Monday, November 10, 2014

Senja Post: Manche Befunde kommen nicht so leicht zur Sprache

Menschen benötigen ungehinderten Zugang zu Informationen, um sich begründete Meinungen bilden zu können. Dies setzt auch voraus, dass Experten ihr Wissen ergebnisoffen weitergeben. Eine Repräsentativbefragung deutet darauf hin, dass das bei den deutschen Klimaforschern nur begrenzt der Fall ist. Bemerkenswert viele Klimaforscher haben Bedenken, ein Forschungsergebnis an die Medien zu geben, abhängig davon ob es auf ein schnelles oder langsames Fortschreiten des Klimawandels schließen lässt. Ihre Bedenken sind schwächer, wenn ein Ergebnis auf ein schnelles Fortschreiten hindeutet, sie sind stärker, wenn ein Ergebnis auf ein langsames Fortschreiten hindeutet. Kontaktiert wurden für diese Befragung alle Professoren aus naturwissenschaftlichen Disziplinen, die das Klima erforschen und deren Forschungen von anderen Klimaforschern zur Kenntnis genommen werden. Dies schließt Weltraumphysiker ein, die die Auswirkungen kosmischer Partikel auf atmosphärische Prozesse untersuchen. Es schließt jedoch Ökonomen aus, die sich mit den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels beschäftigen. Die Klimaforscher wurden in umfangreichen Vorstudien identifiziert. Im Winter 2010 nahmen 123 von 292 mehrstufig ermittelten Klimaforschern (42 %) an der Befragung teil.


Generell ist die Mehrheit der Klimaforscher der Ansicht, dass sie Wissenslücken, Streitpunkte und Ungewissheiten der Forschung in der Öffentlichkeit transparent machen sollten. So meinen die meisten (72 %), dass sie „die Öffentlichkeit deutlicher darauf hinweisen [sollten], dass noch viele Fragen zum Klimawandel ungeklärt sind.“ Dagegen meint nur eine Minderheit (17 %), dass „die Klimaforscher wissenschaftliche Kontroversen nicht in die Öffentlichkeit tragen [sollten].“ Die meisten (60 %) lehnen das ab. Und fast keiner (3 %) äußert, dass „ein Klimaforscher nicht über Befunde reden [sollte], die nicht im Weltklimabericht stehen.“ Dieser Forderung widersprechen die weitaus meisten Klimaforscher (91 %).

Die allgemeine Überzeugung der Klimaforscher, dass Ungewissheiten und Widersprüche in der Öffentlichkeit transparent zu machen sind, stehen bei vielen im Widerspruch zu ihren konkreten Überlegungen zum Umgang mit Forschungsbefunden in der Öffentlichkeit. Das verdeutlichen ihre Reaktionen auf ein Experiment, das Teil der Befragung war. Den Klimaforschern wurde eine Frage vorgelegt, die in zwei verschiedenen Versionen jeweils an die Hälfte der Befragten ging und einen hypothetischen Forschungsbefund beschrieb. In der einen Version legte der Befund nahe, dass der Klimawandel schneller, in der anderen Version, dass er langsamer als vermutet voranschreitet. Die zwei Versionen des hypothetischen Befundes lauteten: „Ein Geologe nimmt verschiedene Messungen vor, um den Einfluss des Bodens der Nordhalbkugel auf das Klima zu erforschen. Seine Messwerte zeigen: Die Kapazität von Böden als CO2-Senken wurde erheblich überschätzt / unterschätzt. Er folgert, dass der Klimawandel schneller / langsamer voranschreiten könnte als bislang angenommen.“ Die Klimaforscher sollten überlegen, inwieweit der jeweilige Befund in einer Tageszeitung veröffentlicht werden sollte. Sie wurden gefragt: „Angenommen, die Studie des Geologen ist in einer Fachzeitschrift erschienen. Nun will er sein Ergebnis und die Folgerung, dass der Klimawandel schneller / langsamer als erwartet voranschreiten könnte, in einer Tageszeitung veröffentlichen. Dagegen kann man verschiedene Einwände machen. Wie schwerwiegend oder nebensächlich sind nach Ihrer Ansicht die folgenden Einwände?“ Vorgegeben wurden fünf Einwände. Auf einer fünfstufigen Skala sollte eingeschätzt werden, wie „nebensächlich“ oder „schwerwiegend“ die einzelnen Einwände sind.

Der Anteil der Klimaforscher, der die aufgeführten Argumente für relativ „schwerwiegend“ hielten, war höher, wenn in der Beschreibung des Befundes von einem langsameren, als wenn von einem schnelleren Klimawandel die Rede war. Von denjenigen, die mit einem Befund für einen langsameren Klimawandel konfrontiert waren, hielt fast die Hälfte (44 %) den Einwand für „schwerwiegend“, dass der Befund „in der Öffentlichkeit falsch interpretiert werden könnte.“ Ein Drittel (34 %) hielt den Einwand für relativ „nebensächlich“. In diesem Fall hat die relative Mehrheit mehr oder weniger schwerwiegende Bedenken gegen eine Veröffentlichung. Von denjenigen, die mit einem Befund für einen schnelleren Klimawandel konfrontiert waren, hielt nur ein Viertel (26 %) den Einwand für „schwerwiegend“, der Befund könnte falsch interpretiert werden. Knapp die Hälfte (46 %) hielt ihn für „nebensächlich“. In diesem Fall hat die relative Mehrheit demnach allenfalls geringe Bedenken gegen eine Veröffentlichung.

Bemerkenswerte Unterschiede zeigten sich auch bei den Befürchtungen vor einer Instrumentalisierung des Befundes durch Dritte. Wenn der Befund auf einen langsameren Klimawandel deutete, hielt rund ein Drittel (32 %) den Einwand für „schwerwiegend“, dass das Ergebnis „von Interessengruppen instrumentalisiert werden könnte“. Gut die Hälfte (53 %) betrachtete diesen Einwand als „nebensächlich“. Im Vergleich hierzu haben diejenigen, die aufgrund des Befundes von einem schnelleren Klimawandel ausgehen mussten, deutlich geringere Bedenken gegen eine Veröffentlichung: Von ihnen befürchteten nur 14 Prozent, dass das „Ergebnis von Interessengruppen instrumentalisiert werden könnte“. Fast zwei Drittel (64 %) hielten diesen Einwand für „nebensächlich“.

Bei den übrigen Einwänden sind die Unterschiede geringer, aber sie weisen alle in dieselbe Richtung (vgl. Abbildung). Die Einwände, dass eine Veröffentlichung unnötig Kollegenkritik provoziert, zu viel Unsicherheit in die öffentliche Debatte bringt und die Glaubwürdigkeit der Klimaforschung aufs Spielt setzt, hielten jeweils mehr Klimaforscher für schwerwiegend, wenn der Befund auf einen langsameren, als wenn er auf einen schnelleren Klimawandel hindeutete.

Die Bedenken der Klimaforscher dürften sich unter anderem aus ihren Beobachtungen der zurückliegenden öffentlichen Klimadebatte ergeben. Ihre Befürchtungen, dass Ergebnisse instrumentalisiert oder falsch interpretiert werden, deuten darauf hin, dass sie schlechte Erfahrungen mit der öffentlichen Debatte gemacht haben, für die auch Journalisten verantwortlich sind. Einen Beleg hierfür liefert eine erste Befragung der Klimaforscher im Jahr 2006. Damals kritisierten die weitaus meisten, dass die Medien die Ergebnisse der Klimaforschung zu dramatisiert und zu wenig differenziert darstellen (Post 2008, S. 106-113). Diese Skepsis gegenüber einem Teil der Medien dürfte ein Grund für ihre Befürchtungen sein, dass Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit nicht angemessen wahrgenommen werden.

Die neuen Befragungsergebnisse deuten jedenfalls darauf hin, dass ein Teil der Klimaforscher die Öffentlichkeit nicht über alle Forschungsergebnisse gleichermaßen bereitwillig informiert. Das behindert eine sachlich angemessene Urteilsbildung der Öffentlichkeit und eine dem Forschungsstand angemessene öffentliche Diskussion des Klimawandels. Falls sich die Öffentlichkeit aber auf eine unausgewogene Informationsbasis stützt, dürfte dies das Risiko im Umgang mit dem Klimawandel eher erhöhen als verringern.






Abbildung:    Anteil der Klimaforscher, die Einwände gegen die Veröffentlichung des Forschungsbefundes in einer Tageszeitung für mehr oder weniger schwerwiegend halten. (Die Skalenpunkte „sehr“ und „eher schwerwiegend“ wurden zusammengefasst.) Basis: 123 Klimaforscher, die zwischen Oktober und Dezember 2010 schriftlich-postalisch befragt wurden.

Frage:     „Angenommen, die Studie des Geologen ist in einer Fachzeitschrift erschienen. Nun will er sein Ergebnis und die Folgerung, dass der Klimawandel langsamer als erwartet voranschreiten könnte, in einer Tageszeitung veröffentlichen. Dagegen kann man verschiedene Einwände machen. Wie schwerwiegend oder nebensächlich sind nach Ihrer Ansicht die folgenden Einwände?

Die erwähnten Studien wurden veröffentlicht in:

Post, Senja (2014, published online first): Communicatingscience in public controversies. Strategic considerationsofthe German climate scientists. In: Public Understanding of Science.

Post, Senja (2008): Klimakatastrophe oder Katastrophenklima? Die Berichterstattung über den Klimawandel aus Sicht der Klimaforscher. München: Verlag Reinhard Fischer.

91 comments:

MikeR said...

If I'm understanding this correctly (in translation) it is a really interesting result. It sound like it implies that the public _should_ not trust information it gets on climate science, as they may be screened for giving the "correct message".

Anonymous said...

Ich mag es gar nicht, wenn in Zeitungen über "neueste sensationelle" Forschungsergebnisse berichtet wird, die im Grunde nur ein Detail der (Klima)Forschung betreffen.

Unsicherheiten schön und gut, aber leider ist es in Tageszeitungen so, dass ein einzelnes Paper als absolute Wahrheit betrachtet wird. Es fehlt allermeist die Einbettung in den größeren Kontext. Dazu kommt, dass man dem Leser das Detail dann noch schmackhaft machen muss, es wird dann schnell einmal zur Sensation, die in eine Schlagzeile "Der Klimawandel wird schneller/langsamer verlaufen als gedacht".

Eine Woche später erscheint dann ein Paper über Methanausgasungen aus arktischen Seen. Dieselbe Zeitung, die gerade noch titelte "Klimawandel verläuft langsamer", hat nun die neue Überschrift "Klimawandel schneller als gedacht".

Beim durchschnittlichen Leser bleibt dann nur hängen, man weiß offensichtlich gar nichts, alles und auch nichts ist möglich. Hat man dem Leser damit einen Dienst erwiesen, der ja als mündiger und informierter Bürger an der Klimadebatte teilnehmen soll?

Um bei Senja Posts Beispiel zu bleiben: Es wäre hervorragend, wenn das Paper zum Anlass genommen wird, über den Kohlenstoffzyklus und sein Feedback zu informieren. Da ist viel Raum für Nennung der Unsicherheiten, das Beispiel passt da gut rein.

Leider können unsere Medien so etwas kaum noch leisten. Der Normalfall ist eher, dass eine Pressemeldung zu einem Artikel verarbeitet wird, das war's schon. Unter diesen Bedingungen ist weniger Berichterstattung manchmal mehr.


PS:
Bei Senja Posts Beispiel wäre ich übrigens auch dafür, nur im Falle von "langsamer" von einer medialen Verbreitung abzusehen, aber aus einem Grund, der hier gar nicht genannt wurde. Es geht ja um Feedbacks des Kohlenstoffzyklus, und da ist ein positiver Wert viel wahrscheinlicher als ein negativer (man betrachte z.B. den Ausgang aus der letzten Eiszeit). Ich finde, der Leser ist besser informiert, wenn in seinem Kopf hängenbleibt, dass es Indizien dafür gibt, dass das Kohlenstofffeedback positiv sein könnte. Kurz: der Fall "schneller" passt einfach besser zum breiteren Kontext, er ist geeignet, diesen Kontext exemplarisch zu beleuchten.

Andreas

Hans von Storch said...

Andreas,
ich denke, es geht nicht darum, ob man die Dynamik der Medien mag oder nicht, sondern dass man sich zunächst dieser Dynamik bewusst wird. Eine Möglichkeitist natürlich zu versuchen, die Medien "zum Besseren zu erziehen/zwingen" - nur das funktioniert nicht, weil man es mit einer realen sozialen "Kraft" zu tun hat. Die andere ist, sich zu arrangieren mit dieser Dynamik, und das beste draus zu machen. (In gewisser Hinsicht die "globale Mitigation" oder die "individuelle Anpassung" :-)).

Andreas, Ihre Präferenz für "nicht langsamer" erscheint mir merkwürdig, zumal nicht gesagt wurde, was denn "erwartet" ist.

Peter Heller said...

Das Ergebnis der Untersuchung von Frau Post scheint mir eindeutig: Es besteht also die Tendenz, alarmistische Nachrichten (Klimawandel schneller) eher unter die Leute zu bringen, als entwarnende (Klimawandel langsamer). Weil bei entwarnenden Ergebnissen die Befürchtung höher ist, diese könnten falsch interpretiert werden? Also, nach meinem Verständnis: diese könnten eine weniger intensive Klimapolitik argumentativ unterstützen?

Dies kann nicht als Medienkritik umgedeutet werden, wie Frau Post das versucht. Dies ist eindeutig der Beleg Tendenzen in der Klimaforschung selbst, in bestimmter Hinsicht politisch wirken zu wollen.

Spannend finde ich den letzten Satz:

"...dürfte dies das Risiko im Umgang mit dem Klimawandel eher erhöhen als verringern."

Frau Post räumt also ein, daß es Risiken im "Umgang mit dem Klimawandel", also in und durch die Klimapolitik, gibt?

Anonymous said...

Nachdem bereits über eine Billion $ in unsinnige Mitigationsmaßnahmen geflossen sind, darunter u. a. die massenhafte Umwandlung fruchtbaren Ackerbodens oder von Urwaldgebieten in Produktionsflächen für "Bio-Diesel" und Palmöl, nachdem zahlreiche Menschen deshalb hungern und andere in ungeheizten Häusern an Kälte leiden – und nachdem wir aus zahlreichen Untersuchungen renommierter Klimapaläontologen wissen, dass die kurzzeitige Erwärmungsphase und der Rückgang der Gletscher gegen Ende des letzten Jahrhunderts keineswegs "noch nie dagewesen" waren, nachdem die Eisbären nicht ertrinken, die Meerespegel nicht bedrohlich ansteigen und die polare Eisbedeckung zu- statt abnimmt, und nachdem wir schließlich wissen, wie untauglich die der AGW-Hypothese zugrunde liegenden Modelle tatsächlich sind (Brian Hoskins: "Ah, they were pretty lousy, and they're still pretty lousy, really. They were terrible") – muss das Ergebnis der vorliegenden Untersuchungen als überaus peinlich bezeichnet werden. Allein die Vorstellung, man sei möglicherweise einem Fall von kollektiver Hysterie erlegen, scheint die befragten, in der Regel wohl gut bestallten Herrschaften mehr zu irritieren als der in weiten Teilen der Welt angerichtete Schlamassel. Entsprechend die Zurückhaltung bei der Publikation abweichender Forschungsergebnisse.
Borniertheit? Wahrnehmung eigener, vitaler Interessen? Quasi religiöse oder bigotte Glaubensverteidigung um jeden Preis?

