Saturday, January 15, 2011

Leser_Beitrag - Dr. Quaritsch zum Kohlenstoffkreislauf

 

Nachdem wir einen ersten Beitrag von einem aktiven Leser hatten – Dr. Frank Bosse - hier ein weiteres Experiment der Leserbeteiligung. Diesmal von Dr.-Ing. Klaus Quaritsch (Studium der Buntmetallurgie; nach einigen Jahren in einem Buntmetallbetrieb 35 Jahre lang angestellt im Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden und Nachfolgeeinrichtung; beschäftigt auf wissenschaftlichem und wiss.-technischem Gebiet) zum Thema „Kohlendioxid in der Atmosphäre – was veränderte sich seit 1980“ (download).


Dr. Quaritsch schreibt dazu:

Zahlen über Zahlen, ich wusste nicht, worauf ich mich da einlasse. Eigentlich wollte ich nur für mich eine Übersicht über die Entwicklung des Kohlendioxides in der Atmosphäre und dessen Ausstosses durch die Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle erstellen, weil ich diese nicht meinen Vorstellungen entsprechend aufbereitet im Internet fand. Nun ist der Beitrag Kohlendioxid in der Atmosphäre – was veränderte sich seit 1980? daraus geworden, der zumindest für Leser interessant sein könnte, die nicht die Zeit haben intensive Studien zu betreiben.

Neben allgemeinen Aussagen zur Klimapolitik präsentiert die Arbeit die Fördermengen an den oben genannten Brennstoffen in vergleichbarer Dimension, untersucht die Auswirkungen der Verbrennung derselben auf den CO2-Gehalt und die Kohlenstoffmasse in der Atmosphäre und wagt einen Ausblick auf zukünftig zu erwartende Veränderungen. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die Ermittlung der Wiederentfernungrate  des durch die Brennstoffe in die Atmosphäre eingebrachten Kohlenstoffes. Es konnte festgestellt werden, dass seit 1980 die entfernte CO2-Masse ständig zugenommen hat und der prozentuale Anteil unverändert bei ca. 50 % liegt. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Aussagen in den IPPC-Berichten, dass mit steigender Temperatur die Aufnahmefähigkeit von Land und Meer für CO2 abnehmen sollte. In einer Graphik sind für den Zeitraum von 1980 bis 2008 die prozentualen Veränderungen der Brennstoffförderung, der daraus zu erwartenden und der gemessenen CO2-Konzentration bzw. Kohlenstoffmasse in der Atmosphäre sowie der Welttemperatur dargestellt.

Wir bitten um eine lebhafte Diskussion.
 

20 comments:

Unknown said...

Interessante Analyse mit einleuchtender Methodik!

Ich finde es bemerkenswert, dass die errechnete CO2-Aufnahme innerhalb eines Jahres von ca. 30% bis ca. 70% schwankt. Nachdem wir das CO2 zeitlich und räumlich recht konstant in die Luft blasen, muss es große Abhängigkeiten von äußeren Umständen geben in der Resorptionsfähigkeit je nach Senke (Meere, Gesteinsverwitterung und Pflanzenwachstum sind wohl die wichtigsten). Ist das bereits erforscht?

Als physikgebildeter Klimalaie würde man folgendes erwarten:
+ Die Resorption durch Meere ist geprägt durch Partialdruck, aber auch durch Algenwachstum. Die Löslichkeit von CO2 in Wasser ist stark temperaturabhängig, dürfte aber durch Wind und Wellen beschleunigt werden. Eisflächen verhindern wohl eine Resorption und wären mein wichtigster Kandidat in einer Korrelations-Untersuchung, obwohl die größten Unterschiede hierfür am Nordpol sind, aber die südliche Hemisphäre überwiegend von Wasser bedeckt ist.
+ Das Pflanzenwachstum hat durch die bessere CO2-Düngung zugenommen, wie sporadische Daten nahelegen. Leider beeinflussen die verschiedensten Wetterphänomene das Pflanzenwachstum. Gibt es zeitaufgelöste Studien über die gesamte pflanzliche Biomasse, die einen Rückschluss auf die CO2-Bindung ziehen ließen?
+ Über die chemischen Prozesse der Verwitterung von Gesteinen und die Einflussfaktoren darauf weiß ich leider so gut wie nichts. Sind Geologen unter den Lesern?

