Monday, November 9, 2015

Werner Krauß und Hans von Storch in der Stuttgarter Zeitung


Die Stuttgarter Zeitung "hat zehn Klimaforscher aus unterschiedlichen Fächern gefragt, was sie sich von Paris erhoffen". Unter diesen zehn waren auch die beiden Klimazwiebel-Autoren Werner Krauss und Hans von Storch. Ihre abgedruckten Antworten sind stark verkürzt. Zum einen ist das dem begrenzten Umfang geschuldet, zum anderen musste der Journalist auch der Sache nach verdichten, weil es ja nicht um die Einzelaussagen ging sondern darum, einen Gesamteindruck des Denkens unter Klimaforschern darzustellen.

Wenn wir hier die ausführlichen Antworten der beiden Klimazwiebelisten bringen, dann soll dies nicht als Klage der Verkürzung verstanden werden sondern als ein Angebot an die Leser der Klimazwiebel, für die es vielleicht interessant ist, das ganze Argument bzw. Perspektive zu lesen.

Werner Krauss beantwortete die Nachfrage am Telefon:  "Ich habe, soweit ich mich erinnere, sinngemäß gesagt dass es ein Erfolg und eine große Leistung ist dass sich die Welt in Paris bemüht den Klimawandel zu stoppen. Des weiteren habe ich gesagt dass ich nicht glaube, dass in Paris der Klimawandel gestoppt wird, sondern dass hier vor allem die symbolische Ebene wichtig ist (und symbolisch ist hier nicht abwertend gemeint). Konkrete Auswirkungen erwarte ich eher von zwei weiteren Faktoren: zum einen von technologischen Innovationen, und zum anderen von tatsächlichen Aktivitäten vor Ort und in Zusammenarbeit zwischen konkreten Akteuren - wie  z.B. Megacities, einzelnen Regionen und Ländern. Während Paris vor allem eine Tendenz anzeigt, beruhend auf der Zahlenmagie der Klimaforscher und Ökonomen, geht es in der Praxis darum, was vor Ort möglich ist, was wünschenswert und was überhaupt durchsetzbar ist. Paris bietet den Rahmen und macht Druck, solche konkreten Probleme in den flexiblen Netzwerken zwischen Alltag, Städten, Regionen und Ländern unter dem Zeichen des Klimawandels mit größerer Dringlichkeit anzugehen."
       
Hans von Storch antwortete schriftlich: "Ich rechne mit einem Abschluss, der formal das 2 Grad Ziel bekräftigt. Er wird auf dem Prinzip „Freiwilliger Zuruf“ basieren. Die Summe der in Aussicht gestellten Minderungen der Emissionen bzw. Emissionszuwächse wird unzureichend sein für ein Erreichen des 2 Grad Ziels (sofern nicht massive negative Emissionen durch technologische Neuerungen in Zukunft möglich werden). Andererseits begrüße ich es, wenn jetzt ein echter Anfang mit dem Minderungsmanagement der weltweiten Emissionen gemacht wird.
Ich erwarte aber, dass die versprochenen Emissionsminderungen nicht vollständig „geliefert“ werden. Das Resultat von Paris wird deutlich besser erscheinen als seine tatsächliche Substanz, aber so dem Zweck dienen, gegenüber der Weltöffentlichkeit Tatkraft und Engagement darzustellen. Wesentlich für mich ist, dass überhaupt ein Anfang gemacht wird, und man aufhört, das Thema als „alles oder nichts“ zu spielen. „Halb“ ist besser als „nichts“."
        

49 comments:

@ReinerGrundmann said...

Die Verdichtung war nicht schlecht, aber die Verkuerzung eben doch. Insofern sind die beiden ausfuehrlichen statements gut, und ich wuerde mir wuenschen, die anderen 8 Befragten stellten aehnliche Zusammenfassungen hier in die Kommetarbox (vielleicht liest ja der eine oder andere). Ach ja, die meisten sind Maenner (9/10), 5 sind Wissenschaftler/Meteorologen, 3 Oekonomen, 1 Anthrolopologe und ein Politikwissenschaftler. Angesichts der Fragesetllung haette man erwartet, dass etwa 8 Politik- und Sozialwissenschaftler befragt worden waeren...

Anonymous said...

Dtimmt. Man beachte, dass die Fragestellung explizit "Hoffnungen", nicht Erwartungen oder Evaluationen ansprach. Da erschien mir HvS's Beitrag zu technokratisch geprägt, da hätte ich jetzt lieber den Papst gehört.

Mir hat diese Passage aus dem Zeitungsartikel überhaupt nicht gefallen:

"Wenn sie vollständig umgesetzt werden, würden die Selbstverpflichtungen der Staaten den Temperaturanstieg auf 2,7 Grad begrenzen, hat der ClimateActionTracker berechnet, der von mehreren Forschungseinrichtungen getragen wird."

In den 2,7° steckt viel Hoffnung drin. Nämlich die, dass es nach 2030 mit sehr ambitionierter Klimapolitik weitergeht. Kann man hoffen, aber man sollte es den Lesern auch mitteilen.

Andreas

Günter Heß said...

Reiner,

was mir auffällt ist, dass niemand gefragt wurde der beruflich etwas mit der Umsetzung oder Entwicklung von technischen Lösungen zu tun hat. Die fehlen ja vor allem.
Nun gut, laut Schellnhuber ist es ja ein moralisches Problem, da fehlen also auch noch ein Paar Kirchenvertreter.
Ich denke ich schließe mich da der Kritik von Edenhofer und Lomborg an.
Interessante Kombination, aber die Schnittmenge von Beiden ist doch vorhanden.
Der Fokus ist im Vorfeld zu sehr auf den Klingelbeutel, Subventionen und versprochene Emissionsreduktionen, aber zu wenig auf globale CO2 Steuer und vorwettbewerbliche R&D für echte technische Lösungen.
Aber vielleicht erleben wir ja eine Überraschung und die gehen in die Richtung.
25000 Delegierte müssen ja für was gut sein.

Günter Heß said...

Andreas,

"In den 2,7° steckt viel Hoffnung drin. Nämlich die, dass es nach 2030 mit sehr ambitionierter Klimapolitik weitergeht. Kann man hoffen, aber man sollte es den Lesern auch mitteilen."

