Dass ich zu diesem subjektiven Urteil komme, hat auch etwas mit meiner Erwartungshaltung zu tun. Ich verstehe mich als ein Wissensanbieter – wobei ein guter Journalist immer mit mehreren Wissensanbieter arbeitet, und sich so seine eigene „Story“ bildet. Journalisten sind in meiner Vorstellung nicht Sekretäre, die protokollieren, was kluge Männer und Frauen als richtig für die Lösung gesellschaftlicher Probleme und strittiger wissenschaftliche Fragen halten. Für mich haben Journalisten vielmehr die Aufgabe zu beschreiben, welche wichtigen Wissensansprüche bestehen, und wie diese in gesellschaftliche Wertesysteme passen, und wie sie gesellschaftlich verhandelt werden. Für mich gehört eigentlich auch dazu, dass öffentlich sichtbare Akteure (hier also Wissenschaftler) als interessengeleitet verstanden werden, dass es jenseits einer altruistischen Motivation für das „Gute“ auch andere Motive geben kann. Diese Art von Journalistik ist ja inzwischen normal sofern es Politiker, Kirchenmänner und -Frauen, Sportler, Gewerkschafter und Industriekapitäne betrifft. Merkwürdigerweise sind Wissenschaftler im allgemeinen, also auch Klimawissenschaftlern, noch nicht Gegenstand einer derartigen investigativen Nachfrage.
Ein Kontakt zwischen mir und einer Journalistin kann grundsätzlich auf zwei Weisen erfolgen – einmal durch Nutzung meiner Webseite bzw. Archive wie academia.edu; dies bemerke ich in der Regel nicht – oder durch direkte Ansprache. Grundsätzlich spreche ich mit allen Journalisten - auch von Zeitungen, die ich für weniger seriös halte und die ich selbst nicht lesen möchte Ich habe aber immer eine Bedingung, nämlich dass wörtliche Zitate von mir autorisiert werden. Ich verlange nicht den gesamten Artikel zu lesen; ich habe keine Einwände wenn negative Aussagen über mich gemacht werden; auch indirekte Rede von mir ist Sache der Journalisten, denn es kann ja gut sein das dieser Mensch mich tatsächlich so verstanden hat, obwohl ich es so nicht gemeint habe. Auf dieses Verlangen gehen Journalisten fast immer ein, und ich habe auch keinen Fall erlebt, indem ich mit massiv unzutreffenden Zitaten konfrontiert wurde. Was aber durchaus öfters geschieht, ist, dass Journalisten mich falsch verstanden haben – in der Regel weil ich ungenau und missverständlich formuliert habe. Tatsächlich ist mein Verlangen nach Autorisierung von wörtlichen Zitaten nicht Ausdruck meines Misstrauens gegenüber den Interviewern, sondern Ausdruck eines Misstrauens gegenüber meiner Fähigkeit, mich für Dritte verständlich darzustellen.
Ich habe es auch kaum erlebt das Aussagen von mir aus dem Kontext gerissen wurden und so missverständlich wurden. Eine bemerkenswerte Ausnahme gab es von einer traditionsreichen Fernsehanstalt in Großbritannien, der gemeinhin Qualitätsjournalismus unterstellt wird. Der Fall war aber der Sache nach nicht gravierend aber doch bemerkenswert. Überwiegend unerfreulich ist auch der Kontakt mit einigen kommerziellen Fernsehsendern, bei denen man den Eindruck hat, dass unerfahrene Interviewer mit dem Auftrag losgeschickt werden, bestimmte Antworten auf vorgegebene Fragen zu erhalten. Wenn das nicht gelingt, wird gegebenenfalls mehrfach nachgefragt in der Hoffnung, dass man schlussendlich doch das Erwartete sagt. Gelingt dies nicht, dann gibt es auch schon mal keine Sendung. Inzwischen habe ich aus diesem Sektor aber keine Nachfragen mehr.
