Klingt doch vielversprechend. Lord Byrons "Darkness" und diese drei Werke kann ich jedenfalls für die Sommerferien schon mal empfehlen, sie sind alle auf ihre Art toll und werden wohl auch in dem Buch besprochen:
Wednesday, June 25, 2014
Posthumane Sommerlektüre
by
Werner Krauss
Auf Deutschlandradiokultur ist ein schönes Interview mit Eva Horn zu hören, das auf ihr neues Buch "Zukunft als Katastrophe" neugierig macht.
Eva Horn spricht im Interview über Katastrophenbilder von Lord Byrons Zivilisationskritik über den "roten Knopf" im Kalten Krieg bis hin zur heutigen "Katastrophe ohne Katastrophe": Klimawandel, Vernichtung der Regenwälder, unberechenbare Stürme etc - im Anthropozän ist die Katastrophe ein namenloses Geschehen ohne Akteur, sie hat keinen Ort, keinen Verursacher, niemand, mit dem wir verhandeln können. So erklärt sie sich derzeitige Vorstellungen von oft als paradiesisch imaginierten posthumanen Welten. Katastrophenvorstellungen sind historisch und jeweils für sich zu lesen; erst dann kann man erkennen, "wie in den Rufen nach Sicherheit und Prävention
Fiktionen wirksam sind, die man als solche begreifen und analysieren
muss. Die künftige Katastrophe zu entziffern bedeutet nämlich immer,
eine Geschichte schon zu Ende zu erzählen, die sich erst noch ereignen
soll." (Klappentext).
Klingt doch vielversprechend. Lord Byrons "Darkness" und diese drei Werke kann ich jedenfalls für die Sommerferien schon mal empfehlen, sie sind alle auf ihre Art toll und werden wohl auch in dem Buch besprochen:
Klingt doch vielversprechend. Lord Byrons "Darkness" und diese drei Werke kann ich jedenfalls für die Sommerferien schon mal empfehlen, sie sind alle auf ihre Art toll und werden wohl auch in dem Buch besprochen:
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15 comments:
Die Eva Horn habe ich schon eine Weile auf dem Schirm, und auch schon von ihr berichtet. Zur Einstimmung:
Allokationsethik, Ressourcen und der Tod
„Aber mit der neuen Entdeckung der Knappheit beginnt ein biopolitisches Denken, das davon ausgeht, dass menschliches Leben auch 'zuviel' sein könnte“
Tückische Objekte als moderner Aberglaube
„Tückische Technologien haben es nun auf die Menschen abgesehen und erzeugen ein Gefühl der Angst als Grundrauschen der Moderne. Erzählungen über Unfälle nehmen einen breiten Raum in Nachrichten ein, entwickeln sich weiter bis zu den modernen Märchen oder Horrorgeschichten, und nehmen somit heute den Platz ein, den früher Geister, Magier oder Hexen hatten.“
Ich möchte noch anmerken: Ich finde es wichtig in der gegenwärtigen Diskussion um die Moderne, die ja auch dadurch gekennzeichnet ist, dass der Mensch sich einen Platz im Gesamtgefüge der Welt sucht (was er eigentlich schon immer getan hat), auch die Sichtweisen und Phantasien von Literaten, Filmemachern, vielleicht sogar die tieferen Botschaften von Computerspielen, herzunehmen. Soziologen mischen ja schon kräftig mit, Wirtschaftswissenschaftler auch, Ethnologen nicht zu vergessen.
Ich meine, alle diese Sichtweisen und Erklärungsansätze die aus den jeweiligen Fachgebieten kommen, sind natürlich wichtig, nur erklären sie auch welche Bilder die Menschen in ihrem Kopf tragen, welche Ängste und Hoffnungen, Begierden und Enttäuschungen? Ich denke dafür, um Menschen zu verstehen, nicht zuletzt sich selbst, ist es notwendig, nicht nur Kulturwissenschaftlerinnen wie der Eva Horn zuzuhören, sondern auch nachzufragen, warum wir von diesem oder jenem Bild, was in Literatur oder Film transportiert wird, so fasziniert sind.