Nicht nur das. Man muss sogar entweder auf Innovationen hoffen oder darauf, dass die ECS nur 0.5°C beträgt.

Anonymous said...

angeblich sollten rund 80% der bekannten Vorkommen an Kohle und Erdöl unter der Erde bleiben, damit dieses ominöse 2° Ziel eigenhalten werden kann. Dabei ist es ziemlich egal, wie hoch der Anteil an sg. EE in einer fortschreitend energiesüchtigen Gesellschaft sein wird.

Glaubt hier irgendwer ernsthaft, man wird diese bekannten Vorkommen nicht großteils verbrennen? Ein gewisser Putin war lt. H. Portisch nach den Absagen einiger Staatschefs zur Eröffnung "seiner" Olympiade so sehr beleidigt, dass er kurzerhand die Krim annektierte. Glaubt jemand, die Russen oder gar die Araber werden ihre Schätze unter der Erde lassen. Lächerlich, oder? Somit ist jeder Klimagipfel eine Farce, wenn es ums meteorologische Klima gehen würde. Darum ging es aber noch nie!

Warum wurde dieses 2° Ziel ausgerechnet auf die wohl kälteste Klimaepoche der letzten rund 10.000a bezogen, so um 1750 oder was man da so liest, zufällig genau in der Kleinen Eiszeit und dem Beginn einiger Instrumentenreihen?

Anonymous said...

soweit ich weiß, macht die Stuttgarter Zeitung eine Serie zum "Klimagipfel". So hat man nicht nur Wissenschaftler, die zu Wort kommen, sondern auch ganz andere Leute.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/thema/Klimagipfel

Ich finde, man sollte die gesamte Serie lesen und verfolgen.

Beste Grüße,
GHB

Karl Kuhn said...

@ Wettercafe

re 'Schätze unter der Erde lassen':

Die bleiben dann unter der Erde, wenn nicht-fossile Alternativen billiger werden als das immer aufwendigere Rumwühlen in den Erde. Daran muss man arbeiten. Denn wenn es tatsächlich diese günstigeren Alternativen auf dem Markt gibt, dann würgt genau dieser ach so böse Markt die unerwünschten Fossilen wirtschaftlich ab, und das wesentlich effektiver als jegliche zwischenstaatlichen Absprachen.

Man darf allerdings dann nicht längerfristig versuchen, diese Verbilligung der Nicht-Fossilen durch staatliche Subventionen zu erreichen. So viel Geld und politisches Kapital hat kein Staat der Welt, um auf Dauer günstigere Fossile (i.e. hinsichtlich ihrer privaten Kosten) weltweit aus dem Markt fernzuhalten.

Anonymous said...

lieber Hr. Kuhn (7)

dieses Wunder werde ich wahrscheinlich nicht mehr erleben, trotz bescheidenen 40 Lenzen.

S.Hader said...

Hallo Wettercafe, Du fragst danach, wie realistisch es ist, dass wir 80% unserer Kohle und Erdöls nicht verbrennen werden. Ja, eine gute Frage. Es gibt Beispiele, wo Rohstoffe bis zur Neige ausgeschöpft wurden und andere, die man doch hat ruhen lassen. Zum Glück gehört der Rohstoff Holz zur zweiten Gruppe. Zwar nachwachsend, aber sehr langsam und führte auf manchen Inseln dazu, dass diese komplett gerodet worden. Aber in Deutschland konnte man den Bestand erhalten und wieder ausbauen.

Die Frage wird ähnlich wie beim Verbot des FCKW sein, welche Alternativen haben wir, wie teuer sind sie und wie lange brauchen wir, um sie zu entwickeln? Bei bestimmten Randbedingungen gibt es tatsächlich keinen Grund immerzu Kohlenstoff zu verbrennen. Dekarbonisierung kann ja beispielsweise auch heißen, dass man chemisch das Kohlenstoffatom aus CO2 gewinnt und so einen flexiblen Energiespeicher hat.

Im übrigen, das Problem sehe ich nun wirklich nicht bei den Rohstoffanbietern sondern der Hebel muss beim Verbrauch angesetzt werden. Wenn es gute Alternativen zum fossilen Brennstoff gibt, dann wird es sich für Russland oder Saudi-Arabien nicht mehr lohnen, die Rohstoffe abzubauen. Außerdem halte ich es für ein bissel schizophren auf Putin zu schimpfen und zu Hause mit russischen Gas seine Wohnung zu heizen. Nein, nicht an Putin wird das Projekt scheitern, weil der uns sicher nicht das Gas dadurch verkaufte, weil er die Pistole auf unsere Brust setzte.

MfG
S.Hader

P.S: Ich weiß nicht, ob Wunder immer notwendig sind, aber vielleicht wäre einfach mal Geduld nicht verkehrt. Es wäre ja schon viel geholfen, wenn der Anteil der Kohlenstoffe bei der Primärenergie sagen wir mal um 1% pro Jahr sinkt. Ein langsames Tempo, aber wenn man das durchhält, würden wir 2050 schon ganz andere Diskussionen führen.

Werner Krauss said...

GHB #6,

da kann ich nur zustimmen, die Serie in der Stuttgarter Zeitung ist wirklich interessant. Bisher wurden Merkels Chefunterhändler, eine Ingenieurin bei der BASF, ein schwäbischer Bastler, der Klimaforscher Stefan Rahmstorf und ein Fotovoltaik-genossenschaftler vorgestellt. Finde ich eine gute Idee und zeigt die Breite des Spektrums an Leuten und Aktivitäten in bezug auf den Klimawandel. Und zeigt vielleicht auch, dass die Diskurskonstellationen Wissenschaft versus Kultur / Politik bzw wissenschaftlich oder kulturell konstruierter Klimawandel längst der Vergangenheit angehört. Es scheint eher so, als ob der Klimawandel längst in der Mitte der Gesellschaft (wo immer das jetzt wieder sein mag - sorry für diese Metapher) angekommen ist und viele Leute auf ihre Art und Weise einen Beitrag leisten, mit diesem Problem umzugehen. Ein guter Ansatz, finde ich, den die Stuttgarter Zeitung hier vorlegt.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/thema/Klimagipfel

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauss

„und viele Leute auf ihre Art und Weise einen Beitrag leisten, mit diesem Problem umzugehen.“

Das sind überwiegend nur Mitläufer.