Journalisten sind also für mich keine „bösen Buben“, sondern eine Berufsgruppe mit einer gezielten gesellschaftlichen Aufgabe. Unter ihnen gibt es natürlich schwarze Schafe aber mir scheint es nicht mehr schwarze Schafe zu sein als in andren Berufsgruppen. Vielmehr haben sie als „vierte Gewalt“ eine besondere gesellschaftliche Rolle – nicht des Erziehen, des Verkünden von „Wahrheiten“, sondern eine Widerspiegelung der gesellschaftlich relevanten Meinungen, die Information über Möglichkeiten und Optionen, die Einordnung in gesellschaftliche Werte und Präferenzen, umso die politischen Willensbildungsprozesse zu befördern. Wenn wir das D in CUDOS, das Disinterestedness, ernst meinen, dann müssen wir eine unbotmäßige Journaille willkommen heißen. Die D-Norm legt uns auf, dass wir nicht Herren sind über die Nutzung und Kontextualisierung unserer wissenschaftlichen Erkenntnisgewinne, sondern den politischen Willensbildungsprozess unterstützen durch Wissen über Dynamik, Möglichkeiten, Nebenbedingungen und Perspektiven.
Was ich hier gesagt habe bezieht sich auf Journalistinnen und Journalisten. Natürlich gibt es auch Lobbyisten, die Aussagen von mir auswählen, um sie eventuell auch durch Veränderung und geeignete Kontextualisierung als Argument im ewigen Skeptiker-Alarmisten Kampf zu nutzen; dies geschieht aber relativ selten und es meistens so durchsichtig, dass sie Manipulation praktisch unwirksam ist.
23 comments:
Ein Gegenbeispiel aus den letzten Tagen:
Dies ist die Presseerklärung (inklusive einer Passage, die Fehlinterpretation vorbeugen soll):
http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/pressemitteilungen/detail/item/how_variable_are_ocean_temperatures/?cHash=caac7db5354ecceaa835c02dab3bcd0b
Dann gibt es den Journalisten Ulli Kulke von der WELT, der in seinem Blog auf dem WELT-Portal darüber berichtet. Und dann gibt es den Autor, der persönlich dort erscheint, um sich gegen die Fehlinterpretation zu wehren, der er eigentlich vorbeugen wollte:
http://donnerunddoria.welt.de/2014/11/28/klimamodelle-weit-daneben-ist-auch-daneben/#more-1563
Holgate war auch nicht amused über eine Passage in einem SPIEGEL-Artikel Bojanowskis, über den wir hier auch mal diskutiert hatten (siehe Richtigstellung am Ende):
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/uno-report-klimarat-feilscht-um-daten-zum-meeresspiegel-anstieg-a-774312.html
Andreas
Andreas, ich habe ausdrücklich über meine Erfahrungen berichtet, und nicht sagen wollen, dass andere keine schlechten Erfahrungen gemacht haben.
Wenn ich mir die AWI-Pressemitteilung ansehe, dann lädt sie schon ziemlich zu Mißverständnissen und Spekulationen ein:
"„Theoretisch gibt es nun zwei denkbare Erklärungen“, so Thomas Laepple. „Entweder liefern die Klimaarchive keine verlässlichen Temperaturdaten, oder die Klimamodelle unterschätzen die Variabilität des Klimas. Vielleicht stimmt auch beides ein bisschen.“ Da das Ergebnis auf mehreren unabhängigen Klimaarchiven und Korrekturmethoden beruht, glaubt Laepple, dass das Problem eher bei den Modellen liegt. "
Die PM ist zudem ziemlich ungenau, etwas was die Begriffe "Testläufe" und "natürliche Schwankungen" angeht - es werden ja nicht die MODELLE verglichen mit den PROXIES, sondern aus Proxies abgeleitete Zahlen (nach vermutlich emprisch auf kurzen Zeitreihen beruhenden Algorithmen) und mit dem Output von Modellrechnugnen unter gewissen Antrieben (welche?). Da können die Modelle ein Problem haben, aber vielleicht auch die Antriebe, aber eben auch die Proxies oder die Algorithmen, die aus Proxies temerpaturen ableiten.
@ HvS (#2)
Schon klar. Ich hatte den Beitrag als Fortsetzung des letzten Threads verstanden.