Die wissenschaftliche Diskussion, sei es in den Sozialwissenschaften, sei es in den Naturwissenschaften, erklären nicht viel über den Menschen, seine Phantasien. Damit wären wir dann bei der Wirtschaft und der Politik. Wer die Phantasien der Menschen kennt, oder entsprechende zu wecken vermag, ist ein guter Verkäufer.
QQ,
ich bin ja immer ein bißchen skeptisch bei Argumentationen wie mit den "tückischen Objekten", wo einerseits eine Entwicklungslinie vom Aberglauben zur Wissenschaft und andererseits eine Kontinuität im "Volksglauben" (früher Hexen, heute Fukushima) vorausgesetzt wird. In der Klimadebatte wird ja häufig dieser vermeintlich rationale Standpunkt eingeklagt, und zwar von allen Seiten - auf der einen seite der skeptische, alarmistische oder "honest" Durchblicker, auf der anderen Seite das doofe Volk.
Die theoretische Voraussetzung ist einfach falsch, ebenso der methodische Ansatz. Da hilft es sich das schöne Zitat aus dem FAZ Nachruf für den kürzlich verstorbenen Historikers der Mentalitäten, Jaques LeGoff, in Erinnerung zu rufen:
"Er schützte uns vor dem Hochmut, dank technischer Innovationen und hochmögender Wissenschaft ein besseres Urteilsvermögen zu pflegen als die Menschen des Mittelalters, und bewahrte jene andererseits vor der Karikatur, irgendwie weiser und wahrhaftiger oder aber unterbelichtet und böse gewesen zu sein."
Aus dem Interview mit Eva Horn hatte ich den Eindruck, dass sie Katastrophen- oder Apokalypse-erzählungen im Kontext mit den Sprechern und deren Absicht, mit der politisch-historischen Situation, mit dem dem Thema analysiert - aber vielleicht täuscht der Eindruck? Ich habe das Buch ja noch nicht gelesen. (Weil, es ist doch Quatsch, z.B. die Angst vor Fukushima mit der Angst vor Geistern zu vergleichen, das eine hat ja nichts mit dem anderen zu tun.)
Werner Krauss,
Ich bin mir nicht sicher ob die Angst vor einem Atomkraftwerk (ich deute mal die Erwähnung Fukushimas als solches), und der vor Geistern und Dämonen nicht doch mehr Gemeinsamkeiten haben, als man meist denkt. Für einen Wissenschaftler mag das vielleicht absurd erscheinen, aber mir geht es gar nicht darum Wissenschaft vorzugaukeln, sondern ich bringe letztlich nur Ideen ein, Vorstellungen was sein könnte. Eva Horn spricht auch im Hinblick auf den Unfall von „doppelten Entzug von Kausalität“ und weiter:
„Er ist weder die von Gott verhängte, apokalyptische große Katastrophe, noch ist er auf den bösen Willen eines menschlichen Täters zurückzuführen (vgl. Mülder-Bach 2002). Der Unfall ist ein Geschehen ohne Akteur und Intention – er ‚stößt zu‘. Sein eigentlicher Akteur scheint eine bestimmte Technologie oder Praktik zu sein“
Das ist aus dem verlinkten PDF im Text «Moderner Aberglaube». Je wissenschaftlicher die Debatte oder die Beschreibungen werden, um so weniger bleibt natürlich von dem Aberglaube übrig. Ein Aberglaube, den sich die meisten wahrscheinlich gar nicht eingestehen. Das wird eher so wie Murphy’s Law umschrieben. Auch dazu äußert sich Horn:
„Das Gesetz, dem diese Verkettung folgt oder jedenfalls zu folgen scheint, ist bekannt unter dem ironischen Namen ‚Murphy’s Law‘, dass schiefgeht, was schiefgehen kann. Ironisch deshalb, weil sein Prinzip eben gerade keine Gesetzmäßigkeit ist, sondern völlig kontingent. Was schiefgehen kann, geht schief und bestätigt damit das ‚Gesetz‘ – und wenn es nicht schiefgeht, dann ist mit dem Ausbleiben des Un-Falls eben gar kein Fall eingetreten, der unter das Gesetz fallen würde.“
Sie zieht dann auch noch Vergleiche zu dem was Freud «das Unheimliche» nennt, belebte Dinge. Dann ist der Schritt zu Geistern und Dämonen nicht mehr weit. Und dies passt dann auch ausgezeichnet zu Ihrem Zitat von Jaques LeGoff.
