Thursday, October 8, 2015

Vortrag: Klimaforschung, vernetzte Arbeitsteilung und politische Willensbildung

Am 7. Oktober 2015 habe ich beim Deutschen  Wetterdienst aus Anlaß der Inbetriebnahme des Deutschen Klimadienstes einen Vortrag "Klimaforschung, vernetzte Arbeitsteilung und politische Willensbildung" gehalten.

Die Zusammenfassung laute:

Die große Leistung der internationalen Klimaforschung in den vergangenen 30 Jahren war die Feststellung einer fortschreitenden globalen Erwärmung, des Nachweises der Gegenwart externer Antriebe für diesen Wandel und des kausalen Zusammenhanges zwischen erhöhten Treibhausgaskonzentrationen und sich veränderndem Klima. 

Mit diesem Wissen ist eine neue Dynamik in der internationalen Politik initiiert worden, die unter dem Stichwort „Klimaschutz“ zusammengefasst werden kann. Sichtbares Symbol dieser Politik ist das sogenannte 2° Ziel. Im Bereich der Zivilgesellschaft entstand eine Neigung praktisch alle negativen Entwicklungen der jüngeren Zeit direkt oder indirekt dem Klimawandel zuzuschreiben.

Es stellt sich die Frage, welche Dienstleistung die Gesellschaft von der Wissenschaft bei der Beratung zum Umgang mit komplexen Vorgängen erwartet. Eine häufige Rhetorik in der Öffentlichkeit, aber auch unter einzelnen Wissenschaftlern, verweist darauf, dass Wissenschaft gewisse Entscheidung der Gesellschaft erzwinge; dass Gesellschaft nicht mehr frei wäre zu entscheiden, sondern dass sie das überlegene Wissen aus der Wissenschaft geeignet umzusetzen habe.

Da andererseits das wissenschaftliche Wissen eine bisweilen wesentliche Qualifikation von Option politischer Entscheidungen erlaubt, ist es naheliegend vorzuschlagen, dass Wissenschaft weiter ihre Autorität aus ihrer Methodik zieht, während Politik in ihrem Entscheidungsprozess aus den Optionen wählt, und zwar sowohl nach der wissenschaftlichen Bewertung der Machbarkeit und Konsequenzen als auch nach gesellschaftlichen Präferenzen und Vorstellungen. In diesem Vorschlag entsteht eine vernetzte Arbeitsteilung, die die spezifischen Eigenheiten der gesellschaftlichen Akteure „Wissenschaft“ und „Politik“ bzw. „Verwaltung“ respektiert, und den demokratischen Charakter der politischen Willensbildung anerkennt.


DOI: 10.13140/RG.2.1.2502.2169; [Vollständiger Vortrag]

57 comments:

Hans von Storch said...

Der Beitrag ist jetzt on-line bei Novo-Argumente erschienen nach geringfügigen Anpassungen: http://www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0002526.
Gestalten wie GHB sei empfohlen nachzugucken, wer den sonst noch in diesem Blatt veröffentlicht.

hvw said...

> Gestalten wie GHB sei empfohlen nachzugucken, wer den sonst noch in diesem Blatt veröffentlicht.

Das Blatt hat scheint ja ein recht klar ausdifferenziertes ideologisches Profil zu haben. Warum veröffentlichen Sie dort und nicht woanders? Ich nehme an, Sie können sich das aussuchen. Fühlen Sie sich mit Ihren Anliegen und Argumenten dort in guter Gesellschaft? Oder ist das egal, was schert den guter Text vom guten Autor die Umgebung? Oder versuchen Sie gar, nicht dem Chor zu predigen und die eine oder andere Klimaverwirrte dort abzuholen, wo sie dem Lomborg die Hand hält, um sie sanft auf den Weg der Vernunft zu stubsen?

Quentin Quencher said...

Der Leggewie hat auch schon bei Novo geschrieben. Ich habe es kommentiert.

Karl Kuhn said...

"Warum veröffentlichen Sie dort und nicht woanders?"

HvW, veröffentlichen Sie doch selber mal was, unter Ihrem richtigen Namen. Aber dafür scheint Ihnen ja Mut und Können zu fehlen. Lieber geben Sie HvS im Schutz der Anonymität Ratschläge in anschuldigendem Ton.

Ein Anfang wäre schon gemacht, wenn Sie die Probleme, die Sie mit Novo bzw. Spiked haben, hier etwas klarer benennen würden. Machen Sie doch einen, meinetwegen anonymen, Post daraus.

hvw said...

@Karl Kuhn

Das war eine ernst gemeinte Frage, und der "anschuldigende Ton" ist in Ihrem Kopf entstanden. Ich habe auch keine "Probleme mit Novo", lediglich eine Verständnislücke, nach welchen Kriterien Protagonisten der Klimadebatte ihre Foren wählen.

"Neugier", können Sie ja mal googeln, wenn sie sich wieder einigermassen beruhigt haben. Und die Bedeutung des Wortes "Ratschlag" hilft Ihnen sicher auch weiter.

Karl Kuhn said...

HvW, blablabla ... erst sarkastisch rumgeifern und dann unschuldig tun. Sie zeigen in fast allen Ihren Beiträgen massive Probleme beim Umgang mit abweichenden Meinungen, denen sie praktisch nur mit Sarkasmus, Verdächtigungen und Gepöbel begegnen. Und das halten Sie dann wohl für Ihre Art, Ihre 'Neugier' auszudrücken.

Hans von Storch said...

Herr Kuhn, sein Sie gnädig mit dem jungen Mann. Er will doch nur spielen. Ich fand seinen Ton auch etwas eigenartig, Früher auch schon ab und an; die Atmosphäre "Ich WEISS es definitiv" stört vielleicht den einen oder die andere. Aber im Vergleich, was es sonst so in der Blogosphäre gibt, ist er doch harmlos. Also lassen wir ihn gewähren.

Warum ich dort (in novo) publiziere? Warum nicht dort? Wenn Sie meine Publikationsliste durchsehen, werden Sie sehen, dass ich keine Standardjournale habe. ZEIT, FR und SZ sind schwach oder gar nicht besetzt, weil ich deren Bedarf in der Regel nicht bediene. Ich hatte nicht darauf geachtet, wer da noch in novo publiziert, aber wenn ich es gewusst häte, hätte ich meine Wahl noch mehr genossen - so eine Chance unseren Freund GHB auf Trab zu bringen (obwohl er jetzt schweigt) hat man ja nicht oft. Wir haben eine ganze Reihe von Schreibern hier, deren Reaktion man gut vorhersagen kann. Ich gehöre vielleicht auch dazu?

Theoretisch sollte es möglich sein, sich auch zu dem Text selbst zu äußern.

Anonymous said...

@ Karl Kuhn

Warum gehen Sie nicht mal mit gutem Beispiel voran?

Ich habe mich dasselbe gefragt wie hvw. Habe aber auf das Abschicken der Frage verzichtet, weil ich
a) keine der "Gestalten" sein wollte und
b) keine Lust auf solche Reaktionen hatte, wie sie hvw jetzt erfährt.

Warum gerade dort? Wo ist der Mehrwert zur Klimazwiebelveröffentlichung? Wiegt er die Risiken auf?

Sagen wir einfach mal so: Ich bin überrascht, ich hätte es nicht getan. Muss aber jeder selbst entscheiden, wir sind ja alle erwachsene Menschen.

Andreas

Hans von Storch said...

Andreas, das finde ich jetzt interessant: "Wiegt er die Risiken auf?". Welches sind die Risiken, von was? Beschädige ich mich meinen Text, wenn ich in einem Blatt publiziere, in denen auch Menschen zu Wort kommen, die Menschen wie GHB (und hvw) nicht als (hier nur: indirekte) Gesprächpartner akzeptieren wollen? Können wir nur diskutieren, wenn wir uns vorher auf eine Ausschlußliste geeignigt haben?

Anonymous said...

@ HvS

Hansen machte bei Bill Kibbens 350.org mit. Riskant, weil dann die Frage gestellt werden wird, ob Hansen nun Wissenschaftler oder Aktivist ist.

Sie schreiben auf einer mir unbekannten Webseite. Mit Blick auf die Autorenliste dort habe ich viele Klimaskeptiker gefunden.

Bei Hansen sehe ich das Risiko, in die Aktivistenschublade gesteckt zu werden. Bei Ihnen das Risiko, von manchen (nicht von uns hier) in die Skeptikerschublade gesteckt zu werden.

NovoArgumente kann durch ihren Namen nur an Renommee dazugewinnen. Können Sie durch Verbindung mit Skeptikernamen etwas gewinnen?

Wir hatten das hier schon einmal nach dem Lissabon-Treffen durchdiskutiert.
Mein Ergebnis war: Man kann es machen, muss es aber nicht. Und wenn man es macht, dann lohnt es sich nur, wenn man auch ein paar Leute erreichen bzw. abholen kann. Letzteres kann ich nicht beurteilen, ich kenne NovoArgumente nicht.

Andreas

hvw said...

@HvS

> Theoretisch sollte es möglich sein, sich auch zu dem Text selbst zu äußern.