Ich fand noch etwas an der Presseerklärung des AWI interessant. Läpple weist bei Kulke darauf hin, dass ihn seine Ergebnisse eher beunruhigen:
"Daher sind unsere Ergebnisse eher beunruhigend. Wenn die Proxydaten recht haben, dann gibt es zusätzlich zu der zukünftigen Erwärmung Schwankungen, die zeitweise die Erwaermung abschwaechen oder verstaerken koennen und so die Vorhersagbarkeit schwächen und die Bandbreite der zu erwarteten Temperaturen
noch vergrössern."
Diese warnende Einschätzung fehlt in der Presseerklärung.
Die Frage ist, warum haben Sie gute Erfahrungen mit Journalisten und andere auch schon schlechte?
Vielleicht, weil es nur wenige schwarze Schafe unter den Journalisten gibt und Sie mit anderen zu tun hatten. Vielleicht braucht es auch ein paper, dessen Ergebnisse quasi eine Einladung zur Verzerrung darstellen.
"Die D-Norm legt uns auf, dass wir nicht Herren sind über die Nutzung und Kontextualisierung unserer wissenschaftlichen Erkenntnisgewinne, sondern den politischen Willensbildungsprozess unterstützen durch Wissen über Dynamik, Möglichkeiten, Nebenbedingungen und Perspektiven."
Ich denke, der Willensbildungsprozess wird am besten unterstützt, wenn wissenschaftliche Ergebnisse möglichst objektiv und korrekt dargestellt werden. Ich würde sogar so weit gehen, dass aus der D-Norm geradezu eine Verpflichtung wird, gegen fehlerhafte und verzerrende Mediendarstellungen öffentlich Einspruch zu erheben.
Andreas
Andreas, wenn ich den Text von Kulke lese, sehe ich zwei Teilen. Im ersten Teil wird die Presseerklärung von AWI zusammengefasst und verlinkt. Dem Leser, der mehr wissen möchte, wird die Möglichkeit angeboten, sich ausführlich und direkt an der Quelle zu informieren. Im zweiten Teil folgt eine Interpretation vom Journalisten. M.E ist diese Interpretation verzerrend. Das gehört aber zur Pressefreiheit. Man ist nicht gezwungen 'die Welt' zu lesen. Dieser Fall zeigt auch, wie schwierig ist es manchmal eine gute PE zu schreiben, die keinen Raum zu Fehlinterpretationen offen lässt. Man kann bei uns nicht erwarten, dass Journalisten einfach abschreiben, was Wissenschaftler oder Politiker vor sich hin sagen. Dafür muss man auch mit 'der Welt' leben
Andreas, ich bin auch schon von Uli Kulke interviewt worden, und ich habe mich nicht unfair behandelt oder zitiert gefunden. Ich denke, es geht schon darum, dass man sich selbst zuhört bzw. man sich selbst liest unter der Prämisse, man habe eine andere Vorstelllung von der Sache - dann merkt man oft schnell, dass da eine Tür zum Mißverstäändnis, oder auch nur: zur andren Interpretation geöffnet wird. Machen Sie doch mal einen Selbstversuch - stellen Sie sich vor, Sie wären Skeptiker und dann lesen Sie die PM noch mal und versuchen, Unterstützung für Ihre (angenommene) Position zu finden.
Ich denke, aus der AWI PM hätte man noch ganz andere Sachen machen können.
Mir scheint, hier wurde ein interessanter aber problematischer Ansatz vorschnell als neue Wahrheit dargestellt (ähnlich dem Hockeystick).
@Hans
Zwischen
"Für mich gehört eigentlich auch dazu, dass öffentlich sichtbare Akteure (hier also Wissenschaftler) als interessengeleitet verstanden werden, dass es jenseits einer altruistischen Motivation für das „Gute“ auch andere Motive geben kann. "
und
"Wenn wir das D in CUDOS, das Disinterestedness, ernst meinen, dann müssen wir eine unbotmäßige Journaille willkommen heißen.'