Werner Krauss said...

Quentin Quencher,

Ihre Bemerkung kommt mir ein bißchen arrogant vor. Woher wollen Sie das wissen?

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauss

Woher ich das weiß? Weil ich den Menschen in die Herzen und die Seelen schaue und immer davon ausgehe, dass das was ich sehe, andere Gründe als die scheinbar naheliegenden haben könnte. Im übrigen war der Grund für meinen etwas schnippischen Kommentar ihre Bemerkung #10, die mir so köstlich naiv vorkommt, weil sie eben offenbart, dass Sie nur das sehen, was Sie sehen wollen.

S.Hader said...

Aber wehe man erwähnt in Bezug zum Klimawandel mal kurz Herz und Seele. Dann ist der Aufschrei wieder da, dann ist wieder von Klimareligion die Rede und wie irrational die Politik und die Wissenschaft und deren Begründungen doch sind. Man merke, nur die Klimaskeptiker dürfen Herz und Seele für sich in Anspruch nehmen und gleichzeitig halten sich selbst für die rationalsten und unideologischsten Wesen dieser Erde. @Quentin Quencher, offenbart hat sich hier nicht Werner Krauss, sondern ein anderer.

Günter Heß said...

Interessant ist folgendes Zitat:
"Per Saldo deckt die BASF in Ludwigshafen ihren gesamten Strombedarf selbst. Erneuerbare Energien zur Stromerzeugung spielen im Werk bis jetzt keine Rolle – in Zukunft könne sich das vielleicht mal ändern, meint Geist: „Wir prüfen kontinuierlich die Wirtschaftlichkeit von erneuerbaren Energien für unsere Chemiestandorte.“ "


Quentin Quencher said...

Na ja, Herr Hader, ich glaube mir kann man nicht vorwerfen, gerade die Verbindung von Herz und Seele zum Klimawandel nicht zu erkennen. Es gibt aber noch wesentlich mehr Aspekte, die ganz einfach mit dem Verhalten des Menschen in der Masse zu tun haben. Dazu gehört eben auch das Mitläufertum, vor allem eben dann, wenn sich eine Bewegung als Mainstream etabliert hat. Haben Sie die Mitläufer in der DDR nicht kennen gelernt? Die die tatkräftig am Aufbau des Sozialismus mitgewirkt haben, die das aber nicht taten weil sie von irgendwas überzeugt waren, sondern weil sie sich einfach ihrer Umwelt angepasst haben. Oft wird dann fälschlicherweise von Opportunismus gesprochen, die erfasst aber nur einen kleinen Teil der Menschen, die meisten richten sich eben an der Masse aus, und zwar hauptsächlich an solchen Teilen der Masse, mit dem sie direkt Kontakt haben. Das hat dann weniger mit ideologischen oder sonstigen Konstrukten zu tun. Alles dies könnten Sie aus meinem Text über den Mitläufer heraus lesen. Oder auch aus diesem:

„Das Mitläufertum, dazu gehören eben auch all die Techniker und Ingenieure und Beamten, orientiert sich aber nur sehr bedingt an der Ideologie, an der großen Idee, für sie sind Vorgesetzte, Anordnungen, der Nachbar oder Kollege, die gefühlte Meinungshoheit viel entscheidender.“

Werner Krauss meint nun, dass es so scheint, dass der Klimawandel in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei und ich gebe zu bedenken, dass es nicht die Überzeugung sein muss, warum eben sich die Mitte der Gesellschaft an einer Aufgabe beteiligt, sondern auch nur dem Bedürfnis geschuldet sein kann »dazu zu gehören«. Freilich wird dann trotzdem eine Ideologie entwickelt, die das rechtfertigt was man tut. Also nochmal, die persönliche Ideologie und die persönliche Moral entwickelt sich aus der Anpassung an die Masse, zu der man sich zugehörig fühlt. Die Rechtfertigung schafft somit die persönliche Moral.

Anonymous said...

@ Quentin

Wandel geschieht oftmals auch, ohne dass die Beteiligten überhaupt darüber nachgedacht haben bzw. sich für oder gegen etwas entschieden haben. Klingt jetzt komisch, bin auch nicht so glücklich mit der Formulierung, vielleicht mache ich am besten an einem Beispiel klar, was ich meine:

Wir leben heute in einer globalisierten Gesellschaft mit all den verbundenen Licht- und Schattenseiten. Gab es irgendwann einen Moment, wo wir inngehalten haben und uns persönlich gefragt haben, ob wir diesen Weg mitgehen? Hatte ich eine Wahl? Nicht wirklich. Wir wurden einfach von der Welle mitgetragen und sind nun eben da, wo wir heute sind. Man könnte sagen: in einer transformierten Gesellschaft.

Und so sehe ich die heutige Gesellschaft auch: Der Wandel hin zu einer dekarbonisierten Welt hat begonnen. Wie tiefgreifend dieser Wandel ist, erkennen wir daran, wenn wir nicht das große Bild betrachten, sondern die kleinsten Teile der Gesellschaft, einzelne Menschen.

Andreas

Günter Heß said...

@Andreas

Merkwürdig. Das Zitat der Dame von BASF sagt genau das Gegenteil.
Um die Bedürfnisse nach Grundstoffen zu erfüllen werden nach wie vor fossile Energien gebraucht.
Betrachtet man BASF ist der Wandel zu einer decarboniserten Welt steht nach wievor im Konjunktiv.

Hat ja auch Edenhofer gesagt. Die Energiewende ist wirkungslos und teuer. Nix mit "decarbonisiert", Start vielleicht, aber Fehlstart. In der Welt befinden wir uns.

S.Hader said...

Lieber Quentin Quencher, es ist zwar schön Ihrem Vortrag über Mitläufertum und die Parallelen zum Sozialismus und der DDR zu lauschen, aber was hat das bitte schön mit den vorgestellten Personen in der Stuttgarter Zeitung zu tun? Ist das ein Versuch mit vielen Worten davon wegzulenken, dass Sie mit dem Vorwurf gegenüber diesen Personen (wie viele kennen Sie eigentlich von denen persönlich?) ein bissle übers Ziel hinausgeschossen haben? Ehrlich gesagt finde ich es nicht mal so schlimm, dass so ein Ausdruck verwendet wurde. Jeder vergreift sich mal im Ton, kein Ding. Aber peinlich berührt bin ich über die Art, wie Sie es gerade versuchen zu rechtfertigen. Da bin ich von Ihnen mehr konsequentes Argumentieren gewohnt.