Man darf rätseln, umso mehr – wie der jüngste IPCC-Bericht zeigt – weil die zweifelhafte Botschaft inzwischen sämtliche Etagen der Politik und von weiten Teilen der Wirtschaft erklommen hat, und der Schaden dadurch noch größer ausfallen dürfte.

Rätseln darf man auch über den Fakt, dass von dem ganzen, u. a. bei Konferenzen großzügig verbratenen Geld nur das wenigste für anpassende Maßnahmen in den Naturereignissen besonders ausgesetzten Entwicklungsländern ausgegeben wurde.

Wenn die Nachkriegsgenerationen verächtlich auf die Leichtgläubigkeit ihrer Eltern und Großeltern geschaut und sich gegen entsprechende politische Versuchungen immun wähnten, darf man von einem besonders gelungenen Treppenwitz der Geschichte sprechen. Die Enkel werden sich schieflachen, falls ihnen überhaupt noch was zu lachen bleibt.

V. Lenzer

Anonymous said...

@ HvS

Das verstehe ich jetzt nicht. Was ich geschrieben hatte, basierte ja darauf, dass ich mir einer Dynamik der Medien bewusst bin.

Weil ich die Dynamik kenne, lieber gar nichts. Und wenn es schon sein muss, dann darüber berichten, was in den breiten Kontext passt (lieber über weiße Schwäne als schwarze).

Nehmen wir mal an, Senja ohne v Post hätte als Beispiel ein neues Paper zur Klimasensitivität gebracht, eines mit einem hohen Wert, eines mit einem niedrigen. Sollte ich mich nun als Wissenschaftler oder Journalist dafür entscheiden, über eines von beiden zu berichten, dann würde ich das mit dem niedrigeren Wert nehmen, weil dies besser zur gegenwärtigen Debatte in der Wissenschaft passt. Ich plädiere also dafür, das Thema nicht nur durch die Alarmismusbrille zu betrachten.

Klar ist auch, dass ein Paper mit einem niedrigen Wert unweigerlich Pressemeldungen nach sich ziehen wird, wonach die Klimasensitivität niedriger IST (ohne Unsicherheit), das Wall Street Journal ist voll von Beispielen (Ridley, Lewis oder wahlweise Curry), weshalb man in Sachen Klimapolitik es ruhiger angehen lassen solle. Wäre ich Autor des Papers, würde ich meinen Namen nicht so gerne in solchen Artikeln finden.

Andreas

Anonymous said...

@ Peter Heller

Sie können das Ergebnis auch anders deuten: Forscher sind zurückhaltender mit der Presse bei "entwarnenden" Ergebnissen, weil die Erfahrung zeigt, dass es ein Teil der Presse und zahllose Skeptikerblogs gibt, die nur auf solche Sachen warten, um die Öffentlichkeit dann mit irreführender Interpretation dazu zu beglücken. Das Ergebnis ist dann weniger Ausdruck von actio, sondern von reactio. Dass Ihnen ihre Interpretation besser gefällt ist naheliegend.

Andreas

Anonymous said...

Nachtrag

Und falls Herr Heller dies nun als Hirngespinste abtut, dann schlage ich folgendes vor:

Schauen wir doch mal, ob und in welcher Lesart Senja Posts Studie durch die skeptische Blogosphäre verbreitet wird.

Andreas

MikeR said...

"Let's see whether and in what reading Senja Posts study by the skeptical blogosphere is widespread." It may not be, given that it is in German. But if it becomes widespread - would it not have happened if it supported more alarmist points of view? I expect it would be trumpeted by the more alarmist side of the blogosphere.

But we know that the media are politically polarized. This study is discussing a different issue, that the scientists themselves are going to try to tailor their announcements according to the results they _want_. The result they will _get_, is that the rest of us can't trust their announcements.

Anonymous said...

Die Hybris in Hochblüte: entwarnende Ergebnisse zurückhalten, weil die doofe Öffentlichkeit womöglich unerwünschte bzw. "irreführende" Schlussfolgerungen zieht. Die Selbstüberschätzung von Zauberlehrlingen, die ihre Kompetenzdefizite ignorieren, aber die Geister nicht mehr los werden, nach denen sie gerufen haben. Dem einen oder anderen dürfte immerhin schwanen, dass der angerichtete Schaden (auch an der Wissenschaft) inzwischen jeden theoretisch denkbaren Nutzen übersteigt.

Zeit für eine Umkehr? I wo! So lang das Geld aus staatlichen und wirtschaftlich interessierten Quellen munter weiter sprudelt, wird es zuverlässig für jede denkbare Form geistiger Korruption und Gesinnungsgefolgschaft sorgen.

V. Lenzer

S.Hader said...

Okay, vielleicht fische ich nur ein Haar aus der Suppe heraus, trotzdem möchte ich auf etwas aus meiner Sicht hinweisen, in der Umfrage heißt es: "Angenommen, die Studie des Geologen ist in einer Fachzeitschrift erschienen. Nun will er sein Ergebnis und die Folgerung, dass der Klimawandel schneller / langsamer als erwartet voranschreiten könnte, in einer Tageszeitung veröffentlichen."

Gibt das nicht ein völlig falsches Bild über die Arbeitsweise einer Tageszeitung im Vergleich zu einem Wissenschaftsjournal wieder? Eine Tageszeitung ist schließlich keine Nachrichtenagentur und schon gar nicht ein wiss. Journal, wo man als Wissenschaftler nun nach dem Motto hinschreiben könnte, habe was interessantes bei meiner Arbeit entdeckt, bitte um Veröffentlichung des folgenden Artikels. Sorry, aber eine Tageszeitung, genauso wenig wie ein Fernsehsender oder Radiosendung sind keine Institutionen wie ein Wissenschaftsjournal, wo man etwas einreichen kann und nach ein paar Wochen oder Monaten entscheiden die dann, okay, wir bringen das raus, received, accepted and published. Die Welt der Medien ist nicht wie ein riesiges Peer-Review aufgebaut und schon gar nicht darf man erwarten, dass man als Wissenschaftler 1:1 seine Ansichten loswerden kann. Ich bin da schon bissel über die Fragestellung in der Umfrage erstaunt und sie sagt vermutlich mehr über das "Medienbild" der Initiatoren aus als ihnen lieb ist.

Hans von Storch said...

Andreas,
verstehe ich es richgtig, dass Sie aus Ihrer Lesart der Dynamik der Medien die Berechtigung folgern, dass Wissenschaftler Ihre Ergebnisse so zu gewichten, dass am Ende doch "ein ausgewogenes Resultat" entsteht, trotz der inhärenten Neigung der Medien zur Imbalance? Mir erscheint das radikal un-Mertonian (das D in CUDOS). Wird die Lage besser, wenn zwei soziale Institutionen (wissenschaft und Medien) "manipulieren", wobei diese Praxis bei einer Instution (Medien) allgemein bekannt ist, bei der anderen aber (Wissenschaft) aber erwartet wird, dass man die "Wahrheit, die ganze Wahrheit" zu hören bekommt?

hvw said...

Falls dieser Zwiebelartikel jetzt als meta-Experiment enttarnt wird, mit dem mal getestet werden sollte, wie einfach Forschungsergebnisse instrumentalisiert und fehlinterpretiert werden können, z.B. indem man einfach das Testergebnis verschweigt und stattdessen irreführende Balkengrafiken malt -- Respekt! Genau das passiert ja auch in den Mainstreammedien, z.B. Spiegel online, wo sich bei Klimathemen Ideologie und Rechenunkundigkeit vereinen.

http://pastebin.com/jSumTVDA

In einem Blog mit Anspruch hätte man ja die Möglichkeit, die Ergebnisse an sich zu betrachten, die Unsicherheiten zu bewerten, die Schlussfolgerungen der Autorin kritisch zu hinterfragen (bisschen alarmistisch, oder?) und auf die Auslassungen und Inkonsistenzen der Methode hinzuweisen: Was ist mit den 5 verschwundenen Teilnehmern passiert? Wie sollte die Abwesenheit eines signifikanten Unterschiedes für 4 der 5 Items interpretiert werden? Sollten zur Beurteilung der internen Konsistenz zweier verschiedener Umfragen nicht zwei "Cronbach's alpha" berechnet werden? Sind die Umfragen dann noch intern konsistent? Wie robust ist das Ergebnis insgesamt? Ich würde wetten, dass da nicht mehr viel übrig bleibt, wenn man das bootstrapped. Warum macht die Autorin ihre Rohdaten nicht zugänglich und reportiert noch nicht einmal Varianzen?

Insgesamt kann man die Ergenisse sicher auch so interpretieren: Es konnte nur ein Einfluss robust nachgewiesen werden, der Klimaforscher vom Veröffentlichen ihrer Ergebnisse in Mainstreammedien abhalten könnte: Das ist die Befürchtung, durch die Klimawandelverharmlosungslobby instrumentalisiert zu werden.

hvw said...

Korrektur:

Nur ein Einwand gegen die Veröffentlichen ihrer Ergebnisse in Mainstreammedien wird von Klimaforschern abhängig vom fachlichen Ergebnis nachweisbar unterschiedlich bewertet: Das ist die Befürchtung, durch Interessengruppen instrumentalisiert zu werden. Im Klartext: Wissenschaftler fühlen sich von der Klimawanderverharmlosungslobby mehr instrumentalisiert als von anderen. Hmm.

Karl Kuhn said...

"Wissenschaftler fühlen sich von der Klimawanderverharmlosungslobby mehr instrumentalisiert als von anderen."

Weil sie sich i.d.R. eben der anderen Seite näher fühlen. Warum wird man Klimaforscher? Die Welt retten ist dabei für viele (wenn auch sicher nicht alle) eine Motivation, da soll mir keiner was erzählen. Und wie bleibt man Klimaforscher? Indem man sein Scherflein dazu beiträgt, dass die Welt auch weiterhin durch Klimaforschung gerettet werden muss. Also unterlässt man öffentliche Äußerungen, die das Problem weniger wichtig erscheinen lassen könnten. Dass dieses Denken und Verhalten unter Klimaforschern weit verbreitet ist, dazu gibt es mittlerweile einfach tonnenweise Anhaltspunkte. Keine Wissenschaftsdisziplin will sich gerne überflüssig machen. Und damit dann bei so einer solchen Untersuchung ein derartiger signifikanter Bias rauskommt, dazu reicht es ja schon, dass eine Minderheit der Kollegen konsequent so verfährt (sofern die Stichprobe groß genug ist).

Und an die Presse können die Ergebnisse ja erst gelangen, wenn sie das wissenschaftsinterne Gatekeeping überstanden haben. Und da hatten es relativierende Ergebnisse in den vergangenen Jahren einfach wesentlich schwerer. Zum Glück ändert sich das derzeit, zumindest ist das mein Eindruck.

Georg Hoffmann said...

Klimawissenschaftler sollten in den Medien gar nicht lange um den heissen Brei rumreden. Am besten nehmen sie sich gleich die Wirtschaftswissenschaftler zum Vorbild.
"Das und das ist unser wiss. Resultat. Im uebrigen bin ich der Meinung, dass der Klimawandel das draengendste Problem der Menheit ist oder, alternativ, das Problem wird sich schon irgendwie von alleine loesen."

Die Resultate werden so oder so nicht unabhaengig von einer erklaerten oder vermuteten Meinung des Forschers/der Forscherin gesehen. Also gleich offen raus damit.

Anonymous said...

@ V. Lenzer

"Die Hybris in Hochblüte: entwarnende Ergebnisse zurückhalten, weil die doofe Öffentlichkeit womöglich unerwünschte bzw. "irreführende" Schlussfolgerungen zieht."

Nein. Nicht deshalb, weil die Öffentlichkeit zu "doof" ist, sondern weil es einen Teil der Presse gibt, der die Ergebnisse dazu instrumentalisiert, die Öffentlichkeit doof zu machen.

Schauen Sie sich mal die Umfrage im Detail an. Sie werden an verschiedenen Stellen erkennen, dass das explizite Ziel eine gut informierte Öffentlichkeit ist.

Andreas

Anonymous said...

@ HvS

"verstehe ich es richgtig, dass Sie aus Ihrer Lesart der Dynamik der Medien die Berechtigung folgern, dass Wissenschaftler Ihre Ergebnisse so zu gewichten, dass am Ende doch "ein ausgewogenes Resultat" entsteht, trotz der inhärenten Neigung der Medien zur Imbalance?"

Mit Verlaub, Hans, aber die Frage nach einer "Berechtigung" hat nicht, aber auch gar nichts mehr mit der Fragestellung der Studie zu tun. Quer durch die Kommentare werden die Ergebnisse schon interpretiert und womöglich übergeneralisiert. Manche ziehen sogar die Schlussfolgerung, die Mediendarstellung IST biased in Richtung Alarmismus.

Es erscheint mir daher sinnvoll, nochmals zur konkreten Frage von S. Post zurückzukehren:

„Angenommen, die Studie des Geologen ist in einer Fachzeitschrift erschienen. Nun will er sein Ergebnis und die Folgerung, dass der Klimawandel schneller / langsamer als erwartet voranschreiten könnte, in einer Tageszeitung veröffentlichen. Dagegen kann man verschiedene Einwände machen. Wie schwerwiegend oder nebensächlich sind nach Ihrer Ansicht die folgenden Einwände?“

Punkt 1:
Das, was in der Presse erscheint, entscheidet der Journalist, nicht der Wissenschaftler. Wir haben es hier mit einer rein hypothetischen Fragestellung zu tun, die keinen Aufschluss darüber erlaubt, was tatsächlich in der Presse erscheint.

Punkt 2:
Gefragt wird, wie schwerwiegend/nebensächlich die Einwände sind. Determiniert die Schwere einzelner Einwände schon das tatsächliche Verhalten "Publikation" oder "Nicht-Publikation"?.

Jetzt zum konkreten Fallbeispiel. Wie hätte ich geantwortet?

Natürlich hätte ich auch angekreuzt, dass ich die Gefahr von einer Instrumentalisierung durch die skeptische Presse für höher halte (WSJ, Daily Mail, Fox News liefern reichlich Anschauungsmaterial).

Was ist mit dem Einwand, dass der Befund „in der Öffentlichkeit falsch interpretiert werden könnte.“?
Da hätte ich beim Fall "langsamer" die Einwände für schwerwiegender empfunden. Den Grund hatte ich oben genannt: Der Befund könnte Leser dazu verleiten anzunehmen, das Kohlenstoffzyklus-Feedback sei wahrscheinlich negativ, es ist aber wahrscheinlich positiv. Hätte Post aber mein Beispiel zur Klimasensitivität gewählt, dann hätte ich die Einwände genau anders herum bewertet. Problematisch ist jetzt, dass S. Post mein Abstimmungsverhalten nun als Beleg dafür interpretiert, ich hätte einen Bias in Richtung Alarmismus. Das wäre falsch.


Und nun komme ich zur alles entscheidenden Frage, über die hier alle reden: Wie würde ich mich verhalten, wenn ich Redakteur wäre? Was würde ich publizieren?

Auch das hatte ich ganz oben schon beantwortet: Weder das eine noch das andere, ich bevorzuge Kontexte anstatt Wetterfähnchen einzelner Paper.