Schade, dass die 2009er-Daten noch nicht zur Verfügung stehen. In der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ist der globale Energieverbrauch zum ersten Mal seit langem zurückgegangen und es wäre interessant, wie sich die CO2-Resorption der Erdoberfläche in gerade diesem Jahr verändert hat.

Anonymous said...

"Gibt es zeitaufgelöste Studien ..." etc.

Leider noch nicht einmal ein globales Messnetz, bloß einzelne Stationen, darunter Mauna Loa, in einer PDO-Zone und deshalb ein Zankapfel in der Huhn-/Ei-Frage: folgt der steigende CO2-Anteil der Erwärmung oder vice versa?

Hier einer der Klassiker zum Thema
http://folk.uio.no/tomvs/esef/ESEF3VO2.htm

Irgendwo eine kritische Replik zu dieser Arbeit im Web aufzutreiben?

Werner Weber said...

Lieber Herr Dr. Quaritsch,
ich bin auf die Mauna Loa Seite
http://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/
gegangen und habe die Tabelle annual mean growth rates betrachtet. Dann habe ich fuer 1980 und 2008, dem Anfangs- und Endjahr Ihrer Tabelle 1 die 5-Jahresmittelwerte gebildet (also Mittelwerte von 1978-1982 und 2006-2010) damit 1.39 ppm/y CO2 Anstieg gemittelt fuer 1980 und 1.95 Anstieg gemittelt fuer 2008 erhalten. In 1980 wurden lt. Tab.1 5.8 Gigaton C verbrannt, in 2008 9.7 GtC. Die jeweilgen Quotienten sind 0.233 fuer 1980 und 0.201 fuer 2008. Relativ gesehen nahm also die Atmosphaere in 2008 ca. 15 % wenig CO2 auf als in 1980. Und dies scheint ein stabiler Trend zu sein, der Ihrer 50% Konstanz widerspricht.

Anonymous said...

Eine bemerkenswerte Leistung von Herrn Quaritsch.

Interessant finde ich die Schwankungen der anthropogenen Emissionen, die sich im Verlauf der CO2-Konzentration der Atmosphäre kaum widerspiegelt.

Zwei Fragen bzw. Anregungen dazu:

- Liegt dies daran, dass der Einfluss der Landnutzung (z.B. Waldrodungen) nicht berücksichtigt wurde?

- Nehmen wir mal an, bei konstanter Konzentration an CO2 wird in einem Jahr ein gigantischer CO2-Peak ausgestoßen:
Wie lange dauert es, bis sich die Atmosphäre wieder gleichmäßig durchmischt hat?


@ Herrn Quaritsch

Den Widerspruch zum IPCC sehe ich nicht. Kennen Sie das paper von Knorr et al. (2009) mit dem Titel "Is the airborne fraction of anthropogenic CO2 emissions increasing?", siehe hier. Auch Knorr konnte keine statistisch signifikante Änderung der "airborne fraction" von CO2 feststellen.
Interessant könnte sein, die Methodik von Herrn Quaritsch mit der von Knorr et al. zu vergleichen, leider fehlt mir die Zeit.

Viele Grüße
Andreas

Anonymous said...

Die Literatur geht ja von einem etwas geringeren Wert als 50% für den Anteil des anthropogenen CO2 aus, der in der Atmosphäre verbleibt.

Ich bin bei Le Quéré et al. (2009) (siehe hier fündig geworden: 43% für den sogenannten "airborne fraction". Die Autoren meinen auch eine leichte Zunahme festgestellt zu haben.

Der Grund für die Diskrepanz zu Herrn Quaritschs Werten dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Le Quéré et al. auch die Landnutzung berücksichtigen. Diese ist schwer zu bestimmen, wird dort aber als in den letzten Jahren ungefähr konstant mit 1,2 Gt C zusätzlichen Emissionen abgeschätzt.