Zugespitzt koennte man sagen, dass derjenige Wissenschaftler, der am ehesten dem D in CUDOS folgt, am gleichmuetigsten ackzeptieren sollte, dass er als Interessierter mit Motiven all ueber all dargestellt wird.
Ist das nun Selbstverleugnung oder schon Dialektik?
@ HvSt
„Meine Erfahrungen sind positiv"
Versöhnliche Worte zum Advent und in der Tat, Sie haben sich mit Standfestigkeit und Redlichkeit allseits Respekt erworben, hüben und drüben in der meist unerbittlich geführten Klimadebatte. Sie sind beliebt als Interviewpartner und Ihre Meinung gilt selbst da etwas, wo sie möglicherweise auf Missbilligung stößt.
Die Frage sei gestattet, wie es anderen ergangen ist, die sich die Widerrede gegen übereilte Schlussfolgerungen und den "Konsens" erlaubten ... Augusto Mangini, Nils-Axel Mörner, Anders Moberg, Richard Lindzen, Lennart Bengtsson, Chris Landsea, Stephen McIntyre, Judy Curry, um nur ein paar zu nennen. Würden sie alle ihre Erfahrungen mit den mehrheitlich auf strammem CAGW-Kurs ausgerichteten Medien als „positiv" bezeichnen?
V. Lenzer
ich finde die Medien in ihrer Gesamtheit auch okay... man hat eben alles. Sie sind ja nun mal kein wiss. Peer-Review-Journal oder so.
Ich möchte hier mal eine Folie von V.Lenzers Gott Richard Lindzen diskutieren woll. V.Lenzer behauptet ja, dass Richard Lindzen ganz böse unterdrückt wird. Nun ja, jeder lebt in seiner Welt.
Die Folie:
http://www.realclimate.org/images/lindzen_slide12_new.jpg
ich möchte einfach mal die Meinung, ohne Spoiler, darüber, was diese Folien aussagen soll. Eurer Meinung nach. Die Folie wurde im Rahmen einer GPWF-gesponserten Veranstaltung vor brit. Politikern gezeigt.
Was denken sie, was diese Folie vom herausragenden Forscher Lindzen, der nicht stramm der TSDGSG-Ideologie (Abkürzungen sind eh Duckspeak)folgt, aussagt?
Einfach so als Test. Nur die Folie angucken. Lust?
Ich hoffe, es ist nicht zu sehr offtopic.
Waldorf & Statler
W & S,
Ich hab mir die Folie angesehen. Ich verstehe wie wahrscheinlich auch sonst niemand, was Sie damit wollen. Vielleicht sollten Sie uns diesen kontextbefreiten Blödsinn ersparen.
@K+K
Natürlich hat es einen Kontext: den Post von V.Lenzer, dass angeblich irgendwelche ganz tollen Leute unterdrückt werden.
Die Frage ist, was sagt ihnen die Folie, wenn sie in einem Vortrag sehen würden? Einen weiteren Rahmen hatte die Folie nicht. Es war ein Beispiel für die Argumentation des Helden Lindzen.
Auch der Kontext des Vortrages ist klar: Lindzen klärt Politiker über Klimaforschung auf. Was sagt er hier? Wollen sie noch ein Video? Gibt's auf youtube. Dann wissen sie auch, wie er es sagt.
wenn sie die Folie sehen, was denken sie, was sie bedeutet? Was denken, sie was ein Journalist darüber denkt? Und das ist der Bezug zum Post: auch Journalisten haben es nicht leicht.
Waldorf & Statler
Es hat gewissermaßen mit dem Thema hier zu tun, deshalb eine Leseempfehlung von mir dazu. Gabor Paal, Journalist beim SWR und von mir auch schon mal ordentlich kritisiert, hat einen Beitrag für “Meta” geschrieben, den ich nach ersten kurzem überfliegen interessant finde. Werde mich später damit genauer beschäftigen, deshalb hier, ohne Wertung, nur der Lesetipp:
http://meta-magazin.org/2014/11/22/wo-niklas-luhmann-sich-verrannt-hat-2/
Zur Einstimmung, auf seinem Blog kündigt Paal seinen Meta-Beitrag so an:
„Zwischen Wissenschaft und Medien sind gewisse Konvergenzen zu beobachten. Diese widersprechen der Theorie Luhmanns, der zufolge Wissenschaft und Journalismus unterschiedlichen “Codes” folgen: Nämlich “Wahrheit” (im Fall der Wissenschaft) und “Neuheit/Information” im Fall der Medien.“
@ W&S
Tja, die Folie sagt, dass die Veränderungen in den Daten von GISS für einen erfundenen Trend von +0,14°C/dec verantwortlich sind. Ziehen wir dies vom gesamten Trend ab, bleibt praktisch keine Erwärmung mehr übrig.