Aber danach hat S. Post leider nicht gefragt. Wir reden hier über etwas, was nicht Gegenstand der Studie war, wir reden über Interpretationen der Ergebnisse. Auch ihre Frage an mich war nicht Gegenstand der Studie.

Wer die Frage beantworten möchte, ob unser media coverage biased ist, der möge eine Studie konzipieren oder besprechen, die diese Fragestellung auch explizit untersucht.

Viele Grüße
Andreas

Anonymous said...

@ Karl Kuhn

"Also unterlässt man öffentliche Äußerungen, die das Problem weniger wichtig erscheinen lassen könnten."

Wie sich ein Wissenschaftler in Interviews verhält, hat S. Post gar nicht untersucht, das ist ihre persönliche unbelegte Interpretation.
Passt ihre Interpretation zu diesem expliziten Ergebnis der Studie?
So meinen die meisten (72 %), dass sie „die Öffentlichkeit deutlicher darauf hinweisen [sollten], dass noch viele Fragen zum Klimawandel ungeklärt sind.“

Andreas

Karl Kuhn said...

Andreas,

1. "Nun will er sein Ergebnis und die Folgerung, dass der Klimawandel schneller / langsamer als erwartet voranschreiten könnte, in einer Tageszeitung veröffentlichen."

Wer also diese Absicht verfolgt, will sich öffentlich äußern, oder wo finden sie da das Haar in der Suppe?

2. Hinweise auf ungeklärte Forschungsfragen gehören auch zum Geschäft, denn wenn man alles schon wirklich genau wüsste, gäbe es ja nicht den berühmten 'weiteren Forschungsbedarf'. Im Falle der Klimawissenschaft ist das natürlich ein Balanceakt, der teilweise etwas heiter anmutet. Zum einen will man ja schon alles genau genug wissen, um der Politik sagen zu können, wo's langgeht, anderer die Forschungsförderer muss man gleichzeitig überzeugen, dass noch ganz vieles nicht verstanden ist ... das passt natürlich nicht zusammen, betrifft so aber auch andere Disziplinen, die sich gerne bei Entscheidungsträgern einen Fuß in der Tür haben.

'Wir wissen noch zu wenig, um auf weitere Förderung zu verzichten, aber schon lange genug, um euch zu sagen wo's langgeht.'

Anonymous said...

@ Karl Kuhn

zu 1)
Verstehe ich nicht

zu 2)
Indirekt bestätigen Sie also, dass das nicht zu ihrer Interpretation passt. Sie sprechen nun ja von einer "Balanceakt". In ihrem Beitrag zuvor scheinen Sie aber überzeugt zu sein zu wissen, in welche Richtung die labile Balance kippt. Sie interpretieren mutig und kühn.

Zum letzten Satz:
Verstehe ich nicht. Ist das ein Zitat? Oder nur eine Kuhnsche Polemik mit Apostroph? Das erste Kuhnsche Postulat, aus dem sich alle weiteren Kuhnschen Schlüsse logisch ableiten lassen?

Andreas

Anonymous said...

@ Andreas

"Nicht deshalb, weil die Öffentlichkeit zu "doof" ist, sondern weil es einen Teil der Presse gibt, der die Ergebnisse dazu instrumentalisiert, die Öffentlichkeit doof zu machen"

Guter Punkt. Entsprechende Bemühungen, wenn auch in die entgegengesetzte Richtung, sind seit Jahren in massivster Form zu beobachten, haben sich aber - betrachtet man die vergangenen Wahlen in Kanada, Australien und in den USA – eher als Rohrkrepierer erwiesen.

V. Lenzer

Anonymous said...

@ V. Lenzer

Tja, die Klimaforscher schätzen laut Umfrage die Instrumentalisierung durch die skeptische Presse höher ein.

Erfahrung? Einbildung? Wer weiß.

Machen wir es doch mal an konkreten Beispielen deutlich. Sie schreiben von Instrumentalisierung alarmistischer Ergebnisse in den jüngeren Wahlkämpfen. Nennen Sie bitte das Beispiel eines Presseberichts über Ergebnisse eines Papers aus den USA, Australien oder Kanada, das Sie am krassesten empfunden haben.

Ich bringe dann ein Beispiel für skeptische Instrumentalisierung und dann vergleichen wir mal.

Ich bin gespannt.

Andreas

Anonymous said...

@ Andreas

Wo soll das enden? Da war z. B. die selbst von Obama und in zahlreichen Medien zitierte Arbeit von Cook, die einen angeblichen 97%-AGW-Konsens unter den Klimawissenschaftlern zu belegen versuchte. Dann gab es gefühlte 100 Papers, die sich in teilweise absurden Erklärungen zum Hiatus ergingen. Kleine aber regelmäßige Einstreusel boten Geschichten wie die von der angeblich auf die Klimaerwärmung zurückzuführende 35'000-köpfige Walrossversammlung in Alaska. Die "Versauerung" der Ozeane fraß sich wieder mal durch die Medien und die Legende von der Speicherung der Wärme in den Tiefen der Meere. Eine Menge Unfug wurde rund um den UNO-Klimagipfel verbreitet, namentlich im Zusammenhang mit der Zunahme von Extremwetterereignissen und deren wie von Zauberhand möglichen Vermeidung durch die Vermeidung von CO2-Emissionen, dankbar aufgenommen von Medien, Demonstranten, Weltbank- und UNO-Größen. Naomi Klein, Naomi Oreskes, Leonardo DiCaprio und unzählige Filmgrößen tingelten mit mehr oder weniger luziden Botschaften durch die Medien. Der Milliardär Tom Steyer verpulverte einen hohen zweistelligen Millionenbetrag, um die Wahl zum gewünschten Ergebnis zu führen – alles/alle vergeblich. Die Bürger schenkten den Schreckensbotschaften kein Vertrauen mehr. Nicht weil sie vom ständigen Alarmgeklingel völlig abgebrüht wären, sondern weil es ihnen an Belegen dafür fehlt.

V. Lenzer

Anonymous said...

@ V. Lenzer

Och, das endet ganz schnell, wenn Sie das tun würden, worum ich Sie bat: Verlinken Sie einen einzigen Zeitungsartikel ihrer Wahl, in dem ein wissenschaftliches Ergebnis alarmistisch instrumentalisiert wurde.

PS:
Bei meinem Beispiel muss ich nicht lange überlegen oder lamentieren. Ich habe schon ein paar im Hinterkopf. "Lamento" habe ich bewusst gewählt, weil in ihrem Text auch jede Menge Dinge herumschwirren, die nun so gar nichts mehr mit der konkreten Frage an die Klimaforscher nach möglicher Instrumentalisierung des Ergebnisses zu tun haben. Kann es sein, dass Sie überhaupt keinen konkreten Artikel vor Augen haben? Dass Sie nur ihre gefühlte Wahrnehmung beschrieben hatten?

Andreas

S.Hader said...

@hvw, sorry, wenn ich da nochmal reingrätsche: "Nur ein Einwand gegen die Veröffentlichen ihrer Ergebnisse in Mainstreammedien wird von Klimaforschern abhängig vom fachlichen Ergebnis nachweisbar unterschiedlich bewertet: Das ist die Befürchtung, durch Interessengruppen instrumentalisiert zu werden. Im Klartext: Wissenschaftler fühlen sich von der Klimawanderverharmlosungslobby mehr instrumentalisiert als von anderen."

Das finde ich eine gute Arbeitshypothese, an der man sich sprichwörtlich abarbeiten kann. Zum einen liegt es nicht in der Entscheidung des Klimaforschers, ob seine Ergebnisse in der Tagespresse und Mainstreammedien veröffentlicht werden. Diese Macht besitzt er nicht, entsprechend halte ich auch die Fragestellung in der Umfrage nur für bedingt brauchbar. Zum anderen gibt es immer wieder Beispiele, wie "gemäßigte" Aussagen zum Klima von anderen für ihre Zwecke genutzt werden, siehe FAZ-Artikel von Dieter Ameling, einem ehemaligen Stahlindustrievertreter, der recht eigenwillig ein Interview mit Hans von Storch interpretierte.

Anonymous said...

Nachtrag:

Mir fällt auf, Herr Lenzer, dass Sie eine völlig andere Vorstellung von "Instrumentalisierung" haben als ich. Sie betrachten es schon als Instrumentalisierung, wenn die Ergebnisse eines Papers korrekt wiedergegeben werden, ihnen aber der Inhalt bzw. das Ergebnis nicht passt.

Ich dachte an Fälle, wo die Ergebnisse eines Papers - hm - etwas kühn interpretiert werden. Wenn Schlussfolgerungen gezogen werden, die das Paper nicht hergibt. Etwa in der Art: Die Studie belegt, dass die Folgen des Klimawandels katastrophal sein werden, wenn nicht bald... oder wahlweise Damit wird wieder einmal deutlich, dass die Voraussagen des IPCC völlig überzogen und übertrieben sind und Klimaforscher aus dem Staunen nicht herauskommen, was ein kleines Paper so alles implizieren kann.

Andreas

Anonymous said...

@ S. Hader

Schönes Beispiel. Da fällt mir auch spontan der Protest einiger Wissenschaftler (darunter Manfred Mudelsee) gegen die Instrumentalisierung durch Vahrenholt/Lüning ein:
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2012-08/klimaforscher-vahrenholt-kritik

Hätten V&L einfach korrekt das beschrieben, was die Wissenschaftler sagen und schreiben, dann hätte Mudelsee mit Sicherheit kein Problem damit gehabt.

Jetzt warte ich mal auf knackige Beispiele, wo in alarmistischer Art und Weise Ergebnisse und Aussagen so verzerrt werden, dass sich den Autoren die Zehennägel krümmen. Ich warte einfach mal. Bislang scheint ja der größte Skandal zu sein, dass überhaupt über Paper berichtet wird, die Herr Lenzer nicht mag.

Andreas

S.Hader said...

"Die Welt retten ist dabei für viele (wenn auch sicher nicht alle) eine Motivation, da soll mir keiner was erzählen."

Selbst die Klimawissenschaftler nicht, Herr Kuhn? ;) Mit Verlaub, statt sich Spekulationen hinzugeben, könnte man auch einfach die Gelegenheit nutzen und fragen. Hier in dem Blog gibt es eine relativ hohe Klimawissenschaftlerdichte (verglichen mit der Normalbevölkerung), also eine gute Gelegenheit mittels Kommunikation sich näher kennenzulernen.

"Und wie bleibt man Klimaforscher? Indem man sein Scherflein dazu beiträgt, dass die Welt auch weiterhin durch Klimaforschung gerettet werden muss."

Okay, nur mal angenommen, an der These wäre etwas dran. Wäre die auch auf andere Wissenschaftsdisziplinen übertragbar? Könnte man dann beispielsweise auch sagen, ein Mathematiker bleibt dadurch Mathematiker, weil er sein Scherflein dazu beiträgt, dass die Welt auch weiterhin Mathematik braucht? Oder bedarf es dieses Zutuns nicht und die politischen Entscheidungsträger wissen selbst, dass die Förderung der Mathematik eine sinnvolle Sache ist?

"Also unterlässt man öffentliche Äußerungen, die das Problem weniger wichtig erscheinen lassen könnten."

Den Eindruck könnte man wirklich haben. Aber in so einem Fall empfiehlt es sich schon, mal genauer hinzuschauen, statt sich nur eigenen Spekulationen hinzugeben.

"Keine Wissenschaftsdisziplin will sich gerne überflüssig machen."

In der Tat. Aber ist das schon mal geschehen? Und wenn ja, warum? Man könnte als Beispiel die Phrenologie nehmen, der Versuch im 19.Jahrhundert menschliche charakterliche und weitere Eigenschaften anhand der Schädelform abzulesen. Ist dieser Wissenschaftszweig eingegangen, weil die Protagonisten zu wenig die Werbetrommel gerührt haben oder weil die dort gesammelten Ergebnisse und Hypothesen sich nicht halten ließen?

Nebenbei bemerkt, ich halte es für ziemlich normal, dass ein Wissenschaftler seinen Fachbereich für wichtig hält. Selbst wenn sich Wissenschaftler aus einem Fachbereich treffen, vertritt jeder seine eigene Forschungsrichtung und das geht bis dahin, dass man auch die Hand nach öffentlichen Forschungsgeldern ausstreckt und dafür gute Argumente aussucht. Diesen Art von Wettbewerb halte ich nicht für kritisch, schließlich betreiben wir auch in unserem Berufsleben einen Wettbewerb und versuchen unseren Arbeit- oder Auftraggebern zu überzeugen, wie wichtig wir ihnen sind. Der entscheidende Punkt ist doch, sind die Entscheidungsträger in der Lage, egal ob öffentlich oder privat, bei der Geldvergabe vernünftige Prioritäten zu setzen? Weil dann bringt dieser Wettbewerb der verschiedenen Forschungszweige uns auch weiter. Und reine Blender haben dann in diesem Wettbewerb auch schlechtere Karten.

"Und an die Presse können die Ergebnisse ja erst gelangen, wenn sie das wissenschaftsinterne Gatekeeping überstanden haben."

Nö. Wenn jemand meint, ein Forschungsergebnis oder Statement außerhalb der wissenschaftsinternen Ebene ist eine Zeitungsmeldung wert (z.B. Herr Vahrenholts kalte Sonne oder Dänikens Nazca-Linien-Interpretationen oder jemand bringt sein eigenes Wissenschaftsjournal raus), dann wird das auch gedruckt. Und da gibt es viele solcher Meldungen. Hinzu kommt, ein Forschungsergebnis, welches den bisherigen Mainstream bestätigt, hat aus Mediensicht weniger Neuigkeitswert als eines, die dem widerspricht (nach oben oder unten). Herr Kuhn, es lohnt sich schon, über die Sachen mal weiterzudenken und nicht selbstzufrieden zu glauben, man wüsste schon alles zu dem Thema.

hvw said...

@shader
Zum einen liegt es nicht in der Entscheidung des Klimaforschers, ob seine Ergebnisse in der Tagespresse und Mainstreammedien veröffentlicht werden.
Na aber da kann man schon was machen. Die Pressestelle einspannen, knackige Schlagzeile absegnen, bisschen streuen ... Und das wird nicht gemacht, um irgendeine "message" zu vermitteln, sondern um Outreachpunkte für die Evaluation zu sammeln. Letztendlich trennt sich bei mir die Spreu vom Weizen dann bei der Qualität und Aussage des Papers. Hat nix mit den Fronten zu tun. Erinnern Sie sich, das Marzeion/Levermann Paper, ham wir gelacht, wa?

halte ich auch die Fragestellung in der Umfrage nur für bedingt brauchbar.
Total unbrauchbar. Wir hier sind der lebende Beweis, wie ein imho schludrig gemachtes Paper, mit einer schiefen Fragestellung, das schon von der Autorin übermässig aufgeblasen wurde, mit neuer Bedeutung versehen in der Blogsphäre unverdiente Aufmerksamkeit erfährt. Und warum überhaupt? Weil HvS das Ding so toll findet, oder vielleicht auch ein bisschen weil es schön provoziert und heiss ersehnte Aktivität auf der Zwiebel generiert? Was ich damit sagen will: Die Interessengruppe "fossile Energie" nimmt da sicher eine Menge Einfluss auf die Medienberichterstattung, die aber auch ohne das lausig wäre.