Alles in allem frage ich mich auch, wie exakt die Statistiken der Staaten dieser Welt zur Förderung fossiler Energieträger sind. Politisch motiviertes Schönrechnen halte ich in manchen Staaten für durchaus vorstellbar, dazu kommen noch andere CO2-Quellen wie brennende unterirdische Kohleflöze, "Schwarzabbau" z.B. in Indien u.v.m. Wohl noch größer dürfte die Unsicherheit in der Landnutzungsänderung sein.
Ein Fehler in der Größenordnung von einigen Prozent würde mich nicht überraschen.

Andreas

Martin Heimann said...

@ Björn:


die interannualen Schwankungen sind in der Tat von hohem Interesse. Sie sind hoch (r2 = 0.7) korreliert mit ENSO. Ursache sind Änderungen der Kohlenstoffquellen/senken auf den tropischen Landflächen, vor allem in der Amazonas Region. Wurde 1976 bereits festgestellt. Die grossen Vulkanausbrüche (Agung, El Chichon, Pinatubo) spielen auch eine Rolle; hier ist allerdings der Mechanismus umstritten, wie sich die Vulkane auf den Kohlenstoffkreislauf auswirken - via Abkühlung? oder via Veränderung diffuser und direkter Einstrahlung?

Marco said...

anonymous:

Ja, hier:
http://epa.gov/climatechange/endangerment/downloads/RTC%20Volume%202.pdf
(comment 2-3 und response 2-3).

U. Langer said...

Sehr geehrter Herr Weber,

Sie beachten bei Ihren Ausführungen nicht, dass die jährliche prozentuale Rate der Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre bzgl. der CO2-Emissionen sehr stark schwankt. So führt Ihre Methode (Quotient aus 5-jährigem Mittel des CO2-Gehalts mit den Emissionen eines Jahres) ebenfalls zu Schwankungen, so dass ein Vergleich, wie Sie ihn machen, keine sinnvollen Aussagen zulässt (und schon gar nicht, daraus einen Trend abzuleiten).

Ich habe 2007 eine ähnliche Zusammenstellung wie Dr. Quaritsch für die Jahre 1960-2006 erstellt (und dabei die Messwerte des Mauna Loa verwendet) und bin dabei zum gleichen Ergebnis gekommen, dass nämlich dieser prozentuale Anteil des aus der Erdatmosphäre entfernten CO2 auch über diesen etwa doppelt so langen Zeitraum konstant geblieben ist.

Dass eine solches Ergebnis der von Dr. Quaritsch zitierten Aussage des IPCC widerspricht, darf nicht verwundern, da diese Aussage des IPCC auf keinerlei akzeptablem wissenschaftlichen Niveau beruht (um es mal vorsichtig auszudrücken).

MfG

ghost said...

Hm, als erstes habe ich mir überlegt, was das IPCC so aussagt. Ich bin da über den Abschnitt 7.3 im WGI des AR4 von 2007 gestolpert: http://www.ipcc.ch/publications_and_data/ar4/wg1/en/ch7s7-3-1-3.html#7-3-2 Seltsam, dass das nicht in Dr. Quaritsch benutzt wurde.

Tja, ich weiß nicht was das IPPC sagt, aber das IPCC fasst den Stand der Wissenschaft 2007 und davor eben so zusammen, wie verlinkt: das bisher die Airborne Fraction ziemlich konstant blieb (grob gesagt). Wo genau ist da nun der Widerspruch zur Aussage, dass die Airborne Fraction bisher ziemlich konstant blieb (grob gesagt)? Hier ein Bild aus dem AR4: http://www.ipcc.ch/publications_and_data/ar4/wg1/en/figure-7-4.html

Ein neueres Papier von Le Quere et al (2009) meint, die Airborne Fraction steigt ein wenig, Knorr(2009) meint, es bleibt konstant. (Beide Papiere sind im Link unten zu finden.)

Ich sehe weder bei Dr. Quaritsch noch bei Herrn Langer eine ehrliche und ausführliche Beschäftigung mit dem Standpunkt im IPCC-Bericht oder im dem State of the Art in der Wissenschaft. Warum sollte ich mich dann mit deren Untersuchungen (Dr Quaritsch, mit Herrn Langer muss man sich nicht beschäftigen) beschäftigen? Das ist eine ehrliche Frage.