Übrigens, aufmerksam wurde ich erstmals auf Eva Horn in einem Beitrag für die «Stimmen der Kulturwissenschaften». SdK 23: Eva Horn über die Zukunft als kommende Katastrophe
@QQ: "Ich bin mir nicht sicher ob die Angst vor einem Atomkraftwerk (ich deute mal die Erwähnung Fukushimas als solches), und der vor Geistern und Dämonen nicht doch mehr Gemeinsamkeiten haben, als man meist denkt."
Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten. Nur sollte man nicht leichtfertig die Schlussfolgerung daraus ziehen, dass die Angst vor Atomkraftwerken (oder vor anderen Dingen) ausschließlich irrational begründet sei. Angst ist erstmal eine emotionale Reaktion auf bestimmte Situationen. Biologisch betrachtet ist das eine durchaus sinnvolle Funktion, rein intuitiv ohne viel nachdenken zu müssen (wofür in brenzlichen Situationen oft die Zeit fehlt) wichtige Handlungen auszuführen oder einfach vorsichtig zu sein. Für rationale Entscheidungen ist Angst hingegen kein guter Ratgeber. Aber wie ich finde, eine wichtige Emotion, die man genügend ernst nehmen muss.
Auch wenn die Angst vor Atomkraft eine zumeist sehr emotionale Sache ist, heißt das ja nicht, das es keine guten Gründe gibt, gegen die Atomkraft zu sein. :) Was dem Image der Atomenergiewirtschaft sicher nicht gut getan hat, war über Jahrzehnte hinweg die ganzen Befürchtungen als Hirngespinste abgetan zu haben und so tat, als sei man auch in Zukunft völlig unverzichtbar. An diesem Imageverlust (lange vor Fukushima) hat man selbst heute noch in Deutschland zu knappern. Die recht negative Grundstimmung gegenüber dieser Technik ist daher nicht wirklich verwunderlich.
@Hader,
Egal was ich sage, egal welche Meinung ich vertrete, das Wort ausschließlich kommt bei mir nie vor.
Okay, über Wörter muss man nicht streiten. Vielleicht passt überwiegend auch gut hin.
Von Jaques LeGoff oder anderen Historikern dieser Richtung kann man lernen, dass Unterscheidungen wie irrational (emotional) und rational wenig Sinn machen, um historische Prozesse zu verstehen. Es gibt viele Rationalitäten gleichzeitig, eine Rationalität der Diskurse, der Materie, der Gefühle, der Ökonomie usw. Keine kann die andere ersetzen, keine ist "rationaler" als die andere, auch wenn sie sich oft genug widersprechen. Diese Form der Geschichtsschreibung verlegte sich daher stark auf die Narration - Geschichte als das Erzählen (gut dokumentierter) Geschichten, die auch hätten anders verlaufen (oder interpretiert werden) können. Geschichte folgt keiner vorherbestimmten Logik (z.B. vom Wilden zum Zivilisierten, vom irrationalen zum rationalen, vom niedrigen zum höheren, vom Aberglauben zur Wissenschaft etc. Dies ist vielmehr selbst eine kulturelle (Überlegensheit-) Vorstellung).
Die Geschichte der Atomkraft in Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel. Wie man z.B. bei Joachim Radkau in seiner "Geschichte der Ökologie" nachlesen kann, ist die Geschichte der Antiatomkraftbewegung Teil der deutschen Nachkriegsgeschichte und hat diese maßgeblich mitgeformt. Sie speist sich aus vielen unterschiedlichen Rationalitäten, und erst in diesem Kontext machen Überlegungen zu Katastrophenvorstellungen und deren Geschichte einen Sinn. Atomkraft rein auf ihre technologischen Aspekte und Möglichkeiten zu reduzieren läuft Gefahr, selbst zu einer Art Aberglauben zu werden um all die anderen Realitäten, die damit verbunden sind, zu bannen. Katastrophenvorstellungen rein auf "Angst" als kulturelles Merkmal (German angst) oder auf religiöse "Überbleibsel" zu reduzieren vernachlässigt wiederum die Rationalität z.B. religiöser Diskurse und sozialer Vorstellungen. Ob sich eine Technologie durchsetzt oder nicht hängt daher von sehr vielen nicht-technologischen Aspekten ab. Diesen ihre Relevanz abzusprechen wäre irgendwie weltfremd, oder?