... der jetzt aber nicht überraschend, oder ungewöhnlich, oder viel neues (wenn man Ihre Veröffentlichungen sonst so verfolgt) ist. Nicht falsch verstehen, ich finde ihn gut. Insbesondere den Versuch mal wieder die Sache mit den Fakten, dem wiss. Prozess, der "Wahrheit", den "besten Erklärungen" und der Unsicherheit zu erklären.

Warum das Erstaunen über die Veröffentlichung in Novo? Hat sicher nichts damit zu tun "wen ich als Gesprächspartner akzeptiere". Tschuldigung, seltsame ad-hominem Äusserungen kommen gerade nicht von mir.

Sie beklagen oft (imho zu Recht) die "Verwissenschaftlichung der Politik", das Aufrufen wissenschaftlicher Ergebnisse (oder deren einfache Behauptung), um eine politische Agenda zu stützen. Das ist ein dummer Trick, der a) die nötige politische Diskussion abwürgt und b) negativ auf den wissenschaftlichen Betrieb zurückwirkt. Es scheint, dass in Novo solche Artikel ungewöhnlich häufig erscheinen, eigentlich fast alles in der der aktuellen Ausgabe, was mit Umwelt, Ernährung oder Energie zu tun hat. Nee, ehrlich, ich würde eher in der Bäckerblume schreiben als neben "Limonade: Dummheit oder Lüge?" und "Wurstkrebs: Wofür sprechen die Fakten?", aber ich habe ja auch keine unkaputtbare Autorität, wie Sie.

Hans von Storch said...

@hvw,
ich habe weder den Limonade-Artikel noch den Wurstkrebs-Artikel gelesen. Das die "Wurstkrebs"-Affäre/Behauptung etwas eigenartig verhandelt wurde in Deutschland, hatte ich allerdings bemerkt - mit dem direkten Übergang zur Notwendigkeit des Guten Lebens.

Ihr HInweis, ich hätte eine "unkaputtbare Autorität" finde ich interessant - und neu, für mich. Wenn dem so wäre, und ich glaube eigentlich nicht das es so ist, so wäre zu fragen "Wieso unkaputtbar"? Im alarmistischen Sektor und im skeptischen Sektor ist ja schon mancher als Autorität losgelaufen und dann ziemlich schnell reduziert worden zu jemand, der die "eigenen Massen" bei Laune hält. Da ich offenbar so ein Art "Autorität" in der Öffentlichketi seit meinem ersten großen SPIEGEL Interview in 2003 zu haben scheine, also seit 12 Jahre, liegt vielleicht daranan meinem nachhaltigen Umgang mit dieser Resource liegt - andreas: ich bleibe einfach bei meiner "Linie", die ich nicht meine oft zu verändern, und die Versuche, mit in die eine oder andere Kiste zu stecken, hat nicht funktioniert. Insofern sehe ich das nicht als Risiko an sondern als eine laufende Praxis; Medien und Politik ticken so. Wenn mich jemand in eine seiner Kiste, pro oder contra" stecken will, soll er/sie es probieren. Bisher hat es nicht geklappt.

Noch mal zur Frage des Klimarealisten und der Einordnung in die Grupppe der 100 einflußrecihsten (?) Deutschen durch Focus. Der Titel "Klimarealist" ist nicht ganz unpassend, meine ich; die Einordnung unter die 100 einflußreichsten Deutschen war ein bischen albern. Da gehöre ich natürlich nicht hin. Ich kenne ja gar nicht viele Menschen. Vielleicht unter 100.000 einflußreichsten ?

Hatte ich mich zu dem Thema hier eigentlich mal geäussert? Ich kann mich nicht erinnern. Dass meine Einrichtung erfreut war und medial aufgegriffen hat, halte ich für normale betriebliche Praxis. In der Liste meiner News auf meiner Web-Seite, http://www.hvonstorch.de/klima/press.htm, finde ich unter dem Stichwort FOCUS nichts dergleichen

Anonymous said...

Aber ich wette, das, was ganz unten im Artikel steht, ist eine neue Erfahrung:

Verwandte Artikel:
Fred F. Müller: Klimawandel: Die tödlichen Nebenwirkungen der internationalen Klimapolitik
Gerd Ganteför: Klimawandel: Der Mythos vom natürlichen Gleichgewicht
Rob Lyons: Weltklimarat: Politisch bis ins Mark


Nicht böse sein, aber da musste ich beim ersten Lesen laut auflachen ;-)

PS:
Und wenn man auf einen Artikel klickt (ich rate davon ab), dann erscheinen weitere neue Perlen unter "verwandte Artikel". Haben mich genau davor nicht meine Eltern und das UBA immer gewarnt? ;-)

Andreas

Quentin Quencher said...

@ Andreas
@ HvW
@ GhB

Der Kampf, die Trennung in Freund und Feind, scheint Euch ja wichtiger zu sein, als der Diskurs. Carl Schmitt lässt grüßen. Alles was dem Gegner nützen könnte, sollte vermieden werden, ums Argument geht es dann nur noch am Rande.

Hans von Storch said...

Der Redaktionsleiter Johannes Richardt von Novo ARgumwente hat unsere Diskussion gelesen und merkt an:

"Interessante Diskussion. Dass manche so sehr über die Frage nachdenken, wo seriöse Wissenschaftler schreiben dürfen und wo nicht, um noch als respektabel zu gelten, zeigt mir, dass wir mit den ersten Sätzen unserer Einleitung zum Klimawandel-Dossier wohl nicht so falsch liegen: http://www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_dossiers/klimawandel/.

Gerade in der Wissenschaft sollten offene und undogmatische Debatten ohne politische Vorverurteilungen möglich sein. Schade, dass ihr anonymer Mitdiskutant das scheinbar anders sieht.

Bei Novo veröffentlicht übrigens ein sehr breites Spektrum von Persönlichkeiten. In der aktuellen Printausgabe haben wir u.a. auch ein Interview mit Ralf Fücks von der Böll-Stiftung publiziert, den man wohl kaum zur Spezies der „Klimaskeptiker“ zählen dürfte.
"

Anonymous said...

@ Quentin

*gähn*

Andreas

Anonymous said...

@ HvS

Was soll das seltsame Spiel?

Sie lassen in #1 diesen merkwürdigen Zusatz fallen:
Gestalten wie GHB sei empfohlen nachzugucken, wer den sonst noch in diesem Blatt veröffentlicht.

Neugierig geworden wegen dieses Zusatzes schaut man tatsächlich mal in die Autorenliste und stellt die erwartbare Frage, warum Sie dort veröffentlichen, was dann in #15 kulminiert.

Ist es Ihnen zu ruhig in der Klimazwiebel geworden? Sorry, ich habe keine Lust über solche Trivialitäten zu streiten. Und falls es Ihnen darum ging, dass man sehen sollte, dass Sie da publizieren, wo auch Maxeiner und Miersch publizieren, dann sagen Sie es einfach selbst.


@ Herr Richardt

Vermutlich bin ich zu mainstream, um ihr Journal mit dem Ziel jenseits des mainstreams zu sein und das Klimadossier angemessen würdigen zu können. Hätten Sie noch Galileo eingebaut, hätten Sie mich vielleicht überzeugt.
Interessiert wäre ich aber an Darstellung zur Evolution jenseits des politischen mainstreams. Haben Sie dazu auch ein Dossier?

Andreas


hvw said...

@Johannes Richardt

Gerade in der Wissenschaft sollten offene und undogmatische Debatten ohne politische Vorverurteilungen möglich sein. Schade, dass ihr anonymer Mitdiskutant das scheinbar anders sieht.

Die Novo-Redaktion glaubt also, dort fände wissenschaftliche Debatte statt? Ich finde bei Novo schon gute Beiträge, gerade wenn eine mir ferne Sichtweise der Dinge gekonnt vertreten wird. Dafür muss ich aber lange scrollen. So als Faustregel: Einach mal alle Artikel rausschmeissen, in denen Fachliteratur zitiert wird oder Statistiken bemüht werden, dann könnten Sie das Niveau dramatisch erhöhen.

Werner Krauss said...

Wenn ich mal was zum Inhalt des Artikels von Hans anmerken darf, und zwar in Form einer (zugespitzten) Stilkritik: der Artikel ist durchgängig auf der rhetorischen Figur des Ressentiments aufgebaut. Es wird einfach behauptet, es gäbe "im Bereich der Zivilgesellschaft", in der "Öffentlichkeit" und unter "einzelnen Wissenschaftlern" gewisse Tendenzen alles dem Klimawandel zuzuschreiben und dass Wissenschaft gesellschaftliche Entscheidungen ersetzen solle. Der Autor überlässt es allerdings den LeserInnen zu entscheiden bzw. zu raten, wer denn solche Ansichten hat. Die NGOs? Die Grünen? Das PIK? Der Autor ist fein aus dem Schneider, denn er kann zu jeder Vermutung hinterher immer sagen: das habe ich nie behauptet. Genau darauf beruht die zersetzende Kraft des Ressentiments.

Auch die Behauptung, dass Wissenschaft ihre Autorität aus den Methoden bezieht, beruht auf der impliziten Unterstellung, dass manche Wissenschaftler methodisch unsauber arbeiten - welche das sind, wird wieder nicht gesagt.