Wie die Wissenschaft jetzt mit dem Problem umgeht, dass die Informationsvermittlung Richtung breite Öffentlichkeit suboptimal ist -- da lohnt es sich drüber nachzudenken. Da müssten Anreize geschaffen werden, sich einzumischen, da müsste sich vielleicht auch institutionell etwas entwickeln. Bis jetzt ist das in der Hand von engagierten Einzelkämpfern, die auch nur das gröbste abschmirgeln können. Stellen Sie sich vor, wir hätten 10 Andrew Gelmanns, statt nur einem, der mal eben den Tol komplett blossstellt und nebenbei die öffentliche Wahrnehmung von AR5WGII ändert. Oder eine Armada von Wissenschaftler würde wie bei PielkeJr's (der jetzt lieber in Sport macht) Quark auf FiveThirtyEight auch bei weniger exponiertem Erscheinen von als Wissenschaft getarnter Lobbyarbeit anrücken ...

Anonymous said...

@ Andreas

Entweder Sie lesen nicht, was täglich in der Welt vorgeht, oder Sie stellen sich des Spiels wegen begriffsstutziger, als Sie es tatsächlich sind und versuchen hier ein nutzloses Stöckchenspringen zu veranstalten.

Zunehmend off-topic, bedaure, aber hier die in zahlreichen Medien kolportierten Aussagen von besonders prominenten AGW-Vertretern (die Presselinks werden Sie ja wohl selber finden, aber z. T. finden Sie hier auch die Quelle, um möglichen Missverständnissen von Journalisten vorzubeugen ...

Barack Obama:

http://www.bloomberg.com/news/2013-06-25/-we-need-to-act-transcript-of-obama-s-climate-change-speech.html

http://www.huffingtonpost.com/2014/09/23/obama-climate-speech-un_n_5869830.html

http://www.npr.org/blogs/thetwo-way/2014/09/23/350911527/obama-to-lays-out-approach-to-climate-change-in-u-n-speech

John Kerry: http://www.state.gov/secretary/remarks/2014/02/221704.htm

http://www.huffingtonpost.com/2014/10/09/john-kerry-climate-change_n_5959004.html

http://edition.cnn.com/2014/02/16/politics/kerry-climate

Ban Ki-moon:

http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/may/06/climate-change-affects-all-solutions-new-york-summit

http://www.theguardian.com/environment/2014/nov/02/rapid-carbon-emission-cuts-severe-impact-climate-change-ipcc-report

Und die renommierte WP:
http://www.washingtonpost.com/national/health-science/effects-of-climate-change-irreversible-un-panel-warns-in-report/2014/11/01/2d49aeec-6142-11e4-8b9e-2ccdac31a031_story.html

Möglich, dass die betreffenden Herren gelegentlich Wetter und Klima verwechseln? dass ihnen der SREX-Bericht gar nicht erst vorgelegt wurde?

Ihre Definition von Alarmismus?

V. Lenzer

Quentin Quencher said...

Danke, Hans von Storch, für diesen Blog, der klar macht, dass das subjektiv empfundene Ungleichgewicht in der Berichterstattung von Forschungsergebnissen eben doch nicht nur subjektiv ist, der Grund dafür aber nicht nur bei den Journalisten liegt, sondern, zumindest teilweise, bei den Klimaforschern.

S.Hader said...

Und danke Quentin Quencher, dass Sie zeigen, wie vielfältig man so eine Studie interpretieren kann und das solche Meldungen etwas fürs Gemüt eines Klimaskeptikers sind, der sich dann nicht mehr ganz wie der letzte Idiot oder gar Verschwörungstheoretiker fühlt, weil er ein kleines Stück Bestätigung in der Wissenschaftswelt gefunden hat. Wen stört es da, dass es auf einer Interpretation einer Umfrage beruht, die man auch ganz anders deuten kann.

Hans von Storch said...

Ich bin beeidnruckt, wie unflexibel sich die Teilnehmer dieser "Diskussion" gebären, wo es offenbar gänzlich an Lust fehlt, mal eine position durchzuspielen. Hierwerden nur Positionen verkündet, der alte Kampf weitergeführt, das bestehen auf Rechthaben. Wie so oft geht es fast ausschließlich um die Nützlichkeit derr Resulatte für die jeweilige Position.
Darf ich ein Experiment machen? - ich brauche zwei Freiwillige, eine(n) der/die sich eher als Kritiker der Studie versteht, und eine(n) andere(n) der/die sich als "Begrüsser" der Studie versteht. Ich werde den beiden dann eine Aufgabe stelllen.
Die anderen bitte ich zu überlegen, ob es für die Studie von Bedeutung ist, wie realistisch die Situation ist, die den Befvragten vorgellegt wird?

Karl Kuhn said...

Da hier ja einige offene Fragen und kritische Anmerkungen hinsichtlich Methodik und Interpretation bestehen, wären Klärungen seitens der Autorin sehr zu begrüßen.

Meiner Meinung nach hat sie etwas geschafft, was eigentlich unglaublich schwer ist, nämlich eine Verhaltensasymmetrie identifiziert, die es normativ so eigentlich nicht geben sollte, und wo man erwarten würde, dass Wissenschaftler diese 'Falle' in der Befragung erkennen und deswegen neutral antworten würden. Bias in der Wissenschaft ist ein großes Problem, aber seine Identifizierung durch Befragung der Protagonisten nachzuweisen ist wie Fischfangen mit der bloßen Hand.

Klar kann man diese Asymmetrie so interpretieren, dass Wissenschaftler mehr Sorge haben, dass klimaskeptische Medien ihre Ergebnisse falsch darstellen und missbrauchen. Allerdings ist diese Gefahr in Deutschland eher gering, da die Presserzeugnisse mit hoher Auflage bzw. Klickraten nicht zum Klimaskeptizismus neigen, ganz im Gegenteil.

Und die Kehrseite davon ist eben, dass die Sorge, durch alarmistische Journalisten 'missbraucht' zu werden, kleiner ist, oder dass einem das egal oder sogar durchaus recht ist.

Ich kann durchaus verstehen, dass Wissenschaftler nicht eines Tages dafür verantwortlich gemacht werden wollen, eine Gefahr heruntergespielt zu haben (Stichwort Aquila). Z.B. gibt es kaum einen Mediziner, der einem erzählt, ein Glas Wein am Tag ist völlig in Ordnung, auch wenn sich bei diesem Konsum statistisch keine Gefahr nachweisen lässt.

Problematisch wird dies aber dann, wenn die politischen Folgen eines solchen kommunikativen Bias (egal ob aus reiner Vorsicht oder aus politischem Aktivismus) eben sehr teuer werden. Das Glas Wein am Tag kann man ja ohne weiteres weglassen (äh ... nein, eigentlich nicht), aber wir können eben nicht mal von heute auf morgen auf fossile Brennstoffe verzichten nach dem Motto 'könnte ja gefährlich sein, lassen wir's mal vorsichtshalber weg'. Hier sollte auch Klimawissenschaftlern bewusst sein, dass auch ein Überschätzen der Gefahr durch Treibhausgase erheblich ökonomische und politische Folgekosten haben kann.

S.Hader said...

"Klar kann man diese Asymmetrie so interpretieren, dass Wissenschaftler mehr Sorge haben, dass klimaskeptische Medien ihre Ergebnisse falsch darstellen und missbrauchen."

Man kann, Herr Kuhn? Vielleicht sollten Sie den Artikel nochmal gründlich lesen, ich zitiere: "Der Anteil der Klimaforscher, der die aufgeführten Argumente für relativ „schwerwiegend“ hielten, war höher, wenn in der Beschreibung des Befundes von einem langsameren, als wenn von einem schnelleren Klimawandel die Rede war. Von denjenigen, die mit einem Befund für einen langsameren Klimawandel konfrontiert waren, hielt fast die Hälfte (44 %) den Einwand für „schwerwiegend“, dass der Befund „in der Öffentlichkeit falsch interpretiert werden könnte.“"

Die 44% sind jetzt keine Interpretation der Studie, sondern erstmal das Ergebnis einer spezifischen Frage. Bei solchen Umfragen sollte man schon trennen zwischen Umfrageergebnissen und Interpretationen.

"Allerdings ist diese Gefahr in Deutschland eher gering, da die Presserzeugnisse mit hoher Auflage bzw. Klickraten nicht zum Klimaskeptizismus neigen, ganz im Gegenteil."

Das kann man so in Gänze auch nicht bestätigen. Nur als Beispiel, Herr Vahrenholt hatte bei seiner kalten Sonne-Veröffentlichung sehr viel Schützenhilfe der Bild-Zeitung, die (in dem Moment) in den Chor der Klimaskeptizisten einstimmte. Zudem, ob man eine Meldung falsch versteht, hängt meist nicht so sehr von der Grundeinstellung der Zeitung ab, sondern im großen Teil von den Lesern.

"Z.B. gibt es kaum einen Mediziner, der einem erzählt, ein Glas Wein am Tag ist völlig in Ordnung, auch wenn sich bei diesem Konsum statistisch keine Gefahr nachweisen lässt."

Ähm, doch. Es gibt Mediziner, die genau das sagen.

Ich will es mal mit der "Manöverkritik" gegenüber ihrem Beitrag belassen. Ich wollte damit deutlich machen, dass einige Punkte man kritisch betrachten könnte, kritischer als der Autor es tat.

Hans von Storch said...

Ich habe
a) die Veröffentlichung; wenn jemand sie haben will, gebe ich sie gerne zur persönlichen Verwendung weiter. Das Manuskript unterliegt dem Copyright des Verlages, so dss eine Weitergabe nur im begrenzten Umfang und nur zu persönlichen Zwecken erlaubt ist. Daher bei Bedarf bei mir per-email direkt anfragen.
b) Frau Post gebeten, auf die methodischen nachfragen zu antworten; Dies wird wohl in der kommenden Woche, oder so, der Fall sein.

Hans von Storch said...

Darf ich noch mal erinnern, dass ich um zwei Freiwillige bat?

Karl Kuhn said...

Hader,

meine Äußerungen scheinen sie ja furchtbar ärgern, weswegen Sie wieder anfangen, an meinen Einzelaussagen rumzuverdrehen und rumzukritteln. Das liest sich fürchterlich ('was Du da sagst, ist FALSCH!!!!!!!!!!') und ist nicht zuletzt auch deswegen kaum überzeugend. Bitte erwarten Sie keine weitergehende Antwort von mir, denn ich habe weder Zeit noch Lust, mich mit Leuten wie Ihnen oder Andreas auseinanderzusetzen, die ständig versuchen, die argumentative Auseinandersetzung durch Krittelei auf eine persönliche Ebene zu ziehen.

Anonymous said...

@ HvSt

Nein, bedaure, für Rollenspiele stehe ich nicht zur Verfügung, erst recht nicht, nachdem ich auf die eine wohl abonniert bin.

Ihre Kritik am Positionshickhack finde ich allerdings berechtigt. Hier deshalb ein paar Beiträge, die sich in unterschiedlicher Form mit dem Blogthema beschäftigen (h/t climate etc.). Dass die Auseinandersetzung mit solchen Fragen dem orthodoxen Flügel des Mainstreams als Häresie erscheint, macht Standpunktkonflikte allerdings unvermeidlich ...

http://www.staatvanhetklimaat.nl/2014/11/04/ipcc-bias-in-action

http://chronicle.com/article/Seeking-a-Climate-Change/14970

http://judithcurry.com/2014/11/09/sagans-baloney-detection-rules

http://www.washingtontimes.com/news/2014/nov/7/harris-one-sided-climate-change-coverage

V. Lenzer

hvw said...

Darf ich noch mal erinnern, dass ich um zwei Freiwillige bat?

Na wenns der Bewusstseinserweiterung dient ... gerne.

Karl Kuhn said...

Die hier zu Tage tretenden Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation der Ergebnisse der Post-Studie sind auch ein schönes Beispiel für das im Post von Eduardo (rabbit or duck?) genannte Phänomen.

"In a world full of ambiguity, we see what we want to see."

(Die Überschrift des verlinkten Artikels lautet ja: "How Your Brain Decides Without You" - hoffen wir mal, dass es wenigstens das Hirn ist!)

Anonymous said...

Karl Kuhn schrieb in #35:

"Meiner Meinung nach hat sie etwas geschafft, was eigentlich unglaublich schwer ist, nämlich eine Verhaltensasymmetrie identifiziert, die es normativ so eigentlich nicht geben sollte,..."

Zwei Anmerkungen dazu.

1.) Hat Sie es wirklich geschafft? Ist der Test valide?

Ich habe ja meine Gründe geschildert, warum ich "langsamer" nicht so geeignet finde, und mein Grund hatte nichts mit "Alarmismus" zu tun. Wie viel Prozent der Wissenschaftler hat vielleicht ähnlich gedacht? Wir wissen es nicht.

Svenja Post hätte dies mit einer Kontrollfrage klären können. Z.B. ein zweites Fallbeispiel, diesmal ein Paper mit einem Wert der Klimasensitivität von um die 2°, ein anderes mit einem Wert zwischen 5 bis 6°. Die, die denken wie ich, hätten nun für Publikation des 2°-Papers plädiert. Wir könnten meine Vermutung überprüfen. Hat Frau Post nicht bedacht, kann passieren (wäre mir auch passiert), aber nun muss sie halt damit leben, dass das Ergebnis weit weniger valide ist.

Punkt 2)
Sind sich alle sicher, dass es diese Asymmetrie nicht geben sollte? Ich bin es nicht.

Es geht ja um Risikobewertungen, es geht um Unsicherheiten. Was, wenn die Risiken und Unsicherheiten selbst schon unsymmetrisch sind?

Beispiele:
Jede pdf von Werten der Klimasensitivität ist unsymmetrisch.
Es klingt natürlich anzunehmen, dass sich in einem wärmeren Klima der Wasserkreislauf beschleunigt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Chancen für mehr bzw. weniger Extremregenereignisse symmetrisch verteilt sind.

Liegt es nicht in der Natur einer Risikoanalyse, dass der Schwerpunkt automatisch in Richtung Risiken wandert?
Könnte dieser Umstand auch ein Umfrageergebnis wie dieses beeinflussen? Bin da ziemlich unsicher.

Die Annahme einer "logischen" Symmetrie kann zu Irrtümern führen, ich bin auf folgende Stelle in einem Buch von Senja Post gestoßen:

Die Schlussfolgerung, die Rahmstorf für das allgemeine Publikum zog, war simpel: die realen Entwicklungen könnten noch schlimmer ausfallen, als der Weltklimarat [damals im AR4] prognostizierte. Dieses Fazit war insofern bemerkenswert, als Rahmstorf kurz zuvor noch eine Studie über die Modellierung der Ozean-Atmosphäre-Prozesse für seine Fachkollegen publiziert hatte, die große Unsicherheiten bei der Berechnung des Meeresspiegels zum Thema hatte. Sein zusammenfassendes Ergebnis: „Die Unsicherheit über den künftigen Meeresspiegelanstieg ist wahrscheinlich größer, als früher angenommen.“ Für die Allgemeinheit deutete Rahmstorf diese wissenschaftliche Unsicherheit also in nur eine von zwei Richtungen aus.

Denkfehler erkannt? Die Abschätzung im AR4 (18-55cm) war konservativ, weil Risiken wie mögliche Beiträge von der Antarktis nicht enthalten waren. Die Unsicherheiten waren nicht symmetrisch verteilt, und die Werte im AR5 sind nun eben nicht zufälligerweise höher.