Eine weitere Frage an Dr. Quarritsch: haben sie den verlinkten Abschnitt im IPCC-Report überhaupt gelesen oder vielleicht neuere Arbeiten? Hier ist ein kleiner, guter Überblick: http://agwobserver.wordpress.com/2009/09/28/papers-on-global-carbon-cycle/

Hm, Beitrag war vielleicht etwas oberflächlich, aber ich bin kein Experte auf diesem Gebiet. Auch ist der Beitrag gar nicht so sehr über Dr Quarritsch Untersuchungen, aber ich denke, er zeigt, dass mal wieder gar nicht über den Standpunkt im IPCC-Report oder in der aktuellen Wissenschaft gesprochen wurde. Das kann darin liegen, dass die Ergebnisse falsch in Öffentlichkeit kommuniziert wurden oder dass Dr Quarritsch sich nicht ausreichend damit beschäftigt hat.

PS: Was die gekoppelten Modelle (GCM + Carbon Cycle Models) genau aussagen, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht können ja noch
andere was dazu sagen. Das wäre interessant.

ghost said...

@Björn
sehr guter Beitrag. Aber es gibt die Vegetationsperioden: im Frühling spriest es, im Winter keine Blätter mehr, flapsig gesagt. Dazu kommt, dass im Norden die Amplitude der innerjährlichen Schwankungen größer sind als am Südpol bspw. Weiterhin passt die Schwankung gut mit den Vegetationsperioden zusammen.

Und noch weiter: Pflanzen mögen C12 CO2 mehr als C13 und C14. Dass heißt, wenn die Pflanzen einen großen Einfluss auf die Schwankungen haben, müsste es auch eine Schwankung im Kohlenstoff-Isotopenverhältnis geben. Und die gibt es: http://cdiac.ornl.gov/trends/co2/iso-sio/iso-sio.html

ich kenne nicht alle Details, aber ich denke, das ist alles schon recht logisch. Vielleicht können andere noch mehr Aufklärung betreiben.

PS: die anderen Prozesse, die sie beschreiben, sind bestimmt auch wichtig.

PPS: es gibt auch einen langfristigen Trend. Ralf Keeling hat bspw gezeigt, dass die Abnahme des O2-Gehalts in der Luft sehr gut zur Verbrennung von fossilen Brennstoffen passt, wenn das verstärkte Pflanzenwachstum betrachtet. Das ist im TAR des IPCCs gut beschrieben als auch hier bei Ferdinand Engelbreen, ein skeptischer Laie (weitaus weniger Laie als ich, dafür skeptischer als ich :)), der eine wunderbare Seite geschrieben hat: http://www.ferdinand-engelbeen.be/klimaat/co2_measurements.html

Hans von Storch said...

Martin Heimann kommentiert (wg technischer Probleme (zu lang) hier in zwei Abschnitten von mir, HvS)


Sie befassen sich mit der sogenannten "Airborne Fraction" (=AF). Diese bezeichnet den Bruchteil der CO2 Emissionen, welcher in der Atmosphäre akkumuliert (der von Ihnen angesprochene aus der Atmosphäre entfernte Bruchteil ist dann 1-AF). Es ist in der Tat erstaunlich, dass die AF während der 50 Jahre Beobachtungen (die Messungen auf dem Mauna Loa begannen bereits 1958) weitgehend konstant war, sofern man über 5- 10 Jahre die Daten mittelt.

Man kann die Konstanz dadurch erklären, wenn man annimmt, dass der globale Kohlenstoffkreislauf eine lineare Dynamik besitzt. Im Wesentlichen kann man sich den Kohlenstoffkreislauf als eine Reihe von Kohlenstoffspeichern (Atmosphäre, Vegetation, Böden, Oberflächenozean, Thermokline, Tiefsee, etc.) vorstellen, welche untereinander Kohlenstoff austauschen. Zur Vereinfachung kann man annehmen, dass der Austasuchfluss vom Reservoir A nach B erster Ordnung ist, d.h. dass er hängt nur von der Grösse des Ausgangsreservoirs linear ab: z.B. hängt der Atmosphären-Ozean Fluss primär ab vom atmosphärischen Partialdruck; Doppelte Konzentration -> doppelter Fluss. Dies gilt auch für den Rückfluss, daraus leitet sich ab, dass der Nettofluss (Fab - Fba) von der Konzentrationsdifferenz oder Mengendifferenz der beiden Reservoire linear abhängt. Ein solches lineares System von Kohlenstoffspeichern lässt sich einfach durch ein System gekoppelter linearer Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten beschreiben. Ein Blick auf die Zeitreihe der Emissionen seit vorindustrieller Zeit zeigt, dass diese weitgehend exponentiell zunahmen (mit einer Zeitkonstante von etwa 30-40 Jahren).