Dasselbe gilt übrigens auch für das Label "Klimarealist", dass Miersch Hans verliehen hat. Klimarealismus macht nur Sinn, wenn andere eben keine Realisten sind - die vom PIK? Oder manche Kollegen in Hamburg? Oder Hansen in Amerika? (Wer Maxeiner und Miersch auch nur ein bißchen kennt, muss nicht lange raten). Dass das Institut für Küstenforschung mit Verwendung von Steuergeldern (ein Argument, das Hans dem UBA vorwirft) den Artikel von Miersch auf seiner Website stolz veröffentlicht und Hans als Institutsdirektor sich diese Auszeichnung zusätzlich noch anheftet ist ein Beispiel genau dafür, wie wenig Wissenschaft, Medien und Politik in der Praxis getrennt sind. Diese Trennung wird erst im Nachhinein wieder eingeführt, durch die Behauptung, dass manche in Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft oder Wissenschaft Fakten und Ideologie nicht trennen - das Stilmittel dazu ist das Ressentiment, das die eigene Verwicklung überdecken hilft.

Das Problem ist meiner Meinung nach somit nicht der Ort, wo der Artikel veröffentlicht wird, sondern die Art der Argumentation: das Ressentiment, der heimliche Groll, die Unterstellung. Das Opfer dabei ist die (auch politische) Auseinandersetzung um konkrete Inhalte, der Streit um die bessere Lösung - wie Hans es ja in vielen Artikeln (Hockeystick, Climategate, Klimafalle) oft genug vorbildlich vorgeführt hat, nur hier (und in einigen der letzten posts) nicht.

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauß

Oh jeh, vielleicht ist HvS ein Defätist, warum sonst sollte er mit dem Stilmittel des Ressentiments arbeiten? Dabei war der doch früher so schön vorbildlich. Entsteht nun möglicherweise der Eindruck HvS will gar nicht den „Streit um die bessere Lösung“ führen. Das Stilmittel Ressentiment könnte ja nahe legen, dass HvS nicht beim Streit um die Lösung ansetzt, sondern beim Streit um die Beschreibung des Problems. Das muss natürlich sofort verhindert werden, das ist defätistisch.

@ReinerGrundmann said...

Werner

ich kann deiner Logik der Argumentation nicht folgen. Warum ist es Ressentiment wenn man sagt dass politische Ziele wissenschaftlich begründet werden, oder dass bestimmte Tendenzen vom Klimawandel herrühren?

Solche Praktiken sind ubiquitär und auch dir geläufig. Das Paper von Hans ist kein wissenschaftliches paper in dem die Datenquellen aufgelistet sind, es ist ein Kommentar eines Beobachters der eine Menge Erfahrung in diesem Gebiet hat.

Extremwetterereignisse, gestiegene Emissionen, heisseste Jahrestemperaturen werden täglich erwähnt um Druck auf den Klimagipfel zu erzeugen.

Ich hatte vor einigen Tagen einen Austausch mit Jeffrey Sachs auf twitter, der behauptete, der syrische Bürgerkrieg und ISIS seien ein Produkt des Klimawandels. Dieselbe Behauptung hat Prince Charles gemacht.

Das erinnert doch sehr an Mike Hulme's statement 'don;t ask what you can do for climate change, but what climate change can do for you'

Nahezu beliebige Beispiele werden hergenommen um daran zu erinnern, wie wichtig es ist über Klimawandel zu reden.

Drücke ich damit ein Ressentiment aus?

Oder: von welchem Wörterbuch lässt du dich leiten?

Quentin Quencher said...

Reiner Grundmann fragt Werner Krauß: „Oder: von welchem Wörterbuch lässt du dich leiten?“

Eine Antwort auf diese Frage würde mich auch brennend interessieren.

Werner Krauss said...

Na gut, hier mal mit Pfeffer, unter Freunden. Duden & Wikipedia machen definitionsmäßig einen guten Job. Stutzig wurde ich durch Nico Stehrs unsäglichen Nature Artikel, in dem er Hansen mit Pegida verglich - indem er Zitate einfach nicht auf ihren Kontext überprüfte. Wurde von HvS und Reiner hier einfach so durchgewunken. Zur gleichen Zeit hat HvS Schellnhuber hier in mehreren Posts zum Teil wörtlich zitiert, ohne seinen Namen zu nennen. Dagegen larmoyante Sätze wie dass Kollegen ihn schon so oft enttäuscht hätten in Bezug auf ihren Umgang mit Wissenschaft - heimlicher Groll eben, wie wikipedia Ressentiment definiert. Keine argumentative Auseindersetzung. Dagegen hat HvS Miersch verteidigt, im Namen der Wissenschaft, und das UBA angeklagt, mit Steuergeldern wissenschaftliche Fragen entscheiden zu wollen. Doch was ist damit, mit Steuergeldern Mierschs Artikel auf der website des Instituts zu veröffentlichen und dazu zu verwenden, das eigene Institut und vor allem die eigene Person ins rechte Licht zu rücken? Wissenspolitische Fragen mit Hilfe von Journalisten mit eindeutigem Hang zum Klimaskeptizismus zu entscheiden - das geht dann schon in Ordnung? Übliche Praxis eben, wie HvS anmerkt? Wieso steht über solche symbiotischen Verhältnisse eigentlich nichts in HvS Artikel über sein Verhältnis zu den Medien?
Ich halte es keineswegs für eine Tugend, Ansichten, die vor zehn Jahren einmal richtig waren, immer weiter vor sich herzutragen. Ich glaube eher, dass sie sich in Ressentiments verwandeln und in Scheu vor der eigentlichen Auseinandersetzung. Alarmisten versus Skeptiker ist Schnee von gestern, und wer es sich in der Mitte bequem macht, sucht Zuflucht im Ressentiment statt im Argument. Ganz abgesehen davon, dass mit dem permanenten Insistieren auf einer fundamentalen Trennung von Politik und Wissenschaft 30 Jahre sozialwissenschaftlicher Forschung ignoriert werden, sei es aus Unwissenheit oder aus wissenspolitischen Gründen. Und zu guter letzt, Reiner: ich habe vor inzwischen ca 25 Jahren zum Problem des grünen Alarmismus geforscht - und habe die Diskussion immer weiter verfolgt. Sie ist nicht stehengeblieben, auch wenn sich das so mancher wünscht, weil er sich sonst ändern und neuen Fragen stellen müsste.

Günter Heß said...

@Werner Krauss

Finde ich auch bemerkenswert was die Pressestellen von Instituten die mit Steuergeldern finanziert sind so treiben.
Siehe auch die Inszinierung der "Selbstverbrennung" am PIK. Scheint mir aber vom " Mission Statement" gedeckt zu sein.
Das ist also das normale Vorgehen das sie beobachten.
Die Frage wäre jetzt, sollte der Steuerzahler so was finanzieren und wird nicht die Presse längst von den Instituten gelenkt über die sie sich dann beschweren wenn die nicht in ihrem Sinne berichten. Vermutlich kann man da Ursache und Wirkung längst nicht mehr unterscheiden.

Karl Kuhn said...

Mein Eindruck ist, dass das Geschimpfe von Werner Krauß eher einem allgemeinen Ärger über HvS entspringt als dem konkreten Artikelinhalt.

Extreme Wetterereignisse werden heutzutage seitens der Medien und aktivistischer Wissenschaftler unweigerlich mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht. Zwei Behauptungsmuster dominieren: a) "das IST der Klimawandel", und b) "so sieht Klimawandel aus". Die letztere Behauptung versucht etwas klüger zu klingen als die erste. Da es allerdings in allen denkbaren Klimazuständen auch immer wieder lokale Extremereignisse geben wird, kann man nie zweifelsfrei behaupten, dass ein einzelnes Ergeignis von einer Klimaänderung verursacht sein muss. Dazu muss man sich die Häufung von Extremereignissen über die Zeit anschauen und versuchen, diese mit Klimaänderungen in einen statistischen Zusammenhang zu bringen. In Anbetracht der kurzen Zeitspanne, für die uns verlässliche Daten zur Verfügung stehen, dürfte das bisland kaum sauber möglich sein. Nun gut, wenn es wärmer wird, ist es plausibel, von mehr Hitzewellen auszugehen, sofern diese durch das Überschreiten einer absoluten Temperaturschwelle definiert sind. Trends für Regen, Stürme, Dürren dagegen sind nicht in vergleichbar plausibler Weise zu postulieren, weswegen hier in Ermangelung von Daten theoretische Argumente gesucht werden.

Wie auch immer, diese wissenschaftlichen Schwierigkeiten bei der Attribution von Extremwetterereignissen ändern nichts daran, dass nach jedem Ereignis genau dieser Zusammenhang hergestellt wird. Das Phänomen ist so ubiquitär, dass man zu seinem Nachweis eigentlich keine Namen nennen muss. Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach einer wissenschaftlichen Bestätigung der These Klimawandel -> mehr Extremwetter seitens der Medien und politischer Aktivisten groß, so dass nach jedem Sturm das Telefon von HvS nicht mehr stillsteht. Wie Herr Krauß darauf kommt, von Storchs Hinweis auf dieses Problem als 'Ressentiment' zu brandmarken und dann auch noch zu behaupten, der ganze Artikel sei voll davon, bleibt mir ganz ehrlich schleierhaft. Dass HvS als Leiter eines Instituts vorsichtig agieren muss, vor allem auch bei Kritik an den lieben Kollegen, ist leider Teil der neuen, rundum gepeerreviewten Wissenschaftswelt. Vor zwanzig Jahren waren robuste fachliche Auseinandersetzungen unter Professoren in der Öffentlichkeit noch an der Tagesordnung. Heutzutage sieht man so etwas kaum noch, weil man auch als verbeamteter Professor durch den Anstieg der Bedeutung von Drittmitteln sowie die heutige Veröffentlichungspraxis nicht auf das Wohlwollen auch nur eines (anonymen) Kollegen verzichten kann. Interprofessoraler Schmusekurs ist schwer angesagt, schade, schade. Dass Herr Krauß das bedauert, kann ich gut nachvollziehen. Aber in diesem Artikel sehe ich davon eigentlich noch relativ wenig.