Andreas

Anonymous said...

Habe gerade gesehen, dass es vor etlichen Jahren schon einmal eine Umfrage gab (Kepplinger und Post), deren Interpretation durch die Autoren umstritten war:

http://www.scilogs.de/klimalounge/klimaforscher-befragungen/

Habe gerade mal durchgespielt, wie ich die Fragen dort beantwortet hätte, und habe nicht schlecht gestaunt über die Interpretation der Autoren, die mein Abstimmungsverhalten nach sich gezogen hätte.

Was ich damit aussagen möchte? Im Grunde nur, dass mich das alles ein wenig überrascht. Ich hätte gedacht, man würde nun eher doppelt und dreifach über das Design der Umfrage und über Zulässigkeit der Interpretationen nachdenken.

(Der Fairness halber: vielleicht stehen die Unsicherheiten etc. alle in Posts Studie, ich kenne nur den Text hier).

Andreas

Anonymous said...

@ V. Lenzer

"Zunehmend off-topic, bedaure,..."

Ja, ziemlich off-topic, aber das liegt daran, dass Sie mein Anliegen geflissentlich ignoriert haben.

Es ging mir darum, anhand zweier Beispiele exemplarisch aufzuzeigen, ob es eine Instrumentalisierung wiss. Ergebnis eines Papers gibt. Um zu verdeutlichen, was ich (und einige Wissenschaftler) unter Instrumentalisierung verstehe, hatte ich den Link zur ZEIT gesetzt, wo sich Mudelsee ausführlich äußert.

Sorry, ich habe jetzt nur ihren ersten Link (die Obama-Rede) gelesen, aber das hat gar nichts mehr mit der Fragestellung der Studie und meinem Anliegen zu tun, das ist in der Tat nur noch off-topic.

Sie fragen, was ich unter "Alarmismus" verstehe?

Vielleicht liegt es wirklich an diesem Begriff und wir haben ein Kommunikationsproblem. In der Obama-Rede schildert Obama die Grundzüge der Wissenschaft im Rahmen von mainstream-science (oder habe ich etwas übersehen?) und erläutert, welche politische Konsequenzen er daraus zu ziehen gedenkt. Sie mögen offensichtlich Obamas poltische Präferenzen diesbezüglich nicht, für Sie stellt das schon Alarmismus dar.

Was ich unter Alarmismus verstehen? Ich habe mal alarmism+dictionary gegoogelt, das war mein erster Treffer: http://www.thefreedictionary.com/alarmism
"Übertreibung" ist ein zentrales Element.

Andreas

Anonymous said...

Gut, nehmen wir an, die Arbeit von Post sei methodisch nicht wasserdicht. Ist deshalb auch das Problem weg? Insgeheim wissen doch spätestens seit "hide the decline" alle, dass es existiert.
Dagegen dürfte es äußerst schwierig sein, den Nachweis dafür hieb- und stichfest zu erbringen. Nähme mich wunder, wie man einen Fragebogen so designt oder die Fragen taktisch so formuliert, dass die Befragten ihre Voreingenommenheit freimütig offenlegen.

Statt einen Streit über Methoden und ihre Mängel zu führen, wäre es nicht lohnender, über das Problem an sich und mögliche Lösungen zu debattieren? Analog zur Praxis in politischen Kommissionen bei der Präsentation von Ergebnissen Minderheits- und Mehrheitsmeinungen zulassen? Open Review?Offener (Fach-)Diskurs im Internet? Andere Möglichkeiten?

Man kann eine solche Debatte natürlich auch gleich abwürgen, mit dem Hinweis darauf, es würde gänzlich an Belegen für deren Notwendigkeit fehlen.

V. Lenzer

S.Hader said...

"Hader, meine Äußerungen scheinen sie ja furchtbar ärgern, weswegen Sie wieder anfangen, an meinen Einzelaussagen rumzuverdrehen und rumzukritteln."

Hallo Herr Kuhn, ärgern wäre da nicht das passende Wort. Es ist mehr eine Verwunderung. Ich denke, dass die Argumente nur oberflächlich plausibel klingen und ich von Natur aus nach Widersprüchen suche und auf Inkonsistenzen achte. Ich gebe gerne zu, dass es nicht jedem gefällt, wenn ich im Detail auf sowas aufmerksam mache. Kann auch sein, dass ich mit meinen Folgerungen völlig daneben liege, aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass das innerhalb der Kommunikation etwas klarer wird.

"Bitte erwarten Sie keine weitergehende Antwort von mir, denn ich habe weder Zeit noch Lust, mich mit Leuten wie Ihnen oder Andreas auseinanderzusetzen, die ständig versuchen, die argumentative Auseinandersetzung durch Krittelei auf eine persönliche Ebene zu ziehen."

Ähm....das ist nicht meine Absicht, die Kritik auf einer persönlichen Ebene zu platzieren. Ich bin meine Antworten nochmal durchgegangen, will eine Betriebsblindheit nicht ausschließen, deshalb bin ich Ihnen dankbar, wenn Sie da ein Beispiel nennen könnten. Ich meine das ernst.

MfG
S.Hader

Anonymous said...

Zu #47:

"Gut, nehmen wir an, die Arbeit von Post sei methodisch nicht wasserdicht. Ist deshalb auch das Problem weg? Insgeheim wissen doch spätestens seit "hide the decline" alle, dass es existiert.
Dagegen dürfte es äußerst schwierig sein, den Nachweis dafür hieb- und stichfest zu erbringen."


Wenn man wissen möchte, ob die Medienberichterstattung biased ist, dann gibt es doch eine sehr einfache Möglichkeit:
Man nehme eine Auswahl von Medien aus Zeitungen und Presse, teile die veröffentlichten Artikel nach "alarmistisch" oder "entwarnend" ein.
Dasselbe mache man mit einer Auswahl von Klimawissenschaftsjournalen und man vergleiche die Werte.

In einem zweiten Schritt mache man dieselbe Untersuchung für verschiedene Jahre, in den sich das Verhältnis von alarmistisch/entwarnend unterscheidet. Spiegelt sich dieser Unterschied auch in den Verhältnissen in den Medien wider?

Ziemlich einfach, oder? Wir wissen dann, ob das Problem überhaupt existiert. Schön ist auch, dass wir dadurch auch als Nebenergebnis erhalten, ob der Einfluss eines Bias in Presseerklärungen zu Papern überhaupt groß oder vernachlässigbar ist (ich behaupte mal, dass die Tendenz der betreffenden Zeitung der bestimmende Einflussfaktor ist).

Das ist m.E. der ganz schwache Punkt in der Umfrage: Selbst wenn Post recht hat und die Wissenschaftler biased sind in den Presseerklärungen, wir wissen dann noch längst nicht, ob dieser Bias überhaupt eine messbare Bedeutung hat.

PS:
"Analog zur Praxis in politischen Kommissionen bei der Präsentation von Ergebnissen Minderheits- und Mehrheitsmeinungen zulassen? "

Bezieht sich das auf Reporte wie die IPCC-Berichte? Das wäre dann aber höchst spekulativ. In der Fragestellung der Studie wird nicht einmal andeutungsweise untersucht, ob entwarnendere Paper weniger oft publiziert oder innerhalb der Wissenschaft diskutiert werden.

PPS:
Apropos "hide the decline": Die Umfrage stammt von 2010, da war es nicht lange her, dass eine Welle von Unterstellungen und aus-dem-Kontext-Reißen serienweise durch die Medien schwappte. Skeptische Instrumentalisierung war damals gelebter Alltag, auch z.B. im Spiegel.

Andreas

MikeR said...

@48 "Even if mail is right and the scientists are biased in the press releases, we do not know still far whether this bias has any measurable significance."
Of course it has significance, great significance. If scientists play politics, filtering the science for their preferred message - well, the rest of us are going to see them as politicians. We trust scientists, we do not trust politicians. You lose much more than you gain.
Climate scientists have devastated their brand in the last few years and this is why. And they insist that what's needed is doing more of it. The Koch brothers didn't do it to them, they did it to themselves.

Hans von Storch said...

The issue is NOT what the media do, if they are biased or not, what they do with input from scientists; the issue is if scientists tend to apply an "internal" weighting of their own results conditional upon what they believe may happen with the results in the public. The format chosen by Senja Post I find very well thought of.
The discussion here is much about if scientists are right in doing so; that is a legitimate discussion, even if such a behaviour is difficult to reconcile with the D in CUDOS - of which, I believe, the public assumes as a set of norms scientists are following (they are not, as has been demonstrated since many years in various contexts).

Anonymous said...

My summary:

Climate scientists are biased, that's a fact. The numbers given in the poll prove the bias, so the poll is well designed and the results are reliable. Let's ignore nitpicking idiots like me.

But why should I worry? As a reader of DIE ZEIT and SPIEGEL I see Hans von Storch as the most quoted scientist.

Andreas

S.Hader said...

Wenn wir schon beim Thema Bias von wissenschaftlichen Aussagen sind, wie schaffen es eigentlich Klimaskeptiker, dass ihre politische Ablehnung gegenüber Maßnahmen zur Emissionsreduzierung nicht zu einem Bias bei Aussagen über die Klimawissenschaften führt?

hvw said...

@shader #52,

durch einen redlichen und unbestechlichen Charakter natürlich, aber das werdet ihr vaterlandslosen linken Ökospinner niemals verstehen.

Anonymous said...

REDLICH wäre es zunächst, Maßnahmen zur Emissionsreduktion sachlich zu begründen, nicht mit wackligen Hypothesen und Modellen aber mit empirischen Daten und realen Beobachtungen. Leider haben sich Energiewende und 2-Grad-Ziel längst vom realen Klimageschehen abgekoppelt. Politisch abgesegnet und bürokratisch verwaltet, gehen sie ihren Irrgang unbesehen neuer wissenschaftlicher Einsichten. Kein Wunder, haben doch namhafte Teile Zunft – ähnlich wie Fukuyama das "Ende der Geschichte" – mit der Konsensbehauptung gewissermaßen das Ende der Wissenschaft erklärt.
"Science has spoken" erklären darauf die Politikgrößen – und werden sie so rasch nicht wieder zu Wort kommen lassen.

UNBESTECHLICH, wer dies im wissenschaftlichen Mainstream noch zu sagen wagt, unbesehen der Karriere-Nachteile, die er sich damit einhandelt.

V. Lenzer

Anonymous said...

Mal wieder konstruktiv:

Können wir mal für eine Sekunde von dem völlig an den Haaren herbeigezogenen, hypothetischen Fall ausgehen, es gäbe einen Klimawissenschaftler, der die Öffentlichkeit ehrlich und redlich informieren will.

44 % bei "langsamer" und 26% bei "schneller" halten den Einwand für „schwerwiegend“, dass der Befund „in der Öffentlichkeit falsch interpretiert werden könnte.“

Was befürchtet dieser Wissenschaftler? Ich versuche mich, in die Köpfe hineinzudenken: Wenn ich diese Sorge hätte, dann würde ich die Pressemitteilung so gestalten, dass Passagen enthalten sind, die Fehlinterpretationen vorbeugen sollen, ich würde die Kontexte dann mitliefern. Ist damit nicht alles erledigt und ich kann mich zufrieden im Sessel zurücklehnen?

Welche Befürchtungen sind da noch vorhanden? Ist das womöglich auch eine Medienschelte? Meinen 26 bzw. 44%, dass es manche Medien dann trotzdem schaffen, beim Leser Fehlvorstellungen zu vermitteln?

Wäre schön, wenn sich hvw oder HvS dazu äußern würden.

Und noch etwas würde mich interessieren: Man hört ja häufiger von "publish or perish". Welchen Stellenwert haben dagegen Pressemitteilungen oder Erwähnungen in der Presse? Forciert man das? Lästige Pflicht? Oder kann man das auch einfach sein lassen?

Und wenn jemand schlechte Erfahrungen mit Presseberichten gemacht hat: Ist es legitim, dann auf Pressemitteilungen zu verzichten?
Ich höre jetzt schon wieder jemanden D in Kudos rufen, aber so ganz einfach scheint mir das nicht zu sein. Der Öffentlichkeit wird dadurch das Ergebnis ja gar nicht vorenthalten. Es ist ja in der Wissenschaft publiziert worden. Wenn es wichtig und gut ist, erscheint es vielleicht sogar bei Science und Nature und wird über deren PR-Abteilung beworben. Wenn es wichtig ist, erscheint es im nächsten IPCC-Bericht. Wenn Journalisten Storys suchen, werden Sie es schon finden.

Andreas

S.Hader said...

Prima V.Lenzer, Sie könnten jetzt der Erste sein, der auf #52 aus der eigenen Sicht eine Antwort geben kann. Die Frage ist ernst gemeint.

Anonymous said...

ich vermisse nichts in den Medien...

interessant ist ja auch, dass die Mehrheit der angeschriebenen Forscher die Arbeit als eher unwichtig empfanden und nicht antworteten.

Gab es auch eine Frage, was passiert, wenn der Klimawandel eher langsamer/schneller voran geht? Ich sehe die nicht hier, aber sie ist wichtig.

Was passiert, wenn einer schreibt, der Klimawandel geht langsamer voran und er hat Unrecht? Was passiert im anderen Fall? Haben die möglichen Fehlentscheidungen auf Grund dieser Aussagen die gleiche Auswirkung? Was passiert, wenn der Deich zu hoch ist? Das Geld fehlt möglicherweise bei anderen wichtigen Projekten. Was passiert, wenn der Deich zu niedrig ist? Geld fehlt bei anderen Projekten, weil die Überschwemmung viel Geld kosten wird. Ich bin kein Wirtschaftswissenschaftler, deswegen ist das Beispiel ein wenig polemisch geworden und sehr, sehr einseitig.

Das ist doch eine mögliche Motivation hinter einigen Aussagen. Wurde das evaluiert?

Waldorf & Statler

Anonymous said...

@ Andreas

Betrachten Sie die Dinge oder das Dilemma mal an einem konkreten Fall bzw. im Kontext der Publikationspraxis eines wissenschaftlichen Instituts.

In Bern wirkt das international angesehene Oeschger-Zentrum, das interdisziplinäre Kompetenzzentrum der Universität Bern für Klimaforschung.

Am Oeschger-Zentrum arbeiten u. a. Klima-Paläontologen und Klimahistoriker. Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte haben sie eine stattliche Zahl von Arbeiten publiziert. Darunter ganze Reihen von Beiträgen, die z. B. die historischen Bewegungen von Gletschern untersuchten. Dabei gelang der Nachweis, dass sich die Alpengletscher bereits zur Römerzeit oder während des Mittelalters massiv zurückgezogen hatten. Auch der Mechanismus hinter diesen Bewegungen konnte enthüllt werden. Es handelt sich um Schwingungen der Nordatlantischen Oszillation (NAO), die im Wesentlichen Wachstum oder Rückzug der Gletscher bestimmt haben.

Beiträge zur Klimageschichte wiederum belegen, dass es in Europa regelmäßig zu Phasen rascher und hoher Erwärmung gekommen ist ... im Jahr 1540 beispielsweise s. Wetter/Pfister 2013 (http://www.euroclimhist.unibe.ch/de/historische-klimatologie/literatur) oder sie arbeiten historische Extremwetterereignisse auf, deren Liste zeigt, dass solche Geschehnisse weder an der Zahl noch an ihrer Heftigkeit zugenommen haben.