Übrigens wenn Sie Mitläufer an der Ausrichtung bzgl. einer Gruppe festmachen, was macht Sie eigentlich so sicher, nicht selbst einer zu sein? Letztlich gibt es auch bei Ihnen eine Peergroup. Der Unterschied ist nur, dass Ihre Peergroup wahrscheinlich nicht zum gesellschaftlichen Mainstream gehört. Anpassungsverhalten kann ich in Ihrer Gruppe aber jede Menge beobachten. Wenn Sie den vorgestellten Personen in der Stuttgarter Zeitung vorwerfen würden, einem gewissen Mainstream anzugehören, ja mei, damit werden die leben können. Zumal ich persönlich das Abseitsstehen vom Mainstream jetzt auch nicht als nennenswerte Leistung ansehe. Wenn Sie aber meinen, Sie könnten deren intrinsische Motivation für deren Tun zu erkennen und das mit ihrer Herz-und-Seelen-Fertigkeit begründen, dann machen Sie sich schon leicht lächerlich in meinen Augen. Aber gut, jeder blamiert so gut er kann, ich mach das auch jeden Tag. :)

In diesem Sinne
Sören Hader

S.Hader said...

@Günter Heß, ich finde es interessant, was Industrievertreter sagen und weise dem auch ein gewisses Gewicht zu. Ich würde es aber auch nicht übertreiben. Auch nicht alles, was der kürzlich verstorbene Helmut Schmidt sagte, bestand aus göttlichen Weisheiten. Und auch nicht alles was ein Wissenschaftler sagt, ist richtig. ;)

Man wird sich auf ein paar wesentlichen Aussagen schnell einigen können. Die chemische Industrie ist Stand heute und künftigen Jahrzehnten von fossilen Brenn- und Rohstoffen abhängig. Das stellt nun wirklich niemand in Frage. Was die Kohlenstoffe angeht, egal in welcher Form werden wir sie für heutige Preise auch nicht ewig haben. Mit anderen Worten, irgendwann wird man sich mit dekarbonisierten Wirtschaftskreisläufen auseinandersetzen müssen. Für mich ist da wirklich nicht die Frage zu lösen, ob das passiert, sondern wann. Ich glaube auch kaum, dass das BASF viel anders sieht. Es ist eher so, dass der endgültige Umstieg dann abgeschlossen sein wird, wenn keiner der heutigen BASF-Manager mehr aktiv ist. Aber letztlich halte ich Diskussionen, ob eine bestimmte Entwicklung eintreten wird, von der eigentlich klar ist, sie wird irgendwann kommen, für reine Zeitverschwendung. Statt immer wieder auf dem "ob" rumzukauen, würde ich den Fokus auf "wie" und "wann" legen.

Günter Heß said...

"Mit anderen Worten, irgendwann wird man sich mit dekarbonisierten Wirtschaftskreisläufen auseinandersetzen müssen."

Richtig, Irgendwann?

Fakt ist, dass erneuerbare Energien für die Industrie trotz hoher Subventionen im Jetzt keine Lösung darstellen.
Das belegt die Aussage der BASF-Mitarbeiterin.

Anonymous said...

Man kann nur fassungslos über diese Diskussion hier den Kopf schütteln. Es ist so belanglos und dumm, einfach nur Pöbeleien.

Es sind nur Personen und Unternehmen, die damit im weitesten und engerem Sinne mit dem Thema Klimawandel zu tun haben. Interessant ist doch, das Klimawandel schon in viele Dinge mit reinspielt, aber selten die Hauptmotivation ist. Die Unternehmen oder Personen setzen sich ihre Ziele, damit retten sie nicht Welt, aber optimieren Verbrauch in groß und klein und ihre Rechnungen, optimieren einen Fond, leben zu Hause vor, was sie mahnen. Das zeigt die kleinere Ebene von Klimagipfeln. Es ist selten die Hauptmotivation, da Klimawandel zumeist ein abstraktes Problem ist, zumindest hier.

Tja, damit wird man nicht die CO2 Emissionen schnell senken können, aber ist der Weg von unten, der der Ursprung bspw. der Energiewende ist. Das gibt es überall. Es ist teils naiv, teils gut. Und auch hier, die Energiewende hat die Abschaffung der Atomkraftwerke als Ursprung.

Nun wie schnell der Klimawandel in den Hintergrund rückt, zurecht in den Hintergrund rückt, zeigt der Veranstaltungsort Paris :-(.

Traurige und enttäuschte Grüße, GHB.



S.Hader said...

@Günter Heß, das kommt darauf an, wie Sie das Jetzt zeitlich definieren; heute, in einer Woche, in einem Jahr, in 10 Jahren, in 40 Jahren...

Günter Heß said...