@ReinerGrundmann said...

Werner,

ich fürchte, der Pfeffer hat dir den Blick getrübt. Du hast nichts zu meinem Kommentar gesagt, stattdessen zu einem Rundumschlag ausgeholt. Das sieht schwer nach dem von dir zitierten Groll aus. HvS ist deine Zielscheibe und du strapazierst die Fantasie gewaltig.

Du machst Andeutungen, die nicht ausgeführt werden. Vielleicht lohnt es sich ja, darüber auf einem gesonderten Post zu diskutieren?

Insbesondere Deine Punkte:

Die Welt hat sich verändert, es gibt keine Skeptiker-Alarmisten Lager mehr

Was sind die neuen Punkte, die an mir und Hans offenbar vorbeigehen?

Was hat es mit der 30jährigen sozialwissenschaftlichen Einsicht in das Verhältnis Wissenschaft zur Politik auf sich?

Werner Krauss said...

Reiner,
Aber vielleicht weiß ich auch was ich tue und habe ein Argument, das es wert ist, darüber nachzudenken? Soll ja vorkommen. Ich habe von Dir noch nichts zu dem Stehr Artikel gehört, zur Miersch Affäre und HvS eindeutiger Parteinahme. Kannst Du natürlich unter Rundumschlag abbuchen, das erspart die Mühe des Nachdenkens und hat den Anschein des Besserwissens. Und ja, vor 36 Jahren erschien Laboratory Life, danach "science in action" - seitdem weiß man, dass Wissenschaftler ununterbrochen Politik mobiliseren müssen, um die Unabhängigkeit der Wissenschaft behaupten zu können. Dahinter will ich nicht zurückgehen.

Günter Heß said...

Reiner,
HvS hat sinngemäß (meiner Wahrnehmung nach) geschrieben, dass Wissenschaft aus der Methodik Autorität ableitet die dem wissenschaftlichen Ergebnis die Qualität politische Unabhängigkeit verleiht.
Labour hat gezeigt, dass das kritisch zu sehen ist.
Man muss stattdessen meine Meinung nach davon ausgehen, dass das Ergebnis nicht unabhängig von Politik ist.

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauß

„Aber vielleicht weiß ich auch was ich tue“

Davon gehe ich aus, nur ist warum noch nicht klar, zumindest nicht für mich

@ReinerGrundmann said...

Werner
Niemand will hinter einen Erkenntnisstand zurückfallen, aber oft muss man immer wieder von vorn anfangen. Wenn die 30 Jahre alte neuere Wissenschaftsforschung etwas gezeigt hat, dann dass es nicht eine Wissenschaft gibt, die nach den gleichen Prinzipien und Methoden verfährt. Und wenige in der STS community teilen Latour’s flache Ontologie, nach der alle möglichen Dinge Akteurseigenschaften haben, nicht nur Personen und Organisationen.

Im Storch’schen Artikel findet sich eine interessante Passage:

“Dass die Öffentlichkeit „die“ Wissenschaft als Autorität für die Erklärung von Zusammenhängen und Dynamiken anerkennt, hat seine Ursache darin, dass „die“ Wissenschaft als objektive Bemühung verstanden wird, Zusammenhänge zu klären. Objektivität wird hier verstanden als unabhängig von persönlichen, wirtschaftlichen oder politischen Zielen. Dass dies ein frommer Wunsch ist und Wissenschaftler als Teil ihrer Gesellschaft immer auch Vertreter von Werten und sozial konstruierter Wissensansprüche sind, ändert wenig an dieser gesellschaftlichen Zuweisung von Erklärungsautorität. Was man hier mitnehmen kann, ist, dass es „die“ Wissenschaft nicht gibt, sondern nur wissenschaftliche Akteure, von denen einige Deutungshoheit für sich und ihre Gruppe beanspruchen – häufig auch mit Erfolg.”

HvS spricht gern von wissenschaftlich konstruiertem Wissen, nicht von sozial konstruiertem wissenschaftlichen Wissen, ist insofern nicht konsistent wenn er damit meint, dass keine sozialen Einflüsse in wissenschafliches Wissen eingehen. Die oben zitierte Passage zeigt aber, dass er sich der sozialen Konstruiertheit bewusst zu sein scheint.

Was ich -- aus einer STS Perspektive – am obigen Zitat schätze, ist der Hinweis auf die soziale Institution Wissenschaft, die von allen Beteiligten als etwas angesehen wird wo verlässliches Wissen produziert wird. Wenn es diese Erwartung gibt, dann wird die Institution Wissenschaft damit gleichgesetzt, obwohl es natürlich so ist, dass Macht, Geld und Kultur bei der Wissensproduktion teilhaben. Soziologen sprechen dabei von Realfiktionen (auch Ökonomen und Juristen, z.B. Teubner/Hutter: http://www.jura.uni-frankfurt.de/43828686/Fette_Beute.pdf).

Um es auf den Punkt zu bringen: wenn Wissenschaftler nicht die Methoden, Obektivität, Replizierbarkeit etc hervorheben, sondern die ‘sozialen Einflüsse’, dann würden sie ihre eigenen Produkte entwerten. Dasselbe passiert ja auch mit uns als sozialwissenschaftlichen Beobachtern, die wir darauf hinweisen, dass bestimmte Forschungsergebnisse vorliegen (so wie du mit dem Hinweis auf 30 Jahre Wissenschaftsforschung).

Hans von Storch said...

Ich spreche tatsächlich gerne von dem wissenschaftlichen Wissen als dem "wissenschaftliche konstruierten Wissen", dass sich von anderen Wissensformen dadurch unterscheidet, dass gewissen Voraussetzungen im Prozess der Wissenserschaffung vorliegen. Dazu gehören Normen a la Merton, aber insbesondere die Bereitschaft zur Revision, wenn neue Bobeachtugnen dies geraten erscheinen lassen. Wenn das Ergebnis einer Analyse von Daten X ist, dass die Dynamik D die Gründe G als mögliche erklärende Faktoren von D erscheinenn lässt: X=D(G), dann ist das eine schöne Hypothese, aber dann schliesst sich im wissenschaftlichen Prozeß sofort die Frage an, gibt es auch ein D1, D2 etc.- und Gründe G1,, G2 etc, die X = D1(G) bzw. = D2(G2) ebenso konsistent als Erklärung anbieten. In einer wissenschaftlichen Analyse werden solche Alternative benannt, ggfs. disqualifiziert. Die Sprache ist dann: nach unserem bisherigen Wisssen, kann X hervorgerufen werden durch G1 oder G2. Manchmal kann man sogar einen von beiden ausschließen.

Eine Analyse ohne Diskussion von Alternativen ist nicht von der wissenschaftlichen Methode getragen. Deshalb ist unser Buch, die Klimafalle, auch kein wissenschaftliches Buch, selbst wenn die Autoren bisweilen als Wissenschaftlicher unterwegs sind..

Dies macht den wissenschaftliche Prozeß der Wissenserzeugung anders und robuster (weil kritischer organisiert) als andere Wissens-Prozesse. Ich würde hoffen, dass man so auch näher an Merton herankommt. Derart konstruiertes Wissen kommt mit dem Selbstbewußtsein einher, dass wir schon vorab, im Prozeß, eine Menge Engstirnigkeiten herausgenommen haben. Das macht aber den wissenschaftlichen Prozeß oft auch wesentlich mühseliger als andere Zugänge.

Wie sähen denn andere WIssenproduktionen aus. Ich nehme man die Wissensproduktion im Journalismus, wo es auch um X=D(G) geht - aber auch bei gleichzeitiger Orientierungsnützlichkeit im gesellschaftlichen Raum. Die Sprache ist dann von: G bewirkt X: Eine Falsifikation ist nicht vorgesehen. Die "Klimafalle" ist ein Beispiel; eine nützliche Analyse, ein schöner Vorschlag, wie man die Entwicklung sehen kann. Ich habe die "journalistische Vorgehensweise" immer wieder vereinzelt bei Sozialwissenschaftlern aber auch bei aktivistischen Klimaforschern erlebt - die sich nicht genötigt sehen, alternative Erklärungen zu diskutieren, wohl aber den sozialen Bonus der Wissenschaftlichkeit, des Recht-habens einfordern.

Nachbemerkung: Das war kein wissenschaftliche Wortmeldung, auch wenn ich seit Anfang der 1990er an der Grenze zwischen Klima- und Sozialwissenschaft tätig bin. Ich habe diesem Text keinen Pfeffer beigefügt, jedenfalls nicht, dass ich das bemerkt hätte. Wenn jemand findet, ich hätte dies zu holzschnittartig aufgeschrieben, so ist da sicher was dran.