Aber wirklich etwas off topic, in unseren Leitmedien hätte so etwas keine Chance. Das taugt höchstens als Futter für gewisse Blogs.
PS: Ich finde es etwas plump, das ist eigentlich nicht Lindzens Niveau.
Andreas
QQ/12 - Sehr guter Hinweis auf den Gábor Paál-Beitrag, sehr gut beobachtet, sauber analysiert!
(auch Gábor Paál hat zu meinen positiven Erfahrungen mit den medien beigetragen, mit einem gemeinsamen Interview von Axel Bojanowski, Harry Lehmann (UBA) und mir - siehe http://www.hvonstorch.de/klima/Media/interviews/swr2-forum-20130924-macht-der-klimawandel-pause.6444m.mp3)
Ich glaube, eine Voraussetzung, um ein auskömmliches Verhältnis mit Journalisten (das ist ja eine sehr heterogene Gruppe) zu haben, ist ein nachhaltiger Umgang mit Medienkontakten - das ist natürlich eine triviale Aussage: alles, was wir über längere Zeit machen wollen, müssen wir "nachhaltig" tun, sonst geht's irgendwann nicht mehr, weil das nötige Kapital verbraucht ist. Konsistenz und Klarheit der Aussagen sind dazu nötig, sicher. Wesentlich ist aber auch, die Logik der Medien soweit möglich zu verstehen und als real anzuerkennen. Der Artikel von Gábor Paál hilft dabei!
@ Quencher:
Danke! Sehr schön!
Inbesondere gefällt mir, dass Paal die wirtschaftlichen (und damit existenziellen) Zwänge und Anreize offenlegt, denen Wissenschaft wie Journalismus zunehmend unterliegen, und die den Codes of Conduct leider zuwiderlaufen. Sowohl Wissenschafter als auch Journalisten sind einem zunehmenden Wettbewerb ausgesetzt. Ein wesentlicher Unterschied ist in diesem Zusammenhang, dass Wissenschaft im wesentlichen staatlich finanziet ist und einem staatlich
organisierten, künstlichen Wettbewerb unterliegt (hierzu ist das Buch von Binswanger, 'Sinnlose Wettbewerbe: Warum wir immer mehr Unsinn produzieren' sehr lesenswert). Journalisten hingegen sind immer mehr gezwungen, Geschichten für einen privaten Nachrichtenmarkt zu liefern, die jemand deshalb lesen und dafür bezahlen will, weil seine Weltsicht damit bestätigt wird.
Luhman argumentiert noch aus der komfortablen Position des Ordinarius alter Schule, der sich wahrscheinlich selten um die Einwerbung von Drittmitteln Gedanken machen musste und von derartigen Zwängen weitgehend befreit war. Er beschreibt eher Normen, Paal hingegen das, was sich an Verhaltenweisen im Zusammenspiel aus Normen, Zwängen und Anreizen tatsächlich ergibt.
"Ein wesentlicher Unterschied ist in diesem Zusammenhang, dass Wissenschaft im wesentlichen staatlich finanziet ist und einem staatlich
organisierten, künstlichen Wettbewerb unterliegt (hierzu ist das Buch von Binswanger, 'Sinnlose Wettbewerbe: Warum wir immer mehr Unsinn produzieren' sehr lesenswert)."