Am Oescher-Institut arbeiten aber auch Experten der Erdsystemmodelierung, der Atmosphären- und Ozeandynamik, darunter auch Thomas Stocker, Prof. für Klima- und Umweltphysik – und Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe I (Wissenschaftliche Grundlagen).

Im Ganzen bildet das Oeschger-Institut das Bild eines friedlichen Nebeneinanders unterschiedlicher Disziplinen an einer beschaulichen Uni in einer beschaulichen Stadt.

Als etwas störend erscheint dem außenstehenden Betrachter vielleicht der Umstand, dass praktisch alle der historischen Arbeiten in der Einleitung und in der Summary auf den geschichtlich nie zuvor gesehenen, deshalb zweifellos menschlich verursachten Klimawandel im 20. Jh. hinweisen, obschon eben die betreffenden Arbeiten an solchen Deutungen durchaus Zweifel nähren.

Der Hinweis erfolgt meist recht förmlich und rituell. Er ist praktisch zum unvermeidlichen Rosenkranz jedes Klimaforschers geworden, der sich auf der Suche nach Forschungsgeld oder Anstellung nicht schon im Voraus aller Chancen begeben möchte. Ein Fall von postnormaler Wissenschaft. Lesen Sie dazu auch den unverändert aktuellen Beitrag unseres Gastgebers aus dem Jahr 2007 ...

http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2007-23/artikel-2007-23-postnormale-wiss.html

Lesen Sie hier, wie ein unmittelbar Betroffener
die Situation beurteilt ...

http://www.derbund.ch/wissen/natur/Unsere-Gesellschaft-ist-grundsaetzlich-unehrlich/story/24948853?track

und wie ihm darauf geantwortet wird ...

http://www.derbund.ch/wissen/natur/Der-menschliche-Einfluss-ist-klar/story/10097866?track

Viel Lektüre, zugegeben, aber sie wird sich möglicherweise lohnen, wenn Sie nach Antworten auf die Frage suchen, "wie man die Öffentlichkeit ehrlich und redlich informiert.

V. Lenzer

Anonymous said...

@ S. Hader

Zum Ersten: was bitte ist ein Klimaskeptiker? soll es sich dabei um jemanden handeln, der die Existenz des Phänomens Klima grundsätzlich bestreitet?! Dann bringen Sie bitte einen bei und befragen sie ihn, unbedingt!

Zum Zweiten ist Ihre Frage – pardon – so schludrig formuliert, dass sie eine Beantwortung unmöglich macht. Auf ein anderes Feld übertragen und frei übersetzt, würde sie ungefähr lauten: Wie schaffen es eigentlich Kirchenskeptiker, dass ihre politische Ablehnung der Kirchensteuer nicht zu einem Bias bei Aussagen über die Religions-wissenschaften führt?

V. Lenzer

@ReinerGrundmann said...

Sonja Post ist sich der Grenzen der survey Methode bewusst, vor allem des Problems der sozial erwünschten Antworten. Deshalb weist sie am ende des papers darauf hin, dass die Studie von qualitativen Untersuchungen ergänzt werden sollte.

Ein Problem der Validität ihrer survey könnte im Verständnis des Begriffs 'Interessengruppe' liegen. Landläufig oft als Industrielobbyismus verstanden schliesst er ja auch die Umweltgruppen / aktivisten ein. Liest man sich die Antworten unter diesem Gesichtspunkt durch, wird das Ergebnis etwas unscharf.

Man kann ihrer Aufforderung zu qualitativen Studien nur zustimmen, hier ein Zitat vom Ende des papers, das eine solche erweiterte Lesart des Begriffs Interessengruppe andeutet:

It would be fruitful, however, to complement the results of survey experiments with qualitative studies on scientists’ communicative goals and strategies to see what exactly motivates them to reveal or conceal particular findings. Tøsse (2013) interviewed Finnish climate scientists, showing that they pursue two goals in their public communication: they try not to support climate sceptics likely to exploit their findings for economic or political purposes; and they strive to sustain their credibility by demarcating their scientific claims from the dramatic claims of environmentalists. A combination of the quantitative data of survey experiments and qualitative data on their goals, fears and motives seems a promising way to explore scientists’ communicative strategies and further explain bias in media coverage of scientific issues in public controversies.

Anonymous said...

@ V. Lenzer

Danke für ihre Bemühungen, mir vom Innenleben eines schweizer Instituts zu berichten. Nachdem ich mit meinem Rosenkranz fertig war, habe ich mich dann ihren Links gewidmet. Eine schöne Sammlung, interessant, ich kannte noch keinen der Texte (und Interviews mag ich besonders, weil man da die Menschen kennenlernt).

Viel Lektüre, zugegeben, aber sie wird sich möglicherweise lohnen, wenn Sie nach Antworten auf die Frage suchen, "wie man die Öffentlichkeit ehrlich und redlich informiert."

Ja, es hat sich gelohnt. Von Schlüchters Arbeiten hatte ich bislang gehört, den Menschen Schlüchter kannte ich noch nicht.

Nein, nach Antworten auf die Frage, wie man die Öffentlichkeit ehrlich und redlich informiert, suchte ich eigentlich keine Antwort. Ich finde, dass der Bericht AR5-WG1 diesem Anspruch schon sehr nahe kommt.

Im Stocker-Text habe ich persönliche Ansichten und Denkmuster gefunden, die im Zusammenhang mit der Umfrage hier interessant sind:

"Das leistet der Verharmlosung des globalen Klimawandels und seiner regionalen Auswirkungen Vorschub. Gerade von Wissenschaftern erwartet die Öffentlichkeit fundierte und verlässliche Informationen, inklusive der dazugehörigen Unsicherheiten. Diese vorzuenthalten, ist nicht nur unehrlich, sondern verantwortungslos."

Da kommen die Befürchtungen ganz gut zum Ausdruck. Im Schlüchter-Interview habe ich nichts vergleichbares gefunden. Dennoch interessant, denn ich schrieb ja bislang immer von der Gefahr, dass Medien Forschungsergebnisse instrumentalisieren. Dass der Forscher selbst diese Aufgabe in personam gleich miterledigt, das ist bemerkenswert. Z.B. scheint das Attribution-Problem ja doch viel leichter zu sein, als ich bislang dachte ;-)

Und auch der sensible Herr Kuhn kommt im Schlüchter-Interview auf seine Kosten, siehe das wenig subtile Abgleiten auf die persönliche Ebene gegen Stocker. Ob Stocker noch mit Schlüchter reden wird?

Andreas

Anonymous said...

@ Andreas

Treffende Worte von Stocker, nicht wahr?
Fragt sich nur, ob die Syntheseversion des auch von Ihnen geschätzten AR5 dem hehren Anspruch standhält.
Dazu noch einmal den unter Post 40 empfohlenen Link, der Ihnen vielleicht entgangen ist ...
http://www.staatvanhetklimaat.nl/2014/11/04/ipcc-bias-in-action

Ob die beiden Herren noch miteinander reden?
Keine Ahnung. Stockers Aussage "Die Hoffnung auf eine natürliche Erholung der Gletscher ignoriert das gesamte physikalische Wissen über das Klimasystem" dürfte aber mehr als nur einen Glaziologen herausfordern.

V. Lenzer

S.Hader said...

"Auf ein anderes Feld übertragen und frei übersetzt, würde sie ungefähr lauten: Wie schaffen es eigentlich Kirchenskeptiker, dass ihre politische Ablehnung der Kirchensteuer nicht zu einem Bias bei Aussagen über die Religions-wissenschaften führt?"

Hallo Herr Lenzer, das halte ich genauso für eine berechtigte Frage. Politische Einstellungen und Emotionalitäten führen häufig dazu, dass man zu bestimmten Sachfragen eine Befangenheit und Neigung (wortwörtliche Übersetzung von engl. bias) erhält. So gibt es auch genügend Kirchenskeptiker, die die Kirchensteuer ablehnen und gleichzeitig Religionswissenschaften für unnützen Humbug halten.

Das Schöne an den Wissenschaften ist ja, dass man sich dort sagt, egal welche politischen Einstellungen und charakterliche Vorprägungen wir haben, wir wollen gemeinsam Sachverhalte unvoreingenommen behandeln. Und die Wissenschaften haben Werkzeuge entwickelt, die die politischen Einstellungen weitgehend unwirksam machen, wenn man bestimmte Vorgänge analysiert und interpretiert. Das gelingt auch nicht in Gänze, wird sind auch emotionale Wesen und finden bestimmte "Wahrheiten" attraktiver als andere. Der Vorwurf vieler Skeptiker in Bezug auf die Klimaforschung ist nun, dass die dort arbeitenden Wissenschaftler sich zu großen Teilen von Weltrettung, Ökologisierung und schlichtweg Geld leiten lassen, um zu ihren Ergebnissen zu kommen. Und einige deuteten selbst hier in dem Thread an, dass sie in der Studie von Frau Post eine Bestätigung dieser These sehen. Dabei haben viele sich selbst nicht mal gefragt, inwieweit sie sich immun bzgl. einem Bias eigener Aussagen zur Klimawissenschaft machen könnten und sollten.

Kurzum, das Problem ist nicht, dass wir alle politische Ansichten und Emotionen bei dem Thema Klima mit uns tragen, sondern zum Problem wird es dann, wenn eine sprichwörtliche Voreingenommenheit in Bezug auf Sachaussagen daraus entsteht.

Peter Heller said...

Ich verstehe die Diskussion nicht.

Ich beispielsweise habe selbstverständlich einen "Bias". Ich will die Gesellschaft nicht, die am Ende einer wirksamen Klimapolitik (der "Großen Transformation" stünde). Und ich will auch nicht Geld für die derzeitige unnütze und riskante Klimapolitik verschwenden. Ich habe nicht den Eindruck, daß irgendein Klimaskeptiker diese Motivation verschweigt. Klimaskepsis bedeutet auch nicht, Wissenschaft abzulehnen. Sondern die politische Instrumentalisierung derselben zu bekämpfen. Führende Klimaforscher (man nehme Rahmstorf, Schellnhuber und Latif für den deutschsprachigen, Hansen, Schmidt et al. für den angloamerikanischen Raum) machen auch keinen Hehl daraus, es genau anders zu sehen. Nämlich geradezu die Verpflichtung zu erkennen, mit Wissenschaft für eine bestimmte Ideologie einzutreten.

Die Untersuchung von Frau Post bestätigt nur, daß dieser Ansatz weit verbreitet ist und sich viele Protagonisten dessen noch nicht einmal bewußt sind.

Ich hatte den obigen Artikel so verstanden, daß Frau Post sich nicht wirklich traut, diese Schlußfolgerung zu ziehen. Warum auch immer.

Die Klimadebatte ist eine politische, keine wissenschaftliche. Und in einer solchen hat jeder eine Motivation, die seine Argumentationsbasis darstellt. Die einen (die Skeptiker) geben es zu (automatisch). Die anderen (viele alarmistische Wissenschaftler) nicht (sie suchen es in vernebelnden Formulierungen zu verstecken). Frau Post überführt letztere. Erstere müssen nicht "überführt" werden, da sie damit kein Problem haben.

@ Grundmann:

Landläufig oft als Industrielobbyismus verstanden schliesst er ja auch die Umweltgruppen / aktivisten ein.

Nach meinen Beobachtungen hat sich das in den letzten Jahren geändert. In meinem Umfeld sind mit dem Begriff "Lobbyismus" mittlerweile schon eher Greenpeace, BUND, NaBu usw. gemeint als andere. Im Gegenteil müssen wir es extra kenntlich machen, wenn wir wirklich mal die klassischen Industrielobbyisten meinen. "Lobbyist" ist dadurch auch weiterhin sehr negativ besetzt, "Industrielobbyist" oder auch "Interessenvertreter" nicht mehr so sehr. Das liegt an der den Umweltlobbyisten doch noch spezifischen Arbeitsweise.


S.Hader said...

@Peter Heller: "Klimaskepsis bedeutet auch nicht, Wissenschaft abzulehnen."

Das sieht in der Praxis irgendwie anders aus.

"Die Klimadebatte ist eine politische, keine wissenschaftliche. Und in einer solchen hat jeder eine Motivation, die seine Argumentationsbasis darstellt."

Das Schöne an einer politischen Debatte ist, jeder darf eine eigene Meinung haben. Diese ist weitgehend gleichberechtigt zu den anderen Meinungen, was sich u.a. auch auf dem Stimmzettel oder bei Umfragen ausdrückt. Es gibt da praktisch kein richtig oder falsch. Nun glauben nicht wenige, in der Wissenschaft funktioniert das genauso und alle Meinungen sind gleichberechtigt und nur das böse, politisierte IPCC unterdrückt nun einen Teil der wissenschaftlichen Aussagen. Viele verstehen nicht, dass das Ziel von Wissenschaften nicht ist, eine möglichst große Meinungsvielfalt zuzulassen. Denn dort gibt es sehr wohl das Ziel, richtiges von falschen zu trennen.

"Die einen (die Skeptiker) geben es zu (automatisch). Die anderen (viele alarmistische Wissenschaftler) nicht (sie suchen es in vernebelnden Formulierungen zu verstecken). Frau Post überführt letztere. Erstere müssen nicht "überführt" werden, da sie damit kein Problem haben."

Nun Herr Heller, fragen sie sich doch mal unter ihren "Skeptiker"kollegen um. Vielleicht werden viele noch zugeben, dass sie Motivationen besitzen, aber sie werden auch gleichzeitig betonen, dass sie eine neutrale Sicht besitzen und unabhängig sind und aus dem Grund ihre Annahmen zu wissenschaftlichen Themen einen geringeren Bias besitzen als von politisch, engagierten Wissenschaftlern. Ein schönes Beispiel lieferte jüngst Herr Limburg, der die Kosten der deutschen Energiewende auf rund 7 Billionen Euro nach unten(!) hin abschätzte. Auf die Frage, warum er auf solche riesige Zahlen käme, aber Unternehmen und Experten deutlich kleinere Zahlen annehmen, antwortete er (ich zitiere): "Das ist doch sehr einfach. Ich unterliege keinerlei politischen Rücksichtnahmen oder Zwängen irgend einen Zustand schön zu reden oder schön zu rechnen." Nun Herr Heller, es sieht so aus, als wenn bestimmte Skeptiker sich völlig frei von einem Bias wähnen.

"Nach meinen Beobachtungen hat sich das in den letzten Jahren geändert. In meinem Umfeld sind mit dem Begriff "Lobbyismus" mittlerweile schon eher Greenpeace, BUND, NaBu usw. gemeint als andere"

Ein Lobbyist ist erstmal nichts anderes als ein Interessenvertreter. Das trifft natürlich auf Greenpeace usw. zu. Es gibt vermutlich viele sozialromantische oder (sorry) etwas blauäugige Menschen, die glauben, dass nur die Wirtschaft Lobbyismus betreiben kann.

Werner Krauss said...

Reiner #60,

Deinen Hinweis darauf, dass die Autorin die Notwendigkeit nunmehr qualitativer Studien betont finde ich zentral. So mancher Kommentar hier zeigt jedoch, wie gefährlich es tatsächlich ist, vorläufige Befunde (und meistens sind ja Befunde vorläufig) zu veröffentlichen. Draußen wartet schon die Meute, den Befund zur Untermauerung der eigenen Position zu entwenden und schert sich wenig um das Kleingedruckte, aber viel um die eigene politische Meinung.