Berechnet man die Lösung des simplen Kohlenstoffkreislaufmodells auf eine exponentielle Störung, dann erkennt man gleich, dass sich alle Reservoire und Flüsse zeitlich exponentiell mit der selben Zeitkonstante verhalten. Verhältnisse zwischen zwei Flüssen oder Reservoirgrössen (oder deren zeitliche Änderung) sind konstant, daher auch die AF. Die beobachtete ungefähre Konstanz der AF zeigt, dass wir uns beim Kohlenstoffkreislauf noch weitgehend im linearen Bereich befinden.

Die Wirklichkeit ist natürlich komplexer. Die Emissionen verliefen nicht genau exponentiell; neben den fossilen sind auch die Emissionen aus Änderungen der Landnutzung zu betrachten, und der Kohlenstoffkreislauf lässt sich adäquat nicht mit einem derart simplen Modell beschreiben. Ob sich die AF statistisch signifikant ändert, und welches die Ursachen wären, ist eine zur Zeit heiss diskutierte Frage.

Fortsetzung, siehe nächster Eintrag

Hans von Storch said...

Fortsetzung des Beitrages von Martin Heimann


Hier 5 Paper aus jüngster Zeit zu diesem Thema:

Raupach et al. Anthropogenic and biophysical contributions to increasing atmospheric CO2 growth rate and airborne fraction. Biogeosciences (2008) vol. 5 (6) pp. 1601-1613

Canadell et al. Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks. Proceedings of the National Academy of Sciences (2007) vol. 104 (47) pp. 18866

Gloor et al. What can be learned about carbon cycle climate feedbacks from the CO2 airborne fraction?. Atmospheric Chemistry and Physics (2010) vol. 10 (16) pp. 7739-7751

Sarmiento et al. Trends and regional distributions of land and ocean carbon sinks. Biogeosciences (2010) vol. 7 (8) pp. 2351-2367

Le Quéré et al. Trends in the sources and sinks of carbon dioxide. Nature Geoscience (2009)

Wegen der hohen interannualen Schwankungen der jährlichen CO2 Zunahme in der Atmosphäre ist die Statistik relativ schlecht. Dazu kommt, dass die Emissionen aus Landnutzungsänderungen (u.a. Waldrodungen) sehr unsicher sind. Insgesamt glaube ich, dass man ein Abweichen von der Konstanz der AF noch nicht feststellen kann. In Zukunft ist zu erwarten, dass sie zunehmen wird.

Übrigens: Kohlenstoffdaten finden Sie aufbereitet auf der CDIAC Webseite (Carbon Dioxide Information Analysis Center).

Und auch via die Links auf der Seite des Global Carbon Projects zum Thema des Kohlenstoffbudget - Ihre Tabelle 4 lässt sich dort direkt (mit weiteren Grössen) als Textdatei einsehen.

ps. Zur Umrechnung von Kohlenstoffmengen in ppm: der kanonische Wert ist:

1 ppm = 2.123 PgC (=2.123 10^15 g C)

338 ppm (1980) entsprechen daher 717.57 PgC = 2.631 10^15 kg CO2, was ziemlich nahe Ihres Wertes von 2.584 10^15 kgCO2 liegt.