Sehr geehrter Karl Kuhn, ich will jetzt nicht unbedingt das Haar aus der Suppe fischen, aber eine Anmerkung möchte ich zu dem Absatz schon machen. Forschung allgemein wird in Ländern wie Deutschland und vielen Industriestaaten mehrheitlich von der Wirtschaft beauftragt und finanziert. Der Anteil wird immer gerne unterschätzt oder gar unterschlagen, weil man immer das Bild vom Wissenschaftler vor Augen hat, der an der staatlichen Uni oder Institut sitzt. Die deutsche Wirtschaft hat beispielsweise über 50 Mrd. Euro im Jahr 2011 nur allein für den eigenen F&E-Bereich ausgegeben und nochmal über 10 Mrd. Euro an staatliche Einrichtungen.
Es ist dann klar, dass in dem Fall auch die Wirtschaft festlegt, welche Musik auf den eigenen Forschungsaktivitäten gespielt wird. Letztlich unterliegen sie aber selbst dem Wettbewerb. Wissenschaftler, die in dem Bereich arbeiten, haben schon einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Belange der Unternehmen. Es ist aber auch klar, dass in einzelnen Fachgebieten eine sehr unterschiedliche Zusammensetzung aus staatlicher und industrieller Forschung existiert und das im Bereich Klimaforschung (vermutlich) der Staat der größte Geldgeber ist.
"Gewisse Konvergenzen" ist gut.
Beim Thema Klima gilt doch (für Journalisten): schreib nicht gegen den Mainstream an und heul lieber mit der Meute, wenn du deinen Job liebst oder ihn wenigstens behalten möchtest.
Umgekehrt gilt für deutlich kritische und skeptische Wissenschaftler: meide die Medien oder lass dich öffentlich wahlweise als "Klimalügner, "Öllobbyist" oder "Flat-earther" vorführen.
Die Beobachter einer "gewissen Konvergenz", zumal unter weltanschaulich übereinstimmenden Vertretern der beiden Berufsgruppen, können sich zur Erklärung des Phänomens durchaus auf Zahlen und wissenschaftliche Arbeiten stützen ...
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/medien-und-wissenschaft-umfrage-unter-journalisten-zur-klimaforschung-a-920873.html
http://www.ipmz.uzh.ch/News/NewsInstitut/klimawandeldenken.html
http://de.ejo-online.eu/11961/ressortjournalismus/klimajournalisten-als-deutungsgemeinschaft
http://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-94217-9_5
http://www.wpk.org/quarterly/einzelartikel/ideologie-und-klimawandel-oder-wie-man-journalisten-mundtot-macht.html
V. Lenzer
"Beim Thema Klima gilt doch (für Journalisten): schreib nicht gegen den Mainstream an und heul lieber mit der Meute, wenn du deinen Job liebst oder ihn wenigstens behalten möchtest."
In einem stark umkämpften Markt ist es eigentlich eine schlechte Idee, genau das zu schreiben, was zehn andere schon zuvor geschrieben haben. Denn warum sollte der Kunde an dieser sich wiederholenden Meldung interessiert sein?
@ Hader:
Wir reden hier nicht über Entwicklungsingenieure in Unternehmen, die dem Luhmann'schen Code kaum noch unterworfen sind, sondern über Wissenschaftler in staatlichen Einrichtungen, die v.a. Grundlagenforschung betreiben. Und da liegt der staatliche Finanzierungsanteil nach wie vor bei fast 85%.
http://www.bmbf.de/_img/images/Abb_6_BAFE.jpg
"Wir reden hier nicht über Entwicklungsingenieure in Unternehmen, die dem Luhmann'schen Code kaum noch unterworfen sind, sondern über Wissenschaftler in staatlichen Einrichtungen, die va Grundlagenforschung betreiben."
Sehr geehrter Herr Kuhn, genau da liegt oft das Missverständnis, dass man sich unter Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft oft nur den Entwicklungsingenieur in der Industrie vorstellt, der an neuen Produktserien arbeitet. In der Industrie und Wirtschaft allgemein wird genauso Grundlagenforschung betrieben. Wie ich aber schon schrieb, ist das zwischen den Fachbereichen sehr unterschiedlich aufgeteilt.
