=Output sein, sonst stiege der Wärmeinhalt oder ein sonstiger Energiepegel (z.B. kinetische Energie) in der Atmosphäre auch ohne CO2 kontinuierlich an, was sich (bei Wärmezufuhr) in kontinuierlicher Temperaturerhöhung seit Anbeginn der Erde niederschlagen müßte. Das tut es nicht. Der Energieentzug durch Windenergie aus den unteren Schichten der Atmosphäre erfolgt aber nicht als Durchgangsposten, der auf einem Rückweg sofort wieder ausgeglichen wird, also sozusagen netto=brutto. Die Frage müßte lauten: Wie gleicht die Atmosphäre diese durch die Abgabe von kinetischer Energie in die Stromleitungen entstandene Energiesenke in der Atmosphäre aus? Wenn man bedenkt, wie beruhigend schon eine relativ geringe Energieableitung von der Atmosphäre in die Erde durch Gewitter wirkt und ich tatsächlich richtig gerechnet haben sollte, daß die jährliche Energieentnahme durch Windkraft im letzten Jahr den Umfang der Gewitterenergie von sechzig Jahren erreicht, ist das schon verblüffend, dass da eine Klimawirkung durch Windmühlen so kategorisch ausgeschlossen werden kann. Und so richtig beruhigt mich die Antwort deshalb noch nicht. Aber ok! Vielen Dank für Ihre Antwort. Übrigens: Die Frage nach dem Aufenthaltsort des präkambrischen Kohlenstoffs interessiert mich nach wie vor. Ich hatte sie nicht explizit gestellt, sondern in meine biographische Vorbemerkung eingebaut.
2. Frager:
Wenn 100 oder 200 oder 300 oder 400 ppm CO2 in der Luft das Klima so stark beeinflussen sollen, dann ist doch anzunehmen, dass die Aufstellung von 20 000 Windrädern (demnächst wohl 30 000 mit weit höherer Nominal-Leistung) das Wetter beeinflusst. An den meisten Tagen haben wir Westwind. Und wenn der Westwind geschwächt wird dann halten sich die Tiefs im Osten hartnäckiger, weil der Druckausgleich geschwächt ist. Ist es denkbar, ein Forschungsthema zu bearbeiten, das zum Ziel hat, den Einfluss der Windschwächung auf das Wetter (nicht Klima) abzuschätzen. Vielleicht gibt es ja dann mehr Hochwasser im Osten und die Massnahmen zum Schutz müssen mit Vorrang durchgeführt werden.
Wie können wir diese Fragen gut und verständlich beantworten? Sollten wir vielleicht ein kleines Experiment mit einem regionalen Klimamodell fahren? Wie würde man so ein Experiment aufsetzen? Oder reicht der Hinweis auf das Saltzman Diagramm der Energetik der Atmosphäre? Der durchschnittliche Reibungsverlust an kinetischer Energie ist so um und bei 2.5 W/m**2, las ich bei Lorenz, aber vielleicht nicht mehr aktuell.
Wenn 100 oder 200 oder 300 oder 400 ppm CO2 in der Luft das Klima so stark beeinflussen sollen, ...
ReplyDeleteWie können wir diese Fragen gut und verständlich beantworten?
Solarkonstante, Reflektion, Absorption, Treibhauseffekt,...
Um wieviel niedriger wäre rein rechnerisch die durchnittliche Temperatur ganz ohne CO2?
Dies waren grundlegende Erkenntnisse der Atmosphärenforschung in den 50er Jahren. Durch die Raumfahrt und für die Raumfahrt.
http://www.earth-syst-dynam.net/2/1/2011/esd-2-1-2011.html
ReplyDeleteWindenergie ist ja nicht der einzige Punkt. Jede Baumaßnahme ändert den unteren Rand der Atmosphäre ein bisschen.
ReplyDeleteEine Studie in Nature Climate Change schaute sich den lokalen Effekt auf die Temperatur an (natürlich hinter Bezahlwand).