Günter Heß said...

@Hans von Storch

Für den Staatsbürger ist es nicht möglich zu entscheiden, ob "wissenschaftliches Wissen" polititisch, sozial oder wissenschaftlich konstruiert wurde. Dazu ist die Welt der Unis und der Institute im Verbund mit Fördergebern und der Politik viel zu intransparent. Ihre Kritik am UBA aus dem anderen Blog läßt sich genauso auf die Wissenschaft anwenden. Es gibt keine Wahrheit die die Wissenschaft hält wie sie behaupten. Es gibt individuelle Arbeiten von Wissenschaftlern die Erklärungen liefern. Ihre Überhöhung der Wissenschaft ist meiner Meinung nach eine Fehleinschätzung, weil ein schöner Wunschtraum wenn man Naturwissenschaften studiert hat.

Anonymous said...

@Günter

als ich an der Uni war, sind wir sehr offen mit Förderungen umgegangen. Alle Drittmittel und die finanzierten Projekte sind offen im Jahresbericht der Fakultät angegeben (teilweise inkl. Summen). Auf den Publikationen wurden immer die Förderungen der Autoren vermerkt. Es heute immer noch so in dieser Fakultät (Informatik), soweit ich das im Internet nachverfolgen kann.

Das ist sicher nur ein Teil der von Ihnen aufgeworfenen Problematik und ich habe sicher nicht alles mitbekommen, aber dieser Punkt war recht gut öffentlich kommuniziert, wer woher Geld bekam. Außerdem waren Drittmittel auch ein Erfolgsergebnis. Drittmittel machen auch frei.

Was sind denn ihre Erfahrungen?

Beste Grüße,
GHB

PS: ihre Kommentare sind neben Werner Krauss, HVW und Andreas mit die besten hier, da man das Gefühl hat, dass sie offen diskutieren und das auch wollen. Das Gefühl habe ich oft nicht. Danke dafür.

Günter Heß said...

@GHB

Danke auch.
Der durchschnittliche Staatsbürger List ja nicht unbedingt Originalpaper oder Forschungsberichte.
Er bekommt Ergebnisse aus der Presse. Wenn sie BMBF Projekte oder EU Projekte mit Industriepartnern in Förderprogrammen betrachten, dann können Sie eine soziale und politische Konstruktion a la Latour meines Erachtens nicht ausschließen. Das ist jetzt nichts unethisches, lediglich eine Folge davon, dass Politik und Gesellschaft die Ziele vorgeben für die Steuermittel eingesetzt werden.
Interessanterweise wird das ja bei Drittmitteln aus der Ölindustrie kritisiert.
Für uns Staatsbürger ist das intransparent, weil der Aufwand das nachzulesen hoch ist. Ich glaube aber auch nicht dass das viel besser geht, als wir das in der EU machen. In der USA ist das ähnlich.
Ich bin nur der Meinung man sollte sich das bewußt machen und nich einem Ideal nachhängen das Menschen nicht erreichen. Wissenschaftler sind auch nur Menschen. Sie halten keine Wahrheit und auch die Wissenschaft als Ganzes, was immer das ist, nicht.

S.Hader said...

An der Stelle würde ich gerne einen alternativen Erklärungsansatz einfügen. Ob dieser passend ist oder thematisch überhaupt hier reinpasst, kann jeder selbst entscheiden. Wie wäre es denn grundsätzlich damit; die Autorität von Wissenschaftlern in ihrer Funktion anzuerkennen, auch wenn deren verwendeten Methoden selbst nach eigenen noch nach fremden Maßstäben nicht perfekt sind, macht trotzdem Sinn. Das trifft auch auf die Relevanz deren Aussagen für unser persönliches Leben als auch für den politischen Entscheidungsprozess zu. Es ist völlig richtig, dass uns Wissen, Zeit und finanzielle Mittel fehlen, sämtliche Aussagen aus der Wissenschaft im vollen Umfang auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Das war schon immer so, aber hat die Menschheit nicht daran gehindert, von den Erkenntnissen aus der Wissenschaft zu profitieren.

Mir ist zugegebenermaßen vieles suspekt, wenn in der Wissenschaft getroffene und anerkannte Aussagen als für das Leben und die Politik als völlig bedeutungslos hinstellt wird. Aber genauso suspekt ist es mir, wissenschaftliche Aussagen als einziges Argument in politischen Entscheidungsprozessen anzuerkennen. Was es braucht, ist ein pragmatischer Umgang mit zum Teil unsicheren Informationen und Wissensständen. Dieser pragmatische Umgang exsitiert auch in vielen Politikfeldern. Auch wenn es keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über den Zusammenbruch der Finanzindustrie gibt, kann es trotzdem sinnvoll sein, eine Politik zu fördern, die besagten Zusammenbruch entgegenwirken soll. Und auch wenn wir im wahrsten Sinne des Wortes die Auswirkungen eines anthropogenen Klimawandel nicht auf Mark und Heller ausrechnen können, macht es Sinn, sich mit diesen Fragestellungen auseinanderzusetzen und ggf. politische Entscheidungen zu treffen, die eine Risikominimierung auf zwei Wegen verfolgt. Die Reduzierung der Schadenshöhe und die Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadensfall.

Günter Heß said...

Lieber Herr Hader,

Sie können ganz persönlich die Autorität der Wissenschaft oder eines Wissenschaftlers anerkennen. Das ist ihre freie Wahl. Autorität aber hat auch etwas mit einem Herrschaftsverhältnis zu tun.wir leben aber in einer Demokratie. Deshalb muss niemand die Autorität eines anderen anerkennen. Er muss sich lediglich den Verfassungsorganen beugen, wenn er gegen Gesetze verstoßen möchte.
In den 60iger, 70iger und 80iger Jahren sind Menschen, auf die Straße gegangen, haben gestreikt, weil sie selbst die Staatsautorität in Frage stellten. Die Bundesrepublik ist dabei ein freieres Land geworden. 1989 haben DDR Bürger die Autorität ihres Staates in Frage gestellt und wieder ist die Bundesrepublik ein freieres Land geworden.
Im übrigen haben Wissenschaftler und Ingenieure in den 60iger und 70iger Jahren mit der Hader'schen Autorität gedröhnt: Die Kernenergie sei 100% sicher.
Und auch das würde Gottseidank in Frage gestellt.
Auch die TTIP, Klima und Pegidademonstrationen, Pegidagegendemonstrationen stellen die Autorität in Frage. Gut so.
Wie gesagt, erkennen Sie jede Autorität an die sie möchten.
Noch ein persönliche Bemerkung. Ein Naturwissenschaftler der Autorität für sich reklamierte, weil er Naturwissenschaftler ist oder eine wissenschaftliche Funktion hat, wäre für mich eine Flachpfeife.

S.Hader said...

@Günter Heß, habe ich da einen wunden Punkt angesprochen? Mir scheint, Sie konzentrieren sich stark auf das Wort Autorität und übersehen etwas die eigentliche Aussage. Ich hätte auch schreiben können, die Kompetenz des Wissenschaftlers auf seinem Gebiet anerkennen. Es geht nicht um gedankenlose Gefolgschaft oder kritiklose Übernahme von Aussagen. Und auch nicht Ausdruck eines Herrschaftsverhältnisses. Nur sind der Überprüfbarkeit von Aussagen von Wissenschaftlern Grenzen gesetzt. Ab einem bestimmten Punkt ist es pragmatischer, der Aussagekraft der Wissenschaftler auf deren Spezialgebiet mehr zu vertrauen, als der eigenen Einschätzung.

Ich würde politische Kämpfe, die es in jedem demokratischen und nicht-demokratischen System gibt, und für die Sie Beispiele angeführt haben, nicht mit einem wissenschaftlichen Diskurs gleichsetzen. Ziele und Motivationen sind auf beiden Feldern zu verschieden. Man muss auch keine Massendemonstration auf den Plan rufen, wenn man mit Inhalten innerhalb der Wissenschaft nicht einverstanden ist.

Zum Beispiel Kernenergie. Ich glaube weniger, dass Wissenschaftler und Ingenieure von einer 100%igen Sicherheit gesprochen haben, sondern solche Aussagen von der Politik und den Betreibern solcher Anlagen kamen. Im Forschungsbereich Reaktorsicherheit ging es immer darum, die Fehler- und Unfallwahrscheinlichkeit statistisch unter ein bestimmtes Maß zu drücken, dass nicht identisch mit Null ist, aber aus politischer Sicht die bestehenden Risiken vertretbar machen und die Sicherheitsnormen erfüllen.

Quentin Quencher said...

@Hader. Sie schreiben:

„Ab einem bestimmten Punkt ist es pragmatischer, der Aussagekraft der Wissenschaftler auf deren Spezialgebiet mehr zu vertrauen, als der eigenen Einschätzung.“

Pragmatischer in welcher Hinsicht? Bei dem Begriff Pragmatismus denke ich an technische oder organisatorische Prozesse, nicht aber solche die im Grund erkenntnistheoretisch sind. Wie soll pragmatisches Denken denn funktionieren? Vielleicht das ausblenden was einem eh nur Kopfschmerzen bereitet?

S.Hader said...