Ein qualitativer Ansatz könnte auch damit anfangen, den sehr gelungenen Titel der Studie wörtlich zu nehmen: "Nicht alle Befunde kommen leicht zur Sprache". "Zur Sprache kommen" ist immer ein schwieriger Prozess, da Vergleiche gezogen, geeignete Metaphern gefunden und Kontexte geschaffen werden müssen, damit der Befund überhaupt öffentliche Sprache und publiziert werden kann. Umso mehr in der aufgeheizten Klimadebatte, wo jeder Begriff eine potentielle Tellermine und jeder Diskussant ein Sprachpolizist oder Befundsdieb, selten aber einfach nur interessiert ist. Zur Sprache bringen heißt ja nichts anderes, als einem Befund eine Bedeutung zuzuweisen. Einfach neutral Informationen zu vermitteln ist per se unmöglich, auch wenn dies gerne anders behauptet wird. Selbst der kommentarlose Abdruck der DNA Doppelhelix damals auf der Titelseite der FAZ war mehr als die reine Abbildung eines "Befunds" und hatte sogleich symbolische Bedeutung. Desinteressiertheit (das D in CUDOS) ist natürlich wichtig in der Forschung, aber Sprache ist per se immer weltzugewandt und daher interessiert. Auch deshalb - und nicht nur wegen der politisierten Leserschaft - ist es generell nie leicht, einen Befund zur Sprache zu bringen.

Werner Krauss said...

Korrrektur: "Manche Befunde kommen nicht so leicht zur Sprache" heißt der Titel richtig, sorry.

Anonymous said...

Ein paar bedenkenswerte Erweiterungen zum Thema mit Hinweisen auf möglicherweise überschätzte (Selbst)Gewissheiten:

"We are all confident idiots" (the more or less) ...

http://judithcurry.com/2014/11/13/we-are-all-confident-idiots

Besonders empfohlen: der Artikel mit dem Titel "Assertions of scientific certainty are greeted with skepticism", schmale Erhebungsbasis zwar, aber wenn die Beobachtung zutrifft, werden ein paar Leute ernsthaft über ihre Kommunikationsstrategien nachdenken müssen.

Frohes Wochenende
V. Lenzer

Anonymous said...

@ P. Heller

"Ich verstehe die Diskussion nicht."

Verständlich. Die Diskussion, um die es HvS vermutlich ging, ist ja auch gar nicht geführt worden. Ich helfe aber gerne.

Der skeptische (im echten Sinne des Wortes) Teil der Kommentatoren stürzte sich auf das S in Mertons CUDOS. HvS hätte lieber das D diskutiert gehabt.

Na gut: Nehmen wir also mal die Umfrageergebnisse für bare Münze, d.h.:

Die Wissenschaftler sind an einer gut informierten Öffentlichkeit informiert, Inhalte einschließlich Unsicherheiten sollen gut "rüberkommen". Instrumentalisierung ist da kontraproduktiv, die Sorge vor skeptischer (jetzt nicht mehr im echten Sinne des Wortes) Instrumentalisierung ist höher als vor alarmistischer ("alarmistisch" in dem Sinne, in dem es in Wörterbüchern steht).Instrumentalisierung. Daher gibt es eine Tendenz von Wissenschaftler, eher alarmistische Ergebnisse in Medien sehen zu wollen als "entwarnende".

Mein erster Gedanke: Ja, und? Über das, was man in den Medien sieht, entscheiden andere. Selbst wenn es einen Bias meinetwegen bei Presseerklärungen gibt, so wird das ein WSJ kaum davon abhalten, einfach weiter mit umgekehrtem Bias zu berichten. Der Bias mancher Medien ist das Problem, der Rest ist vernachlässigbar.


HvS geht es um grundsätzlicheres:

Unbeachtet davon, dass die Wissenschaftler ein hehres Ziel haben (eine wohlinformierte Öffentlichkeit) und daher vermeiden wollen, den professionellen Verneblern und Verzerrern Steilvorlagen zu liefern, stellt sich die Frage: Dürfen die das?

Wurde bislang nicht diskutiert. Die eine Seite reagierte darauf mit Verständnis, die andere mit Empörung.

Also gut. Dürfen die das?

Keine Ahnung. Meine Frage an die Wissenschaftler hier, ob es da Regeln gibt, was Presseerklärungen angeht (muss man?) blieb leider ohne Resonanz. Aber selbst, wenn sie es dürfen, finde ich, sie sollten es nicht (hat eh keinen Einfluss auf den problematischen Teil der Medien, siehe oben). Und wenn mal extremer Mist irgendwo steht, kann man als Wissenschaftler ja darauf reagieren, wenn man möchte (siehe Stocker im Lenzer-Link oben). Wissenschaftler sollten m.E. nicht versuchen, die Rolle eines Pädagogen einzunehmen, der entscheidet, was für die unwissenden Kinder/Bürger gut ist und was nicht. Gute didaktische Aufbereitung mit den besten Zielen schön und gut, aber das ist die Rolle der Medien.

HvS deutete Probleme mit dem D in CUDOS an. Habe ich nicht verstanden. Die Normen Mertons beziehen sich ja auf das Arbeiten in der Wissenschaft und nicht auf die Kommunikation wiss. Ergebnisse.


@ HvS
Habe ich es richtig verstanden, worum es ihnen ging? Falls nicht, bitte ich um Korrektur.

Andreas

Anonymous said...

Werner Krauß (#66),

wenn ich jetzt böswillig wäre, könnte ich ihren ersten Absatz als Beschimpfung der Leser (miss)verstehen ;-)

Sehr gelungen finde ich in ihrem Beitrag die Idee, die Problematik der Veröffentlichung einzelner wiss. Ergebnisse auf die Umfrage von Senja Post hier zu übertragen. Und an dieser Stelle möchte ich anknüpfen und fragen, ob denn die Kommunikation der Arbeit Posts hier gut gelungen ist. Was z.B. völlig fehlt, ist eine Kommunikation der Unsicherheiten der Ergebnisse, die in Posts Arbeit sicherlich genannt worden sind.

Ehrlich gesagt, mich ärgern Artikel über Einzelergebnisse nur noch. Gestern im SPIEGEL: Klimamodelle sagen für die USA mehr Blitze voraus.
Mein Mitgefühl gilt dem verwirrten Bürger, der dann vielleicht schon nächsten Monat lesen kann "Modelle sagen weniger Extremhagelereignisse für Deutschland voraus" (vorausgesetzt so etwas erscheint überhaupt ;-).

PS
an die Kenner der Originalstudie von Post: Warum erscheint das Ergebnis der Umfrage von 2010 so spät? Im Grunde diskutieren wir, wie es früher mal war.

Andreas

Anonymous said...

@ Krauss

"wie gefährlich es tatsächlich ist, vorläufige Befunde (und meistens sind ja Befunde vorläufig) zu veröffentlichen"

Interessanter Ansatz (bzw. Befund). Sollte er mit Blick auf das Beuteverhalten beider Hauptlager der "Meute" gelten, stünden wir vor einer Rückkehr zu prae-postnormalen Verhältnissen, will heißen zu Methoden, die klaren Kriterien folgen, prüfbar und nachvollziehbar sind und die mit gebotener Skepsis Aussagen über die Wirklichkeit treffen oder dies zumindest versuchen.
Zurück auf Feld 1 also.
Damit wäre indessen eine Hauptforderung der Skeptiker erfüllt, die verständlicherweise für ihren Aufstand gegen übereilte Schlussfolgerungen nicht nachträglich in die Mitverantwortung für zweifelhafte Praktiken gezogen werden möchten, über die sie selbst keine Herrschaft ausübten.

Dass der Zweck die Mittel heilige, werden beide Seiten für sich in Anspruch nehmen, wenn der Revisionismus an jeder Ecke lauert und lieb gewonnene Positionen in Frage zu stellen droht.

V. Lenzer

Anonymous said...

***So mancher Kommentar hier zeigt jedoch, wie gefährlich es tatsächlich ist, vorläufige Befunde (und meistens sind ja Befunde vorläufig) zu veröffentlichen. Draußen wartet schon die Meute, den Befund zur Untermauerung der eigenen Position zu entwenden und schert sich wenig um das Kleingedruckte, aber viel um die eigene politische Meinung.***

Eigentlich wollte ich nie mehr hier posten, aber diese Aussage kann mann nicht einfach so stehen lassen.

Wenn die Wissenschaftler selbst nicht fähig sind ihre eigenen Erkenntnisse korrekt zu reflektieren und/oder die korrekten Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, bzw. die Schlussfolgerungen zu publizieren, müssen andere das tun.

Der Qualitätsjournalismis ist so gut wie tot und die Mainstreammedien plappern den Alarmismus unreflektiert nach:
z.B. nano.de (3sat.de/page/?scsrc=2&date=2014-11-17&division=nano&cx=60) "Extremwetter haben deutlich zugenommen" (ist leider im Text nicht zu finden)

Wieso wird diese ?fehlerhafte? Berichterstattung in den Medien einfach übersehen und ein einziger sporadischer skeptischer Bericht in denselben Medien als Katastrophe empfunden? Wissenschaft lebt von der Auseinandersetzung.

Hätte Zu Gutenberg zu seinen Fehlern gestanden, wäre er vielleicht im Amt geblieben.

DIE Klimawissenschaft macht dieselben Fehler wieder und wieder und wieder, bis niemand mehr zuhört.

Sogar gute Blogs wie die Klimazwiebel sind im Kommentarbereich kaum noch zu ertragen.

Ist eine ernsthafte und ehrliche Auseinandersetzung etwa unmöglich?

In einer Gesellschaft in der die Wahrheit gefährlich ist, möchte ich nicht leben.

So mancher mag sich Kommunismus und Diktatur wieder herbeisehnen, die Mehrheit nicht.

MfG
Yeph

Karl Kuhn said...

was soll denn die *korrekte* Reflexion wissenschaftlicher Erkenntisse sein???

S.Hader said...

Hallo Yeph, Sie schreiben: "DIE Klimawissenschaft macht dieselben Fehler wieder und wieder und wieder, bis niemand mehr zuhört."

Ich bin neugierig, welche Fehler meinen Sie konkret, die immer wieder und wieder in der Klimawissenschaft gemacht werden?

Anonymous said...

Eine "Diskussion" hier, in der sich jeder weigert, mit dem anderen Argumente auszutauschen. Ein Tiefpunkt.

Andreas

hvw said...

Andreas,

ich habe auch keinen Bock mehr, hier zu schreiben, aber aus #55 bin ich wohl noch einen Antwort schuldig. Das sind gute Fragen, die ich aber schwer zu beantworten finde. Es gibt sicher auch kaum Allgemeingültiges dazu zu sagen.

Frau Post's imaginäre Situation ist derart weit entfernt von dem, was ich real erlebe, dass ich mich lieber nicht darauf beziehen möchte.

Welche Befürchtungen sind da noch vorhanden? Ist das womöglich auch eine Medienschelte?

Klimawissenschaftler, die ein bisschen Erfahrung mit Medien und öffentlicher Debatte haben, wissen, dass der Inhalt der Presseerklärung vor Fehlinterpretationen, absichtlich oder aus Versehen, nicht schützten kann. Das ist nicht unbedingt Medienschelte, sondern das Verstehen, dass die Medien nach eigenen Gesetzen funktionieren und pädagogisch wertvolle, objektive Vermittlung von Wissen nicht unbedingt den höchsten Stellenwert hat und haben kann (schon gar nicht bei dem Thema).

Welchen Stellenwert haben dagegen Pressemitteilungen oder Erwähnungen in der Presse? Forciert man das? Lästige Pflicht? Oder kann man das auch einfach sein lassen?

Das kann man sein lassen. Man kann das völlig ignorieren, ich denke nicht, dass Forscher unter Druck stehen, ihrer Einzelergebnisse in die Mainstreammedien zu pushen. Aber es schadet der Karriere sicher auch nicht, was ich daraus schliesse, dass manche, gelegentlich, sich richtig Mühe geben damit.

Ich denke eine (moraliche) Verpflichtung zur Presseerklärung besteht nur, wenn das Ergebnis schon vom Mainstream aufgefriffen wurde (oder das zu befürchten steht), so dass man den Journalisten wenigstens die Möglichkeit gegeben hat, korrekt zu informieren.

Ihr Beispiel mit dem Blitze-Paper finde ich gut. Man sieht, dass das Problem des Spiegels sich nicht darauf beschränkt, sich einen Bojanowski eingetreten zu haben. Auch wenn der im Urlaub ist, müssen Kritik und Anspruch hinter dem Klickfaktor zurückstehen. Mediengesetz - da haben viele andere auch drüber berichtet. Von ganz daneben ("höhere W.-keit vom Blitz getroffen zu werden wg. Klimawandel"), über das unkritische Abtippen der schon irreführenden Presseerklärung (ala Spiegel) bis zu einem ziemlich guten Bericht auf nationalgeographic.com.

Ich stelle mir das so vor: Das Paper ist wissenschaftlich interessant und solide, die Autoren haben gewittert, dass "Blitze" ein Medienthema sein könnte, das mit reisserisch formulierter Presseerklärung, Embargo, etc. etwas gepusht - voila, Visibility. Hochschulleitung und Hochschulkommunikation freuen sich, vielleicht auch das Ego der Forscher. Papa steht in der Zeitung. Super, hätte ich auch gerne.

Als richtiges Problem hingegen sehe ich Papers,die einzig zum Zweck der Medienverwurstung geschrieben werden, und dementsprechend wenig wissenschaftlichen Nährwert haben. Z.B. ziemlich viel was aus "Skeptiker"-Kreisen kommt. Oder auch der UN-Weltkulturerbe Meeresspiegel-in-3000-Jahren Artikel neulich. Ich hätte auch Post's Artikel so eingeordnet, wenn der irgendwelche Medienaufmerksamkeit generiert hätte. So wie's ist, sieht es eher nach effizientem Recycling aus ("Hey, wir machen diese Frage jetzt noch signifikant, dann können wir aus der Umfrage noch einen Publikationslistenpunkt rauspressen"). Nix für ungut, auch Wissenschaftler müssen in einem suboptimal konstruierten System funktionieren.

Andererseits sehe ich gerade, dass AB im Spiegel letztes Jahr eine "unveröffentlichte Arbeit" von Frau Post als Beleg für den Zweifel der Klimawissenschaft am anthropogenen Klimawandel zitiert. Hmm, die Studie ist immer noch nicht veröffentlicht. Aber die Umfrage (n=123) scheint dieselbe zu sein. Vielleicht hat der Bojanowski das auch wieder frei erfunden. Vielleicht ist Frau Posts Kommunikation mit den Medien, hmm, untypisch. Ach es ist alles so traurig. Und langweilig. Und bringt auch nichts.

Anonymous said...