Lieber Herr Hader,

wenn man heute einen Produktionsstandort mit eigenständiger Energieversorgung aufbaut, dann ist
ein modernes Gas- und Dampfkraftwerk Stand der Technik. Wind und Photovoltaik bieten hierfür keine Lösung. Da ein GuD Kraftwerk länger als 30 Jahre laufen wird, gehe ich von einem Jetzt von etwa 15 - 30 Jahren aus in dem eine "Decarbonisierung" noch nicht stattfindet.
Photovoltaik und Wind können zum jetzigen Stand nur einen Teil des Haushaltsstromes decken.
Dazu kommt, dass sich in den letzten 15 Jahren gezeigt hat, dass diejenigen Länder Armut und Hunger erfolgreich bekämpfen konnten die auf fossile Energien setzten.
Auch eine weltweite Umstellung auf Elektroautos wird vermutlich mindestens 30 Jahre dauern.
Gelänge es wie Lomborg vorschlug Forschung und Entwicklung zu fördern, anstatt Ressourcen in wirkungslose Subventionen zu verpulvern für teuren Haushaltsstrom könnte sich vielleicht in den nächsten 15 - 30 Jahren etwas daran ändern und wir wären auf dem Weg zu einer "Decarbonisierung" aufgrund eines erarbeiteten Stand der Technik nicht aufgrund der Wunschträume von Politikern.
Zum jetzigen Stand der Technik sehe ich das nicht.
Im Gegensatz zu einem weitverbreiteten Narrativ bieten Photovoltaik und Wind eben genau keine dezentrale Energieversorgung. Mit Versorgung meine ich 24/7 und nicht per Zufall.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß, wenn es um solche Prozesse geht, dann würde ich generell einige Jahrzehnte Betrachtungshorizont heranziehen und nicht immer mit der Jetztzeit argumentieren. Es ist auch logisch, dass der Prozess der Dekarbonisierung oder low-carbon economy nicht schlagartig sondern langsam und kontinuierlich stattfinden wird. Entsprechende Technologien und Anlagen werden nach und nach substituiert. Es geht auch bei der Dekarbonisierung nicht darum zu sagen, dass die Entwicklungsländer keine fossilen Brennstoffe mehr verwenden sollen, sondern wir als Industrieländer sollten als erste diesen Prozess umsetzen, weil wir auch das wirtschaftliche Potential dazu besitzen. Ich finde es immer merkwürdig, dass man die Nicht-Machbarkeit eines solchen Prozesses damit begründet, dass die Entwicklungsländer in noch größere Armut gestürzt wird. Nicht die sollen etwas umstellen sondern wir. Die G7 hat für sich selbst diesen Strategiewandel beschlossen und nicht für andere. Entwicklungsländer sind auch weitgehend von den bisher beschlossenen CO2-Zielen freigestellt. Außerdem, auch die frei verfügbaren fossilen Brennstoffe auf dem Weltmarkt hat immer noch nicht das Problem lösen können, dass immer noch ca. 1 Milliarde Menschen keinen Anschluss zu einer funktionierenden Stromversorgung haben. Es ist ein ökonomisches Problem. Von daher kann man mal mit einer Reihe von Mythen aufräumen.

"Auch eine weltweite Umstellung auf Elektroautos wird vermutlich mindestens 30 Jahre dauern."

Kann sein, kann auch sein, dass man schon in 10-15 durch leistungsstärkere und billigere Akkus etwas adäquates zum Auto mit Verbrennungsmotor hat. Ich weiß es nicht. Ich selbst halte mich mit derlei Vorhersagen eher zurück. Wie ich schon sagte, es steht ja nicht in Frage, ob eine Umstellung stattfinden wird oder nicht.....

S.Hader said...

....Fortsetzung

"Gelänge es wie Lomborg vorschlug Forschung und Entwicklung zu fördern"

Ich persönlich habe nix gegen eine höhere Förderung der (industrienahen) Forschung und Entwicklung, ich arbeite schließlich seit 15 Jahren in der Industrieforschung. :) Ich glaube ehrlich gesagt nur, Sie überschätzen die Möglichkeit von Forschung und Entwicklung, neue Produkte preiswert zu machen. Ein wesentlicher Motor zur Preissenkung ist die Stückzahlerhöhung. Das ist ja auch genau das was man an der PV- oder Akku-Front sehen kann. Die massenhafte hoch automatisierte Produktion hat dort in den letzten Jahren die Kosten massiv gesenkt. Höhere Förderung der Forschung und Entwicklung ist gut, aber ohne Verbesserung des Marktzuganges, sei es durch Gesetzesvorgaben, Steuervergünstigungen, Quotenregelung, Einspeisevergütungen wird man Zeit verlieren. Das ist ja auch genau das, was fast alle Industrieländer in der einen oder anderen Form machen. Interessanterweise hat eine konservative Regierung in Großbritannien die Förderung der CO2-armen Technologien bei der Stromerzeugung von der Quotenregelung auf die feste Einspeisevergütung umgestellt, weil man mit der Entwicklung nicht zufrieden war.

Im übrigen, wenn man durch verstärkte Investitionen in F&E und nicht so sehr in der Produktion die Preise senken kann, dann frage ich mich, warum die Industrie im Schnitt nur im einstelligen Prozentbereich dort investiert? Wenn es so einfach wäre, dann wären die Industrie-Unternehmen am erfolgreichsten, die 20 oder 50 oder mehr Prozent in F&E stecken. Nein, es braucht beides. Aber ein berechtigter Kritikpunkt wäre mit Sicherheit, dass beispielsweise in der PV-Industrie mit ca. 2,5% F&E-Anteil ein unterdurchschnittlicher Wert ist.

"Mit Versorgung meine ich 24/7 und nicht per Zufall."

*lach* Das ist immer so ein Klassiker, wenn ich mit "Skeptikern" diskutiere, und die meinen, dass eine stochastische Stromproduktion doch überhaupt nicht funktionieren könnte. Dann muss ich immer an Loriot denken, wenn die Ehefrau zu ihrem Ehemann sagt "es kann Dir doch völlig egal sein, ob das Ei zufälligerweise fünfeinhalb Minuten gekocht hat. Hauptsache es hat fünfeinhalb Minuten gekocht".

Es ist doch vollkommen logisch, dass in einem Stromnetz neben den stochastischen Kraftwerken auch Elemente vorhanden sein müssen, die die Differenzschwankungen aus Produktion und Verbrauch abfangen. Das sind heutzutage schnell regelbare Kraftwerke wie Steinkohle und Gas und werden in Zukunft vermehrt Stromspeicher und Lastmanagement sein.

MfG
S.Hader

Günter Heß said...

Lieber Herr Hader,

ich habe nur den Ist-Zustand beschrieben.

sie schreiben:
"Es ist doch vollkommen logisch, dass in einem Stromnetz neben den stochastischen Kraftwerken auch Elemente vorhanden sein müssen, die die Differenzschwankungen aus Produktion und Verbrauch abfangen. Das sind heutzutage schnell regelbare Kraftwerke wie Steinkohle und Gas und werden in Zukunft vermehrt Stromspeicher und Lastmanagement sein."

Es ging aber in dem Post von Andreas, um den Wandel hin zu einer decarbonisierte Welt und die ist also auch nach ihren Aussagen nicht in Sicht, oder sehen sie die schon?

Nach dem Stand der Technik hat eben meiner Meinung nach auch der Wandel dahin noch nicht mal begonnen, denn noch steigt die CO2 Emission der Welt.