Hier der richtige Titel: Joachim Radkau "Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte" (2011).
Werner Krauss,
In einer Rezension über «Die Ära der Ökologie» bei HsozKult heißt es:
„Ausgehend vom Naturkult der Romantik über die Angst vor der Holznot und den Mangel an einer großen „grünen“ Allianz im 18. Jahrhundert zeichnet Radkau zunächst verschiedene Linien zur „langen Jahrhundertwende“ vom 19. zum 20. Jahrhundert nach, die er als „Sattelzeit hin zur ökologischen Moderne in den meisten Industriestaaten jener Zeit“ erkennt (S. 58). “
Wenn ich Sattelzeit höre, denke ich an Osterhammel. Der den Begriff allerdings auch geklaut hat, von Reinhart Koselleck, wie er in seinem Buch «Die Verwandlung der Welt» zugibt (S. 102). Osterhammel beschreibt den gleichen Zeitraum aber anders:
„Die Sattelzeit dauerte etwa von 1770 bis 1830. Sie leitete zu einer mittleren Periode über, in der sich zumindest für Europa jene Kulturerscheinungen konzentrieren, die im Rückblick als charakteristisch für das 19. Jahrhundert gelten. In den 1880er und 1890er Jahren ging dann ein solcher «Ruck» durch die Welt, dass es geboten ist, von einer Unterperiode zu sprechen. Man kann sie nach einem Begriff aus der damaligen Zeit das «Fin de Siècle» nennen: nicht eine, die Jahrhundertwende.“
Für Osterhammel sind markante Punkte des Wandels dieser Jahrzehnte zu Ende des 19. Jahrhundert, mit solchen Veränderungen greifbar wie:
„Wie bereits in den 1820er Jahren, so wurde auch jetzt wiede eine globale umweltgeschichtliche Schwelle überschritten: Um 1980 überrundeten in der geschätzten weltweiten Energienutzung mineralische Kraftstoffe (Kohle, Öl) die Biomasse - selbst wenn die Mehrheit der Weltbevölkerung solche Kraftstoffe noch nicht direkt benutzte. Das Zeitalter fossiler Brennstoffe hatte nach etwa 1820 in dem Sinne begonnen, dass die Nutzung dieser Brennstoffe zur innovativsten Tendenz der Energiegewinnung wurde.“
Ok, meine Lektüre in dem Gebiet ist sicher unvollständig, und von Radkau habe ich nur Rezensionen gelesen, doch nach meinem Verständnis gibt es keine ökologische Moderne. Als Ideologie schon, aber nicht als Zeitalter. Die Auswirkungen sind doch marginal und rechtfertigen nicht die Verwendung des Begriffs Sattelzeit.
Aber trotzdem Danke für den Hinweis auf das Buch, wenn ich das nächste mal in der Bücherei bin (um dieses schöne altmodische Wort mal wieder zu verwenden), dann nehme ich mir mal ein zwei Stunden Zeit für Radkau. Schon wegen dem Zitat aus HsozKult:
„Radkau konstatiert, dass keine der großen Bewegungen der neuen Geschichte über so wenig Geschichtsbewusstsein verfüge wie die Umweltbewegung. Mit der „Ära der Ökologie“ hat er selbst nun eine autobiographisch beeinflusste, patchworkartige Geschichte der Umweltbewegungen in gewohnt saloppem Stil vorgelegt.“
Quentin Quencher,
"dann nehme ich mir mal ein zwei Stunden Zeit für Radkau".
Na ja, vielleicht finde ich ja Gefallen dran und es interessiert mich. Nach allem was ich bislang gehört habe, ist dies nicht sonderlich der Fall.