Das Foto vom Windpark Horns Rev 1 auf dieser Seite ist ja quasi schon eine kleine Berühmtheit im Netz.
Interessant auch eine in gewissem Sinne entgegengesetzte Studie aus dem letzten Jahr (leider hinter einer Bezahlwand). Welchen Einfluss hat unser Energieverbrauch auf die Atmosphäre?
Eine ausfürhliche Arbeit zum Thema hier
ReplyDeletehttp://www.earth-syst-dynam.net/3/79/2012/esd-3-79-2012.pdf
Horst-Joachim Lüdecke
FYI: https://twitter.com/Oliver_Geden/status/348472469209882625
ReplyDeleteAn den ersten Frager:
ReplyDelete'Die Frage müßte lauten: Wie gleicht die Atmosphäre diese durch die Abgabe von kinetischer Energie in die Stromleitungen entstandene Energiesenke in der Atmosphäre aus? '
Nehmen wir erstmals an, es gäbe keine anderen Energieflüsse. Die Atmosphäre würde bei diesem Vorgang keine Energie verlieren. Der Strom, der durch die Windenergie erzeugt wird, wird letztendlich verbraucht und als Wärme wieder an die Atmosphäre weitergegeben. Es wird lediglich kinetische Energie in Wärme umgewandelt.
In meiner Erklärung wollte ich andeuten, dass die von der Atmosphäre gespeicherte Energie ist eher klein, wenn man sich die Energieflüsse anschaut. Die Atmosphäre ist kein isoliertes System. Wenn ein Energiefluss geändert wird, wie z.B. durch erhöhte Reibung durch die Windräder, ändern sich alle anderen Flüsse auch, bis ein stationärer Zustand wieder erreicht wird. Da die 'Windernte' sehr klein ist in Vergleich zu den anderen Flüssen, würde man global gesehen den Unterschied nicht merken.
In Ergänzung zu Eduardos großskaliger Betrachtung, könnte man evt. die Frage auf lokale bis regionale Änderungen lenken (die uns ja dann ganz konkret betreffen). Evt. könnte man vereinfacht in der Art ergänzen:
ReplyDeleteIm Prinzip könnte man Windräder vereinfacht als Bäume mit "besonderen Eigenschaften" im Rahmen der Grenzschichtmeteorologie betrachten, die einen lokalen bis evt. regionalen Effekt auf die Umgebung haben. Durch die erhöhte Bodenrauhigkeit wird Wind abgebremst und in der Richtung abgelenkt. Die erhöhte Rauhigkeit (bzw. die räumliche Zunahme der Rauhigkeit) sowie die Umströmung des Hindernisses und der Flügelschlag erzeugen eine räumlich begrenzte vertikale Labilisierung der Luftschicht (Turbulenz). Der begrenzte räumliche Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung hat wiederum Einfluss auf Parameter wie Temperatur und Feuchte (z.B. Änderung der Verdunstung usw.). Entsprechend dem Tagezyklus mit eher instabiler Schichtung nachts und stabiler tagsüber dürften sich die Effekte zwischen Tag und Nacht unterscheiden.
Die Frage ist eigentlich letztlich, ob und ggf. wie sich die lokalen bis regionalen "Störungen" auf andere Regionen auswirken während global nichts erkennbar ist.
Das Problem erinnert etwas an das Phänomen des "atmospheric stilling" (Vautard et al, 2010), eine generelle Abnahme der bodennahen Windgeschwindigkeiten über der Nordhemisphäre seit 1979 bei gleichzeitig unveränderter Geschwindigkeit in höheren (<850 hPa) Schichten. Als eine Erklärung wurden hier großräumige Änderungen der Landnutzung (Vegetation) vorgeschlagen...
Referenz:
Vautard et al. (2010): Northern Hemisphere atmospheric stilling partly attributed to an increase in surface roughness. Nature Geosci. doi:10.1038/NGEO979 (2010)