Und laut UNFCC Bericht oder der IEA wird es das auch noch bis 2050 tun. Macht ja auch Sinn, denn die deutsche Energiewende können sich nur reiche Industrieländer leisten.

In einigen Industriestaaten wird stattdessen durch Subventionen die Nachfrage nach PV aufrechterhalten. In Deutschland steigt dadurch die Anzahl der Haushalte die ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können.

S.Hader said...

"Es ging aber in dem Post von Andreas, um den Wandel hin zu einer decarbonisierte Welt und die ist also auch nach ihren Aussagen nicht in Sicht, oder sehen sie die schon?"

Ja.

"Nach dem Stand der Technik hat eben meiner Meinung nach auch der Wandel dahin noch nicht mal begonnen, denn noch steigt die CO2 Emission der Welt."

Die anthropogenen CO2-Emissionen weltweit sind die Summe aller Entscheidungen, die die Menschen tagtäglich treffen. Aus diesem Gesamtsignal nun die Nichtexistenz eines Einzelsignals (Wirksamkeit des Wandels) zu schließen, ist doch ziemlich gewagt. Die Frage ist doch, wie hoch wären die CO2-Emissionen, wenn man beim Status Quo geblieben wäre?

"Und laut UNFCC Bericht oder der IEA wird es das auch noch bis 2050 tun."

UNFCC und IEA wollen schon wissen, wie hoch die CO2-Emissionen 2050 sein werden? Da würde mich mal die Quelle interessieren.

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauss

Danke übrigens für diese Rezension. Die Verwendung der Begriffe „Totem“ oder weiteres lässt mich sofort an Canetti denken. Auch welchen Stellenwert die „Sehnsucht nach Wiederholung“ hat. Das ist C. pur.

Danke jedenfalls für den Hinweis, werde mir den Pettenkofer besorgen.

In Ihrer Rezension findet sich jetzt auch der Hinweis auf die Mitte der Gesellschaft. Mag sein, die Frage stellt sich mir trotzdem, wie viel davon Mitläufertum ist.

Quentin Quencher said...

@ Werner Krauß

Bei Amazon ist eine Rezension des Buches zu finden, in der es heißt:

„Soziologisch betrachtet ist die Studie jedenfalls ein Meilenstein. Sie zeigt überzeugend auf, dass die Motivlage sozial Handelnder auf eine bemerkenswerte Weise religiös begründet sein kann. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass so eine politische Religiosität sich nicht zwangsläufig aus metaphysischen Überlegungen speisen muss, sondern eher im Sozialen begründet sein kann: wenn es einen Wettbewerb der Überzeugungsehrlichkeit gibt und der sich mit euphorischen Momenten kollektiver Vereinigung paart, ... “

Euphorische Momente durch Massenerlebnisse, und politische Religiosität im Sozialen begründet - das erscheint mir sehr schlüssig. Das Buch habe ich jedenfalls bestellt.

Günter Heß said...

Herr Hader,

ganz einfach.

"current policy projections"

http://climateactiontracker.org/assets/publications/CAT_global_temperature_update_October_2015.pdf

Da gehen die Emissionen erst ab etwa 2050 zurück.

Sie können auch die "Versprechen" bzw. "pledges" nehmen. Da geht es schon ab 2030 zurück.

In den Daten jedenfalls ist der Wandel in Richtung auf eine decarbonisierte Welt nicht zu sehen.
Zur Zeit steigen die Emissionen an.

S.Hader said...

Sehr geehrter Herr Heß, eine "Projektion" ist keine Vorhersage. Und eine "policy projection" ist ein Szenario, welches sich an Politikmaßnahmen orientiert. Ich hätte gedacht, das Ihnen das bekannt ist.

"In den Daten jedenfalls ist der Wandel in Richtung auf eine decarbonisierte Welt nicht zu sehen."

Ob etwas "zu sehen" ist, hängt erheblich vom Sichthorizont ab. Ohne Frage, ich würde mir wünschen, dass eine globale Reduzierung der CO2-Emissionen so bald wie möglich stattfindet. Ob aber die bisher getroffenen Maßnahmen eine Wirksamkeit besitzen, kann man a) nur auf lange Sicht beurteilen und b) nur im Vergleich zwischen den CO2-Emissionen mit den Maßnahmen und ohne den Maßnahmen herausfinden.

Anonymous said...

Warum Diskussionen darüber, ob der Wandel schon begonnen hat oder nicht? Liegt im Auge des Betrachters, die endgültige Bewertung können wir getrost zukünftigen Historikern überlassen.

Ich sehe den Wandel sogar in den Äußerungen der Dame von BASF, Günter. Vor 20 Jahren hätte bei BASF niemand das Thema für erwähnenswert gehalten.

PS:
Wann begann das Zeitalter der elektrischen Lichterzeugung? Zu dem Zeitpunkt, als es mehr elektrische als ölbetriebene Lampen gab? In den meisten heutigen Büchern liest man als Wendepunkt die Erfindung der Glühbirne durch Edison. Wer weiß, vielleicht wird als einer der Wendepunkte das deutsche EEG in die Geschichtsbücher eingehen. Als der Moment, wo durch Massenanwendung die Preise für Photovoltaik begannen in den Keller zu gehen...

Andreas

Quentin Quencher said...

„ Wer weiß, vielleicht wird als einer der Wendepunkte das deutsche EEG in die Geschichtsbücher eingehen.“

Historiker sprechen in diesem Zusammenhang, ab wann sich etwa ein neues Narrativ oder eine neue Technik durchsetzt, von Häufigkeitsverdichtungen (Osterhammel beispielsweise). Diejenigen die immer ein wenig an der Gesellschaft rum schrauben wollen, um einer Ideologie zum Durchbruch zu verhelfen, meinen dann, man müsse diese Häufigkeitsverdichtungen herbeiführen. Die strittige Frage ist natürlich, in wie weit sich sowas gewissermaßen generalsstabsmäßig steuern lässt. Decarbonisierung ist nicht irgendeine losgelöste hauptsächlich auf theoretischen Grundlagen beruhende Sache, sondern betrifft Technikentwicklung, Marktwirtschaft, Politik, Wissenschaft und Philosophie gleichermaßen.