Artikel von Eva Horn im Tagesspiegel: Die kulturelle Lust am Untergang, Zukunft als Katastrophe
„Es ist nämlich erst die Romantik, die einen Katastrophenbegriff erfindet, in dem Gott keine Rolle mehr spielt. Plötzlich sind die Menschen mit ihrem Desaster allein, und das Ergebnis dieses säkularen Blicks ist bitter: Die Katastrophe wird zum ultimativen Test auf eine Menschheit, die sich in ihr nicht als edel, hilfreich und gut zeigt, sondern als jämmerlich, egoistisch und grausam. Im zwanzigsten Jahrhundert wird „Katastrophe“ dann zum Schlagwort der Zeitdiagnose: Irgendetwas ist immer im Begriff, sich zu einer Katastrophe auszuwachsen: „Etwas nimmt seinen Lauf“, heißt es in Becketts „Endspiel“.“
Vielen Dank für den link zu diesem schönen Aufsatz!
Ich finde leider die Überschrift sehr blöde, sie führt den Leser auf eine falsche Fährte: "Die kulturelle Lust am Untergang" elimiert jegliche politische Ernsthaftigkeit und stellt Katastrophenlust als eine Art anti-moderner Konstante dar. Vielleicht ist auch Eva Horn nicht ganz unschuldig an diesem Eindruck, wenn sie Walter Benjamin als Kronzeugen aufruft:
"„Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren. Dass es ,so weiter’ geht, ist die Katastrophe. Sie ist nicht das jeweils Bevorstehende sondern das jeweils Gegebene … Die Rettung hält sich an den kleinen Sprung in der kontinuierlichen Katastrophe.“
Sie vergisst zu erwähnen, dass Walter Benjamin dies zur Zeit des Hitler-Stalin Pakts geschrieben hat. Benjamin war ganz Anhänger der Idee von sozialer Gerechtigkeit auf Basis industriellen Fortschritts. Die nahe Zukunft sollte sich allerdings als eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes entpuppen. Im Nachhinein war es weder anti-moderner Reflex noch Lust an der Katastrophe, sondern Einsicht in die katastrophale politische Entwicklung, die ihn dies schreiben machte. Es ist doch ziemlich zynisch, hier Benjamin im Kontext von "Lust am Untergang" als Kronzeugen aufzuführen.
Da wünscht man sich doch ein bißchen mehr Sorgfalt. Eine Sorgfalt, die Eva Horn durchaus den sehr schönen Beschreibungen der posthumanen Katastrophenbilder zukommen lässt. Doch Benjamin, McCormack, Lars von Trier und HollywoodBlockbuster alle unter "Lust am Untergang" abzufertigen, tut zumindest einem Teil derjenigen, die über posthumane Landschaften oder andere Katastrophenbilder nachdenken, sehr unrecht. Im letzten Teil des Benjamin Zitats wird ja auch die produktive Kraft aufgezeigt, die in diesen Bildern stecken kann: Die Rettung steckt in den kleinen Sprüngen, den Brüchen. Dies ist durchaus eine Alternative zu der doch sehr groben Einteilung der Welt in Alarmisten und Skeptiker und honest broker, zum Beispiel. Hier wird der analytische Holzhammer geschwungen, und die Appelle an Vernunft (honest brokeer), an den Fortschritt (Skeptiker) oder an die Transformation bei Strafe des Untergangs (Alarmisten) sind angesichts der subtilen Benjaminschen Aufforderung, die Brüche zu beachten, eben das: Holzhämmer.
In der Praxis werden deshalb ja auch meist Katastrophenbilder als Versuchsanordnung und Denkhilfe gebraucht, und kaum jemand sieht im "Fortschritt", in "der Vernunft" oder "der Transformation" mehr das Allheilmittel - außer den üblichen Propagandisten. Vielmehr ändert sich das Verhältnis zur Welt, und auch davon erzählen posthumane Katastrophenbilder.
Eva Horns Schlussfolgerungen in ihrem Buch »Zukunft als Katastrophe« decken sich, insbesondere wenn es um die Imaginationen von Katastrophen geht, in weiten Teilen mit der 'Pataphysik nach Alfred Jarry.
„Dieses weite und disparate Feld von Fiktionen über das Klima zu analysieren bedeutet nicht, sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, sondern zu zeigen, wie die Wahrheit »zustande kommt«, die sie mit großer Überzeugungskraft anschaulich machen wollen. (S. 113)
Und meine Schlussfolgerung ist, dass dies, insbesondere wenn es um die Imagination von Klimawandelfolgen oder -bekämpfung geht, mehr mit 'Pataphysik als mit herkömmlicher Wissenschaft zu tun hat.
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