Pragmatisch in Bezug darauf, welche Informationen und Annahmen ich für einen Entscheidungsprozess heranziehe oder um ein Problem zu lösen. Über die Bedeutung des Pragmatismus in der Erkenntnistheorie haben Philosophen wie John Dewey geforscht, aber ich bin thematisch zu weit weg, um jetzt darüber was sinnvolles zu sagen.

Günter Heß said...

@Hader

Lieber Herr Hader,

es ist das Wesen unserer Demokratie, dass es eine persönliche Entscheidung ist welche Autoritäten man anerkennt und welche nicht. Es mag Ihnen nicht pragmatisch erscheinen, aber Menschen dürfen das auch aus dem Bauch heraus entscheiden und unpragmatisch sein. Im Gegenteil es ist gut so, dass das so ist. Wem sie glauben wollen können sie selbst entscheiden. Sie glauben ja auch zu wissen was in den 70iger oder 80iger Jahren in der Bundesrepublik von Haderschen Autoritäten an Schulen und Universitäten so gesagt wurde zum Thema Kernenergie.
Zugegeben die kamen nicht so päpstlich rüber wie ihr PIK König, sondern eher technisch trocken.
Einen wunden Punkt haben sie getroffen, weil wir als Studenten auch dafür kämpften, dass gerade die Uni weniger autoritär wird. Wir wußten dabei in der Fachschaft den Einfluss der marxistischen Hochschulgruppen zu verhindern die der Autorität der Uni ihre eigene Gegenübersetzen wollte.. Das war anstrengend, weil die sofort mit "ad Hominem" kamen und im Grunde nur ihre Ideologie durchsetzen wollten. Gut versteckt, aber immer die Dialektik im Blick. Wenn ich ihre Zeilen so lese fühle ich mich daran erinnert. Da haben sie v
Lesen sie doch auf EIKE. Da Posten einige ihrer Autoritäten. Zu Kernenergie und auch EE hatten die damals ihre Hadersche Autorität. Nee, kein Naturwissenschaftler oder Ingenieur sollte Autorität auf Grund seiner Funktion zugeordnet bekommen oder reklamieren.
Das erforderte auch Unmenschliches, denn diese Autorität müsste ja in allen Aussagen ihre persönliche politische Meinung, ihr Baugefühl, persönliche Interessen in der Karriere in allen ihren Aussagen abtrennen.

Im übrigen. Zur Kernenergie erkennt auch heute niemand in Deutschland die Autorität der Ingenieure vom Fach an.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß. Man kann bei der Beschaffung von Informationen sich beispielsweise an den ortsansässigen Schamanen richten. Man kann auch seine persönlichen Meinungen und Entscheidungen jeden Morgen mit seinen Dungeons & Dragons-Würfeln ermitteln. Das ist ein freies Land. Jeder kann das denken und glauben, was er möchte. Und trotzdem kann ich bestimmte Wege zur Informationsbeschaffung vernünftig und sinnvoll finden und andere eher weniger. Damit wird niemand in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt, wenn ich eine Meinung dazu habe.

Nochmal zur Kernenergie, ich glaube nicht zu wissen, was in den 70er und 80er Jahren in westdeutschen Schulen und Universitäten dazu gesagt wurde. Ich glaube zu wissen, wie die Einschätzung von gefahrbringenden Maschinen und Anlagen state-of-the-art ist und die hat sich in den letzten 50 Jahren in seinen Grundzügen nicht wesentlich geändert. Es gibt keine 100%ig sicheren Maschinen ohne gefahrbringenden Ausfall. Die funktionale Sicherheit wird mit Ausfallwahrscheinlichkeiten ausgedrückt, die größer 0 sind. Egal wer damals angeblich von der 100% Sicherheit sprach, er konnte sich nicht auf eine anerkannte Lehrmeinung oder Stand der Wissenschaft/Forschung berufen. Und im übrigen, ich erkenne die fachliche Kompetenz der Ingenieure im Fach Kernenergie an. Ich wüsste auch nicht, warum ich das nicht tun sollte.

Die Konflikte, die Sie in den letzten beiden Beiträgen beschrieben haben, sind politische Kämpfe gewesen. Sei es durch Streiks oder Demonstrationen, die sich gegen die Autorität des Staates richteten, bei der friedlichen Revolution in der DDR oder Machtauseinandersetzungen zwischen Studenten und Professoren in der 68er-Generation. Nur ich habe in keiner Weise von politischen Kämpfen oder von Autoritätskonflikten gesprochen. Ich sprach und spreche von der Informationsbeschaffung von Entscheidungsprozessen und welche Gewichtung man den Aussagen von Wissenschaftlern zu ganz konkreten Fragestellungen geben kann. Wenn Sie diesen Unterschied nicht erkennen, dann reden wir auch weiterhin aneinander vorbei.

An der Stelle möchte ich sagen, Herr Heß, ich kann verstehen, dass bei dem Wort "Autorität" all die Assoziationen aufkamen, die Sie in #36 aufgeschrieben haben. Ich kann stattdessen nicht verstehen, warum Sie im nächsten Beitrag wieder über die "Autorität" auslassen, nachdem ich deutlich gemacht habe, dass ich vielmehr von einer fachlichen Kompetenz von Wissenschaftlern rede. Ich kann die fachliche Kompetenz eines Spezialisten in seinem Fachgebiet anerkennen und gleichzeitig dessen Aussagen kritisch hinterfragen und ggf. auch anders bewerten. Ich sehe da keinen Widerspruch. Wenn Sie nicht unbedingt den Eindruck vermitteln wollen, mich absichtlich falsch zu verstehen, sollten Sie meine Erläuterungen in #37 zu dem Thema nicht ignorieren.

Günter Heß said...

Herr Hader,

Auch da müssen sie die individuellen Aussagen und Argumente prüfen und nicht die Person und ihre Funktion.
Das ist entscheidend. Heutzutage sind nahezu alle Aussagen und Argumente die man zu wissenschaftlichen Themen liest mit politischen Präferenzen gemischt. Selbst in Bücher die über die Physik des Klimas gehen wird von Leugnern gesprochen. Das gleiche gilt für Gentechnik
und Energietechnik. Mein Hausarzt hat mich letztens mit der Wünschelrute untersucht. Ich finde das alles ok, weil ich die Kompetenz individuell prüfe. Eine Funktion, Erfahrung oder eine Ausbildung machen einen Menschen nicht notwendigerweise kompetent.
Sie hingegen wollen Kompetenz eben per Funktion zuordnen. Das ist meiner Meinung nach falsch.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß,

"Auch da müssen sie die individuellen Aussagen und Argumente prüfen und nicht die Person und ihre Funktion."

Ich hatte es doch geschrieben, in #37 "Es geht nicht um gedankenlose Gefolgschaft oder kritiklose Übernahme von Aussagen." und in #41 "Ich kann die fachliche Kompetenz eines Spezialisten in seinem Fachgebiet anerkennen und gleichzeitig dessen Aussagen kritisch hinterfragen und ggf. auch anders bewerten.". Natürlich muss man die individuellen Aussagen und Argumente vorher prüfen. Ich finde das so selbstverständlich (und fast schon langweilig), dass ich es nicht einer gesonderten Erwähnung wert fand. Und trotzdem muss einem klar sein, dass diese individuelle Prüfung Grenzen gesetzt sind. Wir können nicht mit absoluter Sicherheit den Wahrheitsgehalt von Aussagen und Argumenten überprüfen. In fachfremden Bereichen können wir oft froh sein, wenn wir etwas über die Plausibilität aussagen können.

"Heutzutage sind nahezu alle Aussagen und Argumente die man zu wissenschaftlichen Themen liest mit politischen Präferenzen gemischt."

Das sehe ich ehrlich gesagt nicht so, wenn ich die Gesamtheit aller wissenschaftlichen Themen betrachte. Ich frage mich gerade, wie eigentlich die politischen Präferenzen im Bereich der theoretischen Informatik oder Quantenmechanik aussehen. Selbst in einem politisch totalitären Staat wie der DDR gab es noch vergleichsweise viele Wissenschaftsbereiche, die angenehm fern von politischen Einflussnahmen waren. Okay, mal abgesehen von der Personalpolitik an den Hochschulen und Instituten.

"Mein Hausarzt hat mich letztens mit der Wünschelrute untersucht. Ich finde das alles ok, weil ich die Kompetenz individuell prüfe. Eine Funktion, Erfahrung oder eine Ausbildung machen einen Menschen nicht notwendigerweise kompetent."