In der Enquete »Wachstum« wurde unter anderem darüber sinniert, wie der Markt durch eine geschaffene Marktführerschaft beeinflusst werden kann, damit sozusagen eine Vorreiterrolle sich letztlich auch auszahlt, und mehr noch, dass sie von anderen Marktteilnehmern übernommen wird. Die Ergebnisse waren sehr ernüchternd. Ab einer gewissen Größe ist das möglich, doch Deutschland allein hat diese Größe noch nicht, dafür braucht es noch weitere Verbündete. Schauen wir uns doch mal um: Wie viele Nachahmer des deutschen EEG gibt es? Von Häufigkeitsverdichtungen, die die einen neuen Trend anzeigen, ist keine Spur zu sehen.

S.Hader said...

"Schauen wir uns doch mal um: Wie viele Nachahmer des deutschen EEG gibt es? Von Häufigkeitsverdichtungen, die die einen neuen Trend anzeigen, ist keine Spur zu sehen."

In fast allen Industrieländern gibt es eine Quotenregelung für die Erneuerbaren Energien oder eine feste Einspeisevergütung, so wie jetzt auch in Großbritannien. Ich würde da z.T. gar nicht mal von Nachahmern sprechen, weil manche Länder diese Regelungen unabhängig von einem deutschen Vorbild einführten und wir eigentlichen von denen was lernen könnten. Man müsste eher umgedreht fragen, welche Industrieländer überhaupt nicht die Erneuerbaren Energien fördert.

@ReinerGrundmann said...

S. Hader

Grossbritannien ist dabei sich von dieser Politik zu verabschieden. Amber Rudd, energy and climate change secretary, kuendigte ein 'reset' von Grossbritanniens Energiepolitik an:

http://www.theguardian.com/environment/2015/nov/18/energy-policy-shift-climate-change-amber-rudd-backburner?CMP=share_btn_tw

Kohle soll auslaufen, Gas soll ausgebaut werden.

Der fruehere Regierungsberater David MacKay argumentiert gegen die Erneuerbare Energien Ziele aus wissenschaftlicher Sicht: http://www.inference.eng.cam.ac.uk/mackay/presentations/html/RenewableTarget.html

Darin findet sich auch ein Vortrag mit technischen Details (>100 powerpoint slides): http://www.inference.eng.cam.ac.uk/mackay/presentations/html/GoodEnergyPolicy.html

Soviel zum aktuellen Stand der Debatte in Grossbritannien.

Günter Heß said...

Andreas,
"Vor 20 Jahren hätte bei BASF niemand das Thema für erwähnenswert gehalten."
Dein Eindruck ist falsch.
das Thema Energieeffizienz gibt es in der Industrie seit mindestens 20 Jahren:
https://www.nachhaltigkeit.info/media/1234437572phpeB3fSx.pdf

Die BASF betrachtet das Thema Energieeffizienz schon länger:
http://www.chemanager-online.com/news-opinions/interviews/basf-klimaschutz-und-energieeffizienz

Die Presse hat das vielleicht damals nicht bemerkt.

"Dr. Ulrich von Deessen: Bereits in den 70er Jahren hat die BASF alle Produktionsstandorte weltweit angeschaut und untersucht, wie beispielsweise ein chemischer Prozess, der Wärme liefert, mit einem anderen Prozess gekoppelt werden kann, der Wärme braucht."

Die Industrie hat in Deutschland schon immer ihre Hausaufgaben gemacht im Gegensatz zu den Meldungen aus der Presse.

Günter Heß said...

Reiner,

GB macht genau das was ich in dem anderen Blog beschrieben habe:
Kernenergie, Gas und Wind.
Wobei sie wohl auch die Windsubventionen runterfahren, weil sie vermutlich genug Windmühlen haben.

Länder die die Kernenergieinfrastruktur haben sind damit fein raus, weil sie so etwa 80% ihrer strombedingten CO2 Emissionen eliminieren können.

Länder die diese Kernenergieinfrastruktur nicht haben fahren ökonomisch besser mit modernen Steinkohlekraftwerken.

Anonymous said...

Kohleausstieg bis 2025, großartige Nachrichten aus GB. Damit sollte auch dem letzten klar sein, wer in Europa in Sachen Klimapolitik führend ist.


@ Günter

Ja, schon klar. Du siehst keinen Wandel, ich sehe ihn überall. Das kann man einfach so stehen lassen.

"Die Industrie hat in Deutschland schon immer ihre Hausaufgaben gemacht"
Ich hasse solche Phrasen. Haufenweise früher in den Politik-Talksendungen gehört. Ich schaue seit langem keine mehr. Man würze eine Botschaft mit einer Prise Populismus und einer Prise Nationalismus, und der Applaus vieler Zuschauer ist sicher. Außer, die reden in ihrer Show gerade über VW, dann gibt es höhnisches Gelächter an dieser Stelle.

Andreas

Günter Heß said...

@Andrea

Ist ja keine Phrase, sondern meine Erfahrung in der Industrie aus mehreren energieintensiven Firmen.
Umweltschutz und Energieefizzienz spielen da seit mindestens Mitte der 90iger Jahre eine große Rolle.
Eigentlich schon vorher weg Ölkrise.
Jede dieser Firmen konnte schon 2000 enorme Fortschritte vorweisen.
Ich stelle aber auch fest, dass sich die liebgewonnenen Klischees aus der Umweltbewegung hartnäckig in der Presse halten.
Wer also nicht selbst in der Industrie arbeitet bekommt meiner Erfahrung nach ein verzerrtes Bild von den Medien serviert.

Das Beispiel GB zeigt, dass die deutsche Energiewende plus EEG eine Fehlkonstruktion ist wie Edenhofer ja auch bestätigte.


Günter Heß said...

Andreas,

Natürlich sehe ich einen Wandel, aber nur in den Industrieländer die mit Kernenergie und Gas und Wind eine Möglichkeit haben 80% ihrer strombedingten Emissionen zu eliminieren. Deutschland setzt ja weiterhin auf Kohle.

In den Ländern die das nicht haben sehe ich erst einen Einstieg in die Kohle der das überkompensiert.
Edenhofer hat das mit Renaissance bezeichnet.
Japan setzt nach Fukushima auf Kohle und Erdöl. Energieintensive Werke haben nach Fukushima ölkraftwerke gekauft, um sich unabhängig zu machen.