U. Langer said...

Hallo ghost #7,

Sie gehen in Ihrem Beitrag auf den Abschnitt 7.3. des IPCC-Berichts ein und sagen, wenn ich das richtig verstanden habe, dass die dortigen Aussagen des IPCC doch o.k. seien.
Gegen diesen Abschnitt habe ich ja auch gar nichts gesagt. Ich bezog mich auf den von Dr. Quaritsch formulierten Widerspruch seiner Berechnungen zur diesbezüglichen Aussage in der Zusammenfassung für die Politik des IPCC-Berichts 2007 (S. 14):
„Eine Erwärmung führt tendenziell zu einer Verringerung der Aufnahme atmosphärischen Kohlendioxids durch Land und Ozeane, wodurch der Anteil der in der Atmosphäre verbleibenden anthropogenen Emissionen erhöht wird.“
Diese Aussage beruht hauptsächlich auf den im Kapitel 7.3.5.2. beschriebenen Modellen. Dabei wurde jedoch ausschließlich das Emissionsmodell A2 benutzt, welche eine besonders starke Erwärmung beinhaltet. Dabei kam man auf eine CO2-Steigerung zwischen 20ppm und 224ppm im Jahr 2100. Beschäftigt man sich etwas eingehender mit den einzelnen Prozessen (s. Table 7.3.) wird klar, dass bei anderen Voraussetzungen auch insgesamt eine negative Rückkopplung möglich ist, d.h. dass der Anteil des aufgenommenen CO2 auch u.U. steigen kann. Daher halte ich eine solche Zusammenfassung des Themas, wie sie vom IPCC in der Zusammenfassung für die Politik erfolgte, für recht abenteuerlich und eher zielorientiert als faktenorientiert.
Diese meine Kritik an der Aussage des IPCC wird durch Herrn Heimann bestätigt: „Ob sich die AF statistisch signifikant ändert, und welches die Ursachen wären, ist eine zur Zeit heiss diskutierte Frage.“

Und wenn Sie mir „Unehrlichkeit“ im Umgang mit dem IPCC vorwerfen, muss ich Sie fragen, ob eine Lobhudelei aller IPCC-Aussagen unabhängig von ihrer Richtigkeit für Sie „ehrlich“ wäre – ich denke mal nicht…

MfG

ghost said...

Hallo Herr Langer,

und sie haben es wieder getan. Was soll man davon halten? Im Kapitel 7, auch in der Zusammenfassung, wird genau das gesagt, die AF scheint sich noch nicht wirklich geändert zu haben. Und es wird gesagt, dass Modelle eine eine Zunahme der AF in Zukunft anzeigen (NUR DORT WURDE EINE MÖGLICHE ZUNAHME DER AF ERWÄHNT). Da weder sie noch Dr Quaritsch sich mit den Modellen und deren Aussagen wirklich beschäftigt haben, verstehe ich ihre Aufregung nicht? Auch wurde ihr "zitierte" Satz aus dem Zusammenhang gerissen (Modellergebnisse) und verzerrt dargestellt. Auch stellen sie die Aussagen von Herrn Heimann falsch dar und behaupten er widerspräche dem unwissenschaftlichen IPCC. Was soll das?

PS: dem einzigen, dem ich zustimmen würde, ist die Aufnahmen eines Punktes in die Zusammenfassung zur Darstellung der Unsicherheiten. Aber ich denke, das ist eine allgemeine Kritik an die Executive Summaries im IPCC.

Martin Heimann said...

@ Herr Langer:

die Feststellung des IPCC, dass bei steigenden Temperaturen, der Ozean weniger CO2 aufnehmen kann basiert nicht nur auf Modellen sondern lässt sich aus elementarer Karbonatchemie ableiten. (Wurde von Arrhenius und Högbohm vor 110 Jahre bereits berechnet). Nehmen Sie eine Flasche Sprudel und erwärmen Sie sie - das CO2 kommt raus. Dieser Effekt hängt ab von der Temperaturzunahme, ist jedoch nicht auf Szenarium A2 beschränkt.

Sie haben Recht: es gibt eine Vielzahl von möglichen positiven und negativen Rückkopplungsmechanismen. Alle empirischen Studien, und auch die Modellsimulationen zeigen jedoch, dass die positiven Effekte überwiegen - ich kenne keine, die zu einem anderen Ergebnis kommt. Dies wurde auch so im IPCC Bericht festgehalten. Insgesamt ist der Netto-Rückkopplungseffekt jedoch moderat - es handelt sich um einen <20% Effekt; neuere Studien zeigen, dass er wahrscheinlich eher bei 10% liegt. Dies berücksichtigt jedoch nicht das Erreichen gewisser Schwellenwerte und einige der Prozesse die noch schlecht verstanden sind (z.B. Permafrost). Es jedoch schwer vorstellbar, dass diese weiteren Effekte den globalen Kohlenstoffkreislauf-Klima Rückkopplungseffekt um mehr als weitere ~10% verstärken.