Das finde ich ein wunderbares Beispiel. :) In mehrfacher Hinsicht. Da ist der Punkt, individuelle Prüfung der Kompetenz. Inwieweit sind Sie dazu in der Lage? Was sind da Ihre Maßstäbe, wie viel Zeit können Sie sich da nehmen, welche Fachbereiche konnten Sie von Ihrem Hausarzt abprüfen und noch wichtiger, woher wissen Sie selbst was in der Medizin state-of-the-art ist, um es mit den Behandlungsmethoden und Diagnosefähigkeiten ihres Arztes zu vergleichen? Interessant fände ich auch zu wissen, würden Sie sich in Behandlung eines Hausarztes begeben, von dem Sie wüssten, dass er keinen entsprechenden Abschluss besitzt, weil er ihn nie machte oder durchfiel? Oder nie eine Ausbildungsstätte besuchten. Wenn ich von mir sprechen darf, ich persönlich stehe auf Ärzte, die eine Ausbildung erhalten haben. ;)

Mit letzter Sicherheit kann man nie die Kompetenz eines anderen Menschen abprüfen, damit muss man leben. Und ich würde es unter purer Selbstüberschätzung verbuchen, wenn jemand glauben sollte, dass trotzdem als fachlicher Laie zu können. Kommt also ein weiterer Aspekt ins Spiel, das Vertrauen. Bei Mangel an Informationen hilft es nichts, ich muss ein stückweit Vertrauen zu der entsprechenden Person haben. Gerade beim Arzt, wo eine fehlerhafte Diagnose eine tödliche Folge haben könnte. Das heißt auch, ich muss ein stückweit Kontrolle über mich (und in dem Fall über meine Gesundheit) abgeben.

"Sie hingegen wollen Kompetenz eben per Funktion zuordnen. Das ist meiner Meinung nach falsch."

Falsch in welchem Sinne? Ich könnte die Kompetenz auch durch den Wurf eines Ikosaeders bestimmen. Auch das wäre weder richtig noch falsch, wenn man nicht dazu sagt, in welcher Hinsicht. In der Hinsicht, zu einem Fachgebiet die Fähigen von den Unfähigen zu trennen, mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Die individuelle Zuweisung von Kompetenz kann man mathematisch als Funktion beschreiben. Da gibt es erstmal kein richtig oder falsch. Es ist nur eine mögliche Art, jemanden eine bestimmte Kompetenz zuzusprechen.

Günter Heß said...

Herr Hader,

Sie wollten doch Kompetenz per Funktion zuordnen.
Sie mischen damit einfach Dinge. Damit jemand als Arzt überhaupt Kompetenz haben könnte muss er studiert haben.
Damit er die Funktion hat muss er die Approbation bekommen. Beides garantiert aber die Kompetenz nicht. Zeigt er die Kompetenz nicht gehe ich wieder.
Sonst kann er noch so kompetent sein er darf ohne Approbation die Funktion nicht ausüben.
Das sieht man in deutschen Krankenhäusern gut an erfahrenen Krankenschwestern die die Kompetenz haben aber die Funktion nicht ausüben dürfen. In den USA dürfte die Krankenschwester mit weniger Kompetenz die Funktion ausüben. In Deutschland braucht man einen Arzt dafür, obwohl neue Ärzte in vielen Dingen weniger Kompetenz haben als die erfahrene Krankenschwester.
Die Funktion zu haben garantiert eben die Kompetenz nicht wie man sieht.
Kompetenz ist eine individuelle Eigenschaft bzw. Fähigkeit die man sich erarbeiten muss, sie kann weder verliehen werden noch zugeordnet oder reklamiert werden.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß, Sie haben immer noch nicht gesagt, wie Sie die Kompetenz eines Menschen bewerten wollen, beispielsweise bei einem Arzt. Welche Kriterien ziehen Sie dabei heran?

Günter Heß said...

Herr Hader,
Ganz einfach. Fragen stellen und seine Antworten bewerten.
Mir hat zum Beispiel mal der Chefarzt eines Krankenhauses einen Herzkatheter legen wollen.
Da habe ich ihn gefragt, ob er das in diesem Fall bei sich selbst machen würde.
Seine Antwort war Nein. Das war ehrlich.
Danach traf ich eine Entscheidung.
Anschließend bewerte ich seine Behandlung, wie sie gewirkt hat oder auch nicht.
Entscheidend ist, dass meine Entscheidung nicht durch die Kompetenz anderer determiniert ist.
Nur weil man die Kompetenz vielleicht nicht prüfen kann, heißt das ja nicht, dass der Andere kompetent ist.
Bei Rahmstorf und Schellnhuber habe ich zum Beispiel die Büchlein Der Klimawandel und die Selbstverbrennung gekauft
Und geschaut was und wie die so schreiben.
Daran bewerte ich deren Kompetenz. Ist ja für Laien geschrieben.
Wenn ein Klimaexperte zu mir käme, schaue ich mir an wie oft er fliegt, wie groß seine Wohnung ist
Und was für ein Auto er fährt. Wir Menschen haben eben viele Möglichkeiten andere Menschen einzuschätzen.

S.Hader said...

"Entscheidend ist, dass meine Entscheidung nicht durch die Kompetenz anderer determiniert ist."

Man könnte auch sagen, die eigene Entscheidung sollte frei von jeglicher Kompetenz sein. Nix für ungut, Herr Heß, was Sie beschreiben kann man auch als besseres Bauchgefühl bezeichnen. Ich will den Wert von intuitiven Bauchentscheidungen nicht klein reden. Sie haben häufig ihre Berechtigung, aber man sollte auch deren Schwächen kennen. Genauso wie bei formalen Leistungsnachweisen in einem Fach. Nur sind die etwas weniger persönlich gefärbt und ein bissel mehr nachvollziehbar.

Wenn ich zu Anfang sinngemäß sagte, dass man denjenigen Wissenschaftlern, deren tägliche Arbeit aus der Auseinandersetzung bestimmter Fragestellungen besteht, eine gewisse Kompetenz zugestehen kann, dann ist das nichts weiter als eine Näherung. Es ist keine exakte Formel, um Kompetenz bei einem Menschen eindeutig festzustellen, es ist aber eine brauchbare Näherung. Genau darum ging es mir. Ihre Näherungsformel zur Feststellung von Fachkompetenzen besteht sinngemäß in "ich alleine bewerte die Kompetenz eines anderen". Nur was ist nun besser oder schlechter an der anderen Näherungsformel? Da vermisse ich die kritische Reflexion. Zu was die Methode führen auch kann, kann man wunderbar bei EIKE beobachten. Da werden kompetente Leute als inkompetent hingestellt und inkompetente als kompetent. Und warum passiert das? Weil man für die Bewertung der Kompetenz von anderen selber eine Kompetenz benötigt. Und jetzt kommt das wirklich dumme, um selbst festzustellen, dass einem diese Kompetenz fehlt..........fehlt ihnen die Kompetenz dazu. Sie haben es doch selbst erlebt, Sie versuchen wirklich seit Jahren einem User namens "besso keks" auf EIKE die Grundlagen der atmosphärischen Physik zu erklären, aber es ist vergebens. Er erkennt weder Ihre noch die Fachkompetenz anderer Naturwissenschaftler an sondern nur diejenigen, die sein Weltbild stützen.

Wenn nun jemand sagt, ich bin ein Laie und fühle mich nicht sicher, die Kompetenz anderer ganz alleine zu bewerten, sondern schaue auch auf seine Ausbildung, seine Abschlüsse, was er täglich macht, welche Bewertungen er bekommen hat, dann hat dieses Vorgehen nicht nur meine Sympathie (denn wer gibt schon gerne seine eigene Inkompetenz zu, Sie scheinbar ja nicht), sondern halte ich für ein pragmatisches Vorgehen. Für eine gute Näherungsformel.

In diesem Sinne
auf weniger Selbstüberschätzung und
etwas mehr Vertrauen in die Arbeit anderer
was uns nicht vom Selberdenken befreit
Sören Hader

Werner Krauss said...

Eine sehr interessante Diskussion, meine Herren. Der Chefarzt, der Ihnen, Herr Heß, einen Herzkatheter legen wollte, obwohl er das bei sich selbst nicht tun würde, erinnert mich an so manchem Klimawissenschaftler, der Wissenschaft auf Naturwissenschaft und Klima auf Statistik reduzieren will und alles andere für Ideologie oder Journalimsus hält. Der Chefarzt entscheidet sich wahrscheinlich einfach nach der statistischen Wahrscheinlichkeit und nicht nach dem Einzelfall. Damit liegt er rein zufällig (?) auch auf einer Linie mit der Rechtsabteilung, der Akkreditierungs- und der Rechnungsstelle seines Krankenhauses. Auch hier ist die Analogie zum Klimawissenschaftler offensichtlich. Das Festlegen der vermeintlichen Rahmenbedingungen des Klimawandels, wie es der "objektive" Klimaforscher fordert, ist oft nichts anderes als ein konform gehen mit einer Klima- und Wissenspolitik, die alle Ursachen des Klimawandels - seien sie rechtlich, sozial, ökonomisch, menschlich - ausblendet und diesen in ein rein statistisch-technologisches Problem umwandelt. Herzkatheter rein, Routineoperation, und das System schnurrt weiter. Und damit das so bleibt, muss man den eigenen Machtanspruch natürlich immer weiter ausweiten, solange, bis keine Geistes- oder qualitativen Sozialwissenschaften mehr übrig sind und damit auch keine Kritik mehr an einem solchen Vorgehen. Diese wird allein den Journalisten oder den sogenannten Laien überlassen, denen dafür aber sogleich die Qualität des "überlegenen Wissens" abgesprochen und "Interessen" unterstellt werden. So etwas nennt man Machtpolitik, die sich selbst als objektiv verkauft.

Dabei hat Merton schon darüber nachgedacht, dass Expertenwissen ja immer schon durch Institutionen gegangen sein muss, um überhaupt gehört zu werden - und von daher deren Interessen natürlich schon Teil des Wissens sind, dass dann so unschuldig als allein auf CUDOS und objektivem Erkenntnisinteresse beruhend präsentiert wird. Eigentlich komisch, dass dieser Teil Mertons hier nie zitiert und diskutiert wird.