Während hier der Blues wüst auszubrechen scheint (Endzeitstimmung wie an der Bornholmer Straße beim Untergang der DDR), gelingt es hvw in letzter Anstrengung etwas Licht auf die Praktiken der medialen Wissenschaftsverwurstung zu werfen.
Die lange mit lebhaftem Interesse verwöhnte und zur gesellschaftlich bedeutendsten Disziplin hochgejazzte Klimawissenschaft scheint sich mit der ihr auf einmal entgegengebrachten Kühlheit noch etwas schwer zu tun. Dass ihr dann auch noch Leute wie Post als eine Art Trittbrettfahrer das knapper werdende Gut Aufmerksamkeit streitig machen und gar an den Fundamenten der Glaubwürdigkeit knabbern, muss notwendig verunsichern. Auch da ist die Rückkehr zu prae-postnormalen Verhältnissen zu beobachten. Man wird deshalb nicht gleich den "Sand in den Kopf stecken" müssen (Zitat Lothar Matthäus), schließlich gibt es auf dem vorliegenden Feld noch reichlich zu tun.
Über den Umgang mit einer zunehmend kritischen oder skeptischen Außenwahrnehmung lässt sich vielleicht bei anderen, wesentlich heftiger gebeutelten Disziplinen etwas lernen.

V. Lenzer

Anonymous said...

Lenzer,

genau das sind so die "Antworten", die mich daran zweifeln lassen, ob das die Lust bei hvw steigert, hier nochmals auf Fragen zu antworten.

Ich räume den Thread jetzt ebenfalls, Sie können gerne weiter monologisieren. Schon bezeichnend, dass nicht einmal die Blogbetreiber Lust verspürten, hier mitzudiskutieren.

@ hvw
Danke.

Andreas

Anonymous said...

vor 12 Jahren in der ZEIT, immer noch aktuell, wenn man die Diskussion hier so sieht.

http://www.zeit.de/2002/52/Essay_Seitz

Versucht's mal ohne.

Waldorf & Statler

Anonymous said...

Zu einigen der Fragen möchte ich kurz Stellung nehmen:

Hvw, Sie haben in Beitrag 13 einige methodische Fragen aufgeworfen:

1) Zu den fünf vermeintlich fehlenden Klimaforschern: Im Artikel in der Zeitschrift „Public Understanding of Science“ sind Mittelwerte ausgewiesen. Grundlage für Mittelwertberechnungen können nur Fälle sein, die die relevanten Testfragen beantwortet haben. Antwortausfälle können nicht in Mittelwerte einbezogen werden. Insgesamt fünf Klimaforscher haben die Fragen zu den Einwänden gegen eine Veröffentlichung des fiktiven Befundes in einer Tageszeitung nicht beantwortet. Darum reduziert sich die Basis gegenüber allen Umfrage-Teilnehmern um 5 Klimaforscher. In dem Beitrag für die Klimazwiebel weise ich dagegen Prozentwertverteilungen aus. In diese Verteilungen beziehe ich – wie es der guten Praxis der Umfrageforschung entspricht – auch den Anteil derjenigen ein, die die jeweilige Frage nicht beantwortet haben. Die Basis reduziert sich aufgrund fehlender Fälle bei Prozentwertverteilungen nicht.

2) Zur Reliabilität der Skala: Cronbach’s Alpha beträgt für die Bedingung „Klimawandel schreitet langsamer voran“ 0,693 und für die Bedingung „Klimawandel schreitet schneller voran“ 0,717. Die Skala ist folglich für beide Gruppen reliabel.

3) Zur Frage der Signifikanz: Wenn man die Items einzeln anhand von Mittelwertvergleichen betrachtet, ist ein Item signifikant (Befürchtung, dass Ergebnisse von Interessengruppen instrumentalisiert werden). In dem Fachaufsatz habe ich alle Items zu einer Skala zusammengefasst, weil sie intern konsistent sind (s. Punkt 2) und für ein Konstrukt stehen. Dies rechtfertigt m.E. die Erwähnung aller Items im Blogbeitrag – auch wenn ich dort um des besseren Verständnisses willen Prozentwerte darstelle.

Andreas, Sie weisen daraufhin, dass die Datenerhebung bereits vier Jahre zurück liegt. Das ist ein wichtiger Hinweis. Um es in Erinnerung zu rufen: Es war ein Jahr nach Climategate und Kopenhagen.

Zu Ihrer Frage, warum die Umfrage erst in diesem Jahr veröffentlicht wurde: Das hat rein lebenspraktische Gründe. Aufgrund auslaufender Stipendien musste ich zunächst meine Promotion in einem anderen, thematisch verwandten Projekt abschließen (http://jou.sagepub.com/content/early/2014/08/07/1464884914541067), bevor ich ein Paper zu der Klimaforscherbefragung schreiben konnte.

Zum Schluss eine allgemeine Anmerkung:
Ich freue mich, dass mein Beitrag für so viel Diskussion gesorgt hat. Die Ergebnisse der Befragung deuten darauf, dass Klimaforscher, in den Worten von hsv (Beitrag 50) „apply an 'internal’ weighting of their own results conditional upon what they believe may happen with the results in the public.“ Eine solche Gewichtung scheint dem Selbstverständnis bzw. dem Anspruch vieler Klimaforscher zu widersprechen. Das deutet sich in der generellen Forderung der meisten Klimaforscher an, wonach sie „die Öffentlichkeit deutlicher darauf hinweisen sollten, dass noch viele Fragen zum Klimawandel ungeklärt sind“ (s. mein Beitrag oben). Einige Kommentatoren nehmen die Studie zum Anlass, die Gründe für oder gegen eine Gewichtung von Befunden nach ihrer Öffentlichkeitstauglichkeit zu diskutieren. Diese Diskussion finde ich sehr wichtig und ich denke, sie liegt bei den Klimaforschern in den besten Händen. Es freut mich, dass meine Studie hierzu den einen oder anderen Gedanken angeregt hat.

Senja Post

Anonymous said...

Sehr geehrte Frau Post,

herzlichen Dank für ihre Antworten. Ja, die unseligen "lebenspraktischen" Gründe, aber ich sehe, es ist ja alles gut gegangen.

Das Schöne an einer Umfrage ist, dass die Diskussion automatisch die nächste Umfrage impliziert. Es wäre spannend zu sehen, ob sich die Zahlen seit den Nachclimategatewirren sich verändert haben. Und mich würde besonders interessieren, ob sich die Zahlen verändert, wenn man den Kontext ändert (oben hatte ich einen Vorschlag am Beispiel der Klimasensitivität genannt).

Bei mir gab es in den letzten Jahren auch zwei anders geartete "lebenspraktische" Umstellungen. Ich beobachte seither zunehmend alarmistische Tendenzen bei mir. Meine Hinweise zum Umgang mit Steckdosen oder zum Straßenverkehr sind biased in Richtung Alarmismus. Dürfen/müssen Klimaforscher auch "erzieherisch" in der Öffentlichkeit sein?

Wir haben hier leider eine Grundsatzfrage nicht diskutiert im Thread: Wenn über Risiken informiert werden soll (und wenn viele Risiken unsymmetrisch sind), ist dann ein Bias nicht normal (siehe mein Rahmstorf-Beispiel weiter oben)?

Kurz: Angenommen, es ist auch heute ein Bias da. Wie bewerten wir diesen?

Viele Grüße
Andreas

S.Hader said...

@Andreas: "Meine Hinweise zum Umgang mit Steckdosen oder zum Straßenverkehr sind biased in Richtung Alarmismus."

Das ist verständlich. Vermutlich kamen auch noch alarmistische Hinweise bzgl. harten Tischkanten und heißen Herdplatten dazu. ;) Evolutionär macht das auch Sinn, lieber ein bissel mehr alarmistisch zu sein. Ein schwerer Schaden mit irreversiblen Folgen ist durch positive Ereignisse nicht mehr kompensierbar. Aus dem Grund sind wir sensibler auf Situationen, die gefährlich für uns werden können als auf Situationen, die Vorteile versprechen. Mit dem heutigen Wissen über Risikomanagement ist das absolut vereinbar. In den allermeisten Diskussionen über den Klimawandel wird aber seltsamerweise das Thema Risikomanagement sehr oft ausgeklammert. Man tut einfach Aussagen als alarmistisch ab, ohne sich Gedanken zu machen, warum wir Menschen so sensitiv auf Gefahren reagieren.

Anonymous said...

@ S.Hader

Ich habe meinem Kleinen bewusst verschwiegen, dass er in der benachbarten Spielstraße Vorrang hat und dass, wenn er die Stricknadel in die Steckdose steckt, er mit 50% Wahrscheinlichkeit den Nullleiter trifft. Ok, der Bürger ist kein kleines Kind (wobei bei einigen US-Bürgern in Sachen Klimawissenschaft der Vergleich gar nicht schlecht ist), und Wissenschaftler sind keine Erzieher, schon klar.

Andererseits sind Wissenschaftler auch Wissenschaftskommunikatoren, und in dieser Rolle erscheint es mir legitim, mögliche Verwirrungen in der Öffentlichkeit zu vermeiden ("Böden nehmen mehr CO2 auf als gedacht, alles doch nicht schlimm" wäre eine Verwirrung).

Soll man sich auf reine Faktenvermittlung (selbst)beschränken und die Interpretation den Medien und Bürgern überlassen? Die italienischen Erdbebenforscher liefern ein warnendes Beispiel.

Andreas

S.Hader said...

"Andererseits sind Wissenschaftler auch Wissenschaftskommunikatoren, und in dieser Rolle erscheint es mir legitim, mögliche Verwirrungen in der Öffentlichkeit zu vermeiden ("Böden nehmen mehr CO2 auf als gedacht, alles doch nicht schlimm" wäre eine Verwirrung)."

Oder um auf ein anderes diskutiertes Beispiel zu kommen, wenn die Meldung präsentiert wird, Eisbärpopulationen nehmen wieder zu, alles doch nicht so schlimm.

"Soll man sich auf reine Faktenvermittlung (selbst)beschränken und die Interpretation den Medien und Bürgern überlassen? Die italienischen Erdbebenforscher liefern ein warnendes Beispiel."

In der Tat, in Skeptiker-Foren praktisch nicht besprochen, aber in diversen Wissenschaftsblog sehr wohl lebhaft diskutiert. Ohne das es wieder in eine pauschale Medienkritik hinausläuft, aber den Medien ohne Hinzuziehung von Fachkompetenz die Interpretation alleine zu überlassen, halte ich für eine furchtbare Vorstellung. Zu oft werden in allen möglichen Situationen kurzfristige Trends über- und langfristige Trends unterbewertet. Man muss aber auch sehen, dass es in den Medien auch ein Geschäftsmotto gibt, bad news are good news. Von daher haben sie von sich aus ein Eigeninteresse, Gefahrenmeldungen gehäuft zu bringen, ohne das die Wissenschaft da erheblichen Einfluss nehmen kann.

@ReinerGrundmann said...

Ich denke die Diskussion kreist um einen Punkt, der benannt werden muss. Klimawissenschaftler agieren nicht im akademischen Raum, mit in paar Ausflügen in die Medienlandschaft. Die Klimawissenschaft ist nicht irgendeine Wissenschaft sondern eine Wissenschaft, die eingebettet ist in eine politischen Debatte. Zentraler Aspekt für jeden Klimawissenschaftler ist es, die eigene Rolle zu definieren und auszuüben. Die Rollen des Warners, Skeptikers, und Mittlers sind uns bekannt. Je nach Identität wird Forschungsinformation interpretiert und kommuniziert. Die Medien und ihre Konsumenten wissen was sie erwarten können von den jeweiligen Akteuren, da sich diese weitgehend an ihr Skript halten. Es wäre überraschend wenn ein Warner sich mit einer entwarnenden Information an die Medien wenden würde. Es wäre auch überraschend wenn ein Skeptiker sich mit einer warnenden Information an die Medien wenden würde. Vom Mittler erwartet man, dass er beide Seiten dafür kritisiert.

Dieser einfache Rückgriff auf soziologische Rollentheorie hilft vielleicht die beobachteten Verhaltensmuster zu interpretieren.

In manchen Kommentaren sehe ich die stille Annahme, dass jeder Klimawissenschftler eine situative Werteentscheidung trifft, die jedesmal anders ausfallen könnte, je nach Informationsgehalt der Forschungsbefunde und Interpretation der Gesamtlage. Soziologisch gesehen steht schon fest was die jeweilige Botschaft ist. Interessant wird es erst, wenn Überraschungen auftauchen.

Anonymous said...

@ Reiner Grundmann

Nach welchen Kriterien wählt der "honest broker" aus?

Andreas

Anonymous said...

Aha... es gibt also Rollen... von einer Rolle erwartet man sogar, dass die Mitglieder anderer niedermachen. Man erwartet von einem Mittler, dass er die anderen kritisiert... man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Alle anderen sind nur Idioten, die der Öffentlichkeit IMMER nur die halbe Wahrheit sagen...

Das heißt, wenn hier ein Wissenschaftler als Warner oder Skeptiker vom großen Meister Grundmann eingeteilt und mit einem Stern versehen wurde, ist er oder sie Freiwild.

Ich würde das mit den Schubladen einfach lassen... wirken irgendwie einfältig und dienen nur als Kampfbegriffe.

Waldorf & Statler

S.Hader said...

In der Tat spielen viele eine eigene Rolle, auch wenn sie ihnen nicht so bewusst ist. Und es ist auch so, dass viele nach ihrer Rolle entsprechend Forschungsinhalte nicht selber produzieren, aber anders interpretieren. Natürlich möchte niemand gerne in eine Schublade gesteckt werden, aber dem kann man ein stückweit begegnen, indem man weniger stereotype Argumente anbringt. Wer nicht nur als Skeptiker oder nicht nur als Alarmist verstanden werden möchte, der kann ja versuchen, man unterschiedliche Perspektiven in seinen Aussagen einfließen zu lassen.

@ReinerGrundmann said...

86 Andreas

Der Mittler hat eine größere Bandbreite an Aussagemöglichkeiten als die beiden anderen Rollen. Er/sie wird oft aufgefordert, Stellung zu beziehen und von den Warnern als Skeptiker, von den Skeptikern als Warner betitelt.

Das ist der Preis für diese Rolle.

87 Muppets
Typologien gehören zu jedem Versuch einer Analyse. Zeigen Sie mir die Beispiele, in denen bekannte Warner skeptische Aussagen treffen, oder Skeptiker warnende. Wenn dies massenhaft stattfände wäre die Typologie schlecht.

Das mit dem Stern habe ich nicht ganz verstanden, könnten sie das besser erklären?

Anonymous said...

@ Reiner Grundmann

Sie haben meine schlichte Frage nicht verstanden. Sie schrieben:

"In manchen Kommentaren sehe ich die stille Annahme, dass jeder ["jeder" wurde übrigens nirgends behauptet] Klimawissenschftler eine situative Werteentscheidung trifft, die jedesmal anders ausfallen könnte, je nach Informationsgehalt der Forschungsbefunde und Interpretation der Gesamtlage. Soziologisch gesehen steht schon fest was die jeweilige Botschaft ist."

und

"Es wäre überraschend wenn ein Warner sich mit einer entwarnenden Information an die Medien wenden würde. Es wäre auch überraschend wenn ein Skeptiker sich mit einer warnenden Information an die Medien wenden würde."

Meine einfache Frage war, mit welchen Informationen (warnend oder entwarnend) der honest broker sich an die Medien wendet. Ich würde meinen, er entscheidet situativ in Übereinstimmung zu meiner wenig stillen Annahme.

Sind Sie der Meinung "nicht situativ"?

Andreas

Quentin Quencher said...

Interview mit Senja Post in der Sendung SWR2-Impuls
Mal Warnung, mal Entwarnung: Klimaforscher und ihre Studien in den Medien