U. Langer said...

Hallo ghost,

ich weise Sie nochmals darauf hin, dass ich mein obiges Zitat nicht aus dem Zusammenhang gerissen und verzerrt habe, wie Sie vermuten, sondern wortwörtlich der Zusammenfassung des IPCC-Berichts (SEITE 14) entnommen habe. Und diese Aussage von der verringerten CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre bei Erwärmung wird dort allgemein gültig dargestellt und nicht auf die Modelle allein bezogen, denn es folgt ALS BEISPIEL eine entsprechende Anwendung auf das A2-Szenarium.

Wenn Sie nun richtig feststellen, dass diese Aussage in der Zusammenfassung des IPCC-Berichts das Kapitels 7.3. verzerrt und nicht im richtigen Zusammenhang darstellt und jegliche Einbeziehung der Unsicherheit fehlt, dann kritisieren wir hier im Endeffekt beide das gleiche Problem.

Und unterlassen Sie bitte in Ihren weiteren Kommentaren Ihre diffamierenden Unterstellungen.

MfG

ghost said...

Herr Langer,
der zitierte Satz steht im Absatz: Projections of Future
Changes in Climate. Alles was darin steht, bezieht sich auf Modelle, Szenarien und Abschätzung auf Basis von den einzelnen Prozessen, die man so untersucht hat. Auch werden die relevanten Kapitel dazu erwähnt, kann man dann ja nachsehen...

Und was schreibt die Zusammenfassung wirklich über die aktuellen Beobachtungen:

The annual carbon dioxide
concentration growth rate was larger during the last
10 years (1995–2005 average: 1.9 ppm per year), than
it has been since the beginning of continuous direct
atmospheric measurements (1960–2005 average: 1.4
ppm per year) although there is year-to-year variability
in growth rates. {2.3, 7.3}

naja, das ist das, was zur Arbeit von Dr Quaritsch noch am relevantesten ist. Ansonsten wird die Airborne Fraction dort nicht erwähnt, glaub ich.

@Herr Heimann
vielen Dank für ihre Beiträge.

U. Langer said...

Hallo Ghost,

ja, glaube ich auch. Damit sind wir an der gleichen Stelle wie ich in der Diskussion mit Herrn Heimann gestern. Da mein gestriger Kommentar dazu wohl irgendwo verschütt gegangen ist, hänge ich ihn einfach noch mal ran (etwas gekürzt - letzten Absatz wichtig).

MfG

Sehr geehrter Herr Heimann,

die Frage der Airborne Fraction lässt sich nicht allein mit Löslichkeitsprozessen (CO2 im Ozean) erklären, wie auch Ihren Ausführungen weiter unten zu entnehmen ist.

Ihr Vorschlag mit der Sprudelflasche trifft die Problematik nicht so gut, denn wir haben es im Meer nicht mit einer hochkonzentrierten Lösung zu tun wie beim Sprudel sondern mit einer stark verdünnten Lösung. Gehen Sie doch lieber zum nächsten Gewässer, entnehmen Sie ein Literchen, erwärmen es um 3°C und beobachten Sie nun das Aufsteigen der CO2-Bläschen…

Das Experiment mit dem Sprudelwasser ist aber sonst schon interessant. Machen Sie es doch mal und beobachten Sie die quantitative Abgabe von CO2 bei gleichmäßiger Erwärmung bis zum Siedepunkt. Da wären wir dann bei einem „Schwellpunkt“. (Um das dann zu erklären braucht man aber wie Sie richtig feststellten etwas Chemie.)

Bei Ihrem zweiten (interessanteren) Teil würde ich mich nicht so stark in der letztendlichen Schlussfolgerung festlegen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass auch in Zukunft der Kohlenstoffkreislauf-Klima-Rückkopplungseffekt nahe Null liegen kann.

Ich hätte da aber mal eine andere Frage. Inwieweit wurden die im IPCC-Bericht genannten oder die von Ihnen erwähnten neueren Modelle zur Kohlenstoffkreislauf-Klima-Rückkopplung an der Erwärmung der Vergangenheit getestet und wie stark variierten die Ergebnisse?