Auch der Automobilsektor hat den Einstieg in den kohlenstofffreien Betrieb noch nicht geschafft.

Die Chancen stehen meines Erachtens auch gut, dass man bei etwa 20 - 40% EE weltweit stagnieren wird.

Anonymous said...

@Günter

bei allen Respekt vor ihren Ausführungen hier, die ich in großen Teile teile (*), aber wo bitte ist Großbritannien ein Vorbild? Kohleablösung bis 2025? Das ist doch zweifelhaft. Das einzige KKW, was konkret in Planung ist, ist Hinkley Point C. Das wird 25-35 Mrd Euro kosten und soll bis 2025! (manche Quellen sagen 2023) am Netz sein. Womit soll die Kohle abgelöst werden? Kein anderes KKW ist irgendwie auch nur in Ansätzen im Gespräch, weil eben kein Unternehmen 25-35 Mrd. stemmen kann, ausser hochsubventionierte und protektionierte Staatskonzerne aus Frankreich und China. Das ist kein Vorbild für mich.

Ich finde die Strategie in UK arg zweifelhaft und traumtänzerisch. Um auch nur 2030 oder 2050 den Anteil der Kernkraft zu steigern, müssen jetzt schon mehrere KKWs konkret in Planung sein. Sind sie nicht. Kann eben auch keiner bezahlen.

Dazu kommt der Preis: Hinkley Point C soll jedem Haushalt 10Euro oder so pro Jahr zusätzlich kosten. Auch das ist eine zweifelhafte Rechnung. Kein Industrieunternehmen wird das zahlen. Nehmen wir BASF. Die verbrauchen soviel wie 1,6 Millionen Haushalte. Ich weiß nicht genau, gibt es in UK überhaupt noch Industrie? Die würden die 10 Euro nicht zahlen. Also werden die Haushalte mehr zahlen, plus die Steuerschulden. Deutschland ist da das "Vorbild"

Hinkley Point C soll ca. 7% des Verbrauchs in UK decken. Skaliert man das auf 100%, hm.

Nee, sorry, UKs Strategie finde ich eher kurzsichtig und wenig innovativ. Sie basiert nicht auf einer Idee, sondern auf dem Prinzip Hoffnung. Das ist okay, meiner Meinung nach, aber ein Vorbild oder besonders toll? Nee, das ist sie nicht.

Best,
GHB.


(*) insbesondere finde ich ihre Aussagen zur Industrie sehr gut. Nur eine Anmerkung: es ist aber auch gut, dass man der Industrie auch genau auf die Finger schaut. Immerhin sind sie keine Wohltätigkeitsvereine. Und nur ethisch korrekt zu sein, macht kein gutes Geschäft. Aber das ist eine andere Frage, denn ohne Gewinn kann man auch nicht ethisch korrekt sein...

Anonymous said...

Um UKs Problem noch mehr zu verdeutlichen: alle bis auf eines der bisherigen KKWs sollen bis 2023 abgeschaltet werden. Es gibt bestimmt ein paar Betriebsverlängerungen, aber die Hälfte wird sicher abgeschaltet sein. Also müssen nicht nur alle Kohlekraftwerke ersetzt werden, sondern auch viele KKWs. Wie soll das gehen?

Alles sehr zweifelhaft.

GHB

Günter Heß said...

@GHB

Amber Rudd said:
"Perversely, even with the huge growth in renewables, our dependence on coal, the dirtiest fossil fuel, hasn’t been reduced.
Indeed a higher proportion of our electricity came from coal in 2014 than in 1999.
So we still haven’t found the right balance."

The "Renewables" failed according to her analysis. So I think the GB policy to use gas and nuclear is consistent.

According to my observation the british industry is more visible than 10 years ago. So I guess "slowly recovering" would be my gut feeling.

Reading through Amber Rudd's speech, I think GB left a loophole to keep coal running.

Günter Heß said...

@GHB

Auf jeden Fall muss man der Industrie auf die Finger schauen.
Aber das scheint mir unsere Presse verlernt zu haben. Die bemerken weder die guten Sachen noch die Schlechten. Der Gegenpol der Presse zu Lobbyismus von allen Seiten scheint mir verloren zu gehen oder längst verloren zu sein.

S.Hader said...

@Günter Heß: "Das Beispiel GB zeigt, dass die deutsche Energiewende plus EEG eine Fehlkonstruktion ist wie Edenhofer ja auch bestätigte."

Was unterscheidet eigentlich die britische von der deutschen Energiepolitik. Ich würde sagen, weniger als man denkt. GB legt den Schwerpunkt in einer anderen Gewichtung der Technologie. Beispielsweise sieht man dort die Kernkraft weiterhin als wichtigen Pfeiler an. Aber das Grundinstrumentarium ist fast gleich, in Form einer festen Einspeisevergütung. Man könnte sich also fragen, ob man nicht in Deutschland andere Schwerpunkte legen könnte und das durch Modifikation des EEG umsetzen.

Günter Heß said...

@S. Hader

Na ja die legen auch einige andere Schwerpunkte:
"In the same way generators should pay the cost of pollution, we also want intermittent generators to be responsible for the pressures they add to the system when the wind does not blow or the sun does not shine.
Only when different technologies face their full costs can we achieve a more competitive market."

Da bin ich gespannt auf die Diskussion in Deutschland.

@ReinerGrundmann said...

Die britische Regierung hat im August eine Konsultation zur Einspeisevergütung begonnen. Das Ergebnis wird kommende Woche erwartet.

https://www.gov.uk/government/consultations/consultation-on-a-review-of-the-feed-in-tariff-scheme

Gerüchten zufolge soll der Tarif um fast 90% gesenkt werden. UK hat dieses Instrument Deutschland nachgeahmt und nach viel Widerstand relativ spät eingesetzt.

Günter Heß said...

Reiner,

Ich lese aus Amber Rudds Rede, dass GB stärker auf Emissionshandel setzen will, also weg vom deutschen EEG Modell.
Damit wären sie mit Edenhofer vom PIK auf einer Linie, der das EEG als Wirkungslos bezeichnet.
Wie gesagt ich finde GB konsequent.