"Und da liegt der staatliche Finanzierungsanteil nach wie vor bei fast 85%."
Wo lesen Sie das aus dem Diagramm heraus? Meinen Sie die 84% staatliche Finanzierung von staatlichen Forschungsorgansationen? Wenn Sie schon explizit Grundlagenforschung ansprechen, so wird diese nicht zu 100% in den staatlichen Instituten betrieben. Nehmen Sie nur die Fraunhofer Gesellschaft, die sehr anwendungsnah entwickelt. Umgekehrt gibt es eine Masse an industrieller Pharmazieforschung, die sehr grundlagenlastig ist. Die Wissenschaftswelt der heutigen Zeit ist wesentlich bunter und heterogener als man es in Idealvorstellungen wahrhaben möchte.
Hier geht es zu einer aktuellen Studie von britischen Forschern über die Spiegel online berichtet.
Die rPressestelle der Unis ist oft das Problem:
"Oft gelten Journalisten als die eigentlichen Übeltäter, die auf der Suche nach einer guten Schlagzeile mitunter übertreiben. Doch eine Studie aus dem "Britisch Medical Journal" zeigt nun, dass ein Teil der Verantwortung für unseriöse Medizin-Berichterstattung woanders liegt. Das Hauptproblem seien Pressemitteilungen der Universitäten und Institute, in denen übertrieben werde oder wichtige Hinweise und Einschränkungen fehlten, schreiben Petroc Sumner und Chris Chambers von der Cardiff University.
Sie haben 462 Pressemitteilungen von 20 britischen Universitäten und insgesamt 668 Medienberichte darüber aus dem Jahr 2011 ausgewertet. Dabei stellten sie fest, dass viele PR-Texte kaum als seriös durchgehen können:
40 Prozent der Pressemitteilungen enthielt übertriebene Ratschläge für Patienten,
bei 33 Prozent wurden kausale Zusammenhänge dargestellt, die es so nicht gab,
36 Prozent der PR-Texte enthielt unzulässige Bezüge von Tierstudien zum Menschen.
Der Vergleich der Medienberichte mit den 462 Pressemitteilungen ergab einen eindeutigen Zusammenhang: Wenn der PR-Text übertrieb, geschah dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch im journalistischen Text. Eine ausgewogene Darstellung in der Pressemitteilung führte hingegen nur in wenigen Fällen zu Übertreibungen in Medienberichten."
In Klimaumfeld gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem eigentlichenm Wissenschaftjournalimus, Berichterstattung zur Klimapolitik und dem Boulevard, etwa den Talkshowformaten, wo sich etwa Mojib Latif tummelt. Jemand wie Rahmstorf hat sich nun nicht nur anderen Forschern (Nir Shaviv) oder politischen Journalisten unter Androhung juristischer Mittel angelegt sondern auch (Fall Irene Meichsner, Markus Lehmkuhl) mit renommierten Wissenschaftsjournalisten und dem Berufsverband, der WPK, bei der auch Axel Bojanowski tätig ist. Da hat sich das PIK keine Freunde gemacht, der Artikel zu Lehmkuhl wurde bei der deWP von interessierter Seite gelöscht. Sprich man wundert sich eigentlich, wieso die Orthodoxie zum Klimawandel nicht noch viel kritischer behandelt wird als das ohnehin der Fall ist. Ein mnöglicher Hintergrund siehe die WPK-Quarterly (II/2013) - Wissenschaft ist mittlerweile eher ein wichtiger Arbeitgeber und Finanzier für Wissenschaftsjournalisten als ein kritisch zu betrachtender Gegenpart. Wobei es nach der Taz dabei auch um (http://www.taz.de/!128406/) Werbung für potentielle Studierende geht. Fazit: Ich vermute, daß die positvien Erfahrungen von HvS acubn mit seiner Person zu tun haben - er macht es imho Gesprächspartnern nicht zu einfach, aber er erscheint verläßlich in der Person und unkonvenientionell im Denken. Aber grundsätzlich gesehen, haben es Wissenschaftler leichter mit den Medien als etwa Politiker. Gruß Serten
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