Hans von Storch had been invited to publish in the new journal Technologist the op-ed
Climate science: the shrinking middle. Not online, but in the print version there are also available German and French versions: Klimapolitik in der Zange der Extremisten and Science et changement climatique – les scientifiques pris en tenaille. The original manuscript was in German, and was edited by the publisher.
Here is the original German manuscript:
"Nazis, Lysenko alike, communists, bastards, liars, frauds, etc." - Dies ist die Sprache, mit denen sich jene, die die Klimakatastrophe am Horizont aufziehen sehen, und jene, die sich dem Versuch der Abschaffung persönlicher Freiheiten gegenüber sehen, gegenseitig überziehen. "Skeptiker" die einen, "Alarmisten" die anderen. Gemein ist ihnen, dass sie sich auf eine höhere Autorität berufen, nämlich die wissenschaftliche bestimme Wahrheit, die es erlaubt zu entscheiden, wer recht hat. Zwischentöne zählen nicht nicht, "you are with me or against me", ganz im Duktus von G.W. Bush.
In dieser Weltsicht des "Recht-Habens" ist es die Wissenschaftlichkeit, die über die alternativlos richtige Politik entscheidet. Gesellschaftliche Diskussions- und Entscheidungsprozesse treten in den Hintergrund, sind nur noch da, wissenschaftliche Notwendigkeiten umzusetzen. Es sind die klugen - meist: - Männer, die sagen, wo es längs geht - unter dem Verweis auf "die Wissenschaft".
Dabei sieht die Wissenschaft, also der Prozess, der das umkämpfte Wissen entstehen lässt, in der Zwickmühle. Während die meisten Akteure zumindest grundsätzlich die Merton'schen Prinzipien der Wissenschaftlichkeit - Gemeineigentum des Wissens, Unabhängigkeit von den forschenden Personen und möglicher Verwendungen, sowie der organisierte Skeptizismus - bejahen, so fühlen sich viele einem Druck ausgesetzt, eine unbeabsichtigte Unterstützung von Skeptikerpositionen unbedingt zu vermeiden. So gibt es Tendenzen in der Klimawissenschaft, den Aspekt der politischen Nützlichkeit oder der Konsistenz mit dem Zeitgeist zuungunsten von Offenheit und Falsifikationsbemühungen in den Vordergrund zu stellen.
Die Abgrenzung der Wissenschaft zu den Skeptikern klappt sehr gut. Aber die Mitte der Wissenschaft wehrt sich nur eingeschränkt gegen die permanente Einvernahme durch Alarmisten, Umweltorganisationen und interessierter Wirtschaft; sie lässt zu, unter gelegentlichem Murren, dass die Rhetorik der Klimakatastrophe in der Öffentlichkeit als wissenschaftlich gesicherte Wahrheit wahrgenommen wird. Dabei wird übersehen, dass in dieser Dynamik das Kapital des sozialen Prozesses " Wissenschaft" verbraucht wird - nämlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in nachvollziehbares, idealerweise interessenfreies Analysieren von Sachverhalten, Zusammenhängen und Möglichkeiten der Vorhersage der Wirkung gesellschaftlicher Entwicklungen. So etwas nennt man nicht-nachhaltigen Verbrauch von Kapital.
Ich plädiere für eine nachhaltige Nutzung der Resource "Wissenschaft". Dies kann dadurch gelingen, dass Konsensus und Dissensus klar kommuniziert wird, dass auf die Illusion "bestes Wissen" in umstrittenen Fragen verzichtet wird; dass anerkannt wird, dass aus Wissenschaftlicher Einsicht nicht notwendige Politik folgt sondern nur Nebenbedingungen für die Erreichbarkeit von gesellschaftlich definierten Zielen. Die Mitte der Wissenschaft sollte sich abgrenzen von den Extremisten von Skeptikern und Alarmisten, den anti-demokratischen Predigern der Herrschaft des angeblich überlegenen Wissens. Dazu wäre es gut, wenn die Klimawissenschaft sich darauf besinnt, die unstrittigen Einsichten - etwa: die Akkumulation von Treibhausgasen aus menschlichen Quellen, der Anstieg von Wärme und Wasserstand - als solche zu kommunizieren. Arbeitsgruppe 1 des UNO-Klimarats tut dies mit Erfolg. Gleichzeitig ist es nötig, den Bereich der Hypothesen, der widersprüchlichen Wissensansprüche als solches zu benennen. Oder anders: anzuerkennen, dass Wissenschaft immer nur für die Gegenwart beste Erklärungen und nie Wahrheit anbietet. Gesellschaft und Politik können damit eigentlich gut umgehen, Wissenschaft erst recht, aber für die Fraktionen der Weltverbesserung war so ein Ansatz schon immer ein Sünde.
Gesellschaft sollte sich des wissenschaftlich konstruierten Wissens als Ratgeber in Entscheidungsprozessen versichern. aber die Entscheidung selbst ist Ergebnis der Abwägung von Optionen und gesellschaftlicher Werte.
5 comments:
Herr von Storch,
ich stimme Ihnen ja größtenteils zu, aber eine von Ihnen stets wiederholte Behauptung stört mich schon lange: dass sich bei Alarmisten wie Skeptikern die richtige Politik direkt aus der (physischen Klima-)Wissenschaft ergäbe. Dazu zwei Anmerkungen:
1. Können Sie mir irgendeine konkrete Politik nennen, die von Skeptikern unisono als zwangsläufige Konsequenz der skeptischen Interpretation der Klimawissenschaft ergibt?