MfG

_Flin_ said...

Sehr interessante Arbeit, zunächst einmal Hut ab in Richtung Hrn. Dr.-Ing. Quaritsch für den betriebenen Aufwand.

Ein paar Anmerkungen dazu:
- Die CO2-Konzentration ist nicht konstant bis in 50km Höhe, sondern nimmt in der Stratosphäre bis 35 km ab (siehe Bischof 1985). Daten über 35km sind mir nicht bekannt, würden mich allerdings interessieren. Es gibt zwar ein Paper über MIPAS Daten und CO2 Konzentrationen in der Stratosphere, dessen Qualität kann ich allerdings nicht beurteilen.
- Wenn mich nicht alles täuscht, wurde doch bisher von einer erhöhten CO2-Aufnahme der Pflanzen ausgegangen. Und letztes Jahr gab es eine Studie, welche meint, ein Sinken der Net Primary Productivity von 2000-2009 der Pflanzen festzustellen.
- Interessant könnte übrigens auch Khatiwalaet al 2009 sein, der sich mit der Frage der CO2 Aufnahme und Speicherung des Ozeans auseinandergesetzt hat.
- Außerdem sollte man bei so einer Analyse auch noch Land Use als CO2 Quelle mit einbeziehen.

Insofern kann ich nicht erkennen, inwiefern da die Aussagen des IPCC falsch sein sollten.

Martin Heimann said...

@ Herr Langer,

das Sprudelflaschenanalogon ist nicht absurd: die Menge eines Gases, welche bei gegebenem Partialdruck in Wasser gelöst werden kann, wird durch das Gesetz von Henry gegeben. Die Löslichkeitskonstante ist temperaturabhängig: bei höherer Temperatur nimmt sie ab, d.h. bei Erwärmung wird die Löslichkeit geringer und ein Teil entweicht der Flüssigkeit, bis wieder ein Gleichgewicht erreicht ist. Dies ist so bei einer Sprudelflasche unter hohem CO2 Partialdruck wie auch bei einem See unter dem heutigen atmosphärischen Partialdruck von 390 Mikroatmosphären. Beim Ozean kommt allerdings noch dazu, dass das CO2 nicht nur in gelöster Form vorliegt, sondern als Kohlensäure zu Bikarbonat- und Karbonationen dissoziert. Diese "Physikochemie" ist seit über 100 Jahren bekannt (Arrhenius zitiert hierzu in seiner Arbeit von 1898 seinen Kollegen Högbohm, der für ihn die Karbonatchemie durchrechnen musste).

Zu Ihrer anderen Frage: die gekoppelten Kohlenstoffkreislauf-Klimamodelle die im letzten IPCC Bericht erwähnt wurden (Friedlingstein et al., 2006) wurden zwar von den einzelnen Modellentwicklern individuell überprüft, aber eine systematische gemeinsame Evaluation unter vorgegebenem Simulationsprotokoll gab es nicht. Für den nächsten Bericht des IPCC wird dies nachgeholt. Ich vermute sehr, dass sich dadurch die grosse Streubreite der Modellsimulationen reduzieren wird. Ob die Simulationen dann allerdings der Natur näher kommen sei dahin gestellt - es könnte ja sein, dass sich die blinde Kohorte gemeinsam von der Wirklichkeit weiter entfernen...

@ _Flin_ :

die Studie von Zhao und Running über die Reduktion der NPP beschreibt nur die interannuale, dekadische Variabilität (die Temperaturen haben ja seit 1998 im wesentlichen stagniert). Sie stellt den allgemeinen "CO2 Düngungseffekt" nicht in Frage. Wobei allerdings offen ist, ob dieser langfristig für die zur Zeit beobachtete CO2 Aufnahme der Landbiosphäre verantwortlich ist.

Die CO2 Quellen durch Änderung der Landnutzung, vorwiegend heute die Waldrodungen in den Tropen, sind in der Tat bei der Berechnung der "Airborne Fraction" mit einzubeziehen. Sie machen aber heute weniger als 20% der gesamten Emissionen aus. Die Unsicherheiten hinter diesen Emissionen sind jedoch meiner Meinung nach der Hauptgrund, warum man zur Zeit eine Zunahme der AF statistisch nicht nachweisen kann.