Es schadet wahrscheinlich nicht, auch solche Überlegungen in die Beurteilung eines Experten mit einzubeziehen. Ich jedenfalls würde zögern einem Wissenschaftler, der Wissenschaft allein auf Falsifikation und Statistik reduziert, die Sorge um mein Herz oder unser Klima anzuvertrauen. (Hier anzufügen, dass dann ja jeder Pfuscher sich Wissenschaftler nennen könnte, ist Unsinn, weil das die Frage nach dem performativen Widerspruch nicht löst, in dem sich der Chefarzt bzw. Klimawissenschaftler laufend verstrickt).

Günter Heß said...

Lieber Herr Hader,

sie haben das falsch verstanden. Ich weise niemanden per se Kompetenz zu, auch mir selbst nicht.
Fachkompetenz wollten sie feststellen per Reklamation auf das Formale.
Ich hingegen habe nur behauptet, dass man Fachkompetenz nicht reklamieren kann.
Ich beurteile Fachargumente, soziale Faktoren und Methodik im Einzelfall und entscheide. Ob jemand formale Kompetenz hat ist irrelevant. Formale FachKompetenz haben viele. Die Akademikerzahlen steigen.
Ich mache das ob ich jemanden für kompetent halte oder nicht. Der Chefarzt in meinem Beispiel erschien mir sehr kompetent.
Trotzdem stellte ich seine Entscheidung in Frage.
Bei einer Internistin habe ich mir mal das Ultraschallgerät erklären lassen. Sie konnte das sehr gut. Ich war erfreut, weil ich noch die MedizinStudenten im Praktikumsversuch vor Augen hatte. Offensichtlich lernen sie doch was in der Physik.
Ich stelle die Frage aber nicht, um sie Als Ärztin zu beurteilen. Das kann ich nicht. Brauch ich auch nicht. Ich möchte wissen wie mein Arzt mit meinen Fragen umgeht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es welche gibt die die Fragen niederbügeln. Diese Ärzte wechsele ich. Wie gesagt. Sie können auf ihre eigene Art die Kompetenz zuordnen. Ich bin lediglich der Meinung, dass in einer Demokratie formale Kompetenz keine Entscheidungen determinieren darf. Sonst bekommen Fachleute und Experten eine demokratisch nicht kontrollierte Macht zugeordnet.
Exakt diese Frage wurde bei mir schon in der Schule diskutiert. Nämlich, dass man die Entscheidung Kernkraftwerke ja oder nein nicht den Technikern, Wissenschaftlern und Ingenieueren überlassen darf.
Heute beobachte ich wieder, dass man Wissenschaftlern diese Entscheidung zuordnen möchte. Interessanterweise von einer Partei Die Grünen die das früher bekämpft haben.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß, an Ihrer letzten Antwort merke ich, dass ich Sie recht gut verstanden habe. Formale Kompetenz halten Sie für irrelevant. Die persönliche Zuweisung an Kompetenz ist dagegen relevant, so Ihre Aussage. Eine kritische Sichtweise dieser Herangehensweise kann ich bei Ihnen nicht sehen, was ich schade finde, weil das Thema interessant und spannend genug ist und da ruhig mal ein paar Gedanken verschwenden könnte.

"Ich stelle die Frage aber nicht, um sie Als Ärztin zu beurteilen. Das kann ich nicht. Brauch ich auch nicht."

Sie wollen sie nicht beurteilen, weisen aber den Leuten Kompetenz zu oder nicht. Erkennen Sie da keinen Widerspruch?

"Ich möchte wissen wie mein Arzt mit meinen Fragen umgeht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es welche gibt die die Fragen niederbügeln. Diese Ärzte wechsele ich."

Das ist eine Form der Beurteilung, die Sie da vornehmen. Es ist ja nix schlimmes dabei, nur wieso streiten Sie das ab?

"Ich bin lediglich der Meinung, dass in einer Demokratie formale Kompetenz keine Entscheidungen determinieren darf. Sonst bekommen Fachleute und Experten eine demokratisch nicht kontrollierte Macht zugeordnet."

Genau der Meinung bin ich auch. Politische Entscheidungen müssen in der Politik gefällt werden, nicht in der Wissenschaft.

Günter Heß said...

Lieber Herr Hader,

Ich glaube, dass ich es oft genug geschrieben habe. Ich beurteile nicht die Person und weise Ihr Kompetenz zu. Ich beurteile die Aussage und das Argument, das Verhalten.
Nein, sie haben mich nicht verstanden.

S.Hader said...

"Mein Hausarzt hat mich letztens mit der Wünschelrute untersucht. Ich finde das alles ok, weil ich die Kompetenz individuell prüfe."

"Zeigt er die Kompetenz nicht gehe ich wieder."

"Bei Rahmstorf und Schellnhuber habe ich zum Beispiel die Büchlein Der Klimawandel und die Selbstverbrennung gekauft
Und geschaut was und wie die so schreiben.
Daran bewerte ich deren Kompetenz."


"Der Chefarzt in meinem Beispiel erschien mir sehr kompetent."

Sehr geehrter Herr Heß, wieso sagen Sie, Sie weisen Personen keine Kompetenz zu, wenn Sie zuvor zig Beispiele genannt haben, wo Sie genau das gemacht haben?

Günter Heß said...

@Werner Krauu

Exzellente Darstellung wie eine Art Machtpolitik in unserer Gesellschaft funktioniert. Ich bin begeistert.
Danke für diesen Beitrag der mir diesen Zusammenh verständlicher macht. Hut ab vor Merton.

Quentin Quencher said...

Auch eine Arztgeschichte.

Vor ein paar Monaten lag ich im Krankenhaus, die Pumpe hat rebelliert. Ich war an die üblichen Computer angeschlossen, auf dem Monitor war Daten und Kurven ablesbar. Eine betreuende Ärztin schaut sich das an, lächelt über beide Ohren und hüpft vor Freude wie ein kleines Mädchen. Irgendwelche Medikamente hatten gewirkt. Ein begleitender Arzt meinte zu mir: „Sie machen Frau Dr. XY ganz glücklich.

Ich kann die Kompetenz von Frau Dr. XY natürlich nicht einschätzen, bei mir hat sie aber einen ordentlichen Vertrauensbonus. Und der resultiert nicht daraus, weil sie formale Kompetenz hat, sondern weil sie Empathie zeigte und Engagement. Die Frage die ich mir aber jetzt stelle, angesichts der Diskussion hier, führt diese mir gezeigte Empathie mich vielleicht in die Irre? Und was hat das mit der öffentlichen Wirksamkeit von Wissenschaft zu tun?

Im Übrigen aber möchte ich mich Günters Lob für den Kommentar #48 anschließen.

Günter Heß said...

@Quentin

Ist das Wissenschaft was wir in den Medien erleben oder sozial und politisch konstruierte und selektierte Kommunikation über Wissenschaft.
Ich denke das letztere. Bruno Latour hat meins Erachtens gezeigt, dass selbst im Labor vor Ort die Naturwissenschaft nicht frei ist von sozial konstruiertem Einfluss. Im nächsten Schritt, so hätte ich Werner Krauss verstanden, wenn dieses von Experten erarbeitete Wissen im Labor durch die Institutionen kommuniziert wird, wird es zusätzlich durch die Interessen dieser Institutionen beeinflusst und gefaltet.

@ReinerGrundmann said...

Interessante Debatte, die allerdings etwas konfus ist. Die Konfusion rührt daher, dass Wissenschaft mit Expertise gleichgesetzt oder verwechselt wird. Alle Beispiele, die angeführt wurden, stellen Fragen nach Expertise, sie können nicht durch Wissenschaft beantwortet werden. Experten sagen, was getan werden soll, Wissenschaftler sträuben sich oft dagegen, it guten Gründen (das wird von HvS expliziert).
Der Arzt ist das Paradigma des Experten, er steht zwischen Wissensproduktion und Wissensanwendung. Was der Arzt tut kann schlecht erfasst werden, wenn man ihn auf die Rolle des Wissenschaftlers reduziert. Viele gute Ärzte betreiben gar keine aktive Forschung mehr.

Wen's interessiert, wir haben das in einem kleinen Buch entwickelt (Stehr&Grundmann, Expertenwissen 2010).

Hier die relevanten Stichpunkte:

Experten sind Mittler zwischen Wissensproduktion und -anwendung;
Experten reduzieren Komplexität und schaffen Vertrauen;
Experten schaffen Legitimation;
Experten definieren Situationen und setzen Prioritäten.

Günter Heß said...

@Reiner

Werner Krauß war meines Erachtens sehr klar.
Auch ein Experte kommuniziert Wissen gefaltet mit den Interessen seiner Institution, evtl seinen eigenen.
Was ich geschrieben habe wende ich auf Wissenschaftler und Experten an.

Wobei ich verstanden habe aus den Rezensionen ihres Buches daß man Experte ist, wenn man mehr über das Thema weiß als der Durchschnitt. Sie wären Expertenexperte durch ihr Buch. Wenn ich es lese bin ich auch einer.
Aber vielleicht können sie ihre Definition mal darlegen.