Meine Antwort: es gibt auf der skeptischen Seite keine Konsens-Orthodoxie wie bei den Alarmisten, und zwar weder hinsichtlich der Problemstellung (Interpretation der Wissenschaft) noch der sich daraus ergebenden politischen Lösungen. Deswegen ist Ihre schlichte Gleichsetzung der beiden Lager - so sehr Sie diese Idee auch lieben mögen - meines Erachtens völlig unangemessen.
2. Was stört Sie an der Obsession von Alarmisten und Skeptikern für die physische Seite des Problemkomplexes? Dort hat das Problem nun mal seinen Ursprung, und es ist ein Gebot diskursiver Effizienz, sich erst einmal darauf zu einigen, ob das Problem überhaupt in dieser Form existiert und in welchem Umfang, ehe man sich Gedanken über Lösungen macht.
Herr Kuhn,
Ich teile die Obsession von Alarmisten und Skeptikern für die physische Seite des Problemkomplexes überhaupt nicht. Beide befinden sich hier auf einen Irrweg. Das hat Hans von Storch schon gut dargestellt.
Die politischen Forderungen nach Klimaschutz entstehen ja nicht wegen der Physik der Atmosphäre, sondern wegen den Prognosen übers Klima. Wobei, eigentlich sind es ja nur Projektionen.
Quencher:
"Die politischen Forderungen nach Klimaschutz entstehen ja nicht wegen der Physik der Atmosphäre, sondern wegen den Prognosen übers Klima."
Und diese Prognosen sind Ergebnis der Physik der Atmosphäre. Keine Prognosen ohne Physik. Alarmisten behaupte, diese sei gut genug verstanden, die meisten Skeptiker bezweifeln das.
Nicht alle: Lomborgianer zum Beispiel kümmern sich nicht lange um Physik, von der sie eh nichts verstehen, sondern akzeptieren die Mainstream-Prognosen und bemühen ökonomische-technische Argumente gegen die herrschenden Mitigation-Dogmen und -praktiken. Aber damit ist mal der Alarmistenseite argumentativ halt schon ein ganzes Stück entgegen gekommen. Muss man nicht, wenn man gute 'physikalische' Einwände vorbringen kann.
"Meine Antwort: es gibt auf der skeptischen Seite keine Konsens-Orthodoxie wie bei den Alarmisten, und zwar weder hinsichtlich der Problemstellung (Interpretation der Wissenschaft) noch der sich daraus ergebenden politischen Lösungen."
Sehr geehrter Herr Kuhn, soweit ich das verstanden habe, beruft sich die skeptische Seite nicht auf einen Konsens (wie sollte das auch gehen?). Sie berufen sich darauf zu wissen(!), dass a) der Mensch keinen Einfluss auf das Klima hat oder b) man noch nicht wisse, ob der Mensch Einfluss nimmt. Für diejenigen, die a) vertreten, ist die Sache klar, die Wissenschaft sagt eindeutig, dass Klimapolitik völlig unsinnig ist. Nun könnte man denken, dass diejenigen, die b) vertreten, zumindest die Schlussfolgerung ziehen, dass jetzt die Politik an der Reihe ist und diese entscheiden müsse, was zu tun ist. Aber auch das passiert nicht. Diejenigen selbsternannten Skeptiker, die die wissenschaftliche Frage für offen halten, behaupten sogar, man dürfe wegen all der wissenschaftlichen Unsicherheiten keine politische Entscheidung treffen (siehe Beispiel Gero Hocker (FDP) Niedersächsischer Landtag). Man reibt sich verwundert die Augen über diese Schlussfolgerungen, aber wird tatsächlich von den Leuten ernst gemeint.
"2. Was stört Sie an der Obsession von Alarmisten und Skeptikern für die physische Seite des Problemkomplexes?"
Ich vermute mal, dass das Hans von Storch überhaupt nicht stört. Schließlich sind Wissenschaftler selbst von der "Obsession" befallen, zu konkreten Sachverhalten die Wahrheit herauszufinden. Es geht eher darum, dass man aus wissenschaftlichen Gesichtspunkten keine objektiv richtige Politik konstruieren kann, sondern es immer noch um den Ausgleich gesellschaftlicher Interessen und Gruppen geht.
"Dort hat das Problem nun mal seinen Ursprung, und es ist ein Gebot diskursiver Effizienz, sich erst einmal darauf zu einigen, ob das Problem überhaupt in dieser Form existiert und in welchem Umfang, ehe man sich Gedanken über Lösungen macht."
Wie soll diese Art von Einigung überhaupt aussehen? Wer entscheidet darüber, dass man sich auf wissenschaftlicher Seite geeinigt hat? Und was ist, wenn ein Wissenschaftler überhaupt nicht mit dieser Einigung einverstanden ist, gilt diese dann für aufgehoben?
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Wissenschaft und Politik ist, dass in der Wissenschaft gar keine Notwendigkeit besteht, Entscheidungen und Einigungen zu treffen. Wissenschaft kann sogar dann noch betrieben werden, wenn es zu einem Sachverhalt zehn sich widersprechende Hypothesen gibt.
Herr Hader,
wie üblich gut zerredet.
Schönen Tag noch ...
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